Eins

Wir trainierten in einer alten, verlassenen Lagerhalle, die ihren Standort mitten in einem abgelegenen Wald hatte. Seltsamerweise fand ich das ganz gut. Hier konnte niemand sehen, wie ich gequält versuchte, wieder so gut zu werden wie früher.. Die Halle war riesig, da hier früher einmal die Flügel von Flugzeugen aufbewahrt wurden, doch das Unternehmen ging bankrott und musste schließen. Heute standen hier nur noch ein paar Gewichte, Trainingsgeräte, einige wenige Matten (warum benutzten wir diese eigentlich nicht?) und ein paar hinterbliebene Teile der Flugzeuge.

Meine Muskeln zogen sich zusammen. Sie brannten wie Feuer, doch ich musste mich zusammenreißen.

Zeige keine Schwäche.

„23, 24, 25",
zählte er gelangweilt und schlenderte dabei auf und ab, den Blick stets auf mich gerichtet. Jax trug eine Jeans, ein schwarzes T-Shirt, eine Lederjacke, dazu ein paar Sneaker und war derjenige, der mir von der Freapire Geheimorganisation zugeteilt wurde, um mich in Kampfsport zu trainieren. Wozu das Ganze?

Vor einem Jahr, als ich noch täglich Judo machte, brachte ich nur Goldmedaillen mit nach Hause. Ich will damit nicht angeben, im Gegenteil: Ich hätte es lieber für mich behalten, denn als dieser Taylor auf mich aufmerksam wurde und mich überredete, aus meinem Talent Geld zu machen, geriet ich in illegale Machenschaften.

Flashback:

Ich stand im Türrahmen, des Eingangs von Taylors Halle und wartete auf ihn. Schon einen Monat war ich in seiner Crew und es machte wirklich Spaß mit seinen Leuten zu trainieren und abzuhängen.

„Hey, Babe.", begrüßte er mich und umarmte mich von hinten. Der schwarzhaarige Küsste meinen Nacken und fuhr mit seinen Händen meine Taille entlang. Auf der Stelle bekam ich eine Gänsehaut.

„Na du.", antwortete ich und drehte mich lächelnd zu ihm. Ich fasste den Kragen seiner Lederjacke, als er mein Kinn anhob und mich innig küsste.

Tatsächlich war das unser letzter Kuss, das letzte Mal, dass ich diese starke Verbindung zwischen und gespürt hatte. Auf einmal hörte ich einige Autos auf den Parkplatz der Halle fahren. Die Tür stand noch auf und, als Taylor mich vom Eingang wegschieben wollte, öffnete ich meine Augen und sah, dass mehrere dunkel gekleidete Männer Kisten hinter die Halle schleppten. Taylor grinste und ich spürte, dass er mich mit diesem Kuss nur hatte ablenken wollen und nun immer noch versuchte, mich aus dem Blickfeld zu kriegen.

„T, was sind das für Männer?", fragte ich jedoch, worauf sein Blick sich verdunkelte.

„Freunde meines Dads. Geh zu den anderen, ich regle das."

Als er mich erneut küssen wollte drehte ich mich weg, sodass er meine Wange traf. Er schaute irritiert, lief allerdings nach draußen.

Ich wäre nicht ich gewesen, hätte ich einen auf braves Mädchen gemacht und ihm gehorcht, also lief ich ihm hinterher und sah, was ich nicht hätte sehen sollen: Drogen über Drogen.

Flashback Ende.

Da ich aber nicht mehr das kleinste bisschen damit zutun haben wollte, verließ ich Taylor und die Crew, entschloss außerdem komplett mit diesem Sport aufzuhören. Ich hatte nie jemandem davon erzählt, nicht einmal Taylor selbst wusste, wieso ich gegangen war, doch das Ganze war einfach zu viel für mich gewesen. Ich war mir sicher, das Richtige getan zu haben, denn später erfuhr ich, dass er es unzählige Male mit anderen Mädchen getrieben hatte.

Was habe ich mir auch gedacht? Das einer wie er sich in mich verliebt? Ganz bestimmt...

Ein riesiger Schwall Hass machte sich in mir breit. Doch schon bald würde ich ihn für seine Heucheleien bezahlen lassen. Er würde dafür bezahlen, mein Vertrauen - meine Liebe missbraucht zu haben.

„46, 47, 48"

Mit jeder zusätzlicher Zahl, fing mein Körper an, immer weniger das zu tun, was er eigentlich sollte. Meine Arme zitterten allmählich und mein Atem wurde auch immer schwerer. Er ähnelte wohl eher einem leichten Keuchen.

Verdammt, früher habe ich 50 Liegestütze mal schnell mit links gemacht und jetzt das...

Wie sich schon bald herausstellte, war Taylor auf einer Liste der bösen Jungs ziemlich weit oben. Er hatte krumme Sachen mit der Mafia am Laufen und da ich als Spitzenreiterin des Kampfsports nicht unbeobachtet blieb, holte mich eine Geheimorganisation, die Freapire, mit ins Boot, um ihn zu fassen.

Ich sah es als Chance, Taylor endgültig wegsperren zu lassen – nie wieder in seine braunen Augen sehen zu müssen und ihn irgendwann vergessen zu können.

„So wird das nichts, Megan",
meinte der Dunkelhaarige und setzte sich in Schneidersitz auf den Boden.

So viel ich wusste, wurde der 17 Jährige in die Organisation hereingeboren. Jax hatte sich also nicht aussuchen können, ob er ein Agent werden wollte oder nicht.

Irritiert stoppte ich mitten in der Übung und setzte mich ebenfalls hin, direkt gegenüber von ihm. Mir war so heiß, dass ich eigentlich hätte fertig sein müssen, aber ich verspürte gerade ein ungeheures Adrenalin in mir.

„Was meinst du?", fragte ich und strich mir eine, aus meinem Pferdeschwanz herausgefallene Strähne, aus dem Gesicht.

„Was ist los, Jones? Du willst das Alles doch gar nicht, hab ich recht?", fragte er und starrte mich direkt an.

„Ich verstehe die Frage nicht ganz.", entgegnete ich. Natürlich hätte ich jetzt lieber etwas anderes gemacht, als Sport, zum Beispiel geschlafen, denn es müsste gerade zwischen 6 und 7 Uhr morgens sein, aber das war im Moment nicht möglich. Zudem hatte ich gerade das dringende Bedürfnis meine Grenzen zu überschreiten.

„Wieso hast du Mariors Angebot angenommen?", wollte er wissen und starrte mir direkt in die Augen.

Was für eine Frage. Marior war der Leiter der Freapire – der Geheimorganisation, in der ich nun war. Er brauchte Jemanden, der Taylor gut kannte, und wie das Schicksal es wollte, war ich genau die Person, die sie gesucht hatten. Ich wollte Rache. Ich brauchte Rache. Ich würde sie bekommen und die Freapire servierte mir die Chance dazu praktisch auf einem Silbertablett. Ich wäre schon ziemlich dämlich gewesen, hätte ich mir das entgehen lassen.

Das war also ich. Ein 17 Jahre altes Mädchen, dass vor langer Zeit ihren Vater verloren hatte und alles tat, um Rache an ihrem „Gangsterfreund" nehmen zu können.

Wenn ich selber so darüber nachdenke, habe ich mein Leben in den letzten Jahren praktisch gegen die Wand gefahren.

Noah, mein 2 Jahre älterer Bruder, bekam davon allerdings nicht sonderlich viel mit. Ich war ziemlich gut darin, die schlechten Seiten meines Lebens zu verstecken. Er dagegen konnte noch immer nicht sonderlich gut über unseren Vater hinweg kommen und vermied es weitestgehend über ihn zu reden, da er einfach nur enttäuscht war. Seit Dad gegangen war, hatte er einen ungeheuren Drang, mich zu beschützen. Er wollte eben einfach, dass es mir gut ging. Würde er erfahren, dass ich nun der Freapire beigetreten war, böse Jungs jagte und kaum noch Schlaf bekam, würde er garantiert ausrasten...

Weniger wegen des Schlafes, aber das musste jetzt auch mal erwähnt werden. Ich bin sooo müde.

Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken. Mein Klingelton war das nicht...

Jax holte sein Handy aus der Hosentasche und nahm den Anruf an. Erst einmal hörte er nur, wer auf der anderen Seite war, bis er die Stimme erkannte.

„Marior, schön sie zu... hören", begrüßte er ihn zögernd.

Ob er wohl öfter Anrufe von ihm bekommt?

Jax schaute mich an. „Okay, ich soll auf Lautsprecher schalten", erklärte er.

Wow, ich darf mal etwas von ganz oben mitkriegen.

„Jones hört mit", kündigte er dem Mann an.

„Also gut, Aircale, Jones? Sie beide kennen höchstwahrscheinlich die Largos, nicht wahr? Ich will, dass sie sich bei Ihnen einschleusen und die Bastarde dann unserem Team aushändigen.", befahl Marior.

Aber, was wäre dann mit Taylor? Ich will ihn aushändigen...

„Was ist mit Taylor und seiner Crew?", hinterfragte ich also und sah, dass Jax mich merkwürdig musterte.

„Selbstverständlich brauchen wir ihre Hilfe dafür auch, jedoch stehen derzeit die Largos im Vordergrund. Derzeit wurden unzählige neue Fälle gemeldet. Wenn Sie Zeit haben, können sie sich trotzdem in die Trainingshalle von Taylor Adams' Crew begeben und sie ausspionieren.", sagte er mit seiner tiefen Stimme.

Die Largos waren eine Gruppe Unzivilisierter, welche derzeit wieder herumzog. Die Meisten von ihnen waren zwischen 16 und Mitte 20. Sie waren in der ganzen Stadt dafür gefürchtet, da sie Fenster einschlugen, Katzen anbrannten und Hunde stahlen. Zudem tyrannisierten sie Menschen, raubten und feierten sich bei Teenagern mittleren Alters, in der Hoffnung neue Mitglieder zu bekommen. Sie waren grausam und machten weder vor kleinen Kindern, noch vor alten Menschen halt. Besonders abends waren sie unterwegs - die Dunkelheit war ihr Schutz. Solange sie ihren Spaß und Geld bekamen (oder eher stahlen), war ihnen alles recht. Es wäre besser, sich gegen sie verteidigen zu können... Man kann ja nie wissen.

„Seid erfolgreich.", verabschiedete Marior sich.

„Werden wir sein.", murmelten Jax und ich gleichzeitig.

Taylor muss also erst einmal warten.

„Megan? Willst du mir nicht antworten?"

Jax riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte seine Frage total vergessen, „Doch, ich... habe gerade über etwas nachdenken müssen.", sagte ich, im Hinterkopf noch immer die Largos.

„Wie auch immer. Du solltest dir klarmachen, was dir das alles hier bringt und dann entweder vollkommen bei der Sache sein oder aussteigen.", meinte er und zog die Stirn in Falten.

Ruhigblut.

Er schaute auf sein Handy.

06:36 Uhr

Da ich den ganzen Tag ausgeplant war, hatten wir mit der Organisation ausgemacht, morgens 05:30 Uhr mit dem Training zu beginnen. Meine Bedingung dafür war, dass ich pünktlich um 6:45 Uhr zu Hause sein musste, damit Noah mich wie jeden Morgen wecken konnte und nichts von meinem Aufenthalt in der Geheimorganisation mitbekam.

Ich hatte nicht gewusst, auf was ich mich da einließ. Jeden Tag musste ich 04:00 Uhr aufstehen und... Ich war schon so am Ende.

Als ich Jax' Blick sah, wusste ich, dass wir spät dran waren.

Er hatte grüne Augen...

„Och nee, bitte sag nicht, dass wir wieder zu spät sind.", besinnte ich mich wieder.
Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn, schnappte mir schnell meine Tasche, da ich mir seine Antwort schon denken konnte.

„Nächstes Mal stell ich mir nen Wecker.", sagte er auf ironische Weise, stand auf, nahm seinen Rucksack und warf ihn sich über die Schultern.

Ich hasste solche Jungs.
Wir liefen zu seinem schwarzen Motorrad, bei dem ich mir den Helm schnell aufsetzte, den Jax mir gab. Bevor er seinen über den Kopf zog, fuhr er sich noch mal durch das Haar.

Heiß... Nein, was? Es ist viel zu früh...

Mein Gehirn spielte mir also wieder einen Streich. Ich hasste es.

Ich setzte mich hinter Jax, der schon Platz genommen hatte und hielt mich an ihm fest. Ich saß so weit von ihm entfernt, wie es nur ging, denn ich wollte ihm nicht zu nahtreten. Doch plötzlich spürte ich seine beiden Hände fest an meinen Oberschenkeln.

„Bevor du mir noch hinten herunterfällst.", murmelte er.
Mit einer Leichtigkeit zog er mich so nah an sich, dass sich nicht einmal mehr der Wind hätte zwischen uns drängen können. Auf der Stelle wurde ich knallrot.

„Ich wäre schon nicht runtergerutscht.", murrte ich teils sauer, teils verlegen.

„Keine Sorge, ich bin nicht ansteckend.", neckte er mich mit einem Unterton in der Stimme, der mir gehörig auf den Keks ging und raste einen Wimpernschlag darauf auch schon los.

Es war seltsam, so nah an einem Jungen zu sitzen, den ich kaum kannte. Bei meinem Bruder war das etwas anderes... An Noah konnte ich mich festklammern so sehr ich wollte.

Also ab nach Hause, schnell meinen Schlafanzug drüberziehen, ins Bett gehen, mich von Noah wecken lassen, wieder anziehen und dann in die Schule fahren.

Ja, ich hasse mein Leben.

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Hey (:
Ich hoffe, das erste Kapitel gefällt euch?
Mein eigentliches Buch ist irgendwie weg und aus diesem Grund mache ich einen Neuanfang mit diesem hier!
Es wird viele Veränderungen geben und Meg wird es echt schwer haben.

Was sagt ihr zu Jax?

Ich versuche regelmäßige Updates zu bringen (:
Liebe Grüße❤️

~Helene🌈

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