1. Freunde und Rivalen zugleich
Jedes Mal wenn ich mir diese eine Szene aus Folge 25 der 1. Staffel ansehe, muss ich einfach daran denken, wie es gekommen wäre, hätte Aomine eine gewisse Sache gemacht. Also hier meine Version.
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Der Schlusspfiff verhallte noch in Daikis Ohren als sein Blick fast schon automatisch den blondhaarigen Basketballer vor ihm traf. Schweiß rannte Daikis Nacken hinab und Luft wurde nur stoßweise in seine Lungen befördert, während er den Jubel der Zuschauer nur am Rande wahrnahm. Nur mit Mühe konnte er ein erschöpftes Keuchen unterdrücken.
So weit kam es noch! Sich anmerken zu lassen, wie viel Kraft dieses Spiel ihn gekostet hatte. Pah! Er fühlte sich zwar so ausgepowert wie seit langem nicht mehr und dennoch war ihm fast zum Lächeln zumute. Zwar nur fast, aber er spürte tief in seinem Inneren, diesen Hauch von Freude und Spaß.
Und ja, Daiki würde lügen, würde er sagen, dass dieses Spiel nicht anspruchsvoll gewesen wäre. Das bisher schwierigste seit Beginn des Interhighs. 98:110 für Tōō. Zwölf Punkte Unterschied. So knapp wurde es selten, selbst wenn er zu spät kam und sich zudem wenig Mühe gab.
Aber das war die Kaijō Oberschule; ein Veteranen-Team aus der Präfektur Kanagawa, bekannt für ihre ausgezeichneten Leistungen im Basketball. Aber am wichtigsten: Sie hatten Ryōta Kise im Team und das war alles, was für ihn zählte. Satsuki hatte noch mehr zu dem Team gesagt, aber Daiki hatte ohnehin nur mit halbem Ohr zugehört. Details interessierten ihn nicht, solange sie gewannen. Und nichts anderes hatten sie auch heute getan. Doch es war knapp geworden und für einen Moment hatte er schon fast befürchtet zu verlieren.
Dieser Gedanke war jedoch schneller verschwunden als er aufgetaucht war und hatte ihn nur noch entschlossener gemacht.
Der einzige, der ihn schlagen konnte, war er selbst!
Aber gerade deswegen war das Spiel gegen Kise so schwer geworden. Er hätte nicht damit gerechnet, dass Kise es tatsächlich schaffte, ihn zu kopieren. Dazu noch perfekt, noch weniger. Doch am Ende war er nicht mehr als das. Eine Kopie. Und eine Kopie war nie besser als das Original.
Im gleichen Zug war ihm auch klar, was das auch bedeutete und es überraschte ihn dann doch. Fragte sich nur, ob er überrascht war, dass Kise aufgehört hatte, ihn zu bewundern oder dass es erst jetzt kam? So paradox es auch war, aber in dem Wissen, dass Kise ihn bewunderte hatte er immer besser gegen ihn spielen können, diese Veränderung änderte somit Kises ganzes Verhalten ihm gegenüber. Das konnte im Winter noch lustig werden, wenn Kise ihn nicht länger bewunderte. Zu was er in der Lage wäre, würde er noch besser werden, wollte er einerseits wissen, aber andererseits auch nicht.
Jedoch schien diese Fähigkeit ihre körperlichen Grenzen zu haben. Mit schwacher Verwunderung sah er wie Kise versuchte aufzustehen, doch versagte. Kises Beine zitterten unentwegt und jeder Versuch sie dennoch zu belasten versagte. Vielleicht berührte dieser Anblick etwas tief in ihm. Schon während des Spiels hatte er beobachtet, wie Kises körperliche Verfassung schlechter wurde, dieser das jedoch ausblenden konnte. Jetzt anscheinend nicht mehr.
Und mit jedem weiteren Versuch seitens Kise sah er Verzweiflung und Wut auf sich selbst in Kises Augen. Hätte er nicht damit rechnen können, dass er versagte, wo er doch schon gegen Seirin versagt hatte? Aber nein, Kise, der Idiot, musste weit über seine Grenzen gehen. Wie typisch für den ehemaligen Small Forward der Teikō Mittelschule. Dabei bevorzugte Daiki Gegner, die nicht aufgaben, aber Kise hatte übertrieben. Doch egal wie viel Mühe er sich gab, tief in seinem Inneren blieb dieses Schuldgefühl, dass er zum Teil an Kises derzeitigen Zustand Schuld war.
Doch all diese Gefühle und Gedanken ließ er sich nicht anmerken. Die Sekunden vergingen, schienen sich zu ziehen und Daiki bekam immer mehr das Gefühl, etwas tun zu müssen. Er konnte sich einreden so viel er wollte, aber dass er nicht etwas Spaß mit Kise während der Mittelschulzeit gehabt hatte, wäre die reinste Lüge. Also traf er eine Entscheidung, die ihm gar nicht ähnlich sah.
***
Da saß er besiegt auf dem Boden. Er hatte versagt! Nur mühsam hielt Ryōta die Tränen zurück, die sich wieder und wieder hochkämpften. Doch sogar sein Körper schien ihn für die Niederlage zu strafen. Egal wie oft er es versuchte, seine Beine wollten ihn nicht stemmen. Er wusste, warum es so war und dennoch wollte er es nicht wahrhaben. Selbstverständlich hatte er den Punkt gespürt, an dem er zu weit gegangen war, doch solange das Spiel noch gelaufen war, hatte er weitermachen können.
Doch jetzt, wo sie verloren hatten, fiel die ganze Last von ihm ab. Warum hatte er nur versagt? Warum hatte er im entscheidenden Moment versagt? Warum? Er wusste, er musste sich zusammenreißen. Stark bleiben. Fürs Team eine Stütze sein, das war was ein Ass ausmachte, aber er? Er war in diesem Moment nichts dergleichen. Hätte er aufgeben sollen? Ganz tief im Inneren hatte er mit der Niederlage gerechnet, aber sein Stolz wollte das nicht wahrhaben.
Schließlich tauchte eine gut gebräunte Hand in seinem Sichtfeld auf und auch wenn sein Blick schwammig von den nicht zu leugnenden Tränen war, erkannte er dennoch, zu wem sie gehörte. Langsam hob er seinen Blick vom Boden und sah seinem Gegenüber in die dunkelblauen Augen. »Aomine-cchi«, brachte er mit gebrochener Stimme so leise zustande, dass er nicht wusste, ob der andere es überhaupt gehört hatte.
»Es war ein gutes Spiel.« Aomines Stimme war so gelangweilt wie immer, doch Ryōta hörte die Aufrichtigkeit in diesem Satz und spätestens jetzt flossen die Tränen, vermischten sich mit seinem Schweiß.
Er konnte nicht in Worte fassen, wie viel ihm dieser eine Satz von Aomine bedeutete. Es war so ein banales Zeichen von Anerkennung und dennoch so viel. Aomines Anerkennung war eine seltene Ehre. Vielleicht hätte es Ryota rein faktisch betrachtet nicht so sehr kümmern sollen, was Aomine von ihm dachte, dennoch tat es gut, solche Worte aus seinem Mund zu hören.
Schließlich erfasste Ryōta Aomines angebotene Hand, sie war schweißnass wie seine eigenen und dennoch bot sie ihm eine gewisse Stärke. Zwar war Aomine sein Rivale, aber scheinbar hatte auch er nicht vergessen, dass sie zugleich ehemalige Teamkameraden waren. Ehemalige Freunde.
»Danke«, brachte Ryōta hervor, was Aomine keine sichtbare Reaktion entlockte.
Derweilen versuchte er, sich ein erneutes Mal - dieses Mal mit Hilfe - aufzustemmen und trotz Aomines stützender Hand gelang es ihm nur schwerlich. Wortlos trat Aomine näher an ihn und packte ihn fest unter der Schulter und zog ihn endgültig hoch, sodass er nahezu sein ganzes Gewicht auf Aomine lagerte.
Der Rest seines Teams hatte ihnen bei ihrer spärlichen Interaktion zugesehen. Einigen war nicht anzumerken, was sie dachten, doch viel mehr - auch von der Tōō - zeigten eine Grimasse der Überraschung. Und ja, Aomines Aktion war nichts, was man von dem stets desinteressierten Power Forward erwartete. Ryōta hätte zugegeben auch nicht damit gerechnet. Aomine schien doch nicht alles egal zu sein.
Aomine steuerte weiterhin still scheinbar auf seinen Captain Kasamatsu zu und blieb kurz vor diesem stehen.
Leicht überfordert blickte Kasamatsu Aomine an, nicht wissend, was von ihm erwartet wurde. Es dauerte noch etwa zwei Sekunden, ehe Kasamatsu sich aus seiner Starre löste und ebenfalls begann, Ryōta zu stützen, sodass Aomine seinen Job als Stütze beenden konnte.
Ryōta öffnete den Mund für eine Erwiderung, schloss ihn jedoch, ehe ein Ton ihn verlassen konnte. Es war alles gesagt worden, wenn auch nicht verbal. Seine Dankbarkeit zu erneut zu beteuern, war sicherlich nicht, was Aomine dringend wollte. Diese kleine Geste des Respekts und der Aufmerksamkeit ließ ihn hoffen. Darauf hoffen, dass sie nicht nur Rivalen sein mussten, sondern auch Freunde sein konnten.
Also war alles, was er ihm entgegenbrachte, ein dankendes Nicken, ehe Aomine sich aus seinem Sichtfeld entfernte und sich zu seinem verblüfften Team gesellte. Als sich ihre Augen ein letztes Mal für dieses Turnier trafen, wusste Ryōta, dass in seinen eigenen Augen ein Versprechen stand: Nächstes Mal gewinnen wir!
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