Kapitel 41 - 09.10.2023


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Mit frisch aufgesetztem Kaffee saß ich an meinem Esstisch, den Laptop vor mir offen stehend. Ich starrte auf das leere Dokument und lauschte dem Rauschen des Wassers. Er stand bereits eine halbe Stunde unter der Dusche und ich bekam meine Gedanken nicht von der letzten Nacht losgerissen, obwohl ich diesen verdammten Bericht schreiben musste, bevor ich Taehang auslieferte. Ich sollte mit Jungkook sprechen. Seufzend griff ich nach meinem Handy und rief unseren Maknae an, der mir definitiv eine Erklärung schuldig war.

"Hey Kooks", sagte ich, als ich das Freizeichen vernahm und nahm danach einen Schluck von meinem Kaffee, "Was ist euer Plan?" Ich hatte keine Zeit dazu, um den heißen Brei herumzureden.

"Guten Morgen, Bro. Du fällst direkt mit der Tür ins Haus." Ein Seufzen erklang durch den Hörer. "Geht es ihm gut? Er hat sich nicht mehr bei mir gemeldet. Was ist passiert?", fragte Jungkook, anstatt auf meine Frage einzugehen.

"Er steht unter der Dusche. Ihm geht es gut und er ist bereit, den offiziellen Weg zu gehen. Also bitte sag mir, was ihr getan habt", bat ich ungeduldig und wippte unruhig mit dem Bein. Ich musste die volle Wahrheit wissen, um mir ein genaues Bild über die Situation zu machen, um einen glaubhaften Bericht schreiben zu können.

"Das beruhigt mich", begann Jungkook und dann hörte man eine Türe, die ins Schloss fiel. "Hobi ... Moment, ich stelle auf Lautsprecher, Tae ist vom Duschen gekommen." Es dauerte einen Augenblick, bis ich mehr Geräusche vernahm. Vermutlich kuschelte sich unser kleines Alien an seinen Freund.

"Guten Morgen, Hobi", begrüßte Taehyung mich, was mich leicht lächeln ließ. Natürlich wusste Taehyung davon. Das hätte mich nicht überraschen sollen, nachdem Taehang das Bild mit ihm gepostet hatte. Auch die Worte von Jungkook hatten darauf hingedeutet und dennoch traf es mich schwer. Sie hatten mich beiden angelogen. "Gut. Du möchtest wissen, was unser Plan ist?", fragte Jungkook unnötigerweise, was mir einen zustimmenden Laut entlockte, der leicht genervt klang. Sie zogen das Ganze in die Länge und das nervte mich tierisch. Immerhin musste ich diesen Bericht fertig bekommen. Ich hatte keine Zeit dafür.

"Spucks schon aus", gab ich meinen Unmut preis und bekam ein leises Seufzen zu hören.

"Wir haben einen DNA-Test machen lassen und das Ergebnis bestätigt unsere Vermutung, die ich von Anfang an hatte", sprach Jungkook wieder, wobei er immer noch nicht auf den Punkt kam, was mir erneut einen genervten Laut entlockte.

"Was für einen DNA-Test. Jungkook! Komm endlich zur Sache!" So schwer konnte das doch nicht sein. Allerdings war es dann Taehyung, der mit der Wahrheit herausplatzte.

"Er ist mein Zwillingsbruder, Hobi. Verstehst du? Mein Bruder. Ich wusste nicht einmal, dass ich einen habe, aber ich habe meine Eltern darauf angesprochen und sie sind in Tränen ausgebrochen, weil ... als wir geboren wurden, wurde er aus dem Krankenhaus entführt und man hat ihn nie gefunden. Bis heute ... wir dürfen ihn nicht erneut verlieren. Das darf nicht passieren." Taehyungs Stimme klang flehend und leicht verzweifelt. Es brach mir das Herz. Das alles.

"Ich verstehe und ich werde ihn nicht im Stich lassen. Versprochen", hauchte ich in den Hörer, nicht wissend, wie ich das bewerkstelligen sollte. Die ganze Situation war total verzwickt. Wie sollte ich das nur meinem Vorgesetzten erklären?

"Danke ...", hörte ich sie beide sagen, ehe ich nach einer kurzen Verabschiedung und dem Versprechen, dass ich mich so bald wie möglich bei ihnen melden würde, auflegte. Ich fuhr mir fahrig durch mein leicht feuchtes Haar, nachdem ich mein Handy vor mir auf dem Tisch abgelegt hatte, und raufte es mir. Kannte er das Ergebnis? Ich würde mit ihm reden müssen. Ausführlich, denn ich durfte jetzt keinen Fehler machen.

"Guten Morgen", drang es an meine Ohren und ich drehte mich fast sofort zu ihm um. Da stand er. Die Klamotten tragend, die ich ihm herausgesucht hatte und mit einem Handtuch in der Hand, womit er sich die Haare weiter trocken rubbelte. Es sah unglaublich niedlich aus. Als er noch einen Schritt auf mich zu machte, sah ich, wie er leicht sein Gesicht verzog.

"Brauchst du Schmerzmittel?", fragte ich sogleich, musterte ihn besorgt und erhob mich dann, um auf ihn zuzugehen.

"Nein, es zieht nur ab und zu." Er lächelte und trat den letzten Schritt auf mich zu. Seine Hand legte sich an meine Wange und seine weichen Finger strichen sanft über meine Haut. Wie konnte er so liebevoll zu mir sein? "Zieh nicht so ein Gesicht, das steht dir nicht. Ich weiß, worauf ich mich eingelassen habe und was passieren wird. Ich werde das schon schaffen, weil ich weiß, dass du hinter mir stehst und mich nicht aufgeben wirst, okay?" Sein Blick war hoffnungsvoll und das, obwohl er so davon überzeugt schien.

"Okay ... möchtest du einen Kaffee ... etwas zu essen?", fragte ich und war schon kurz davor, ein ganzes Festmahl für ihn zuzubereiten.

"Ja gerne zu beidem", lächelte Taehang und ließ von mir ab. "Ich bringe eben das Handtuch weg." Ich nickte auf die Worte und Taehang verließ wieder den Wohnbereich. Ich ging derweil in die Küche und zauberte uns ein kleines Frühstück. Viel hatte ich nicht im Haus. Ich servierte das Essen und den Kaffee und stellte meinen Laptop beiseite. Lächelnd setzte ich mich neben ihn und strich behutsam über seine Hand, die er nach der Kaffeetasse ausgestreckt hatte.

"Ich habe eben mit Jungkook und Taehyung gesprochen. Sie haben mir erzählt, was sie herausgefunden haben. Weißt du darüber Bescheid?", fragte ich und musterte ihn von der Seite. Ein überraschter Ausdruck legte sich auf seine Züge, bevor dieser von einem traurigen Lächeln abgelöst wurde.

"Ja. Wir haben die Ergebnisse vorgestern bekommen und Taehyung hat gestern mit mir darüber gesprochen ... aber bevor wir es seinen ... unseren Eltern sagen, wollten wir den offiziellen Weg gehen. Also, dass ich als Südkoreaner anerkannt werde und hier leben darf. Nach deinen Worten bin ich mir sicher, dass sie dir diesen Teil überlassen wollten, ... auch wenn es schön gewesen wäre, wenn sie es mir vorher gesagt hätten." Er wandte seinen Blick ab und biss sich auf seine Unterlippe. Vermutlich ging ihm der gleiche Gedanke durch den Kopf, wie mir. Wäre er dann überhaupt zu unserem Treffen gekommen?

"Okay", hauchte ich leise und strich über seine Hand, "Ich denke, dass es besser war, dass sie nichts gesagt haben. Ich wollte derjenige sein, der es dir erklärt. Ich hoffe, du bist mir deswegen nicht böse." Taehang schüttelte leicht seinen Kopf.

"Nein, ich war nur überrascht. Ich hatte gehofft, dass du nicht damit hineingezogen wirst, ... dass mich mein Gefühl trügt und du nur jemand bist, der mich mag." Sein Blick lag auf mir. "Aber daran können wir nichts mehr ändern und jetzt machen wir das Beste daraus. Ich bin niemand, der pessimistisch an der Vergangenheit hängt. Ich tue das, was ich tun muss, damit ich endlich so leben kann, wie ich es mir schon seit etlichen Jahren wünsche." Das Lächeln auf seinen Lippen erreichte seine Augen nicht und mir war klar, dass er nicht allen Pessimismus ablegen konnte.

Ich nickte und zog meine Hand zurück, um nach meiner Kaffeetasse zu greifen und einen Schluck daraus zu nehmen. Danach aßen wir im einvernehmlichen Schweigen und jagten unseren eigenen Gedanken hinterher.

Eine halbe Stunde später hatten wir es uns auf der Couch bequem gemacht. Taehang hatte sich an mich gelehnt und ich streichelte seinen Bauch. Während wir so da saßen, erzählte mir Taehang seine Geschichte. Es machte mich unglaublich traurig, weil ich nichts mehr an seiner Vergangenheit ändern konnte. Dafür aber seine Zukunft und so setzte ich mich an den Bericht. Taehang blieb die ganze Zeit an meiner Seite und ich genoss seine Nähe ungemein. Sobald das alles vorbei war, würden wir solche Momente mehr genießen können und darauf freute ich mich schon.

Am späten Nachmittag war es dann so weit. Der Wagen, der uns zum Hauptquartier bringen sollte, wartete unten auf uns und doch trödelten wir herum. Ich ließ mir von Taehang das Hemd zuknöpfen und grinste dabei dümmlich, weil es sich so gut anfühlte. Er richtete sorgfältig meinen Kragen, ehe seine Hände über meine Brust glitten und er sich zu meinen Lippen beugte. Sanft versiegelte er sie und ich legte meine Arme um seine Hüfte, um ihn an mich zu ziehen. Ich vertiefte den Kuss und genoss jede Sekunde, denn gleich durften wir uns nicht mehr nah sein. Würde herauskommen, dass ich emotional involviert war, dann würde sie mich abziehen und woanders hinschicken.

"Du schaffst das, Tiger. Halte dich an das, was wir besprochen haben, okay?", hauchte ich ihm entgegen und sah ihm tief in seine wunderschönen Augen, die mich von Anfang an fasziniert hatten.

"Versprochen", flüsterte der Jüngere und verschloss ein letztes Mal unsere Lippen miteinander. Das letzte Mal, für eine ungewisse Zeit. Als wir den Kuss wieder lösten, sah ich ihn noch einmal tief in die Augen. Ich musste mich regelrecht von diesem Anblick losreißen, um den nächsten Schritt gehen zu können. So griff ich nach meiner Uniformjacke und streifte sie über, schloss sie und zog meine Baskenmütze auf. Danach trat ich in den Flur, zog meine Stiefel an und Taehang tat es mir gleich. Ich packte alles Notwendige ein, ehe wir gemeinsam meine Wohnung verließen und unten angekommen in das Auto einstiegen. Wir sprachen kein Wort während der Fahrt und ich sah die ganze Zeit aus dem Fenster hinaus, weil ich mich nicht mehr traute zu ihm zu sehen.

In dem Moment, wo der Wagen hielt, atmete ich einmal tief durch und stieg dann aus. Ich wartete darauf, dass auch er ausgestiegen war, und sah ihn mit einem sanften Lächeln an, welches er erwiderte. Danach übergab ich ihn an die Soldaten, die uns in Empfang genommen hatten. Ich salutierte und folgte erst eine Weile später in das Gebäude, wo ich auf meinen Vorgesetzten traf, der mir für den erfolgreichen Einsatz gratulierte. Wirklich darüber freuen konnte ich mich nicht, aber das zeigte ich nicht. Stattdessen folgte ich ihm in den Nebenraum des Verhörraumes und betrachtete durch die verspiegelte Scheibe Taehang, der mit Handschellen um seine Handgelenke an dem Tisch saß und darauf wartete, dass endlich jemand hereinkam. Es machte mich nervös ihn so da sitzen zu sehen und ich wusste nicht, was ich machte, sollte unser Plan nicht aufgehen.

Ich zuckte erschrocken zusammen, als Taehang seinen Kopf hob und mein Vorgesetzter vor ihm Platz nahm. Er legte eine Mappe auf dem Tisch ab und reichte Taehang einen Becher mit Wasser, den dieser dankend annahm. Deutlich sah er, wie seine Finger sich nervös um das Plastik klammerten und es anhoben, um einen Schluck aus diesem zu nehmen. Der Becher sank wieder auf den Tisch und Taehang sah dem Mann ihm gegenüber direkt in die Augen. Dieser schlug die Mappe auf und schob ihm ein Dokument zu, welchem dieser keine Beachtung schenkte.

"Sie sind illegalerweise in Südkorea und stehen unter Verdacht, ein nordkoreanischer Spion zu sein. Haben Sie dazu etwas zu sagen?", fragte Choi Chunghee in einem kühlen Ton, der selbst mir einen Schauer über den Rücken jagte. Meine Hand verkrampfte sich leicht in meiner Hosentasche. Unser Plan musste aufgehen.


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