Nineteen

Jeongin pov

Unter schwerer Anstregung schaffte ich es irgendwie, mein Bett zu verlassen. Meine Füße schlurften über das kalte Pakett und ich hielt es nicht für nötig, das Licht anzuschalten. Dann sah ich wenigstens nicht meinem elendigen Spiegelbild ins Gesicht. Dann musste ich meine vom Weinen geröteten Augen und die tiefen Ringe unter diesen nicht entgegenblicken. Es war nun schon drei Tage her, dass Changbin mir die Freundschaft gekündigt hatte und mir ging es seitdem so dreckig wie lange nicht mehr. Es kommt mir vor, als sei es gerade eben erst passiert, so statk hat sich der Schmerz in meine Brust gefressen. Es tat so weh, weil er es ist. Bei so ziemlich jedem anderen wäre es mir egal gewesen.

Halbwegs in Ordnung aussehend, wurde ich von Jackson zur Schule gefahren. ,,Jeongin, was ist los? Du bist seit Freitag so still?'', fragte mein gefühlter großer Bruder besorgt, während er vor einer Ampel anhielt. ,,Es ist nichts'', nuschelte ich, doch er sah mich tadelnd durch den Rückspiegel an. ,,Es sieht aber nicht nach nichts aus. Hat das was mit diesem Jungen mit der Band zu tun? Dieser Changbin?'' Seinen Namen zu hören, verpasste mir einen Stich in der Brust. ,,Es ist kompliziert. Können wir das bitte wann anders besprechen?'', antwortete ich und er nickte. Zum Glück ließ er mich dann mit seiner Fragerei in Ruhe. Ich wollte nicht darüber reden. Es war eh meine Schuld. Ich hätte mich nicht darauf einlassen sollen. Wir haben mit dem Feuer gespielt und nun wunderte ich mich, dass ich mich verbrannt hatte.

In der Klasse saß er schon da. Durch seine Kopfhörer von der Außenwelt abgeschirmt, starrte er auf sein Handy, so als wäre nichts gewesen. Meine aufkommenden Tränen wegblinzelnd, lief ich zu meinem Platz. Mein Blick galt steht's ihm. Als er mich wahrnahm, rutschte er demonstrativ von mir weg. Autsch. Ich versuchte, mich dennoch zu einem Lächeln zu zwingen. ,,Hallo", presste ich hervor und blinzelte verlegen, als ich keine Antwort erhielt. Ich konnte ihn nicht einfach ignorieren, so wie er es tat. Trotzdem machte sich eine Stille zwischen uns breit, bis der Unterricht begann, dem ich gar nicht richtig zuhörte. Der ganze Schultag zog sich und bestand zum Großteil aus meinen kläglichen Versuchen, Changbins Aufmerksamkeit zu erlangen, die allesamt scheiterten.

Nach der Schule wollte ich nach Hause. Doch wurde ich von einer gewissen Person aufgehalten. ,,Hier geblieben", sagte Jimin spöttisch. Noch mehr Ärger konnte ich echt nicht gebrauchen, weshalb ich an ihm vorbei wollte. Er packte mein Handgelenk und hielt mich an Ort und Stelle. ,,Lass mich los! Was willst du?'', rief ich aufgebracht und versuchte, mich loszureißen. ,,Scheinbar hast du aus der Hosenaktion noch nichts gelernt." meine Augen weiteten sich. ,,Das warst du?"

,,Natürlich, denkst du ernsthaft, der Typ war von alleine so dumm und läuft gegen dich? Da muss man schon etwas nachhelfen." Seine Mundwinkel zogen sich nach oben. ,,Aber da dir das anscheinend keine Lektion erteilt hat, muss' ich wohl zu härteren Mitteln greifen." Er knackte mit seinen Fingerknöcheln und drängte mich, wie ein Wolf seine Beute, in eine Ecke. Mein Blick schweifte verzweifelt über den Schulhof, aber ich fand keinen Ausweg. Alle waren schon weg. Bis auf eine Person und diese starrte mich an. Ich keuchte auf, als ich erkannte, wer dort meinen Blick erwiederte.

Changbin stand da und bewegte sich keinen Zentimeter. Mein Blick schrie nach Hilfe und der erste Schlag traf auf meine Haut. Ich taumelte zurück und hielt den Blickkontakt, während Jimin auf mich einprügelte. ,,Willst du dich gar nicht wehren?", fragte er belustigt. Seine Faust traf meinen Bauch und ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Zu meinem Entsetzen drehte meine letzte Hoffnung sich weg. Er senkte seinen Blick und ging davon. Eine Tränen rollte über meine Wange. ,,Wozu? Du hast doch eh schon gewonnen."

Ich ließ mich auf das weiche Gras fallen. Viel länger hätte ich Laufen unter diesen Schmerzen eh nicht ausgehalten. Jimin hatte mich grün und blau geschlagen. Ich dachte schon, es würde niemals mehr aufhören. Doch was viel mehr weh tat war, dass Binnie mich so verabscheut. Dass er weggesehen hat. Schluchzer verließen meine Kehle. Auf dieser menschenleeren Wiese war es mir egal, ob mich jemand hören könnte. Ich brauchte diesen Idioten, allerdings war ee binnen weniger Minuten unerreichbar für mich geworden.

Mein vibrierendes Handy riss mich aus meinem Gedankengang. Papa stand auf dem Display. Ich wischte ihn weg, was eine Explosion von Nachrichten meiner Eltern auf dem Bildschirm hinterließ. Die Uhr zeigte 18:34. Ich war also schon eineinhalb Stunden unterwegs, in denen ich eigentlich schon längst Zuhause sein sollte. Es war mir allerdings egal. Ich hegte immernoch Wut gegenüber den beiden. Denn, dass mein Vater mich geschlagen hatte, würde ich ihm nicht so schnell verzeihen.

Als es langsam frisch wurde, stand ich auf. Erst wusste ich nicht ganz, wo ich jetzt hingehen soll und ich irrte so gut wie ich konnte durch die mittlerweile düsteren Straßen. Doch dann tauchte der kleine Nudelladen auf. Er war zwar nicht optimal, da Changbin auch dort sein würde, aber ich hatte keinen anderen Zufluchtsort. Der Geruch der leckeren Suppen schoss mir in die Nase und mein Bauch meldete sich knurrend zu Wort. ,,Was essen wird ja wohl drin sein...'', murmelte ich zu mir selbst und steuerte humpelnd mein neues Ziel an. Jimin hatte mich echt zu Brei geschlagen.

,,Oh Gott, Jeongin! Was ist denn mit dir passiert?'" Besorgt lief mir Binnies Mutter entgegen, als sie mich erkannte und stützte mich. ,,Lange Geschichte'', gab ich von mir. ,,Komm' erstmal rein. Dann gibt es auch eine warme Suppe und ich hol' dir saubere Kleidung. Ich sah an mir herunter und stellte fest, dass ich wie der letzte Penner durch die halbe Stadt gehumpelt war.

''So, jetzt erzähl' mal", sagte Yuwon. ,,Mein Leben überfordert mich derzeit komplett. Nichts scheint zu klappen, Träume werden zu Alpträumen, Freunde lassen los und ziehen ohne mich weiter und nirgendswo fühlt es sich nach Zuhause an. Und das schlimmste daran ist, dass ich der ganzen Welt vorspielen muss, ich hätte das perfekte Leben." Ich ließ den Kopf hängen. ,,Ich hab einfach das Gefühl, ich hab mein Leben nicht mehr unter Kontrolle und zerbreche daran. Ich bin nicht genug und werde es auch nie sein."

,,Es geht um Changbin, nicht wahr? Ich hatte mich schon gewundert, was mit ihm los ist", antwortete sie ,,Ja, er ist wohl in mich verliebt, aber ich nicht in ihn und jetzt möchte er nicht mehr mit mir befreundet sein. Ich kann aber nicht ohne ihn. Mein Leben scheint ohne ihn keinen Sinn zu machen. Ich fühlt sich an wie-" ,,Liebeskummer?" Erstaunt riss ich den Mund auf. ,,Woher weißt du?", stammelte ich. ,,Ach Jeongin, ich war auch mal jung." Die Frau mittleren Alters fing an zu grinsen. ,,Es ist eigentlich ganz einfach. Wer nicht zeigt, was er fühlt, wird verlieren, was er liebt."

Ich war so ein Idiot. In meinem ganzen Körper staute sich plötzlich Aufregung an. Es hatte Klick gemacht. Changbin war schon die ganze Zeit derjenige, den ich gebraucht hätte. Er war der Richtige und es war auch egal, dass er ein Junge war. Denn er machte mich glücklich. ,,Danke! Vielen Dank! Ich muss jetzt ganz dringend los'', meinte ich, ehe ich los rannte. Der Schmerz war schon komplett vergessen und ich hatte nur noch ein Ziel. ,,Er ist mit seiner Band proben", rief seine Mutter mir hinterher. Ich lief so schnell mein Körper es zuließ. Ich ignorierte den auf mich prasselnden Regen und die Menschen, die mir verwirrt hinterherschauten. Außer Atem war ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich an dem großen Gebäude angekommen, ehe sich die Tür öffnete.

,,Jeongin?"

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