Kapitel 6:
Noch am selben Abend, als meine Mutter bereits zu Hause ist, verliere ich kein Wort über meinen Fund im Dachboden. Im Gegenteil, ich will, dass meine Mutter keinen Verdacht schöpft, dass ich dort oben herumgewühlt habe, also stelle ich alles auf seinen rechtmäßigen Platz zurück, trage die Leiter vorsichtig nach unten in die Garage und versuche mich im Griff zu behalten, bevor meine Mutter von der Arbeit zurückkommt. Ich verbringe die ganze Zeit in meinem Zimmer damit ich mich beruhige. Währendem Essen beachtet meine Mutter mich nicht und ahnt nicht, dass ich mir meine geröteten Augen mit etwas Make-Up vertuscht habe, denn sonst wäre ich geliefert. Ich kann es nicht noch mehr ertragen, dass sie sich solche Sorgen um mich macht. Sie hat Besseres verdient, als meinen Problemen auf den Grund zu gehen. Immerhin ist sie noch das Einzige, was mir aus meiner Familie bleibt. Tante Doris hatte niemals Kinder, also habe ich keine Cousins. Die Eltern meiner Mutter sind beide tot und von der Familie meines Vaters will ich erst recht nicht anfangen.
„Hast du noch Kontakt zu ihnen?", fragt meine Mutter plötzlich und reißt mich aus meinen Gedanken.
„Wen?"
„Wen wohl? Die Avengers natürlich! Hast du noch Kontakt zu ihnen?"
Ich schüttele den Kopf. „Wieso?"
„Wundert mich etwas. Ich dachte, sie sind deine Freunde."
„Ich kenne die meisten von ihnen gar nicht richtig."
„Und was ist mit Steve? Ihn kennst du doch bestimmt gut, nachdem das in Washington passiert ist."
Ich nicke. „Besser als vorhin, aber ich lasse sie alle in Ruhe."
„Und Thor? Ich habe schon länger nichts mehr von ihm gehört nach dem aus Geschehen aus Greenwich."
„Der ist bestimmt in Asgard, wo er auch normalerweise bleibt." Ich nehme meinen leeren Teller und lege ihn in die Spülmaschine.
„Du solltest mal wieder dorthin gehen. Einfach mal vorbeischauen." Sie reicht mir ihren Teller hin.
„Wieso? Willst du mich loswerden?"
„Nein, ich-..."
Ich unterbreche sie. „Nein, Mom. Ich will hier sein. Ich will hier bei dir sein. Ich will nirgendwo anders sein, wo ich es einfach nicht gewohnt bin. Verstehst du denn nicht, dass ich wieder alles so haben will, wie vor zwei Jahren, noch vor meinem siebzehnten Geburtstag?"
Sie sieht mich kurz an und nickt mir zu, als Zeichen, dass ich wirklich Recht habe.
„Ich verstehe dich, glaub mir. Aber irgendetwas sagt mir, dass du zu denen gehörst. Es wurde bestimmt, dass du kein normales Mädchen aus Cooperstown bist. Tut mir leid das zu sagen, aber niemand kann sich sein Leben aussuchen."
Ich gehe auf zu und umarme sie fest und in dieser Umarmung sind wir eine ganze Zeit lang, bis sie aufsteht und mein Gesicht in ihre Hände nimmt. Sie atmet tief ein und wieder aus und mustert alles in meinem Gesicht, was sie zu sehen bekommt.
„Gott, du siehst ihm so ähnlich.", murmelt sie leise und lächelt kurz. Als sie mein Gesicht loslässt, verlässt sie die Küche. „Ich habe morgen wieder Frühschicht und gehe gleich schlafen. Könntest du die Spülmaschine morgen ausräumen?"
Ich kann ihr kaum antworten, da ist sie nach draußen in den Garten verschwunden, wo sie sich wieder aufs Graß hinkniet und zu dem Himmel hinaufschaut. Und das tut sie das erste Mal, seit ich das erste Mal nach Asgard ging.
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