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Die Nacht zog sich qualvoll in die Länge, nach unserem Gespräch. Hyunjin war irgendwann wieder eingeschlafen, während ich wach blieb und meine Gedanken wie ein rastloser Sturm durch meinen Kopf wehten. Immer wieder spielte ich unsere Unterhaltung durch, zerlegte jedes Wort, jede Nuance in Einzelteile, die mich umso mehr beunruhigten, je länger ich darüber nachdachte. Alles hing davon ab, wie geschickt Jisung und ich es anstellen würden, diesen Chan zu überzeugen.

Chan.
Der bloße Klang seines Namens jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich hatte ihn nur ein einziges Mal getroffen – ein Moment, der dennoch ausreichte, um mich mit einer tiefen Angst zu erfüllen. Dazu kam das Telefonat, bei dem ich mithörte, wie er kalt und ohne Zögern gestand, Kazuha entführt zu haben, um sie anschließend zu töten und ehrlich gesagt genügte mir das auch.

Chan war mehr als gefährlich. Psychisch instabil, eine wandelnde Zeitbombe, deren Funke nur darauf wartete, alles in die Luft zu sprengen. Ich hatte gesehen, wie er jemanden erschoss – ohne Zögern, ohne Bedauern, aber mit einem Lächeln, das so kalt war, dass es mir die Kehle zuschnürte. Ich konnte immer noch den Ausdruck in seinen Augen sehen, als er mir die Pistole an die Stirn hielt und dabei ein geradezu krankhaftes Vergnügen empfand.
Ein Moment, in dem ich sicher war, dass dies mein Ende sein würde.

Selbst Hyunjin hatte zugegeben, dass jeder Fehler in unserem Spiel tödlich sein könnte und Hyunjin war niemand, der leicht zu verunsichern war, da war ich mir sehr sicher. Wenn sogar er Chan fürchtete, wie sollte ich da ruhig bleiben? Der Gedanke schnürte mir die Kehle zu und hinterließ ein unangenehmes Ziehen in meinem Magen, das mich bis in die Morgenstunden nicht mehr losließ.
Ich fühlte mich so machtlos.

Als die ersten schwachen Strahlen der Morgensonne durch die Fenster sickerten und das Dunkel im Schlafzimmer langsam verdrängten, konnte ich die Erschöpfung in meinem Körper deutlich spüren. Jeder Knochen schmerzte und meine Glieder fühlten sich schwer wie Blei an. Das Adrenalin, das mich die Nacht über wachgehalten hatte, war längst verschwunden und hatte nun eine bleierne Müdigkeit hinterlassen.

Ich stand auf, streckte mich ausgiebig und verließ leise das Schlafzimmer. In der Küche machte ich mir einen starken Kaffee, in der Hoffnung, die Müdigkeit irgendwie zu vertreiben. Ich bemühte mich, so leise wie möglich zu sein, um Jisung nicht zu wecken, der auf der Couch lag und schlafend in eine Decke gewickelt war. Doch kaum hatte ich den Kaffee eingegossen, hörte ich eine heisere Stimme hinter mir: "Machst du mir auch einen?"

Ich drehte mich um und entdeckte Jisung, der sich mühsam aufrichtete. Seine Augen waren noch halb geschlossen und sein Haar stand in allen Richtungen ab. "Habe ich dich geweckt?", fragte ich leise, während ich eine zweite Tasse aus dem Schrank nahm. "Nein, keine Sorge", murmelte er und gähnte, während er sich tiefer in die Decke kuschelte. "Ich konnte sowieso nicht mehr richtig schlafen."

Mit zwei dampfenden Tassen in der Hand ging ich zurück ins Wohnzimmer, stellte sie auf den Tisch vor uns ab und ließ mich neben ihm nieder, um mit unter die Decke zu kriechen. "Irgendwas vorgefallen?", murmelte er schläfrig und lehnte seinen Kopf gegen meine Schulter. Ich schüttelte den Kopf und seufzte leise. "Nein, er war nur kurz wach und hat sich mit mir unterhalten, bevor er wieder eingeschlafen ist", erklärte ich kurz und griff nach dem Kaffee und umklammerte ihn mit meinen Händen.

Jisung fuhr plötzlich hoch, seine Augen weit aufgerissen, als hätte ich ihm einen Schlag versetzt. "Er war wach?" Seine Stimme klang piepsig vor Erstaunen. "Wie ist das möglich? Nach diesem Blutverlust müsste er mindestens drei Tage ohnmächtig sein!"
Ich zuckte mit den Schultern und gähnte, unfähig, eine vernünftige Antwort zu finden, während die Müdigkeit meinen Verstand längst benebelt hatte. Ich nahm einen Schluck Kaffee, während Jisung sich wieder zurücksinken ließ.

Ein trockenes, ungläubiges Lachen entfuhr ihm, bevor er den Kopf schüttelte. "Das ist verrückt. Die beiden sind wirklich nicht normal ...", murmelte er und starrte nachdenklich in seine Tasse. "Ihre Körper sind wie die von Mutanten. Unkaputtbar oder so was."
Er nahm einen Schluck und sprach dann leise weiter, mehr zu sich selbst als zu mir: "Minho ist genauso. Ständig ist er verletzt, aber irgendwie nicht totzukriegen. Ich habe ihm schon dreimal Kugeln aus dem Körper geholt, aber er macht einfach weiter, als wäre nichts passiert."

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, doch es war mehr ein trauriges Lächeln, das von der Schwere unserer Situation getrübt wurde. "Das Glück ist wohl auf ihrer Seite", murmelte ich und stellte meine Tasse nach einem weiteren Schluck wieder auf den Tisch.
"Glück? Auf keinen Fall!", widersprach Jisung sofort, sein Blick ernst und durchdringend. "Sie sind nicht normal. Sie sind wie Experimente. Irgendjemand muss an ihnen herumgepfuscht haben, damit sie unmenschliche Körper erhalten haben. Also Mutanten!" Ein müdes Lachen entkam mir bei seiner Fantasie, denn er übertrieb es wieder einmal mit seinen Fantasien.

"Du bist komplett verblödet. Wie hat es jemand wie du geschafft, meine Verletzung zu versorgen?", hörte ich plötzlich eine Stimme, die von der Schlafzimmertür kam, die direkt mit dem Wohnzimmer verbunden war. Hyunjin stand plötzlich da, stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab, während die andere fest gegen seine verletzte Seite gepresst war. Sein Gesicht war blass, aber in seinen Augen lag der gleiche durchdringende Ausdruck, den ich nur zu gut von ihm kannte.
Ich hatte ihn gar nicht bemerkt, bevor er gesprochen hatte, so leise war er aufgetaucht, dabei war die Schlafzimmertür direkt in unserem Blickfeld.
Gruselig.

Jisung, der neben mir auf der Couch saß, ließ sich nicht von Hyunjins Auftauchen aus der Fassung bringen. Stattdessen schnaubte er abfällig und konterte mit trotzigem Nachdruck, wie immer, wenn er sich in eine seiner Theorien verrannte: "Was seid ihr sonst? So viel Glück, wie ihr beim Überleben habt, hat niemand!"
Hyunjin ließ ein abfälliges Lachen hören, das genauso trocken klang wie seine Stimme. "Das hat nichts mit Glück zu tun. Die anderen sind einfach zu blöd zum Zielen." Mit diesen Worten drehte er sich langsam um und setzte unbeirrt seinen Weg Richtung Flur fort. "Also ist es doch Glück!", rief Jisung ihm hinterher, sichtlich genervt, während sich ein leichter, bockiger Unterton in seine Stimme schlich.

Ich hörte die beiden kaum noch zu, denn mein Fokus lag jetzt nur noch auf Hyunjin. Die Art, wie er ging war stockend und bei jedem Schritt schien sich sein Atem zu beschleunigen. Sein ganzer Körper sprach von Erschöpfung, auch wenn er sich mit aller Kraft bemühte, das zu verbergen.
Ich konnte einfach nicht länger zusehen.

Schnell stand ich von der Couch auf und lief ihm nach, stellte mich direkt vor ihn und zwang ihn, stehenzubleiben. "Wieso stehst du auf? Du musst im Bett bleiben!", schimpfte ich, meine Stimme war fest, obwohl ich innerlich von Sorge wahnsinnig wurde. "Geh sofort wieder zurück ins Schlafzimmer und leg dich hin!"

Er zog eine Augenbraue hoch, sein Gesichtsausdruck wechselte zu einer Mischung aus Skepsis und Belustigung. Die Hand, die er an seine Wunde presste, hob sich kurz, als wollte er mir wortlos klarmachen, dass er keine Diskussion führen wollte.
"Ich will nicht, dass du herumläufst und riskierst, dass die Wunde wieder aufgeht", fügte ich mit Nachdruck hinzu und deutete energisch auf die Schlafzimmertür. "Ich bringe dir alles, was du brauchst. Aber bitte, geh zurück ins Bett."

Ein leises Schnauben entwich ihm. "Der Befehlston passt nicht zu dir", erwiderte er trocken, bevor er mich mit einer Hand an der Schulter zur Seite drückte, um an mir vorbeizugehen. Doch ich ließ nicht locker. Noch bevor er mehr als einen Schritt machen konnte, stellte ich mich ihm erneut in den Weg, dieses Mal mit ausgebreiteten Armen. "Leg dich wieder hin!", wiederholte ich und versuchte, autoritär zu klingen. Aber selbst ich wusste, dass das nicht meine Stärke war.
Mein Herz klopfte viel zu schnell und meine Hände zitterten leicht, als ich sie hob, um ihn aufzuhalten. Ich wollte wirklich nicht, dass die Verletzung durch seine Bewegungen wieder aufging und alles von Neuem anfing. Die letzte Nacht hatte mir definitiv gereicht.

Hyunjin ließ einen langen, schwer genervten Seufzer hören. Er schloss für einen Moment die Augen, als würde er versuchen, seine Geduld zu sammeln, bevor er sie wieder öffnete und mich mit einem genervten Blick betrachte. Dann folgte ein Schnalzen mit der Zunge, das fast spöttisch klang. "Reg dich ab, Mama", sagte er schließlich, seine Stimme mit einem Hauch von Sarkasmus gespickt. "Ich muss pissen." Mit diesen Worten schob er mich erneut zur Seite und ging Richtung Badezimmer.

Ich stand wie angewurzelt da und spürte, wie mir augenblicklich die Röte ins Gesicht schoss.
Natürlich.
Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. "Oh ...", brachte ich leise hervor, während mir die Röte bis in die Ohren stieg. Die kleine Lautäußerung war alles, was ich in diesem Moment herausbrachte. Die Verlegenheit brannte heiß in meinen Wangen und ich senkte beschämt den Blick, während er die Badezimmertür hinter sich schloss.

Kaum war die Badezimmertür hinter ihm zugefallen, brach Jisung in schallendes Gelächter aus. Seine Stimme hallte laut durch den Raum und er klatschte sich auf die Oberschenkel, als könne er nicht fassen, wie komisch die Szene für ihn war. "Er hat recht! Der strenge Ton passt wirklich überhaupt nicht zu dir!", rief er zwischen Lachanfällen und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Das ließ mir die Röte noch weiter ins Gesicht schießen und ich senkte beschämt meinen Blick zu Boden. "Ich will doch nur nicht, dass die Wunde wieder aufgeht", murmelte ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm und setzte mich wieder neben ihn.

Jisung ließ sich neben mir zurück ins Polster fallen und griff nach seiner Kaffeetasse, sein Grinsen noch immer breit und schelmisch. "Dass er überhaupt laufen kann ...", murmelte er dann und schüttelte ungläubig den Kopf. Seine Augen verengten sich nachdenklich. "Definitiv ein Mutant."
Ich hob langsam den Kopf und sah zu ihm hinüber. Seine Worte waren so absurd, dass sie mich zum Lachen brachten, wenn auch nur leise. Das Lächeln auf meinen Lippen hielt sich jedoch nur kurz, denn im Hinterkopf nagte noch immer die Sorge.
Ich ließ meinen Blick zur Badezimmertür gleiten, die geschlossen war und spürte, wie mein Herz sich schwer in meiner Brust anfühlte. Hyunjin mochte sich noch so unerschütterlich geben, doch ich konnte sehen, wie viel Kraft ihn das alles kostete und ich konnte nur hoffen, dass er nicht zu viel davon verbrauchte.

Als Hyunjin schließlich aus dem Badezimmer kam, schob er mit der Schulter die Tür hinter sich zu und blieb kurz stehen. Sein Gesicht war aschfahl, seine Lippen leicht bläulich verfärbt, als wäre ihm kalt, obwohl er schwitzte. Seine roten Haare klebten feucht an seiner Stirn und seine Augen waren schwer vor Müdigkeit, aber in seinem Blick lag noch immer dieser typisch sture Ausdruck.

Ich beobachtete ihn, wie er langsam Richtung Küche ging und seine linke Hand hielt noch immer seine verletzte Seite, als spürte er den Schmerz bei jedem Atemzug. Bevor er die Küche erreichte, sprang ich von der Couch auf und stellte mich ihm erneut in den Weg. "Leg dich wieder hin", sagte ich, meine Stimme dieses Mal weniger fest, sondern mit einer deutlichen Unternote von Flehen. Ich klang, als würde ich ihn anflehen, mein Leben zu retten – dabei ging es doch um sein eigenes. Aber das Einzige, was ich von ihm bekam, war ein wütender Blick, der mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Sein Blick war eisig, so schneidend, dass ich unwillkürlich das Bedürfnis hatte, zurückzuweichen, doch ich hielt stand.

Er sagte nichts. Stattdessen schob er mich wieder zur Seite, dieses Mal mit mehr Nachdruck. Sein Griff war zwar nicht schmerzhaft, doch die Kraft in seinen Bewegungen verriet, wie wenig Geduld er mit mir hatte. Ich stolperte leicht, fing mich aber rechtzeitig und drehte mich um, nur um zu sehen, wie er zum Kühlschrank ging und ihn langsam öffnete. Das Licht aus dem Kühlschrank tauchte sein Gesicht in ein kaltes, blasses Blau, das seine erschöpften Züge noch deutlicher hervortreten ließ.
Mit einer schwachen Bewegung griff er nach einer Wasserflasche, drehte den Deckel ab und trank. Ich konnte das leise Knacken des Plastikdeckels hören und das Gluckern des Wassers, als er es hastig hinunterschluckte.

Seufzend beobachtete ich ihn und fühlte mich hilflos. Es war, als prallten meine Worte von einer Mauer ab oder so. Wie sollte ich ihn dazu bringen, sich wieder hinzulegen? Meine Gedanken rasten, doch alles, was ich herausbrachte, war ein verzweifeltes: "Bitte." Ich trat näher an ihn heran, suchte seinen Blick und sprach leiser, fast flehend: "Ich will nicht, dass etwas passiert."

Hyunjin drehte sich zu mir um, seine Wasserflasche noch in der Hand. Für einen Moment schien er mich wirklich anzusehen, wirklich wahrzunehmen. Doch dann schüttelte er kaum merklich den Kopf und ließ ein leises Schnauben hören, bevor er an mir vorbeiging. "Du nervst", erwiderte er nur und ging mit langsamen, aber festen Schritten an mir vorbei – zurück in Richtung Schlafzimmer.

Ich blieb stehen, unfähig, etwas zu sagen und starrte auf die Tür, durch die er gerade verschwunden war und hinter sich zu knallte.
Meine Hände sanken schlaff an meine Seiten und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Die Sorge um ihn nagte an mir wie ein hungriger Parasit, der mich noch von innen auffressen würde. Bevor ich in Verzweiflung versinken konnte, begann Jisung auf der Couch erneut lauthals zu lachen. Das schallende Geräusch riss mich aus meinen Gedanken und ich warf ihm einen verzweifelten Blick zu. "Lach nicht", meckerte ich, meine Hände in die Hüften gestemmt. "Ich mache mir wirklich Sorgen!"

Jisung grinste immer noch, wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und zuckte mit den Schultern. "Das hat bei denen sowieso keinen Sinn", meinte er schließlich und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. "Trotzdem", murmelte ich halb zu mir selbst. Ich konnte doch nicht einfach zusehen, wie Hyunjin sich selbst zugrunde richtete, oder?

Ich ging zum Verbandskasten und begann, die Dinge zu sammeln, die ich brauchte: frische Verbände, Mullbinden und eine desinfizierende Salbe. Meine Hände zitterten leicht, während ich in den Schubladen nach Schmerztabletten suchte, die er vermutlich dringend brauchte.
"Ich werde versuchen, ihm den Verband zu wechseln", erklärte ich Jisung, ohne ihn anzusehen. "Danach bist du dran, nach ihm zu schauen. Ich brauche dringend Schlaf", fügte ich mit einem kurzen Blick zu Jisung hinzu. "Alles klar", murmelte er, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen, den er inzwischen eingeschaltet hatte.

Mit den Utensilien in der Hand klopfte ich an die Schlafzimmertür. Als ich keine Antwort erhielt, öffnete ich sie vorsichtig, trat ein und schloss die Tür leise hinter mir.
Hyunjin saß auf der Bettkante, den Kopf in eine Hand gestützt. Seine Finger waren in seinen Haaren vergraben, während die andere Hand sein Handy hielt. Das schwache Licht, das durch die halb geöffneten Vorhänge fiel, ließ die Schatten auf seinem Gesicht tiefer wirken und seine Erschöpfung noch sichtbarer werden, aber seine Haltung strahlte trotz der offensichtlichen Schmerzen eine fast stoische Ruhe aus.

Ich blieb einen Moment stehen, um ihn zu betrachten. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch lebte und dass er sich nach weniger als 24 Stunden mit einer solchen Verletzung überhaupt bewegen konnte, grenzte an ein noch größeres.
Langsam ging ich zu ihm hinüber und setzte mich neben ihn. Er bemerkte mich erst, als das Bett unter meinem Gewicht nachgab. Als er mich schließlich ansah, sprach ich vorsichtig, beinahe ängstlich: "Kann ich deinen Verband wechseln?"

Hyunjin sperrte sein Handy und drehte den Kopf zu mir, sein Blick traf meinen. Sein Mund öffnete sich leicht, bereit, eine seiner üblichen bissigen Antworten zu geben, doch ich hob schnell die Hand und schnitt ihm das Wort ab. "Ich weiß, ich nerve", sagte ich schnell und sah ihm direkt in die Augen. "Aber lass mich das bitte erledigen. Danach gehe ich auch wieder. Versprochen."

Für einen Moment blieb er still und ich konnte sehen, wie er die Worte abwägte, bevor er schließlich tief seufzte. Sein Kopf sank nach vorn und mit einer müden, kaum hörbaren Stimme murmelte er: "Okay."
Ich nickte erleichtert und stand auf. Hyunjin zog langsam sein Oberteil aus, seine Bewegungen waren steif und schmerzhaft. Die Muskeln in seinem Oberkörper spannten sich sichtbar an und ich konnte die feine Schweißschicht auf seiner Haut glitzern sehen.

Ich kniete mich vor ihm hin, um auf Augenhöhe mit seiner Wunde zu sein und die Hitze, die von seinem Körper ausging, spürte ich bereits aus dieser kleinen Distanz.
Als ich näher an ihn heranrückte, hob ich besorgt den Kopf und legte meine Hand sanft auf seine Stirn. "Du glühst", sagte ich und die Sorge in meiner Stimme war unüberhörbar. "Du hast Fieber. Wieso sagst du nichts?" Es war eigentlich kein Wunder, dass er Fieber bekam – nicht nach allem, was sein Körper durchgemacht hatte.

Hyunjin brummte nur leise, doch anstatt auf meine Frage einzugehen, murmelte er mit einem Hauch von Genervtheit: "Wechsel einfach den Verband oder geh wieder." Seine Worte waren scharf, aber die Müdigkeit darin verriet mehr, als er vermutlich wollte. Ich nickte nur, schluckte meine Frustration hinunter und konzentrierte mich wieder auf die Wunde.

Ich ließ ein Seufzen entweichen, während ich den Kopf schüttelte. Seine Reaktion – oder vielmehr das Fehlen einer Reaktion – brachte mich fast zur Verzweiflung.
Wie konnte jemand so gleichgültig gegenüber seinem eigenen Leben sein?
Es fühlte sich an, als würde er sich selbst sabotieren, als wäre ihm vollkommen egal, ob er sich erholte oder nicht. Diese Sturheit machte mich wütend, ja, aber vor allem hinterließ sie ein schmerzliches und hilfloses Gefühl in mir.

Trotzdem versuchte ich meine Gedanken zu sortieren und begann vorsichtig, den alten Verband zu entfernen. Das Gewebe war an einigen Stellen noch feucht von Restblut und leicht an der Haut verklebt. Ich zog langsam daran, um ihn nicht unnötig zu verletzen und konnte dabei die Wärme spüren, die von der entzündeten Wunde ausging. Der scharfe, metallische Geruch von Blut stieg mir in die Nase, begleitet von einer subtilen, fast unangenehmen Note von Schweiß und der Salbe, die zuvor aufgetragen worden war. 

Ich legte den alten Verband beiseite, vorerst auf den Boden und musterte die Wunde genau. Die Ränder waren geschwollen und gerötet, ein klares Zeichen dafür, dass sich eine Entzündung gebildet hatte. Doch das überraschte mich nicht – diese Umgebung war weit davon entfernt, steril zu sein und Hyunjins Herumlaufen begünstigte die Heilung sicherlich nicht. Ich biss mir auf die Unterlippe und meine Sorgen wuchsen mit jedem Moment.

Ohne ein Wort nahm ich ein steriles Pad und begann, die Wunde vorsichtig zu reinigen. Jeder vorsichtige Tupfer ließ ihn leicht zusammenzucken, seine Muskeln spannten sich, doch er gab keinen Laut von sich. Sein Schweigen war fast bedrückender als jedes Stöhnen oder Fluchen, das ich erwartet hatte.
Als würde er nichts anderes kennen als das hier.
Die Hitze seiner Haut unter meinen Fingern ließ meine Sorge nur noch größer werden. Sein Körper arbeitete auf Hochtouren, das war offensichtlich und trotzdem wirkte er, als wäre es ihm egal, was mit ihm geschah.

Als ich schließlich den frischen Verband auspackte und um seinen Oberkörper wickelte, bemerkte ich seine Atmung. Sie war schwer und unregelmäßig, als würde ihm jeder Atemzug mehr Kraft abverlangen, als er aufbringen konnte.
Meine Hände zitterten leicht, während ich versuchte, den Verband vorsichtig zu fixieren. Ich wusste, was ich tat – oder zumindest sollte ich das, schließlich arbeitete ich im Krankenhaus –, doch in diesem Moment fühlte ich mich wie ein Amateur. Mein Kopf war wie leer gefegt und ich musste mich zwingen, nicht in Panik zu geraten oder in Tränen auszubrechen, vor lauter Verzweiflung.

"Nimm bitte noch die Tablette", sagte ich schließlich, meine Stimme sanft, aber dringend, während ich ihm eine Schmerztablette hinhielt. "Sie hilft gegen die Schmerzen ... und auch gegen das Fieber."
Zu meinem Glück griff er ohne Widerworte nach der kleinen Pille, legte sie sich auf die Zunge und griff nach der Wasserflasche auf dem Nachttisch.

Er war eigentlich der Erste, der jede Form von Hilfe mit einem abweisenden Kommentar abtat, doch diesmal nicht und mit einem großen Schluck spülte er die Pille hinunter.
"Danke", sagte ich leise und lächelte schwach und erleichtert, dass ich keinen Widerstand von ihm bekommen hatte. Ich hatte fast damit gerechnet, dass er mich wie immer ignorieren oder meine Besorgnis als lächerlich abtun würde.
Es fühlte sich fast wie ein kleiner Sieg an.

Ich richtete mich langsam auf und streckte mich müde. "Ich werde mich jetzt auf die Couch legen und etwas schlafen", erklärte ich kurz und strich mir die Haare aus dem Gesicht. "Wenn etwas ist, wird Jisung sich um dich kümmern. Er ist wach."
Wie erwartet reagierte er nicht. Keine Antwort, kein Nicken – nichts. Er starrte einfach geradeaus, seine Augen halb geschlossen. Ich unterdrückte ein weiteres Seufzen und sah ihn an, als könnte ich mit einem einzigen Blick die Barriere durchbrechen, die er um sich herum aufgebaut hatte. Doch nichts. Dabei wünschte ich mir mittlerweile sogar ein bisschen, dass wir zumindest nur halb so gut miteinander auskommen könnten, wie Jisung und Minho es tun. "Schlaf bitte", fügte ich leise hinzu.

Mit einem resignierten Kopfschütteln wandte ich mich ab und bückte mich, um den alten Verband und die übrigen Utensilien aufzuheben. Doch bevor ich dazu kam etwas aufzuheben, spürte ich plötzlich, wie seine Hand mein Handgelenk umfasste. Seine Finger waren warm, aber seine Berührung fest genug, um mich zum Innehalten zu zwingen. Bevor ich verstand, was geschah, zog er leicht an meinem Arm und brachte mich dazu, aufs Bett zu fallen.

Mit einem überraschten Keuchen sah ich ihn an und meine Augen weiteten sich. "Das ist dein Bett", sagte er mit rauer Stimme, die vor Müdigkeit kratzte. Seine dunklen Augen hielten meinen Blick fest, während er langsam hinzufügte: "Also schlaf auch darin."
Seine Worte waren so unerwartet, dass ich sie zunächst nicht verarbeiten konnte. "Oder hast du Angst, dass ich dich im Schlaf erwürge, weil ich neben dir liege?", fügte er trocken hinzu. Seine Mundwinkel zuckten, als hätte er sich selbst über diesen Gedanken amüsiert.

Meine Augen weiteten sich und ich starrte ihn sprachlos an. Der sarkastische Unterton in seiner Stimme stand im Kontrast zu der Weichheit, die in seinen Zügen lag. Er ließ meinen Arm los und schüttelte leicht den Kopf, bevor er seinen Blick abwandte. "Du solltest in deinem eigenen Zuhause nicht auf der Couch schlafen", murmelte er, während er sich mit beiden Händen den Kopf hielt, als hätte er wahnsinnige Kopfschmerzen.

Mein Herz schlug schneller, während ich schwer schluckte und nach Worten suchte, doch nichts kam mir über die Lippen. Schließlich setzte ich mich auf, kniete mich neben ihn und legte meine Hand sanft auf seine Schulter. "Du solltest dich auch hinlegen und schlafen", sagte ich mit sanfter Stimme, während meine Besorgnis nicht zu überhören war. "Du musst dich ausruhen."

Er hob den Kopf leicht, antwortete aber nicht. Stattdessen legte er sich plötzlich hin, drehte sich halb zur Seite und zog sich die Decke über den Körper. "Jetzt nerv nicht weiter und schlaf", murmelte er, seine Stimme war müde, aber nicht unfreundlich. Kurz darauf schloss er die Augen und seine Atmung begann sich langsam zu beruhigen.

Ich blieb noch einen Moment reglos sitzen, meine Hand hing in der Luft, bevor ich sie langsam sinken ließ. Seine Atemzüge wurden ruhiger, regelmäßiger und ich beobachtete, wie sich sein Brustkorb in einem gleichmäßigen Rhythmus hob und senkte. Innerhalb weniger Sekunden war er eingeschlafen und seine Gesichtszüge entspannten sich auf eine Weise, die ihn jünger und friedlicher wirken ließ.

Ein Gähnen überkam mich und ich spürte, wie die Müdigkeit mich einholte. Ich war mir nicht sicher, ob ich neben ihm überhaupt schlafen konnte, doch die Erschöpfung zwang mich dazu, es zumindest zu versuchen. Vorsichtig schob ich mich also unter die Decke, bemüht, ihn nicht wieder aufzuwecken.
Für eine Weile lag ich einfach nur da, beobachtete ihn und lauschte seinem ruhigen Atem, der fast beruhigend auf mich wirkte, bevor mich die Müdigkeit dann doch einholte und ich einschlief.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit ich eingeschlafen war. Die Müdigkeit hatte mich plötzlich vollständig eingenommen und ich war so tief weggetreten, dass alles um mich herum verschwunden war, bis ich plötzlich ein Rütteln spürte. Es war ein sanftes, aber bestimmtes Ziehen an meiner Schulter, das mich aus dem Schlaf riss. Ich zuckte erschrocken zusammen, meine Augen rissen sich mühsam von der Schwere der Müdigkeit los und ich sah verschwommen Jisungs Gesicht vor mir.
"Felix, du musst kurz auf Hyunjin aufpassen", sagte er mit einer Stimme, die von Eile und Besorgnis durchzogen war. Seine Stirn war in tiefen Sorgenfalten gelegt und er deutete mit einem knappen Nicken auf den Mann, der immer noch neben mir im Bett lag.

Ich brauchte einen Moment, um wach zu werden und diese Information zu verarbeiten. Blinzelnd rieb ich mir die Augen und setzte mich langsam auf, der dumpfe Druck des Schlafs hing noch in meinem Kopf.
Jisung fuhr fort, seine Worte hastig, fast gehetzt: "Er hat sehr hohes Fieber und die Wunde ist stark entzündet und geschwollen", erklärte Jisung weiter, während seine Stimme gehetzt klang, fast wie ein Flüstern, das sich überschlug. "Aber Minho weigert sich immer noch, ihn ins Krankenhaus zu bringen, dieser verdammte Sturkopf." Sein Frust war deutlich hörbar, während er sich durch sein ohnehin schon zerzaustes Haar fuhr. "Also fahre ich jetzt mit Minho zu irgendeinem Dealer den er kennt, der wohl verschreibungspflichtige Medikamente hat. Aber er hat keine Ahnung, was wir genau brauchen, deshalb muss ich mitgehen. Du musst so lange auf ihn aufpassen. Irgendwie."

Ich nickte kaum merklich, meine Kehle war plötzlich trocken und ich konnte mich nicht dazu bringen, zu sprechen. Der Blick, den Jisung mir zuwarf, war dankbar, aber auch gehetzt. "Wenn es schlimmer wird, bevor wir zurück sind, dann ruf einen Krankenwagen, egal was diese zwei Vollidioten sagen."
Er seufzte schwer, seine Schultern sackten nach unten, als er die Tür ansteuerte. "Als ich vor zwei Stunden nach ihm geschaut habe, war bis auf ein bisschen Fieber noch alles in Ordnung", murmelte er zu sich selbst und ohne ein weiteres Wort zu mir verschwand er aus dem Zimmer.

Ich blieb noch für einen Moment bewegungsunfähig sitzen, während die Situation langsam auf mich einzuwirken begann. Mein Herz klopfte plötzlich schneller und ein leichter Anflug von Panik breitete sich in meinem Brustkorb aus.
Ich drehte meinen Kopf und sah zu Hyunjin. Sein Gesicht war blass, schweißnass und wirkte noch schmerzerfüllter als zuvor. Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn und liefen an seinen Wangen herab, als würde sein Körper versuchen, das Fieber verzweifelt loszuwerden. Seine Atmung war hektisch, ein unregelmäßiges, leises Keuchen, das mir die Kehle zuschnürte.

Ich legte vorsichtig meine Hand auf seine Stirn und sofort spürte ich die unnatürliche Hitze, die von ihm ausging – sie war intensiver als noch vor einigen Stunden. "Du glühst mehr als vorhin", flüsterte ich und meine Stimme zitterte, während sich die Sorge in meinem Inneren zu einem Knoten zusammenzog. Natürlich hatte die Schmerztablette, die er vor Stunden genommen hatte, nichts bewirkt. Wie konnte ich nur so naiv sein, zu denken, dass das ausreichen würde? "Ich hoffe, du hast keine Blutvergiftung."

Ich atmete tief ein und beschloss, ein feuchtes Handtuch zu holen. Vielleicht würde das seine Temperatur ein wenig senken. Doch gerade als ich mich bewegen wollte, spürte ich plötzlich zwei Hände auf meinen Schultern. Der Griff war fest, stärker, als ich es von jemandem in seinem Zustand erwartet hatte und er drückte mich mit unerwarteter Kraft zurück ins Bett.

"Hyunjin!", entfuhr es mir überrascht, als ich aufs Bett fiel. Er beugte sich über mich, seine schweren, unregelmäßigen Atemzüge waren direkt über meinem Gesicht zu spüren und seine Augen waren halb geöffnet, die Lider flatterten, doch er schien mich trotzdem wahrzunehmen.
"Seonghwa ...", murmelte er leise, seine Stimme war rau und schwach, fast unverständlich. Sein Kopf fiel schwer neben meinen ins Kissen, während sein Körper über mir blieb. "Verlass mich nicht noch einmal."

Meine Augen weiteten sich, als ich seine Worte hörte. Sein Ton war voller Schmerz, voller Verzweiflung, als würde er sich an etwas festklammern wollen. "Was?", brachte ich schließlich hervor, meine Stimme zitterte, als ich meinen Kopf zu ihm drehte.

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Also ja, ich könnte hier jetzt eine unendlich lange Ausrede aufschreiben, warum nichts kam... aber ich halt es kurz: ICH HATTE KEINE MOTIVATION!?!?!? Und ich hatte extrem, wirklich EXTREM lange eine üble schreib Blockade... Eigentlich hab sie immer noch, nicht nur hier bei dieser Story, sondern generell.. xD

Außerdem haben mir sehr sehr lange die Ideen gefehlt :c Ich bin zwar so eine 'schreib einfach drauf los, ohne selbst zu wissen was passiert', schreiber, aber nicht einmal das hab ich hin bekommen euê... ABER!! Mir sind paar Ideen gekommen, die ich mir ausnahmsweise mal notiert habe haha, also würde ich sagen, sind so... MINDESTENS die nächsten 5 Kapitel safe vom Inhalt... xD Aber Motivation halt... ja :c

Also lasst ruhig liebe worte für mich und zum Kapitel da, das motiviert nämlich super! hahaha ♥

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