Kapitel 6:

Nach etwa sieben Stunden bin ich in Cleveland, Ohio angekommen, wo ich mir in einem Motel ein Zimmer für eine Nacht buche und meine Mutter anrufe. Erst, als ich unter der Dusche stehe, wird mir klar, dass ich es ihr sagen muss, denn wenn die Medien wieder ihre Finger mit im Spiel haben, wird sie es sicherlich herausfinden. Und auf dieser Weise soll es nicht mehr kommen. Als ich ihre Nummer wähle, zittere ich doch etwas.

„Hallo?"

„Mom, ich bin's."

„Warum rufst du mich um diese Uhrzeit an, Schätzchen?"

Wie dumm. Andere Zeitzone. Ich schüttele vor meiner Dummheit den Kopf und reibe genervt die Augen.

„Hör zu, ich bin auf dem Weg nach San Franzisco."

„San Fran-, was?", stößt sie hervor. „Freya..." Mein Name klingt irgendwie drohend aus ihrem Mund.

„Ich weiß, ich weiß. Ich habe dich angelogen, aber ich habe Visionen bekommen und... ich muss dahin. Ehrlich, Mom. Ich..." Ich will fast auflegen. „Es tut mir leid."

„Du weißt, dass ich vor solchen Anrufen immer am meisten Angst habe."

„Ich weiß. Ich kann nichts Anderes sagen, als das, dass es mir leidtut."

„Was hast du denn gesehen?"

„Es ist zu kompliziert, aber da hat mich jemand bei der Avengers-Basis in New York angegriffen."

„W-was? Geht es dir gut?"

„Ja, mir geht's prima. Ehrlich."

„Wissen die Avengers etwas davon?"

„Nein, deswegen. Ich hoffe, du bist nicht sauer."

„Wie kann ich nur? Du bist meine einzige Tochter. Vergiss das nicht."

„Nein... Ich rufe dich natürlich an, wenn ich da bin. Versprochen."

„Freya..."

„Mom, ich weiß, dass du das alles nicht willst, aber es ist extrem wichtig."

„Das ist es nicht. Es ist nur der Gedanke, dass du das alles freiwillig tust. Und das macht mich zu einer der stolzesten Mütter auf der Welt." Es wird ruhig in der Leitung und ich höre, wie sie versucht ihr Weinen einzudämpfen. „Ich... ich liebe dich, Freya, das weißt du. Komme gesund nach Hause. Versprich es mir."

„Ich verspreche es, Mom. Ich liebe dich auch."

„Wir sehen uns."

„Wir sehen uns."

Als ich auflege, habe ich noch ein mulmigeres Gefühl im Bauch, als von vorhin. Ich gehe einige Male im Motelzimmer hin und her und denke einmal sorgfältig darüber nach, was ich eigentlich genau vorhabe. Ich muss diesen Typen finden, ich muss ihnen sagen, was ich weiß. Denn ich habe so das Gefühl, dass vieles davon abhängt. Um mich doch etwas von dem Ganzen abzulenken, föhne ich meine Haare und lege mich in meiner neuen Unterwäsche ins Bett, die ich mir noch am Nachmittag in einem Shop gekauft hatte. Außerdem kaufte ich mir neue Kleidung für die nächsten Tage. Ich weiß, dass S.H.I.E.L.D mich sicherlich beobachten wird, vielleicht tun sie's ja bereits, also werde ich dieses schöne Auto leider gegen ein anderes austauschen. Das werde ich morgen in Chicago alles machen, denn das ist die nächste Großstadt, auf die ich zufahren werde. Als ich nachts einschlafe, träume ich wieder von Sokovia. Den Schlägen, die ich einstecken musste. Das Leben, das vor meinen Augen ausgeloschen wurde. Und das Leid, das irgendwie doch wir über diese Welt brachte. Diese Stadt lässt mich seit einigen Nächten schlaflos im Bett liegen.

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