6. Familie

 Der Sommer war vorbei und George hatte beschlossen, seiner Familie einen Besuch abzustatten. Besser gesagt, Angelina hatte ihn dazu überredet.

»Du wirst deine Familie besuchen. Sie machen sich alle Sorgen. Und wenn du es nicht tust, dann werde ich dich finden und entführen und in den Fuchsbau schleppen.« Das waren so ziemlich genau ihre Worte gewesen. George hatte sich danach bereiterklärt, an einem Wochenende vorbeizuschauen. Er hatte den Laden geschlossen und apparierte zum Fuchsbau, wobei ihm schmerzlich bewusst wurde, dass Fred nicht an seiner Seite apparierte.

Er landete vor dem Haus, das weit in die Höhe ragte und schief war. Manchmal wirkte es, als würde es gleich umkippen, wenn es stürmte, doch das Haus hielt einiges aus.

George trat zögernd auf die Tür zu und hatte noch nicht mal seine Hand erhoben, um zu klopfen, da wurde die Tür schon aufgerissen und seine Mutter, Molly Weasley, stand davor. Sie war eine kleine, runde Frau mit dem weasley-typischen roten Haar.

»Sohn.«

»Davon hast du mehrere«, sagte George halbherzig lächelnd. Er sagte nichts anderes, doch das allein brachte seine Mutter sowohl zum Lachen als auch zum Weinen. Molly drehte sich weg, um ihre Tränen zu verbergen, doch George hatte diese schon längst gesehen. Er nahm seine Mutter einfach in den Arm.

»Du siehst aus wie er«, schluchzte sie.

»Ich bin nicht er.«

»Das weiß ich, mein Schatz.«

George überlegte, ob jeder an seinen Zwilling denken würde, sobald man ihn erblickte. Natürlich dachte man auch beim Anblick aller anderen Weasleys an Fred, doch George hatte seinem Bruder natürlich am ähnlichsten gesehen und auch die meiste Zeit mit ihm verbracht.

»Komm rein.« Molly hielt ihrem Sohn die Tür auf und er ging hinein. »Ginny ist vor ein paar Tagen nach Hogwarts gefahren.«

»Ohne sich von mir zu verabschieden? Ich bin enttäuscht.« George brachte ein kleines Lächeln hervor und auch Molly bemühte sich um eines. Die Abwesenheit von Fred fiel auf.

»Angelina hat mir erzählt, dass du verwundet bist und sich niemand außer sie um diese gekümmert hat.«

»Angelina hat darauf bestanden, sich um die zu kümmern«, meinte George, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sie hatte einmal darauf bestanden, sich die Wunden anzusehen, doch er kümmerte sich selbst um die Wunden. Er vermutete nur, dass seine Mutter einem entschlossenen, immer ehrgeizigen Mädchen mehr vertraute als ihm. »Und die sind nicht mehr so schlimm, sondern so gut wie verheilt«, gab George zurück.

»Ich will es mir mal ansehen.« George hielt seinen Pullover so weit hoch, dass Molly die Wunden sehen konnte.

»Ich sehe kaum noch was. Ihr habt die Wunden gut behandelt«, meinte Molly. »Die anderen warten bestimmt schon. Wir sollten uns zu ihnen setzen.«

George folgte ihr in die Küche und wurde plötzlich heftig umarmt. George erkannte seinen Vater.

Arthur Weasley murmelte beruhigende Worte in Georges Ohr, um sich selbst davon abzuhalten, loszuweinen und George mitzuteilen, dass er Fred genauso vermisste und darunter litt.

Percy umarmte ihn ebenfalls, genauso wie Bill. Auch Fleur drückte ihn ganz kurz, wobei sie zart wie eine Elfe war.

Zuletzt stand Angelina vor ihm.

»Du hier?«, flüsterte er.

»Ja. Molly und ich verstehen uns super. Sie lädt mich ständig zu sich ein«, murmelte sie und zog ihn in eine feste Umarmung.

»Ginny ist in Hogwarts und Charlie musste schnell zurück zu den Drachen. In Rumänien war sehr viel los«, erklärte Molly. Sie neigte dazu, Sachen zu wiederholen, wenn sie durcheinander war.

»Wir sollten essen«, meinte Arthur. Der Tisch war schon gedeckt, als hätte die Familie nur auf ihn gewartet.

George setzte sich auf seinen Stammplatz. Normalerweise wären die zwei Plätze neben ihm von Fred und Ginny besetzt, heute setzte Angelina sich zu ihm. Percy ließ sich auf seine andere Seite fallen.

Die Familie begann zu essen. Hier und da wurde ein Gespräch geführt. Vor allem Molly und Fleur bemühten sich darum, die Stille zu brechen.

George spürte ständig die besorgten Blicke der anderen auf sich.

Angelina unterhielt sich mit Percy, aber George hörte nicht zu.

Nach dem Abendessen entschuldigte er sich kurz und verschwand nach oben. Er spürte fragende und verwirrte Blicke auf sich, doch er drehte sich nicht um.

George suchte sein und Freds Zimmer auf. Seit er denken konnte, hatten sie sich hier im Fuchsbau und in Hogwarts ein Zimmer geteilt. In London in der Wohnung über dem Laden hatten sie beschlossen, einzelne Zimmer zu beziehen, doch sie hatten kaum einen Tag auseinander gelebt, bevor sie wieder ein Zimmer gemeinsam nahmen.

Ihr Zimmer war so vollgestopft, dass George den Boden fast nicht erkannte. An den Seiten standen Kisten mit Probeartikeln, die Fred und George erfunden hatten.

George konnte nicht mehr stehen. Er sank zu Boden. Sein Kopf prallte auf einer Kiste auf.

Dieses Zimmer erinnerte ihn so sehr an Fred. Wenn er es nie wieder aufräumen würde, würde er Freds Geruch und die Erinnerung an ihn hier einsperren, damit sie nicht entfliehen konnten.

George begann zu schluchzen, bis die Tür sich geräuschvoll öffnete und Angelina ihren Kopf durch die Tür steckte.

»Hey, ist alles in Ordnung?«, fragte sie. Doch George antwortete nicht. Er war so sehr in seinen Gedanken gefangen, dass er Angelina kaum bemerkt hatte. »Wie wäre es mit einem kleinen Deal?«, fragte sie, doch George konnte sich nicht auf das Gesagte konzentrieren. Angelina hockte sich zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter, dann umarmte sie ihn.

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