„Es tut mir wirklich furchtbar leid! Wie geht's ihm?", platzte es aus Nemuri, als Toshinori zurückkehrte und sich wieder auf die Couch fallen ließ. Eine neue Runde Bier hatte ebenso seinen Weg auf den Tisch gefunden und wartete schon auf den Dunkelhaarigen.

„Ich hab ihn ins Bett geschickt, das ist wohl das beste im Moment", erklärte Yagi und wischte sich die schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er hatte das Haargummi, mit dem Shota heute Morgen seine Haarmähne gebändigt hatte, gelöst, um die blonden Haare zusammenzubinden, nun wünschte er sich allerdings, er hätte sich ein neues geholt. „Mach dir keine Sorgen, das wird schon wieder. Und vielleicht haben wir ja Glück und morgen ist schon wieder jeder am richtigen Platz." Dann würde er selbst die Schmerzen wiederhaben, die er Tag für Tag ertragen musste und Shota würde vermutlich verkatert aufwachen, weil Hizashi ihm erneut ein Bier rüberschob und zuprostete.

„Oh Mann ... Eraser war ohnehin schon die letzten Tage nicht sonderlich gut gelaunt, und nun auch noch das", seufzte Midnight und nuckelte schuldig an ihrem Bierglas, „das tut mir so leid." Auch wenn es oft so wirkte, wollte sie ihn wirklich nicht bis aufs Blut nerven, sondern ihn nur freundschaftlich necken. Dass sie dabei manchmal übers Ziel hinausschoss, war eine andere Sache.

„Er war vorhin auch ein wenig gereizt", erinnerte sich All Might, „aber wir ... also ich wurde auch zweimal von Fans belagert, das hat ihn wohl ziemlich gestört." Was Yagi auch verstehen konnte, schließlich war es für ihn auch nicht einfach, ständig in ruhigen Momenten gestört zu werden.

„Naja, im Moment ist ein bisschen viel für ihn, mit all dem Rummel", gab Nemuri zu, „er ist ja für gewöhnlich ziemlich Medienscheu und kann die Aufmerksamkeit auch überhaupt nicht ab. Dass sie ihn dann bei der Pressekonferenz auch noch versucht haben, aus der Reserve zu locken und zu provozieren, ärgert ihn immer noch."

„Außerdem hat er sich ziemlich große Vorwürfe gemacht, weil Bakugo entführt und Schüler verletzt wurden", erzählte Hizashi und riss im nächsten Moment die Augen auf, „aber das hat er mir im Vertrauen nach ein paar Bier gesagt, Midnight, sprich ihn bloß nicht darauf an!" Wenn Shota hörte, dass er die Geheimnisse, die ihm ohnehin selten anvertraut wurden, weiter ausplauderte, würde er ihm nie wieder irgendwas erzählen.

Kayama seufzte. „Erzähl mir doch was Neues! Das tut er doch schon seit dem USJ, wo er sich zu Brei hat schlagen lassen, und trotzdem ist er der Meinung, er hätte noch mehr tun müssen."

„Vor der Pressekonferenz hat er sogar überlegt, seine Kündigung einzureichen", gab Yamada zu.

„Waaaaaas? Aber Shota würde doch nie einfach aufgeben!" Midnight war geschockt.

„Er war der Meinung, dass es logisch wäre, wenn er nun schon zweimal – seiner Meinung nach – versagt hat. Zum Glück hat er sich umentschieden, aber er hatte sie schon schriftlich in der Tasche, falls die Menge bei der Pressekonferenz es verlangt hätte." Hizashi nippte nachdenklich an seinem Glas. Dabei war Eraser noch nie jemand gewesen, der etwas tat, nur weil Viele es so wollten.

Toshinori hatte schweigend zu gehört und ebenso ab und an ein bisschen getrunken. Der Alkohol wärmte ihn von innen heraus und er merkte längst, dass der Körper, in dem er steckte, nicht mehr viel mehr vertragen würde. Er fühlte sich nicht komplett betrunken, aber leicht benebelt und irgendetwas sagte ihm, dass seine beiden Kollegen wohl noch länger hier sitzen bleiben würden, um zu plaudern. Ob sie auch über ihn sprechen würden, wenn er ins Bett gehen würde? Aber im Moment war es ohnehin viel interessanter zu lauschen, was sie über Aizawa zu sagen hatten. Tatsächlich hätte All Might nie angenommen, dass solche Zweifel in Shota steckten. Kein Wunder, dass er vor den Hausbesuchen so nervös gewesen war, auch wenn man es ihm kaum angesehen hatte. Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass es nur Beschwerden hageln würde und man ihm an den Kopf werfen könnte, dass er als Klassenlehrer versagte. Dabei machte er seine Sache sehr gut, auch wenn es nicht immer einfach war.

„Wobei seine Nachrichten heute ja auch nicht so klangen, als ob er seine Entscheidung nicht doch bereut", fügte Mic an und sah kurz auf sein Handy, „anscheinend hatte es bei manchen Schülern doch eine Menge Kritik an seiner Arbeit gegeben. Aber zum Glück haben alle eingesehen, dass All Might immer den Tag retten wird, egal wie viel Mist Eraserhead baut."

Es sollte zwar als Scherz gemeint sein, doch es traf Toshinori doch ein wenig. Vor allem weil ihm somit ein bisschen klarer wurde, wieso Shota ihm gegenüber so abweisend erschien. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, aber er selbst wäre auch sauer, wenn er gesagt bekäme, er würde seine Arbeit nicht gut genug machen und jemand andres wäre besser darin. Dabei war es absurd. Als Lehrer war All Might eine absolute Niete und Shota kniete sich stets mit voller Hingabe hinein und gab alles. Das war ziemlich unfair und gemein. Vor allem deswegen, weil Aizawa ja auch nichts für die Angriffe auf die Schüler konnte und alles nur passiert war, weil Yagi nun an der UA unterrichtete. Es war also ohnehin eher seine Schuld.