Kapitel 11:
Es dauert eine Weile, bis ich wieder aufwache. Glaube ich jedenfalls. Ich höre das Knirschen von Maschinen, ein Klappern von Ketten und ich spüre, wie mein Körper vorwärts gebracht wird. Ich bin alleine, denn ich sehe keine einzige Spur von Thor oder der Frau. Ich bin in eine Art Maschinenraum, wo das Licht sehr schwach ist, und ich erstmals kaum etwas erkennen kann.
„Fürchte dich nicht, denn du wurdest gefunden."
Die Stimme stammt von einer Frau, die ich nirgends erkennen kann. Die Stimme hallt einfach überall hin, sodass sie nicht zu überhören ist. Ich versuche mich zu befreien, doch ich bin an einen großen Stuhl aus Eisen angebunden, aus dem ich nicht alleine entkommen kann.
„Du bist Zuhause und es gibt kein Zurück mehr. Niemand verlässt diesen Ort. Aber was ist das überhaupt für ein Ort?"
Vor mir komme ich immer näher dem Sternenhimmel entgegen und ich verlasse den dunklen Tunnel voller Maschinen und sonstigem Zeug, den ich sonst nur in Filmen wie Star Wars gesehen habe.
„Die Antwort lautet: Sakaar. Umgeben von kosmischen Portalen liegt Sakaar an der Grenze zwischen Bekanntem und Unbekanntem. Es ist eine Art Sammelstelle für verlorene und ungeliebte Dinge – wie du eines bist."
Ich komme in einen Strom, der immer heftiger wird, als würde ich immer schneller in Bewegung gesetzt werden.
„Aber hier auf Sakaar bist du bedeutend. Du bist wertvoll. Hier wirst du geliebt."
„Was zum Teufel...", murmele ich, als der Strom immer heftiger wird und mich wie ein Sog einzieht.
„Und niemand liebt dich mehr, als der Grandmaster. Er ist das Original, der erste Verlorene und der erste Gefundene; der Schöpfer von Sakaar und Vater des Wettkampfs der Champions."
Mir werden Bilder eines Schattens einer Person gezeigt, die aus der Asche erhebt und die Stadt, in der ich mich offensichtlich befinde, in Sekunden aufbaut. Dann erblicke ich die Wettkämpfe zwischen den Champions, die sich sehr mit den Gladiator Kämpfen aus Rom ähneln.
„Warst du einst ein Niemand, bist du jetzt ein Jemand. Du bist nun Eigentum des Grandmasters."
Ich kneife meine Augen zusammen, doch ich werfe immer schneller mit dem Stuhl durch das Universum gesogen, aber dann tauche ich erneut in einem Tunnel auf, der rot aufleuchtet, wie der Äther, und ich mich mit jeder Sekunde immer schneller fortbewege.
„Herzlichen Glückwunsch! Du triffst den Grandmaster in fünf Sekunden. Mach' dich bereit." Ich zähle die fünf Sekunden in meinem Kopf. „Du triffst jetzt den Grandmaster."
Ich kneife die Augen zusammen und in dem Moment höre ich jemanden hell aufschreien. Als ich meine Augen öffne, erblicke ich den Grandmaster vor mir, welcher blau geschminkt ist und ein farbiges Gewand aus Blau, Rot und Gold trägt. Der laute helle Schrei kam von Thor, der ebenfalls, wie ich, an einem großen Stuhl angebunden ist und sich nicht von selbst befreien kann. Er hat sicher gerade das Gleiche gesehen wie ich und ich muss ihm Recht geben – es war wirklich etwas beängstigend.
„Sie sind wunderbar.", sagt der Grandmaster, welcher auf einer Art Thron sitzt und uns lächelnd betrachtet.
Neben ihm steht eine gebaute Frau, die wohl seine persönliche Wachin ist und auf der anderen Seite steht die Frau, der wir zu verdanken haben, dass wir hier sind.
Rund um Thor und mich stehen über zwei Dutzend Soldaten, die mit ihren Speeren auf den Boden und ihrem Masken geradeaus schauen, als wären sie Staturen. Etwas vor uns sitzen zwei junge Frauen in goldener Kleidung, die elegant auf den Stufen sitzen und uns anstarren.
„Ich liebe es, wenn du mich besuchst, 142. Du bringst mir stets das beste Zeug. Jedes Mal, wenn ich mit Topaz über Scrapper 142 rede, was sage ich dann dauernd? Sie ist die... und es fängt mit einem ‚B' an..."
„Gesindel.", antwortet Topaz, die persönliche Wachin des Grandmasters.
Er verdreht die Augen und schaut zu ihr hoch. „Nein, nicht Gesindel. Hat's dir gefallen sie so zu nennen?" Er verdreht die Augen und schaut kurz zu Topaz. „Das fängt nicht mal mit einem ‚B' an."
„Besoffski.", erwidert Topaz monoton.
„Äh... das tut mir leid... nein, ich hatte an ‚Beste' gedacht. Ich sag' immer, du bist die Beste. Sie hat mir meinen geliebten Champion gebracht, weißt du noch?"
Topaz verliert langsam ihre Geduld. „Das sagst du andauernd, wenn sie hier ist."
Er ignoriert Topaz und schaut zu Scrapper 142 hoch. „Was hast du mir denn heute gebracht?"
„Zwei Herausforderer."
„Was?", stoße ich hervor.
Die Augen des Grandmasters leuchten vor Neugier auf. „Ich muss da näher ran. Ich will mir die mal genauer ansehen."
Topaz drückt den Thron des Grandmasters nach vorne, sodass er neben den zwei hübschen Frauen stehen bleibt und uns genauer anschaut. Dann nickt er lächelnd und klatscht zwei Mal mit seinen Händen.
„Bezahl die Lady.", sagt er schließlich zu Topaz.
„Jetzt mal langsam!", schreit Thor ihnen entgegen. „Wir sind nicht zu verkaufen!"
Thor reißt sich aus der Gefangenschaft des großen Stuhls heraus, doch die Frau hält bereits das Gerät in der Hand für einen nächsten Elektroschock. Nicht nur er, sondern auch ich, verspüren jetzt zum dritten Mal in Folge einen Elektroschock, der sich gewaschen hat.
„Oh, er ist ein Kämpfer!", lacht der Grandmaster.
„Ich will zwanzig Millionen.", sagt Scrapper 142.
„Sag' ihr, sie soll weiter träumen.", knurrt Topaz.
Der Grandmaster schaut genervt zu ihr. „Um Himmels Willen, überweise die Units."
Mit einem Knopfdruck ist das auch erledigt und ich kann nicht wirklich glauben, dass ich gerade verkauft wurde. Dass es sowas noch gibt.
„Dafür wirst du bezahlen!", knurrt Thor erschöpft und schaut zu Scrapper 142.
„Nein, ich werd' dafür bezahlt.", grinst sie und verlässt den großen Saal.
Der Grandmaster steht von seinem Thron auf und kommt auf uns beide zu. „Mich interessiert folgendes: Wer seid ihr?"
„Ich bin Freya und das ist..."
Ich werde unterbrochen. „Ich bin der Gott des Donners!"
„Ok. Donner habe ich gerade nicht gehört, aber waren das gerade Fünkchen, das da aus deinen Fingern?"
Topaz, die kurz verschwunden ist, kommt von hinten auf ihn zu und flüstert dem Grandmaster etwas ins Ohr, was ich aber gut hören kann. „Wir haben deinen Cousin geschnappt."
„Oh gut, ja. Ich denke, das wird euch gefallen."
Der Grandmaster geht zur Seite, wo Topaz uns durchlässt. Sie steuert die Stühle, auf denen Thor und ich jeweils sitzen, hinter dem Grandmaster und ihr her und schweben zu jemanden, der ebenfalls das schlechte Schicksal ereignet ist, wie uns.
„Wir konnten dich beinahe nicht finden. Hast du dich versteckt?", fragt der Grandmaster seinen Cousin.
„Hi...", murmle ich der Kreatur zu, die aussieht wie ein schlechter nachgemachter Voldemort, bloß diesmal mit Nase.
„Hi...", krächzt er mit letzter Kraft und schaut zum Grandmaster. „Bitte, nicht!Es tut mir leid!"
„Hmm... also... Carlo, ich begnadige dich."
„Oh, Dankeschön. Vielen Dank."
„Du bist offiziell begnadigt... vom Leben." Mit dem Stab in der Hand hält der Grandmaster diesen auf Carlo gerichtet, welcher sich einfach in blauer Substanz auflöst und verbrennt. Man riecht augenblicklich den Geruch von verbranntem Fleisch, der noch lange in der Luft hängen bleiben wird.
Thor und ich verzerren uns das Gesicht und bekommen augenblicklich Angst, dass dies unser gemeinsames Schicksal sein könnte.
„Oh, wo sind meine Manieren geblieben?" Der Grandmaster lächelt uns beide an. „Äh, ich hab' mich ja überhaupt nicht vorgestellt." Er geht an uns vorbei. „Fahrt mir einfach nach."
Ohne die Kontrolle über die Stühle zu haben, auf dem wir sitzen, folgen wir unwillig dem Grandmaster, der uns auf eine Party führt, wo alle Kreaturen in allen Arten und Größen trinken, lachen und tanzen. Sie haben sogar eine Band und einen DJ, was ich mir hier überhaupt nicht vorstellen kann.
„Man nennt mich den Grandmaster, aber das wisst ihr ja bereits. Ich bin Vorsitzender einer kleinen Harlekine namens Wettstreite der Champions. Die Leute kommen von weit und fern und nehmen unfreiwillig daran teil. Und ihr werdet möglicherweise einer der Stars." Er schaut zu mir. „Wobei du, Schätzchen, eher wie Nahrung aussiehst, aber wir können daran arbeiten. Was sagt ihr dazu?"
„Wir sind keine Freunde und deine Spiele sind uns egal. Wir gehen wieder zurück nach Asgard.", sagt Thor wutentbrannt.
„Arsch-Gard.", lacht der Grandmaster. „Toller Name für einen Ort."
Während die Musik immer lauter tönt, schaue ich mich weiter um und kann meinen Augen kaum trauen. Lachend und mit einem Drink in seiner Hand entdecke ich Loki auf einem Sessel sitzen, umgeben von verschiedenen Kreaturen, die seine Geschichte allen Ernstes auch noch anhören und mit ihm Lachen.
„Loki?", frage ich leise zu mir selbst, bis ich mich räuspere und mich auf ihn aufmerksam mache. „Loki! Hier drüben!"
Das Lachen auf Lokis Gesicht verblasst in dem Moment, als er mich durch die Menge entdeckt. Und es verschwindet komplett, als er auch noch Thor sieht. Er entschuldigt sich bei seinen Zuhörern und kommt schnell auf uns zu.
„Ihr seid am Leben!?", flüstert er laut.
Thor runzelt die Stirn. „Ja, natürlich sind wir am Leben!"
„Was macht ihr dann hier?"
„Was soll diese Frage?", knurrt Thor. „Wir stecken in diesem dämlichen Stuhl fest!"
„Wo ist dein Stuhl?", frage ich ihn und er schaut zu mir herüber.
„Ich hab' keinen Stuhl gekriegt."
Thor schnappt wutentbrannt nach Luft. „Hol uns aus unseren raus."
„Ich kann nicht."
„Los, hol uns raus!", zische ich Loki an.
„Ich kann nicht! Ich hab' mich angefreundet mit dem Grandmaster."
„Der ist verrückt.", flüstere ich ihm zu.
„Ich habe seine Gunst gewonnen. Der Bifröst hat mich vor Wochen hierhergebracht."
„Vor Wochen?", stoßen Thor und ich gleichzeitig hervor.
„Ja!"
„Wir sind grad erst hier gelandet!", knurrt Thor wütend auf.
„Worüber flüstert ihr?", fragt der Grandmaster, der plötzlich hinter Loki steht und wir drei zusammen aufschrecken. „Hier bei uns ticken die Uhren ein bisschen anders. In jeder anderen Welt wäre ich so um die Millionen Jahre alt, aber hier auf Sakaar..."
Der Grandmaster schaut Loki prüfend an, der ihm wohl etwas über Thor und mich beichten muss. Loki jedoch antwortet ihm nicht, sondern versucht sich – wie immer – aus allem Schlamassel rauszuhalten.
„Wie dem auch sei.", seufzt der Grandmaster. „Du kennst die beiden? Einer von denen glaubt, er sei der, äh... Lord des Donners?"
„Gott des Donners.", meint Thor und schaut dabei zu Loki. „Sag's ihm."
„Ich bin diesem Mann noch nie im Leben begegnet."
„Er ist mein Bruder!"
„Adoptiert.", fügt Loki schnell hinzu.
„Ist er sowas wie ein Kämpfer?", fragt der Grandmaster.
Thor beginnt zu lachen. „Entfern' das Ding von meinem Hals und ich zeig's dir."
Der Grandmaster muss laut kichern. „Ist ja niedlich. Er droht mir, er droht mir." Er richtet seinen Kragen zurecht. „Hey, Fünkchen, hier mein Angebot: wenn du zurück willst nach Arsch-Platz, Arschburg..."
„ASGARD!"
„Ja, wie dem auch sei... jeder Herausforderer, der es schafft meinen Champion zu besiegen, soll frei sein."
Thor verliert so langsam die Kontrolle über seine Wut. „Schön. Dann zeig mir mal die Richtung, wo dieser Arsch ist, in den ich treten soll!"
„Das nenne ich einen Herausforderer!", lächelt der Grandmaster freudig auf und nimmt eine Fernbedienung bei Hand. „Die Richtung wäre dann wohl diese, äh, Lord."
Mit einem Knopfdruck wird Thor mit dem schwebenden Stuhl weggebracht, während ich noch wie angenagelt auf meinem sitze und keine Ahnung habe, was mit mir geschehen wird. Und nein, ich werde das In-die-Zukunft-sehen-Ding nicht versuchen. Es hat mir nur noch mehr Probleme gebracht, denn Wissen bringt mich jetzt auch nicht weiter.
„Und was ist mit ihr?", fragt Topaz gelangweilt, als wäre sie jede Sekunde bereit dazu, mich zu töten.
„Sie ist Nahrung. Verfüttere sie."
„Was?", stoße ich hervor.
Loki schaut zu mir und man sieht, wie seine Gesichtszüge vor Nervosität zucken. Wachen kommen und umzingeln mich. Der Grandmaster will mit Topaz verschwinden, als Loki ihnen in die Quere kommt.
„Halt, warte!", sagt er laut und die beiden drehen sich um. „Sie ist eine Herausforderin!"
„Ist dem so?", fragt der Grandmaster und kommt auf mich zu, wo er mich von oben bis unten mustert. Dann schaut er wieder zurück zu Loki. „Sie sieht aber nicht wie eine aus."
„Ich hab's mit meinen eigenen Augen gesehen."
Der Grandmaster schaut erneut zu mir und mustert mich von allen Seiten und Kanten, als wäre ich eine Ware bei einer Auktion.
„Ich habe eine bessere Idee." Mit einem Knopfdruck befreit er mich aus dem Stuhl, sodass ich sofort vom Stuhl aufspringe und auf meinen Beinen stehe. „Du wirst mir bei jedem Kampf zur Seite stehen."
Topaz hebt ihre Augenbrauen in die Höhe und flüstert dem Grandmaster etwas ins Ohr. Sie scheint eifersüchtig zu sein, denn der Grandmasters zwinkert mir währendem zu und scheint ihr nicht mal zuzuhören.
„Oh, aber davor sperre ich dich mit dem Lord des Donners weg. Wer weiß, wie es hinter diesem hübschen Gesicht aussieht."
„Warte, was?"
Mit einem Fingerschnipsen packen zwei der vielen Wachen mich jeweils an beiden Armen und zerren mich unsanft fort. Dabei sehe ich Loki hinterher und ich glaube, dass er mir gerade richtig aus der Patsche geholfen hat.
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