8. Hermine
»Hey, Fred, willst du vielleicht mit zu mir kommen?«, fragte Hermine. »In meinen Schlafsaal? Dann können wir dort in Ruhe reden.«
Fred strengte sich an, Hermine zu sehen. Er nickte und ging durch den Schimmer, diesmal auf der anderen Seite des Bildes. Langsam gewöhnte er sich an dieses tote Leben. Er hatte fleißig die Gemälde um sich herum erkundet und geübt, durch den Bilderrahmen in den Gemeinschaftsraum zu schauen. Manchmal musste er sich anstrengen, um überhaupt etwas zu sehen. In anderen Momenten sah er vieles fast automatisch.
»Mit wem teilst du dir ein Zimmer?«, fragte Fred, als er in einem Meer voller Farbflecken ankam.
»Früher habe ich es mit Parvati und Lavender geteilt, aber da ich als eine der wenigen wiederhole, teile ich mir nun mit Ginny ein Zimmer. Ihre früheren Mitbewohner sind nicht nach Hogwarts zurückgekehrt.«
»Und wo ist Ginny?«
»Beim Quidditch-Training. Wir können gerne auf sie warten, wenn dir das lieber ist.«
»Ach nein, wir können gerne reden.«
»Hast du noch irgendwelche Fragen? Das letzte Mal waren wir bestimmt zu müde, um dir alles zu erklären.«
»Ja.« Fred holte tief Luft. »Ich wüsste gerne, wie ich gestorben bin.«
»Eine Bombe ist in deiner Nähe eingeschlagen und du warst sehr schnell tot. Du konntest nur noch ganz kurz mit George sprechen.«
»Und von wem stammt diese Bombe?«, fragte Fred.
»Das kann niemand beantworten. Es kann jeder gewesen sein. Hätten wir es gewusst, hätte George den Schuldigen ermordet.«
»Wir waren schon immer loyal. Ich hätte das Gleiche auch getan, wäre es umgekehrt gewesen.«
»Überlegst du denn manchmal, wie es wäre, würdest du noch leben und er nicht?«
»Der Gedanke ist mir noch nie gekommen, aber ich bin froh, dass er lebt. Ich will, dass es ihm gut geht. Kannst du ihm schreiben? Oder Ginny?«
»Natürlich. Wir werden ihm Bescheid sagen.«
»Ich würde ihn gerne sehen.«
»Er kommt bestimmt, sobald er den Brief erhalten hat«, meinte Hermine optimistisch. »Wie fühlst du dich?«
»Du meinst, wie es sich anfühlt, ein Toter in einem Gemälde zu sein?«
»Ähm, so wollte ich das nicht ausdrücken«, sagte Hermine langsam.
»Sei ruhig ehrlich, ich bin es auch. Es ist entspannend hier. Keine Mutter, die nach dir schreit, keine Geschwister, die nerven, kein Bruder, der deine Gedanken liest. Keine Geldsorgen. Du bist gesund und hast keine Feinde. Und in einem Gemälde kannst du noch mit allen sprechen«, sagte Fred. Er klang fröhlicher, als er war. Er fühlte sich schrecklich, richtig mies, doch er wollte Hermine nicht beunruhigen. In Wahrheit wünschte er sich nichts lieber als eine schreiende Mutter, nervige Geschwister und all mögliche Sorgen. Und er wollte nicht nur mit seinen Menschen reden, er wollte sie umarmen und kleine Scherze machen und Streiche spielen können.
Es war, als wäre das aufregende Feuerwerk in ihm ausgegangen. Kein Funken funkelte mehr. Alles war trostlos, leise und leer.
»Hmm.« Hermine hatte ihn durchschaut, doch sie erwiderte nichts darauf. »Wo ist dieses Gemälde entstanden und was zeigt es?«, fragte sie stattdessen.
Fred erzählte ihr alles.
»Und warum genau hängt das Gemälde im Gemeinschaftsraum?«
»Ich gehe davon aus, dass George es dahin gehängt hat. Wir haben die beiden Gemälde in unseren Lieblingsorten aufgehängt. Hier haben wir verdammt viel Blödsinn angestellt und hatten den Spaß unseres Lebens.«
»Du sagst also, es gibt zwei Gemälde?«, hakte sie nach.
»Ja, genau.«
»Und wo ist dann das zweite?«
»Im Laden. Das war unser zweiter Lieblingsort. Dort haben wir unseren Traum erfüllt. George muss es haben.«
»Dann kannst du doch dahingehen!«, rief Hermine aus. »Versuch es doch mal!«
»Und wie soll ich das schaffen?«
»Ich weiß es nicht. Spürst du etwas?«
»Ich kann an den Seiten in die anderen Gemälde weitergehen, aber da komme ich nicht bei dem zweiten Gemälde raus.«
Fred ging tief in sich, blendete Hermine und alles um sich herum aus, doch da war nichts.
»Vielleicht muss ich dafür in meinem Gemälde sein«, vermutete er und ging durch die Porträts davon.
Hermine folgte ihm und kam eine Minute später bei dem Bild im Gemeinschaftsraum an.
»Ich spüre was!«, teilte Fred ihr mit. »Es besteht eine Verbindung zu einem anderen Porträt. Aber ich komme nicht dahin. Es gibt so eine Art Blockade.«
Fred senkte den Kopf.
»Das wird schon«, ermutigte Hermine ihn. »Wir werden eine Lösung finden. Wenn du willst, kann ich nach Büchern in der Bibliothek suchen. Oder ich frage Professor McGonagall oder Flitwick.«
»Danke, Hermine.«
Fred lächelte ihr zu und bemerkte dann, wie sich der Gemeinschaftsraum füllte.
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