12. Grab
»George?«, rief Molly.
»Ja, Mum?« George rannte die Treppen bis zur Küche hinunter. »Was ist los?«
»Ich wollte nur mit dir reden.« Sie führte ihn ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa. George setzte sich neben sie und schaute sie neugierig an. »Angelina ist ein ganz liebes Mädchen. Magst du sie denn?«
»Ähm, ja, Mum.«
»Ich glaube, sie tut dir gut. Ihr könnt ruhig zeigen, dass ihr euch liebt. Vielleicht steht bald die nächste Hochzeit vor der Tür.«
»Mum, ich denke nicht, dass du dich da einmischen solltest. Außerdem sind wir gerade in der Anfangsphase«, dichtete George dazu. »Es könnte sein, dass wir uns auch wieder trennen.«
»Das wäre sehr schade. Ihr passt wirklich gut zusammen. Oh, Arthur ist zu Hause.« Molly fixierte die Tür, bis Arthur eintrat.
»Hallo, ihr beiden«, sagte er.
»Setz dich doch zu uns.« Molly klopfte neben sich auf das Sofa. »Wie findest du Angelina?«
»Ähm.« George erkannte, dass seine Mutter seinen Vater überrumpelt hatte. Er wurde rot. »Sie ist ... nett?«
»Sei ruhig ehrlich. Sie ist ein tolles Mädchen, oder nicht?«
»Das denkst du vielleicht, aber ich denke nicht, dass Fred und Angelina ineinander verliebt sind. Die sind nur Freunde und wir sollten nicht zu viel hineindeuten.«
Plötzlich spürte George, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog. Er wollte es seinem Dad zeigen. Angelina und er taten so, als wären sie zusammen und dass würde er seinem Dad beweisen und -
Seine Gedanken wurden unterbrochen, als sie ein Rumpeln hörten. Molly stand auf und schaute nach.
»Ach, hallo, Angelina«, rief sie an der Eingangstür so laut, dass George und Arthur sie noch hörten.
»Nicht die«, grummelte Arthur.
Plötzlich kochte George. Angelina war großartig und wenn sie seine Freundin wäre, würde sein Vater das auch einsehen. Blitzschnell stand er auf und als Angelina Molly durch die Tür folgte, stürmte er zu ihr und küsste sie. Sie stolperten und Angelina konnte sich an der Tür festhalten. Plötzlich spürte George, wie Schmetterlinge in seinem Bauch aufflogen und das Loch in seinem Herzen, das Fred hinterlassen hatte, wuchs ein Stückchen zu.
Angelina drückte George langsam weg. »Hi«, sagte sie außer Atem. »Ich habe dich auch vermisst.«
George beugte sich zu ihr und flüsterte in ihr Ohr. »Sorry, ich wollte dich nicht überfallen. Ich musste meinem Dad nur beweisen, dass du liebenswürdig und meine Freundin bist.«
»Ja«, murmelte Angelina. Ihre Sinne waren benebelt.
»Ach, meine Schätze, wollt ihr nicht nach oben gehen?«, fragte Molly.
»Ich dachte, wir könnten eine Tasse Tee trinken«, schlug Angelina vor.
»Natürlich, gerne.« Molly eilte in die Küche und bereitete alles vor.
»Ich habe Plätzchen mitgebracht«, erklärte Angelina und hielt eine Tüte nach oben.
»Das ist schön. Ich lege sie auf einen Teller.« Molly nahm ihr die Tüte ab und wuselte wieder in die Küche.
Gemeinsam aßen sie die Plätzchen und Angelina erzählte von ihrem Training und fragte Arthur über seine Arbeit im Ministerium aus.
Anschließend ging sie mit George nach oben. In seinem Zimmer angekommen, wandte sie sich sofort an ihn.
»Ich wusste gar nicht, dass wir uns küssen«, meinte sie. »Das kam vorhin sehr überraschend. Du hättest mich vorwarnen können!«
»Ich wusste es ja auch nicht. Das war eine spontane Entscheidung«, gab George zu.
»Ah, also wolltest du mich gar nicht küssen?«
»Nicht direkt.« Doch, schon, aber sie war wahrscheinlich noch nicht über Fred hinweg. »Aber weißt du was, der Kuss hat mich ein bisschen abgelenkt. Können wir das noch mal machen?«
Nein!, wollte Angelina schreien, doch sie hielt sich zurück. Wenn sie sich öfter küssten, dann würde Angelina nie über George hinwegkommen. Doch wenn es George half, dann wollte sie ihm nicht im Weg stehen. Sie trat näher.
»Wenn du es möchtest.«
»Versteh mich bitte nicht falsch. Der Kuss war gut und -«
Angelina wartete gar nicht darauf, dass George zu Ende sprach, sondern küsste ihn.
Ohne, dass sie es voneinander wussten, spürten sie beide Schmetterlinge in ihrem Bauch und ein Kribbeln auf ihrer Haut. Sie spürten Verlangen in sich und drückten sich näher. George vergrub seine Hand in Angelinas Haaren und Angelina strich mit einer Hand über seine Wange. Sie fühlte sich so weich an und sie wünschte sich, dass sie ihn immer, wenn sie wollte, streicheln konnte. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als richtig mit George zusammen zu sein. Sie drückte sich an seine Brust, um wenigstens das Gefühl zu haben, dass er sie liebte. Sie fühlte sich sicher und geborgen und gleichzeitig so aufgeregt, als würde sie zum ersten Mal jemanden küssen.
Niemand wollte sich lösen, doch sie mussten Luft holen.
»Du küsst gut«, stellte George fest. »Das ist wie eine Betäubung.«
»Ich kann dich jeden Tag betäuben.« Angelina brachte ein freches Grinsen zustande.
George brachte Angelina am Abend zur Tür und apparierte dann zu Freds Grab.
Niemand sonst war auf dem Friedhof zu sehen. Eine gespenstische Stille zog sich wie der Nebel über die Landschaft. George lief zu dem Grab seines Bruders und als er den Namen las, brach er plötzlich zusammen.
»Angelina und ich haben uns geküsst«, murmelte er. Er hatte das Bedürfnis, sich jemanden anzuvertrauen und Fred war immer der Erste gewesen. »Ich glaube nicht, dass du auf sie standest, aber sie mochte dich. Und ich fühle mich schlecht. Es fühlt sich an, als würde ich sie irgendwie ausnutzen, obwohl es ihre Idee war.«
George legte sich auf der Erde nieder und vergoss ein paar Tränen. Es war fast ein halbes Jahr her, dass sein Bruder gestorben war und mit der Zeit wurde es tatsächlich ein bisschen einfacher.
»Ich vermisse dich.«
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