4. Hogwarts

 Als Fred am nächsten Morgen aufwachte, war er wieder verwirrt. Doch an Georges Tod konnte er nichts ändern, also beschloss er, die Gegend zu erkunden. Er stolzierte bis zum Ende der Wiese, wo er einen Schimmer entdeckt hatte. Neugierig trat Fred näher und plötzlich sog ihn eine Kraft mit sich und er stand nicht mehr auf der Wiese. Als er seinen Blick hinabsinken ließ, sah er nichts. Keinen Boden, keinen Untergrund. Dennoch konnte er wie auf einem unsichtbaren Teppich laufen. Seine Füße traten nicht in die Leere, es wirkte nur so. Ihn umgaben rote und goldene Farben. Und weiter hinten sah er wieder dieses Flimmern. Als er hindurchtrat, war er wieder woanders.

»Hey, was soll das? Das ist meine gute Stube. Hinaus mit dir!«, beschwerte sich ein kleiner Mann und fuchtelte mit seinem Zauberstab. Fred beeilte sich, um zum Flimmer zu kommen. Nach ein paar Landschaften traf er wieder auf einen Menschen. Eine bildhübsche Dame in einem traumhaften silbernen Kleid übte Tanzschritte in einem großen Saal.

»Hallo, können Sie mir sagen, wo ich hier bin?«, fragte Fred.

»In Hogwarts natürlich«, sagte sie.

»In Hogwarts?«

»Ja.«

Dann musste das Schloss oder Fred verflucht sein, denn Fred kannte jeden kleinsten Winkel von Hogwarts.

»Wissen Sie, wie ich wieder nach Hause komme?«

»Von wo kommst du denn?«

»Vom Fuchsbau«, sagte Fred. »Ich will zu meiner Familie.«

»Da kann ich dir nicht weiterhelfen. Ich kenne den Fuchsbau nicht und wer deine Familie ist, weiß ich auch nicht.«

»Ich bin einer der Weasleys. Wir sind ziemlich bekannt.«

»Der Name sagt mir nichts. Aber ich kann dir Gesellschaft leisten.«

»Danke, aber ich glaube, ich gehe wieder zurück. Vielleicht treffen wir uns ja noch mal, irgendwann, -«

»Olivia.« Olivia reichte Fred ihre Hand.

»Fred.« Er schüttelte sie kräftig. Dann verließ er den Saal und ging zurück zu George.


Der Sommer zog sich und Fred wusste nicht, wie er überlebte. Er fand nichts zu essen, doch er verhungerte nicht. Er trank nichts und verdurstete nicht. Er hatte keine Gesellschaft, dafür hatte er den Wald und die Wiese ausgekundschaftet.

Mittlerweile erinnerte sich Fred an die Gegend. Dieser Hügel befand sich in der Nähe des Fuchsbaus. Genau dahinter musste Freds Zuhause liegen. Fred und George waren einmal auf Entdeckungstour gegangen und hatten tatsächlich ein Eichhörnchen entdeckt. Dieses war aber nicht so zahm gewesen wie Gooseberry, welcher wieder auf Freds Schulter ruhte. Mittlerweile wusste Fred, dass etwas mit ihm nicht stimmte und er ahnte schon, was. Doch er traute sich nicht, auch nur daran zu denken.

Eines Tages hörte Fred endlich etwas. Gespannt stand er auf und schaute sich um.

»Ist das nicht einer der Weasleys?«

»Die sind eine Legende!«

»Warst du schon mal in deren Laden? Das ist richtig cool.«

»Aber ich dachte, einer wäre gestorben.«

»Was ist denn hier los?«

Fred schreckte auf. Diese Stimme kannte er. Das war Ginny!

»Ginny!«, rief er, schüttelte sich und plötzlich sah er ihr Gesicht vor sich. Ihre roten unverwechselbaren Haare fielen über ihre Schulter. Er musste sich anstrengen, und seine Augen zusammenkneifen, doch da war sie. Sie stand im Gemeinschaftsraum der Gryffindors, umringt von neugierigen Schülern.

»Geht bitte!«, wies Ginny sie an, doch da die Kinder nicht hörten, seufzte sie und setzte sich auf einen roten Sessel, den ein dunkler Fleck auf der Lehne zierte. Nachdem Fred und George das Gerücht verbreitet hatten, dass ihnen eine gefährliche Substanz auf den Sessel getropft war, wollte sich niemand mehr darauf setzen und so hatten Fred und George sich einen lebenslangen Platz am Kaminfeuer gesichert. Ginny kannte als eine der Wenigen ihr Geheimnis.

»Wir reden, wenn alle schlafen«, versprach sie ihm.

Der Gemeinschaftsraum leerte sich und Fred musste einige Male blinzeln und sich konzentrieren, bevor er sich wieder auf Ginny konzentrieren konnte. Ein weiteres Mädchen kam und setzte sich zu ihr.

»McGonagall wollte mich noch sprechen«, sagte Hermine und strich sich eine Locke hinter ihr Ohr. »Was ist los? Du schaust so betrübt.«

Ginny deutete in Freds Richtung. Hermine wendete ihren Kopf und als sie Fred erblickte, riss sie die Augen auf.

Die letzten Schüler waren nun in die Schlafräume gekehrt, also platzte Fred mit seine Fragen heraus.

»Wo bin ich? Was ist passiert? Geht es euch gut? Wie ist die Schlacht ausgegangen?«

»Es ist der erste September«, erklärte Hermine. »Wir haben die Schlacht gewonnen und Voldemort ist tot.«

»Und was ist mit mir?«, fragte Fred.

»Du bist ein Porträt«, gab Ginny zu.

»Ein was?«

»Du bist ein Porträt und hängst über dem Kamin in Hogwarts in unserem Gemeinschaftsraum.

»Ich bin tot?«, hakte Fred nach. Dies überraschte ihn nicht ganz. Er hatte es irgendwie gewusst.

»Ja. Du bist durch eine Explosion gestorben.«

»Und was ist mit George?«, fragte er sofort.

»Er lebt. Er ist im Laden und kümmert sich um den.«

»Und wie geht es den anderen?«

»Remus und Tonks sind gestorben, aber den meisten geht es gut.«

»Das ist schön.« Für einen Moment schwiegen die drei, dann platzte Fred mit einer weiteren Frage heraus. »Bin ich wenigstens als Held gestorben?«, fragte er missmutig.

»Du bist ein wahrer Held«, sagte Hermine. »Du hast für uns und gegen Voldemort gekämpft.«

»Und nur deinetwegen hat Percy sich bei uns entschuldigt. Er wohnt gerade wieder zu Hause und tröstet Mum und Dad.«

»Der Verräter wurde also wieder in die Familie aufgenommen?«, fasste Fred zusammen.

»Genau.«

»Ich erinnere mich daran, dass er noch da war. George auch.«

»George wollte dir nicht von der Seite weichen«, meinte Ginny. »Und bei deiner Beerdigung hat er ein paar Dinge in dein Grab gelegt.«

»Welche?«, wollte Fred wissen.

»Deinen Zauberstab, ein kleines Modell von einem Besen und noch etwas«, sagte Ginny.

»Das Letzte war ein Langziehohr, das ein bisschen kaputt war.«

»Kein Wunder. Krummbein hat diese Dinger genau so sehr geliebt wie ich.« Fred grinste. »Dein Kater hat Geschmack.«

Hermine lächelte. »Ja, das hat er.«

»Morgen beginnt der Unterricht. Ich bin so müde«, murmelte Ginny. »Wir müssen langsam schlafen.«

»Besucht ihr mich morgen?«, fragte Fred hoffnungsvoll.

»Wir werden jeden Tag mit dir reden. Versprochen.« Hermines Augen suchten seinen Blick und in ihren Augen erkannte er, dass sie die Wahrheit sagte.

»Eine Frage hätte ich noch«, meinte Fred. »Wie groß ist das Gemälde? Und seit wann hängt es da?«

»Das sind zwei Fragen«, bemerkte Hermine. »Das Gemälde ist in etwa so groß wie eine Hand, na ja, etwas größer als meine.« Fred erkannte, dass Hermine näher getreten war und ihre Hand ausstreckte. »Und wir wissen nicht, seit wann das Gemälde dort hängt. Gute Nacht, Fred.«

»Nacht, Bruder.«

»Gute Nacht, Mädels.«

Diese Nacht schlief Fred besser als in den Nächten davor. Langsam lichtete sich der Nebel und er war nicht mehr ganz alleine.

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