Kapitel 1:

„Vielleicht hat es so begonnen. Du denkst, du ruhst dich einfach aus, weil man dann besser handeln kann, wenn es soweit ist, aber ohne jeden Grund, und schon findest du dich machtlos, überhaupt je wieder etwas tun zu können. Spielt keine Rolle, wie es passiert ist."
Samuel Beckett (Der Namenlose)


„Ja, mach ich. Ich komm irgendwann vorbei... Laila, ich weiß nicht, wann irgendwann ist... Ja, in einigen Tagen... Das weiß ich doch nicht!... Laila, du stellst manchmal dumme Fragen... Natürlich arbeite ich die ganze Woche und die Woche darauf auch."

Der Weg von meinem Auto zum Haus ist wie immer mit dem Handy am Ohr und die Hände voll mit meiner Handtasche und Einkaufstaschen, die ich anstelle meiner Mutter kaufen muss. Als ich hereinkomme, küsse ich sie zur Begrüßung auf die Wange und händige ihr die Sachen aus.

„Laila, ich bin jetzt Zuhause. Ruf mich später nochmal an... Nein, ich bin jetzt müde, komm du doch." Ich gehe die Treppen hoch in mein Zimmer. „Ja klar, und wer hat hier die Erde vor Aliens bewahrt? Als hättest du es schwerer als ich... Jaja, bis bald. Wir sehen uns."

Als ich endlich auflege, muss ich mich kurz auf mein Bett setzen und durchatmen. Laila kann manchmal (ein anderes Wort für immer) so kompliziert sein und richtig nerven, wenn sie es unbedingt drauf anlegt. Aber glücklicherweise ist sie es immer noch und hat sich kein bisschen verändert, nicht so wie andere gewissen Menschen. Gewissen Menschen, wie mich. Ende Februar ist es bei uns noch etwas kälter, doch der März bringt bei uns immer etwas Wärme hinein. In den letzten neun Monaten ist sehr viel passiert: New York wurde von Aliens terrorisiert, die Old Royal Naval College in London wurde wegen dem Kampf gegen die Dunkelelfen total zerstört, ich habe endlich meinen Fahrschein und habe mir meine Haare braun gefärbt, wobei schon meine schwarze Naturfarbe einige Zentimeter zu sehen ist. Ich kündigte aus der Organisation und arbeite von nun an in einer Buchhandlung. Aber jetzt mal im Ernst, ich werde immer noch nicht normal behandelt, so wie ich es will. Fans kommen immer wieder in den Laden, nur um mich zu sehen. Sie wollen Autogramme von mir haben oder Fotos mit mir machen und mit mir über die seltsamen Geschehen der Welt reden. Manchmal kommen irgendwelche Reporter in den Laden und wollen ein Live-Interview mit mir abhalten, aber die werden sofort wieder heraus geschmissen. Ich habe meinem Chef bereits über solche Dinge gewarnt, aber er ließ sich trotzdem mit mir ein. Ich glaube, er hat auch etwas Angst von mir, dass ich spezielle Kräfte habe und in der Nähe bei ihm arbeite.

„Freya! Essen!", ruft meine Mutter von unten und reißt mich aus meinen Gedanken.

Ich ziehe meine Jacke aus, lege sie auf meinen Stuhl und gehe herunter. Als ich mich zu Tisch setze und wir zu essen beginnen, starrt meine Mutter mich seltsam an, was sie in den letzten Wochen öfters tut.

„Was?", frage ich mit vollem Mund.

„Nichts, nur, dass du dich ziemlich verändert hast. Und das in einem Jahr."

Ich schlucke und schaue sie an. „Seltsam, dass es schon mehr als ein Jahr her ist, seitdem ich als erstes Mal nach Asgard ging."

Sie nickt und wir essen für wenige Minuten weiter, bis diese Stille nach einer Zeit unangenehm wird.

„Im Supermarket wurde gestern Abend ein junger Mann wegen Diebstahl festgenommen. Er hat eine Frau sogar mit einem Messer bedroht. Die Kriminalität nimmt immer mehr zu, seit New York.", erzählt meine Mutter aus heiterem Himmel.

„Die Menschen sind das alles nicht gewachsen. Sie haben Angst."

Und wieder ist es für wenige Minuten still, dann lässt meine Mutter die Gabel auf den Teller fallen, stützt ihr Kinn mit den Fingern ab und lächelt mich nach wie vor seltsam an.

„Ich will mal wieder in Ferien gehen. Irgendwo hin, wo ich noch nie war. In einen anderen Kontinent, mal etwas Anderes sehen."

„London ist schön.", sage ich und esse ohne ihr einen Blick zu schenken weiter.

Ich komme wieder auf Gedanken von Greenwich, das schöne Greenwich. Aber ich habe es mit meinen Erfahrungen verdorben. Es war schön dort, bevor das in Greenwich passiert ist.

„Ja, schön und teuer. Vor allem, weil man dort mit einer anderen Währung bezahlt."

„Nicht, wenn man in wenigen Sekunden dort sein kann.", lache ich und sie schaut mich verdunst an.

„Nein, Freya. So will ich das nicht. Ich meine, der Flug für dorthin ist ja fast das Beste und die Aufregung auf etwas Neues steigt immer mehr. "

Ich schlucke mein Essen herunter und starrt sie an. In ihrem Blick bemerke ich, dass sie Recht hat. Und wie Recht sie hat. Ich lebe mich schon so in dieser neuen Welt, dass ich die alte Welt verlasse und langsam vergesse. Ich meine, vor New York gab es die alte Welt. Die Menschen wussten nicht, dass es Außerirdische und sowas wie Zauberei gab. Der Krieg in New York war das Ende dieser alten Welt. Und jetzt leben wir in einer neuen Welt in der der Mensch sich mit dem abfinden muss, was er zu glauben scheint.

„Irgendwann gehen wir in die Ferien."

„Wann ist irgendwann?"

Man hat mir seit je her gelehrt, dass das Wort 'irgendwann' ein anderes Wort für 'nie' ist. Ich kann nichts mehr so planen, wie ich es immer wollte. Ich stehe jeden Tag mit der Angst auf, ich würde angegriffen werden oder eine Kraft entdecken, die seit Jahrhunderten keiner mehr gesehen hat. Nicht, dass ich schon so etwas erlebt habe, aber leider habe ich das. Aber immer wieder, wenn ich es fast geschafft habe, mich wieder ohne diesen ganzen Kram – wie S.H.I.E.L.D oder fremden Planeten – auszukommen, werde ich damit konfrontiert. Draußen wird es langsam dunkel und nach dem Essen lege ich mich sofort ins Bett, damit ich morgen auch auf den Beinen bin. Die Buchhandlung ist ein sehr stiller Ort, was einer der Gründe ist, weshalb ich mir diesen Arbeitsplatz ausgesucht habe. Der Chef ist ein älterer Mann und ist ziemlich nett, auch wenn er sehr unmotiviert gegenüber mir ist. Es gibt noch ein anderes Mädchen namens Amber, welche drei Jahre älter ist als ich. Sie kommt aus Korea und ihre Eltern haben ein koreanisches Restaurant in New York vor etwa sieben Jahren aufgemacht, was aber komplett zerstört worden ist. Ihre Eltern haben den Krieg dennoch überlebt, aber sie hatten finanzielle Probleme bekommen. Der Laden ist seit zwei Monaten wieder offen, aber die Regierung hat nicht viel für die Entschädigung bezahlt. Deswegen hat sich Amber für die freie Stelle hier in der Buchhandlung beworben und da der Chef uns beide sympathisch fand, nahm er uns beide. Sie ist eine schlechte Zuhörerin und etwas arrogant, aber ich mag sie trotzdem, denn sie nimmt es so cool auf, dass ich einer der Avengers bin und mit ihr arbeiten muss. Sie tut so, als wäre ich ein normales Mädchen aus Cooperstown, die wie sie finanzielle Probleme hat und irgendwie den Eltern unter den Arm greifen will. Ich interessiere mich für die Buchhandlung, denn manchmal stoße ich auf Bücher, dass ich in eine andere Welt eintauche und meine Welt mal vergesse. Amber tut es aber nur wegen dem Geld, aber ich würde das Gleiche tun, wenn ich in ihrer Lage wäre. Sie ist immerhin in die Nähe von Cooperstown gezogen, um nicht jeden Tag fast drei Stunden zu fahren. Jedenfalls, habe ich auch ein eigenes Auto bekommen. Evan und meine Mutter haben es mir gekauft: einen schwarzen Ford KA. Bei meiner Mutter ist fast die Hälfte ihres Vermögens draufgegangen und Evan hat das Geld der Organisation draufgelegt. Wenn man zum Thema 'Evan' kommt: das Date mit ihm war wirklich ein schöner Abend, obwohl ich ihn dennoch als einen guten Freund sehe und nicht als meinen Liebhaber. Wir waren in ein etwas teureres Restaurant und ich muss sagen, er weiß, wie man eine Frau zu einem vorzüglichen Essen ausführt. Meine Mutter denkt, er sei mein Freund, aber, wenn ich ihr das erklären will, glaubt sie mir nie. Ich glaube auch, dass Evan anders bei diesem Thema denkt, als ich. Aber bei vielen anderen Themen denke ich anders. Wie zum Beispiel das Thema über mein Leben.

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