Neun
Hyunjin drehte den Kopf zu mir, sodass ich sein gruseliges Gesicht sehen konnte. Hatte er etwa gespürt, dass ich ihn anstarrte? Menschen spüren das und bei blinden Geister war das Gefühl tausendmal stärker. Wieder wollte ich zu gerne wissen, was Hyunjin dachte. „Sorry....ich geh nach einer Sonnenbrille schauen. Ich bin übrigens Changbin", meinte ich peinlich berührt und lies den Geist einfach so in meinem Flur sein Unwesen treiben. Ich erinnerte mich meine Sonnenbrille in meinem Badezimmer verstaut zu haben. Dort hatte sie Felix als letztes hingelegt, nachdem wir alle zusammen ans Meer gefahren sind und anschließend bei mir übernachtet hatten. Meine Sonnenbrille fand ich im obersten Fach. Das würde Hyunjin gleich weniger gruseliger aussehen lassen.
Mit der Sonnenbrille ausgerüstet ging ich wieder in den Flur und bekam meinen nächsten kleinen Schrecken. Hyunjin jagte einem Angst ein, wenn man plötzlich auf ihn traf. „Ich hab dir eine Sonnenbrille gegeben. Deine Augen sind...wie soll ich das jetzt am nettesten sagen.....schwer anzusehen?" Vorsichtig hob Jayuro seine Hand und tastete in seiner Augenhöhle. Es sah widerlich aus, wie seine langen, hellen Finger in Dunkelheit verschlungen wurden. Wenigstens gab die Dunkelheit in seinen Augenhöhle keine glitschige Geräusche von sich. Nur als Hyunjin fast seine ganze Hand in seine Augenhöhle schob, wurde mir flau im Magen. „Bitte, hör damit auf....", flehte ich ihn an. Ein Windhauch ummantelte mich rasch und ich wusste, dass Hyunjin wieder näher bei mir war. Einen Windhauch später spürte ich das leichte Gewicht der Sonnenbrille nicht mehr in meiner Hand. Hyunjin hatte die Sonnenbrille an sich genommen.
„Besser?"
„Oh ja."
Er sah jetzt viel besser aus. Wie ein Versagemodel anstatt einem Geist. Wenn ich ihn so betrachtete, die Augen verdeckt, dann sah ich wieder, wie hübsch er eigentlich war. Würde man die zerzausten Haaren ein wenig richten, würde er noch schöner sein. An was denke ich nur wieder? Ich musste definitiv in mein Bett bevor ich anfange von Jayuro zu schwärmen.
„Gute Nacht, Hyunjin."
Jetzt nur noch umziehen, Zähne putzen und dann ab ins Bett. Ich freute mich schon meinen Körper in meine warme Decke zu hüllen und einfach nur einzuschlafen. Die Schicht und das ganze mit Hyunjin hat mich recht müde gemacht, jetzt wo ich weiß, dass von Hyunjin keine Gefahr drohte. Er hätte mich schon tausendmal töten können. Hoffentlich hielt er auch an seine Worte. Ich trottete zu meinem Schlafzimmer und spürte Hyunjins Windhauchpräsenz. Mein Blut gefror mir, als ich feststellte, dass mir Hyunjin ins Schlafzimmer folgte. Wollte er etwa auch schlafen gehen? Bei mir? Kalte Angst breitete sich aus. Fast so kalt wie Hyunjins Präsenz. „Hey....dumme Frage, aber musst du auch schlafen gehen? Falls ja....dann kann ich dir mein Sofa empfehlen. Es ist wirklich sehr gemütlich. Naja..meine Freunde behaupten es zumindest."
„Nein, ich muss nicht schlafen, aber ich will über dich wachen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich das machen muss."
Kurz gesagt, Hyunjin will mich beim Schlafen beobachten. Für einen Moment lies ich zu mir vorzustellen, dass Jayuro eigentlich pervers war und nur ein bisschen menschliche Nähe wollte, doch ich schüttle den Gedanken schnell von mir ab. Er machte nicht den Eindruck, als würde er irgendeine Interesse an irgendwas haben. Hyunjin war wortkarg und bewegte sich nur, wenn es sein musste. Trotzdem könnte er auch eine dunkle Seite in sich haben. „Du beobachtest mich also beim Schlafen", sagte ich und suchte mir ein Shirt aus dem Schrank. Ohne Hyunjin im Zimmer würde ich oberkörpernackt im Bett schlafen, doch ich hatte das Gefühl, als würde Hyunjin mich sehen können, obwohl er blind war. Ich fühlte mich wirklich beobachtet von einem Stalkergeist. Sei nicht so lächerlich, ermahnte ich mich, Hyunjin kann dich nicht sehen. Er hat nicht mal Augen und er kann nicht spüren, wenn du halbnackt bist. Ich wollte nicht wegen Hyunjin mein Schlafverhalten ändern und so ging ich schnell Zähneputzen und zog mich bis auf die Boxershort aus, um dann ganz schnell unter die Decke zu schlüpfen.
Zitternd verbrachte ich die nächsten Minuten damit, mich warm zu halten. Mit Hyunjin im Zimmer war es so kalt hier drinnen, als würde draußen vor meinen Fenster winterliches Wetter abspielen. Außerdem konnte ich nicht einschlafen, weil Hyunjin an der Wand stand und mich anschaute. Er verkörperte gerade alle Horrorgeschichten, von den ich gehört habe. Würde ich nicht wissen, dass er harmlos wäre, dann würde ich laut aufschreien und meine ganzen Nachbarn aufwecken. „Du kannst dich an meinen Bettende setzen wenn du willst." So stand er nicht so gruselig da und ich konnte mich hoffentlich beruhigen.
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