Kapitel 17:

Nun hat man einen Psychiater zu Bucky gebracht, der bei einem Tisch vier Meter vor dem gläsernen Käfig sitzt und ihn betreut. Durch die Überwachungskameras kann man nur den Rücken des Mannes erblicken, doch er hat viele Instrumente mit sich gebracht: einen Laptop, ein Tablet, einen Stift mit einem weißen Blatt Papier und einige Dokumente über Bucky selbst. Alle der Task Force sehen und hören die Unterhaltung per Monitore mit.

„Hallo, Mr. Barnes. Die Vereinten Nationen möchten, dass ich ein Gutachten über Sie erstelle." Der Mann schaut kurz über die Dokumente von Bucky, die seinen ganzen Lebenslauf von A bis Z enthalten. „Ihr Vorname ist James?"

Sharon kommt herein und legt etwas vor Sam auf den Tisch. „Der Beleg für ihre Ausrüstung."

Sam lässt seinen Blick über den Beleg schweifen und zieht die Augenbrauen zusammen. „Vogelkostüm? Wie bitte?"

„Ich hab's nicht geschrieben.", murmelt Sharon und wirft Steve einen kurzen Blick zu, bis sie sich auch auf den Monitor konzentriert.

„Ich bin nicht hier, um über sie zu urteilen. Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen.", redet der Mann weiter auf Bucky ein. „Wissen Sie, wo Sie sind, James?"

Es kommt keine Antwort von Bucky, der bloß da sitzt, die Augen schließt und hofft, dass der Mann wieder schnell verschwindet. Es muss für ihn sehr schwer sein, denn er will nicht gefangen sein. Alles, was er will, ist nur frei sein.

„Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht mit mir reden, James."

„Mein Name ist Bucky."

Nachdem Steve das Gespräch auf stumm stellt, nimmt er das Foto von Bucky in die Hand, die ihn bei den Überwachungskameras in Wien aufgezeigt haben. Für mich ergibt das zwar immer noch keinen Sinn. Entweder lügt Bucky uns an, oder die Task Force tut es. Aber ich bin mir sicher, dass hier irgendetwas faul ist. Irgendjemand macht sich ein Spiel daraus und verwendet uns als die Spielfiguren. Ich habe so viel Macht in mir, aber ich bin machtlos, denn ich weiß nicht, wonach ich suchen muss.

„Warum hat die Task Force dieses Foto überhaupt veröffentlicht?", fragt Steve.

„Damit man so viele Augen wie möglich da draußen hat?" Selbst Sharon weiß nicht, ob es eine Antwort oder eine Frage ist.

„Genau.", nickt Steve. „Gut, um jemanden aus der Deckung zu locken. Zündet 'ne Bombe und legt ein Foto dazu und sieben Milliarden Menschen halten Ausschau nach dem Winter Soldier."

„Dann hat ihm jemand was angehängt, um ihn zu finden.", murmele ich einleuchtend.

Sam schaut Steve bedrückt an und guckt nach unten auf den Beleg. „Steve, wir haben ein Jahr ohne Erfolg nach ihm gesucht."

„Wir haben ja nicht die UN bombardiert. Das erregt 'ne Menge Aufsehen."

„Der, der ihn reinlegt, schnappt ihn deswegen noch nicht, aber wer ihn dann sicher schnappt, sind wir."

Sharon zieht die Augenbrauen zusammen und hat womöglich ihre eigene Frage beantwortet und meine eigene gleich auch dazu. Steve versteht unter ihrem Gesichtsausdruck, was sie so anregt und guckt auf die Monitore, wo man den Psychiater erblickt, der Notizen des Gesprächs von ihm und Bucky aufschreibt. Ich stelle wieder auf laut.

„Sie, Bucky, Sie haben viel erlebt, nicht wahr?"

„Ich will nicht darüber reden.", knurrt dieser rau.

„Sie fürchten, wenn Sie etwas sagen, würde das Grauen kein Ende nehmen. Keine Sorge. Wir müssen nur über eines reden."

In dem Moment geht der Strom aus und das überall im ganzen Gebäude, was ich durch eine Vision mitbekomme. Everett Ross befehlt seinen Leuten den Sichtkontakt zu Bucky wiederherzustellen, denn auch die Monitore haben ihren Geist aufgegeben und die Notlichte gehen automatisch an. Alles versagt innerhalb von zwei Sekunden und die Dunkelheit macht sich breit. Tony fragt F.R.I.D.A.Y nach der Ursache für den Ausfall und überall herrscht sofort Panik. Ich schaue ängstlich zu Steve, welcher genau wie jeder andere, nicht versteht, was vor sich geht. Ich kann meine Kraft nicht durch eine Vision verschwenden, in der es um Bucky geht, aber vielleicht kann ich sehen, was mit dem Mann vor sich geht, der womöglich einen weiteren Anschlag vor hat. Und dann schießt mir alles in den Kopf. Das Legen der Bombe und dann die spätere Detonation, die vielen Menschen das Leben kostete. Er war es, der den Anschlag in Wien verübt hat und Bucky die Schuld aufgetischt hat. Ich finde innerhalb von Sekunden alle Informationen heraus, die ich wissen muss. Aber wer ist dieser Mann genau? Und wieso um alles in der Welt tut er das?

„Fünftes Untergeschoss, Ostflügel.", sagt Sharon und wir vier rennen sofort aus dem Büro hinaus in den Flur.

„Freya? Siehst du ihn? Was geht da unten vor?", fragt Steve, währenddem wir rasend zum Treppenhaus rennen und dort die Treppen herunter springen.

„Was ist hier los?", höre ich Bucky verwirrt in meinem Kopf fragen.

„Reden wir doch über ihre Heimat.", sagt der Mann, der Übeltäter des Ganzen. „Nicht Rumänien. Schon gar nicht Brooklyn. Nein. Nein." Er nimmt ein kleines dunkelrotes, schäbiges Buch, das schon völlig zerkratzt ist und an den Rändern der Deckelbelag fehlt. „Ich meine Ihre wahre Heimat."

Er zeigt Bucky das Buch, das mit einem schwarzen Stern gekennzeichnet ist. Den gleichen Stern hat Bucky im roten auf seiner Schulter seines Metallarmes und es muss sicher eine Verbindung miteinander haben. Wohl die gleiche Vorgeschichte.

Bucky verzerrt sein Gesicht, als er das Buch erblickt und ballt seine Hände zu Fäusten. Er weiß offensichtlich, was es ist und ist nicht gerade erfreut darüber es zu sehen. Der Mann nimmt seine Brille ab und ich erkenne ihn jetzt viel besser: kurze braune Haare, womöglich Ende dreißig und vom Aussehen her kommt er mir nicht wie ein Feind vor. Er schlägt das Buch auf und leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe hinein. Und dann beginnt er irgendwelche Worte auszusprechen, die ich nicht verstehe. Womöglich auf Rumänisch oder einer anderen Sprache aus der ost-südlichen Gegend Europas.

Bucky legt seinen Kopf schlagartig nach hinten und kneift die Augen fest zusammen. „Nein... Aufhören." Sein Metallarm knirscht wie verrückt und er zuckt mehrere Male zusammen. „AUFHÖREN!"

Der Mann liest ohne Halt weiter und umrundet Bucky in seinem Käfig, währenddem er diese Worte weiter ausspricht und Bucky völlig den Verstand verliert. Er schreit, als hätte er schreckliche Schmerzen, obwohl niemand ihn auch nur anfasst. Ich verstehe nicht, was mit ihm passiert, aber irgendwie bringen ihn diese Worte zum Ausbruch einer Wut, die ihn zur gleicher Zeit auch noch kampfbereit macht.

Mit einem Ruck reißt sich Buckys Metallarm von dem Stahl los, der ihn auf dem Stuhl festhalten sollte. Er zerrt den anderen Arm ebenfalls problemlos heraus. Als er im Käfig auf den Beinen steht, schlägt er mehrere Male gegen das dicke Panzerglas, das mit jedem Schlag immer mehr Risse bekommt.

Als der Mann auf die andere Seite ankommt, schlägt Bucky das Glas mitsamt der Tür hinaus, die mit voller Wucht nach vorne schleudert. Und dann wird es ganz still. Bucky erhebt sich vor den Mann und schaut ihn blutrünstig an, greift ihn jedoch nicht an. Er schaut gefühllos nach vorne und spürt nichts mehr. So, wie der Winter Soldier schon immer fühlen sollte.

„Soldat?", fragt der Mann ihn.

Bucky sagt ihm dann etwas auf der anderen Sprache und ich wüsste nur zu gern, was es mit diesen Worten auf sich hat. Aber eine richtige Antwort gibt der Mann ihm nicht. Stattdessen befiehlt er ihm etwas.

„Einsatzbericht. 16. Dezember, 1991."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top