Kapitel 5
"Hoping" - Alycia Marie
https://youtu.be/MV_3BpUdJ_Y
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"Ist alles okay?", wollte Mom etwas besorgt wissen, nachdem sie gerade die Gläser auf den Esstisch gestellt hatte.
Ich hatte angeboten ihr zu helfen, den Tisch zu decken.
Allerdings hatte sie darauf bestanden, dass ich mir keine Umstände machen und mich lieber noch etwas umsehen sollte.
Ich war ihrer Anweisung gefolgt.
...nur um jetzt seit circa fünf Minuten regungslos vor dem Foto zu stehen, das sich auf der Kommode befand.
Es war ein Selfie von Mom und mir.
Von Mom und meinem Ich von vor dem Unfall.
Stumm klebten meine Augen an dem Bild, bevor ich meine Hand danach ausstreckte.
"Ich...", setzte ich an.
Angestrengt schaute ich ihn an.
"Ich glaube, ich würde gerne meine Piercings nachstechen lassen...", murmelte ich.
Diesen Typen, der fast so aussah, wie ich...
Etwas zögerlich schaute ich danach zu Mom.
"Wäre das okay?", fragte ich.
Nicht, dass ich glaubte, dass sie jetzt ein Problem damit haben würde, wenn sie vorher keins gehabt hatte...
Allerdings war es auch eine Frage des Geldes.
Während des Komas und der Reha hatten die meisten der Einstechlöcher bereits angefangen zuzuwachsen.
Mom stutzte.
Sie schien einen Moment zu brauchen, um zu verstehen, dass ich ihre Frage nicht beantwortet und stattdessen eine neue gestellt hatte.
"N-natürlich...", entwich es ihr schließlich.
Die Verwirrung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
"Aber bist du denn...", kurz deutete sie auf den Esstisch, um anzuzeigen, dass wir uns schonmal hinsetzen konnten.
"Bist du sicher, dass du das jetzt schon möchtest?", erkundigte sie sich.
Weiches Mitgefühl lag in ihrer Stimme.
Ich setzte mich Mom gegenüber, bevor ich schulterzuckend nickte.
"Glaube schon...", meinte ich.
"Ich...", setzte ich etwas zögerlich an.
"Ich würde mich wohler fühlen...", sagte ich leise.
Mein Blick fixierte die Tischplatte.
"...wenn ich wenigstens wieder so aussehen würde, wie früher.", erklärte ich.
Absichtlich formulierte ich es nicht so, wie es in meinem Kopf klang.
Ich wollte nicht wie früher aussehen.
Ich wollte wie er aussehen.
Mich nur ein kleines bisschen weniger fremd fühlen, wenn ich ihn auf Fotos sah.
Im Spiegel die selbe Person sehen, die in meiner Vorstellung immer vor mir stand.
Ich fühlte mich nicht wie der Kookie, den Mom und meine Freunde gekannt hatten.
Und so sehr ich den früheren Kookie auch für all die Erwartungen und all den Druck hasste, den er auf mich geladen hatte...
Letztendlich wollte ein Teil von mir einfach wie er sein.
Wenigstens so aussehen, als wäre ich es...
Als würde sie mir meine Gedankenspirale ansehen, wurde Moms Blick immer mitfühlender.
"Schatz du...", sanft legte sie ihre Hand auf meine.
"Du bist toll, so wie du bist.", sagte sie.
Liebevoll lächelte sie mich an.
"Wenn du dich mit Piercings wohler fühlst, dann kannst du dir gern neue machen lassen.", leicht drückte sie meine Hand.
"Aber nur, wenn du das möchtest, okay?", versicherte sie sich.
"Du musst dich zu nichts drängen...", fügte sie weich hinzu.
Ich spürte den Kloß, den ihre Worte in meinem Hals auslösen.
Mom hatte mir auch direkt nachdem ich aus dem Koma aufgewacht war versichert, dass ich immer noch ihr Sohn war und dass sich an ihren Gefühlen für mich niemals etwas ändern würde.
Ob mit oder ohne Erinnerungen.
Ich verstand, dass sie das ernst meinte.
Dass auch Hobi und Yuqi es ernst gemeint hatten.
Trotzdem spürte ich ihre Verwirrung...
Die Überforderung, weil sie jemanden vor sich hatten, der irgendwie und irgendwie doch nicht die Person war, die sie früher gekannt hatten.
Ich hatte das Gefühl, dass sie mich nur ansehen brauchten, um sich so zu fühlen.
Dass man mir einfach ansah, dass ich nicht er war.
Und deshalb...
Ich lächelte.
"Danke, Mom...", flüsterte ich.
"Aber ich..."
Deshalb wollte ich wenigstens...
"Ich hätte wirklich gerne wieder Piercings."
...diesen kleinen äußerlichen Unterschied beseitigen.
Mom musterte mich einen Moment lang.
Zustimmend nickte sie schließlich.
"Möchtest du Hobi und Yuqi fragen, ob sie dich wieder begleiten?", erkundigte sie sich direkt.
Ich stockte ein wenig.
"Ich..."
Wie auch immer ich auf die Idee gekommen war, dass der alte Kookie und ich irgendwas gemeinsam haben könnten...
"Ich hatte gehofft, dass du und ich zusammen gehen könnten...", sagte ich leise.
Mom stutzte.
Sie schien sichtbar überrascht von meiner Anfange, lächelte dann aber weich.
"Wenn du das gerne möchtest...", ihr entwich ein kleines Kichern.
"Letztes Mal wolltest du so gern mit den beiden gehen, dass ich dir einen Erlaubniszettel schreiben musste.", kicherte sie.
Ich sah ihr an, dass sie sich über meine Bitte freute.
Trotzdem brachte ihr Kommentar mein Inneres zum Drücken.
Im Gegensatz zu dem Kookie von früher bräuchte ich inzwischen nicht mal die Erlaubnis meiner Mom, um mir Piercings machen zu lassen.
Trotzdem wollte ich ihre Begleitung, während er sich extra eine Vollmacht hatte schreiben lassen, um mit seinen Freunden gehen zu können.
Es war kein wirklich schlimmer Gedanke...
Aber ein sonderbarer.
Ganz einfach, weil der Kookie von früher ein normales Leben geführt hatte, in dem er sich wahrscheinlich auf einem normalen Level von Mom abgenabelt hatte.
Doch ich war nicht dieser Kookie...
In mir war so viel Leere und Verwirrung.
So viel Hilflosigkeit.
Ich wollte gern, dass Mom mitkam, wenn mir jemand Metall durch meine Lippe und meine Ohren stach.
Liebevoll schaute mein Gegenüber mir bei meiner Nachdenklichkeit zu.
"Ich komme gerne mit.", betonte sie, um mich daraus zu lösen.
"Wann auch immer du möchtest.", schob sie hinterher.
Überlegend zuckte ich mit den Schultern.
"Vielleicht übermorgen?", fragte ich.
"Wenn du von der Arbeit kommst?"
Mom hatte heute und morgen meinetwegen frei bekommen.
Ich ging davon aus, dass es schlau wäre, sich noch einen Tag lang zu erholen.
Davon abgesehen, konnte ich es eigentlich kaum erwarten, mein Spiegelbild anzupassen.
Der doch recht früh angesetzte Termin brachte Moms Augen dazu, sich ein bisschen zu weiten.
Trotzdem widersprach sie mir nicht.
Stattdessen nickte sie zustimmend.
"Du sagst, falls es dir doch zu viel wird, ja?", versicherte sie sich trotzdem noch einmal.
Schwach zuckten meine Mundwinkel nach oben, bevor ich meinen Kopf auf und ab bewegte.
"Mach ich.", versprach ich.
Anschließend heftete mein Blick sich zum ersten Mal wirklich an das Abendessen.
Eine Gemüsepfanne mit Tofu...
"Das war mein Lieblingsessen, oder?", fragte ich nach.
Irgendwann im letzten Monat hatte Mom mir davon erzählt...
Lächelnd nickte mein Gegenüber.
"Ich dachte vielleicht hilft es dir...", meinte sie.
"Aber...", aufrichtig lieb schaute sie mich an.
"Es ist auch vollkommen okay, falls du es nicht mehr so gern magst.", fügte sie hinzu.
Ich bemühte mich, auch nur einen Hauch von der Zuversicht in Moms Mimik aufzufangen.
Worte konnten nicht wirklich beschreiben, wie dankbar ich ihr war, weil sie versuchte, vollkommen offen an meine Situation heranzugehen.
Allerdings war es gleichzeitig irgendwie erdrückend.
Einfach weil sie so viel für mich tat und ich ihr so gar nichts zurückgeben konnte.
Nicht mal ein paar mickrige Erinnerungen...
"Danke, Mom...", flüsterte ich.
Ich rang mir ein Lächeln ab, als ich ihr anschließend meinen Teller gab, um mir etwas aufzutun.
Sekundenlang schaute ich das Essen schließlich an.
Mom gab sich sichtbar Mühe, mich nicht wieder erwartungsvoll anzugucken.
Mir nicht das Gefühl zu geben, dass ich mich an etwas erinnern musste.
Zögerlich nahm ich schließlich den ersten Bissen.
Ich behielt ihn eine ganze Weile lang in meinem Mund.
Versuchte meinen Geschmacksrezeptoren die Chance zu geben, irgendwas in meinem Gehirn auszulösen.
"Es...", setzte ich leise an.
"Es schmeckt gut...", sagte ich.
Meine Stimme war kaum hörbar.
Wie erstickt.
Das Essen schmeckt wirklich gut.
Tatsächlich spürte ich, dass es etwas in mir bewegte.
Als würde ich fühlen, dass der alte Kookie dieses Gericht über alles geliebt hatte.
Nur leider war das alles...
Ich traute mich nicht, Mom zu sagen...
Etwas hilflos versuchte ich zu lächeln.
...wie fremd mir...
Das Drücken in meinem Herzen zu ignorieren.
...diese Erinnerung vorkam.
Himmel, wie lange ich dieses Kapitel jetzt sogar schon fertig formatiert auf Wattpad rumliegen hatte und mich einfach nicht zu einem Author-Note durchringen konnte...
Habt Verständnis please, ich bin emotionally etwas drained und dann braucht das manchmal seine Zeit.
Aber here we are ^^
Lasst mich gern wissen, wie ihr das Kapitel fandet bzw. ob es euch gefallen hat <3
Ich hoffe es ist nicht zu verwirrend mit Kookies Beziehung zu seinem früheren Ich.
Also dass er sich auf der einen Seite fremd und unter Druck gesetzt fühlt, aber irgendwie auch das Bedürfnis hat, näher an den Kookie von früher heranzukommen.
Die Gefühle sind so next Level kompliziert und ich hoffe, ich hab sie soweit halbwegs logisch erklären können ^^"
Ansonsten...
Im nächsten Kapitel gibt es dann zum ersten Mal unter dem Kapitel Anlass für ein Bild von einem anderen BTS-Member.
Wollt ihr raten, wer es wird? ^^
(Bitte bitte ratet. Ich fänd das schön <3)
(Nein, mir ist nichts besseres eingefallen. Ja, dieses Bild ist mein Ernst. ^^)
Ich hoffe ihr seid gut in die Woche gestartet 💜
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