Ist die Katze aus dem Sack, schleicht sich auch das Lumpenpack
Ihre Miene wandelt sich sofort zu Panik und sie schaltet die Lampe aus. „Duck dich und halt die Schnauze!"
Wir verhalten uns völlig still. Selbst Stella gibt kein einziges Fiepen von sich.
„Hallo?", hören wir eine entfernte Stimme. Der Lichtschimmer kommt gefühlt näher.
„Wer ist das?", raune ich zu Foxy rüber.
„Sei endlich still. Das werden die Hausbesitzer sein. Wenn die uns hier finden, sind wir geliefert."
Oh Gott, was für ein Gedanke. Mitten in der Nacht, es ist saukalt und wir verlieren beide unseren Unterschlupf. Das halte ich kein zweites Mal aus. Und das will ich auch für Foxy nicht. „Gib mir die Taschenlampe."
„Was hast du vor?"
„Ich rette unsere Hintern!"
„Du bist doch irre!"
„Nun gib schon."
Widerwillig reicht sie sie mir rüber. Ich öffne die Tür einen Spalt und quetsche mich hindurch. Ich spähe in Richtung des Lichtscheins. Es ist eine einzelne Person, die mich noch nicht entdeckt hat. Die Taschenlampe gleitet mir beinahe aus den schwitzigen Händen, als ich sie einschalte und den Schein über den Boden gleiten lasse.
„He, wer sind Sie?!", herrscht mich der Mann an, nachdem er das Licht bemerkt hat.
Ich trete aus dem Schutz der Hütte und hebe beide Arme über den Kopf. „Verzeihen Sie, ich suche meine Katze."
„Auf meinem Grundstück?!"
„Ich habe es gestern schon bei der Tür versucht, aber es war keiner da."
Der Mann verschränkt die Arme vor der Brust und ich erlaube mir, die Hände wieder runterzunehmen. „Mein Nachbar hat mich angerufen, dass er etwas Seltsames bemerkt hat. Sind Sie gestern schon hier herumgeschlichen?"
„Es tut mir leid. Sie ist irgendwie hier reingekommen. Und ich dachte mir, heute hat sie denselben Weg gewählt."
Er nickt verstehend. „Soll ich Ihnen helfen?"
„Das wäre sehr freundlich." Ich komme ihm entgegen und schüttle ihm die Hand. „Adam, ich wohne in der Nähe."
Wir wandern durch den vorderen Teil des Gartens und können klarerweise nichts finden. „Scheint, als wäre sie heute woanders hingetürmt", schlussfolgere ich.
„Tut mir leid. Ich hoffe, Sie finden sie."
„Das wird schon. Früher oder später bekommt sie Hunger. Ich entschuldige mich, dass Sie wegen mir hierher kommen mussten."
„Schon gut. Ich wollte ohnehin mal nach dem Rechten sehen."
„Woher kommen sie eigentlich?"
„Wir leben hauptsächlich in Wien. Das hier ist unsere Sommerresidenz. Aber seit wir in Pension sind, bevorzugt meine Frau es, auf Städtereisen zu gehen."
Wir verabschieden uns. Er kehrt in sein Haus zurück und ich schleiche mich rundherum und schlüpfe wieder durch das Loch im Zaun.
„Coole Aktion", sagt Foxy, nachdem ich ihr die Taschenlampe zurückgebe.
„Da staunst du, was?"
„Seit wann hast du gelernt zu lügen?"
„Schätze von der großen Meisterin."
Sie schnaubt. „Und das findest du gut?"
„Nein, aber scheinbar gibt es Situationen, in denen eine Lüge gerechtfertigt ist."
„Du meinst, um ein Verbrechen zu vertuschen?"
„Wir leben hier doch nur. Wir machen nichts kaputt."
Sie mustert mich mit erhobenen Brauen. „Ich zapfe denen Strom und Wasser ab und habe bereits jedes W-Lan in der Umgebung gehackt. Außerdem ist das hier Grund für eine Besitzstörungsklage."
„Ich würde behaupten, wer genug Geld für einen Zweitwohnsitz und regelmäßige Städteurlaube hat, dem fällt das Bisschen nicht auf. Außerdem benutzen sie das hier nicht einmal. Warum sollten die, die viel besitzen nicht mit anderen teilen?"
„Adam stürzt den Kapitalismus", frotzelt sie. „Du wirst der Karl Marx der Moderne."
„Keine Ahnung, wovon du sprichst."
„Wie könntest du auch?", säuselt Foxy. Sie legt den Fuchs ab, kommt zu mir rüber und küsst mich auf die Wange. „Du bist süß, auch wenn du ein naiver Trottel bist."
Ich berühre die Wange und bin dankbar, dass wir nur im Dämmerschein des Mondlichts sitzen. So sieht sie nicht, wie ich rot wie eine Tomate anlaufe. „Soll das heißen, ich darf bleiben?"
Sie schlüpft ins Zelt und Stella eilt ihr nach. „Schaufel dir dein Grab."
„Wow, wie freundlich."
„Ich will dich nur vor Schlimmerem bewahren."
„Also soll ich dir dankbar sein, dass du mich rauswerfen willst?"
„Du könntest nen Fünfziger auf das Schuldenbrett notieren. Lebensberatung ist verdammt teuer."
Ich schüttele schmunzelnd den Kopf und gehe in meine Schlafkabine. „Das ist Wucher."
Sie antwortet nicht darauf. Ich drehe mich im Schlafsack hin und her. Ich hätte sie auch sitzenlassen können. Dann hätte ich weiterhin meinen Job und eine Aussicht auf eine Zukunft. Kann sie nicht einfach dankbar sein? Stattdessen kreidet sie mir an, dass ich ihr geholfen habe. Als wäre das eine Missetat. Vielleicht will sie auch keine Unterstützung. Sie kam bisher gut ohne mich zurecht. Stört es sie womöglich, dass sie heute auf mich angewiesen war? Ich greife auf die Zeltwand zu ihrer Kabine. Ich habe das Bedürfnis, sie zu berühren, ihr nahe zu sein. Eigentlich will ich sie nur verstehen, mehr über sie erfahren. Es ist seltsam, so eng mit einem Menschen zusammenzuleben, über den man praktisch nichts weiß.
Ich schrecke auf, als ich ihre Hand auf meiner spüre.
„Foxy?"
„Adam?"
Mein Atem stockt. Ich versuche, so leise wie möglich Luft zu holen, um den Moment nicht mit Geräuschen zu stören.
„Soll das irgend so eine semiromantische Nummer werden?", fragt sie.
„Keine Ahnung. Ich hab einfach ..."
„Ihr Kerle seid doch alle pervers." Ihre Hand löst sich und ich höre, wie sie sich von mir wegdreht. „Schlaf jetzt und hör auf meine Kabine zu befummeln. Ich hab immer noch ein Messer unter dem Kopfkissen. Und das liegt da nicht, falls jemand mit Kuchen vorbeikommt."
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