Freunde
Mit einer halbwegs positiven Nachricht im Gepäck kehrte er zurück zu den beiden Blondschöpfen, die auf dem Sofa saßen und miteinander plauderten. „Tsukauchi geht der Sache nach. Wir sollen morgen vorbei ...", wollte All Might freudig berichten, doch er brach im nächsten Augenblick ab, als er die Süßigkeiten und Knabbereien am Tisch entdeckte, „oh nein ... hast du etwas davon gegessen?" Die Frage galt eindeutig Shota, der heimlich eine Süßigkeit im Mund verschwinden ließ. „Das ist ... ein bisschen ungünstig ..."
„Warum?", wollte Hizashi neugierig wissen. Ein bisschen fühlten die beiden sich nun tatsächlich ertappt wie Kinder, die heimlich Süßigkeiten geklaut hatten.
All Might seufzte und ließ sich aufs Sofa neben Shota fallen, während Hizashi auf einem Sofastuhl saß, der neben Shota stand. „Weil ich nur mehr Schonkost essen und vertragen kann und ich auf keinen Fall zu viel Zucker zu mir nehmen sollte. Ich hätte dir das gleich sagen sollen." Dafür war bisher aber auch noch keine Zeit gewesen, und vor allem bestand auch kein Grund dafür. „In der Sakkotasche sind Tabletten, damit es später nicht ganz so schlimm wird", seufzte der Mann und fügte dann noch leise etwas hinzu, „und die Schmerztablette solltest du auch gleich nehmen, damit du später halbwegs schlafen kannst, falls das hier länger anhält."
„Das glanzvolle Leben von All Might, was?", schnaubte Shota und begann mit der uneingegipsten Hand die Sakkotaschen zu durchforsten. Diese Bandagen nervten unglaublich. Als er seine losbekommen hatte nach dem USJ Vorfall war es der freudigste Tag überhaupt gewesen, und jetzt musste er sich hiermit herumschlagen. So ein Mist.
„So ist das Heldenleben nun einmal. Man verletzt sich, aber man macht trotzdem weiter, egal in welcher Verfassung man ist, oder etwa nicht?" Tatsächlich war es keine Frage, sondern eher eine Feststellung. Schließlich wusste der ehemalige Profiheld ganz genau, dass Shota gleich wieder arbeiten ging, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war damals. In dieser Hinsicht waren sie sich zumindest sehr ähnlich. „Und nennt mich doch bitte Toshinori, ja? Ich glaube im Moment ist es wenig angebracht, mit Heldennamen um sich zu werfen", seufzte er und rieb sich die Schläfen.
Nun begann Hizashi in seinen Taschen zu kramen und holte eine Packung Kopfschmerztabletten hervor, die er Toshinori zuwarf. „Hier, nimm eine davon. Ich hatte schon damit gerechnet, dass Eraser mit Migräne und ner miesen Laune zurückkommt." Das erklärte zumindest auch den Berg an Knabbereien und das Bier.
Dankbar nahm er es entgegen und spülte eine Tablette mit Bier hinunter, auch wenn man das eher nicht tun sollte. „Ihr zwei seid wirklich gute Freunde, die sich aufeinander verlassen können, das ist beneidenswert", merkte er etwas wehmütig an. Schließlich war Mic sofort aufgefallen, dass Shota sich nicht normal wie sonst verhielt und war auch auf seine Laune und die Kopfschmerzen vorbereitet.
„Shota musste man erst zu seinem Glück zwingen, weil er schon immer lieber für sich blieb. Aber du hast doch bestimmt auch ein paar Leute, auf die du vertrauen kannst", meinte Yamada und wuschelte durch die blonde Mähne, die sein Freund momentan trug. Irgendwie war es seltsam, auch wenn er wusste, dass Aizawa in diesem Körper steckte. Hoffentlich blieb das nicht allzu lange so.
Die Stirn unter dem dunklen Haaren runzelte sich leicht. „Naja, zu meinen engsten Vertrauten zähle ich Tsukauchi und David Shield, aber letzteren habe ich seit ewig nicht gesehen und in den letzten Jahren konnte ich mich auch keinem wirklich anvertrauen." Vor allem weil er Angst hatte, sich irgendwie zu verraten, nachdem er sich die Verletzung zugezogen hatte. Schließlich war es ihm gegenüber dem Polizisten auch nur zufällig passiert, dass er sich verraten hatte. Hätte er andere Menschen getroffen, wäre sein Geheimnis bestimmt früher aufgeflogen. „Und davor hatte ich auch keine Zeit für Beziehungen jeglicher Art. So ist das eben", meinte er schulterzuckend und versuchte nicht allzu traurig zu klingen.
„Naja jetzt, wo du an der UA bist, und wir alle hier gemeinsam zeitweise wohnen, wirst du uns auch nicht mehr los!", verkündete Hizashi breit grinsend.
„Die Drohung meint er ernst. Mic wird man nicht los", berichtete Aizawa und nippte an seinem Wasser, „ich habs versucht!" Dabei sah er starr auf die Tischplatte.
„Ach komm schon! In Wirklichkeit haben wir uns alle furchtbar gern, du willst es nur nie zugeben." Yamada boxte Shota gegen die Schulter, der daraufhin zusammenzuckte. „Oh sorry", entschuldigte sich Mic sofort. Er hatte nicht daran gedacht, dass All Mights Körper nach wie vor ziemlich ramponiert war, auch wenn er bereits einige Sitzungen bei Recovery Girl hinter sich hatte.
„Verdammt Mic! Wieso schlägst du All Might? Bist du wahnsinnig geworden? Das ist doch voll respektlos!", schimpfte plötzlich jemand mit ihm. Diesmal zuckten alle drei Männer zusammen und wandten sich um. Midnight stand mit verschränkten Armen hinter ihnen und schüttelte den Kopf. „Außerdem hättest du dein Zeug wegräumen können! Echt mal, das ist der Grund, wieso keiner in eine WG mit dir wollte. Niemand will hinter dir aufräumen!" Ihre strenge Miene wurde jedoch in der nächsten Sekunde auch schon weich und sie lächelte. „Solltet ihr nicht lieber zuerst Mics Zimmer einräumen und erst hinterher was trinken? Na, wie liefen die Hausbesuche?"
„Ganz gut", meinte Toshinori und sah zu ihr auf, als sie auf ihn zukam. Da Nemuri nicht wusste, dass in dem Körper ihres Freundes der ehemalige Profiheld steckte, dachte sie sich auch nicht viel dabei, als sie neben dem vermeintlichen Shota platznahm und einfach ihre Beine über seinen Schoß warf und nach seinem Bier griff. Ohne es zu wollen, lief er rot an. „Ähm ... Nemuri ..."
Die Angesprochene achtete gar nicht darauf, sondern nippte ein wenig am Bier. „Ich komme gerade von einem Heldinnentreffen, und soll dir von Joke etwas ausrichten", kicherte sie und küsste den Dunkelhaarigen auf die Wange, ehe sie ihm leise ins Ohr hauchte, „du sollst dich mal bei ihr melden!" Der Alkoholgeruch aus ihrem Mund war kaum zu ignorieren.
Knallrot und mit aufgerissenen Augen starrte Toshinori seine Kollegin an, ehe er sich zu den anderen beiden Männern umwandte, die sich krümmten vor Lachen. Wäre er noch in seinem Körper hätte er nun gewiss Blut gespuckt, aber stattdessen blieb ihm nichts anderes über als vor sich hin zu stammeln. „Ähm ... also ... Nemuri ... es ... ich ... nicht ..."
Verständnislos blickte sie den Dunkelhaarigen an und strich sachte über seine Narbe unter dem Auge. „Wie viele Bier hast du denn schon intus? So kenn ich dich gar nicht", meinte sie misstrauisch und leerte sein Bier, damit er nicht betrunkener werden konnte, doch dann fuhr sie normal fort, „aber zurück zu Joke! Wir, also ein paar Heldinnen, sind ja der Meinung, dass du bei der Pressekonferenz ganz hübsch ausgesehen hast, wenn du dir nur mal Mühe gibst! Du könntest echt mal mit Joke ausgehen, und sie nicht länger zappeln lassen."
Während Toshinori immer noch knallrot war, verschluckte sich Shota an seinem Wasser und musste Husten. Hizashi bekam einen Lachanfall und somit kaum mehr Luft. Nemuri hingegen saß da und sah die drei Männer verständnislos an. „Habt ihr alle so viel getrunken?", fragte sie und sah vor allem den neuen Kollegen an, der sich von dem Hustenanfall erholte und sich etwas Blut aus dem Mundwinkel wischte. „Gerade Sie sollten in ihrer Verfassung nichts trinken, werter Kollege! Und auch etwas mehr Reife zeigen!"
Endlich schaffte Yamada es, sich zusammenzureißen, wischte sich Tränen aus dem Gesicht und holte tief Luft. „Es ist witzig, dass du versucht so förmlich zu sein, obwohl du eigentlich auf All Mights Schoß sitzt", erklärte er, immer noch leicht gigglend. Da Midnight ihn verwirrt ansah und die beiden Klassenlehrer der 1-A musterte, grinste Hizashi noch mehr. „Die beiden wurden von ner Körpertauschmacke getroffen!"
Nun riss Kayama ihre Augen weit auf und nahm sofort ihre Beine von den Beinen des Dunkelhaarigen und setzte sich artig hin. „Oh mein ... das tut mir furchtbar leid! Wirklich ... ich...!", stammelte sie drauf los, ehe sie sich ein Kissen schnappte und auf die beiden Blondschöpfe einschlug. „Ihr Idioten! Hättet ihr das nicht früher sagen können?" Stattdessen hatten sie zugelassen, dass sie sich so blamierte. Ihr hätte aber auch schon früher auffallen müssen, dass etwas nicht stimmte.
„Nemuri beruhig dich!", lachte Mic und hob abwehrend die Hände, um sein Gesicht zu schützen, schließlich war das quasi sein Kapital. „Autsch! Hör doch auf", fluchte Shota, der nur einen Arm hatte, um die Angriffe abzuwehren, was aber auch mehr schlecht als recht war.
Erst nachdem sie einen besonders schmerzhaften Treffer in der Flanke des großen Blonden gelandet hatte, bemerkte Midnight, dass es keine so gute Idee gewesen war, auf den Körper eines Verletzten einzudreschen, auch weil einer ihrer besten Freunde da drin steckte. Auch wenn Toshinori im Moment neben sich selbst saß, zuckte er zusammen und fühlte den übertragenen Schmerz, den Shota nun verspüren musste, als das Kissen auf der Stelle landete. „Scheiße, Midnight ...", keuchte Aizawa und krümmte sich vor Schmerz.
„Sorry, sorry!", entschuldigte sie sich und legte das Kissen weg.
Erneut schmeckte Eraser Blut in seinem Mund, das in seiner Kehle aufstieg. Der Geschmack war so widerlich, dass es Übelkeit in ihm hervorrief. Die schmerzende Stelle haltend, sprang er auf, wankte kurz ein wenig und setzte sich dann in Richtung Toiletten in Bewegung. Ihm war nicht nur schlecht, sondern auch schwindelig, doch er schaffte es zum Glück rechtzeitig zu einer der Keramikschüsseln, ehe er sich übergeben musste. Seine Kehle brannte und der Geschmack, den er im Mund hatte, wurde nur noch schlimmer.
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