Kapitel 37: Rose
Heulend liege ich auf dem Bett. Mein Kopf ist wie leergefegt. Wie konnte ich mich so in ihm täuschen?
Als ich vorhin nach Hause gekommen bin, hat mich Susanna mit diesem Blick angesehen, als ob sie es schon die ganze Zeit gewusst hat und ich die einzige Person bin, die so naiv war zu glauben, dass das zwischen uns einzigartig und speziell ist.
Ich drehe mich zur Seite und blicke auf die schwarzen Flecken meines durchnässten Kissens, welche meine Mascara hinterlassen hat.
Am liebsten würde ich sofort abreisen. Dieser Gedanke spukt schon seit ich aus dem Schwimmbad gestürmt bin durch meinen Kopf. Doch ich muss jetzt noch sechs Wochen überstehen. Dann werde ich ihn hoffentlich nie wiedersehen.
Was werden wohl meine Eltern sagen, wenn ich todtraurig nach Hause komme? Papá wird wahrscheinlich sagen, dass er von Anfang an wusste, dass dieser Trip keine gute Idee war und Mamá wird ihm zustimmen.
Einzig meine Schwester Ainara wird mich verstehen und unterstützen und gerade in diesem Moment vermisse ich sie so sehr, dass ich einfach nur nach Hause möchte.
Ich höre das Klingeln der Haustür, rühre mich aber nicht vom Fleck. Dann höre ich Stimmen, welche ich aber nicht identifizieren kann und danach Schritte, die die Treppe hochkommen.
Einen Augenblick später klopft es zaghaft an meiner Zimmertür.
«Rose? Wir sind es Ophelia und Fanny. Dürfen wir reinkommen?», höre ich Fanny fragen und ich krächze ein leises «ja».
Dann wird die Türklinke heruntergedrückt und meine Freundinnen betreten mein Zimmer. Es ist das erste Mal, dass sie hier sind und ehrlichgesagt hätte ich mir diesen Moment schöner vorgestellt.
Ophelia schliesst die Tür hinter sich, ehe sie mich beide schweigend betrachten. Ich liege unter meiner Decke und lasse nicht viel von mir sehen.
«Ach du Arme. Wir haben gehört was passiert ist», sagt Fanny und setzt sich auf die Bettkante.
Ophelia tut es ihr gleich und setzt sich auf der anderen Seite des Bettes hin. Ich sage nichts dazu. Es gibt nichts zu sagen. Es ist nun mal so. Schweigend sitzen wir da, während die Minuten verstreichen.
Irgendwann liege ich in Ophelias Armen und weine was das Zeug hält. Tröstend streicht sie mir über den Rücken.
«Willst du darüber reden?», fragt Fanny nach einer Weile.
Ich löse mich von Ophelia und sehe sie mit tränenverschmiertem Gesicht an.
«Hat vielleicht jemand ein Taschentuch?», frage ich und wenn ich nicht so völlig aufgelöst wäre, könnte ich bei meinem roten Gesicht und den geschwollenen Augen, die ich nun argwöhnisch im Spiegel betrachte, fast loslachen. Ich sehe wirklich übel aus.
Ophelia bückt sich und mit einem Griff hat sie auch schon eine ungeöffnete Taschentuchpackung in der Hand. Sie reisst die Packung auf und reicht mir gleich drei Tücher auf einmal.
Dankend greife ich danach und putze mir erst einmal ausgiebig die Nase. Nachdem ich mich ein wenig beruhigt habe, falte ich die Hände in meinen Schoss und setze mich im Schneidersitz auf mein Bett.
«Er hat gesagt, dass eine Fernbeziehung zwischen uns nicht funktionieren würde», sage ich schliesslich und blinzle, um nicht schon wieder loszuheulen.
Meine Freundinnen gucken mich beide mitleidig an.
«Wie kann er das denn sagen, wenn ihr es noch nicht einmal versucht habt?», fragt Ophelia, nachdem beide etwa eine Minute nichts gesagt haben.
«Ich weiss es nicht. Vielleicht war das nur vorgetäuscht und in Wirklichkeit hat er eine Neue oder so. Vielleicht ist es ja diese Amélie», bemerke ich spontan und beginne sofort wieder zu schluchzen.
«Sag sowas nicht», herrscht mich Fanny an. «Ich kenne Ryan seit Anfang der Highschool und soweit ich weiss, hatte er zwar ein paar Mädchen unter anderem ja auch Chayenne, aber er hat keine betrogen oder mit mehreren gleichzeitig was. Von Chase würde man das hingegen nicht denken, doch er hatte mal eine Phase, da war er mit zwei Mädchen gleichzeitig zusammen.»
Ophelia zuckt leicht zusammen. Ich nehme an, dass ihr diese Information neu ist. Mir auch. Mit seinen blonden Locken und dem Engelsgesicht sieht er nicht so aus, als würde er mit mehreren Mädchen gleichzeitig was am Laufen haben.
«Aber warte mal. Es gab tatsächlich mal einen Vorfall mit einer gewissen Amélie. Das ist aber schon ein paar Jahre her und ich habe das nicht so mitbekommen. Deswegen kann ich dir leider nicht mehr darüber sagen. Aber nochmals zu Ryan, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass mehr dahintersteckt und ganz sicher nicht ein anderes Mädchen im Spiel ist», vollendet Fanny schliesslich ihre Predigt.
Mein Magen krampft sich zusammen.
«Wisst ihr, mir gefällt es hier so. Dieses Auslandsemester hat mir sozusagen die Augen geöffnet. Und auch wenn ich meine Familie und eine wunderbare Freundin zu Hause habe, habe ich mich noch nie irgendwo so wohl gefühlt wie hier. Ich meine die Situation im Moment ist richtig scheisse, aber ich liebe es hier. Wenn ich wählen könnte, würde ich meinen Schulabschluss hiermachen und auf eine der Colleges gehen, unabhängig davon wie es mit Ryan weitergeht. Aber das könnte ich meiner Familie nicht antun und ausserdem will ich den Andersons nicht noch länger auf die Pelle rücken.»
Ophelia schüttelt energisch den Kopf.
«Den Schlussteil habe ich jetzt überhört. Aber zu deiner Idee muss ich sagen, dass sie einerseits sicherlich eine gute Option wäre, doch andererseits verstehe ich, dass deine Familie nicht sehr darüber erfreut wäre. Zudem bist du erst siebzehn.»
Ich nicke. «Ja klar, war auch nur so ein dummer Gedanke.»
«Nein, überhaupt nicht Rose. Es wäre genial, wenn die Umstände ein bisschen anders wären.»
Ophelia drückt meine Hand. Ich spüre, dass sie sich genauso darüber freuen würde wie ich, wenn diese Idee Wirklichkeit werden würde. Doch das können wir vergessen. Und weiter daran zu denken, macht mich ganz verrückt.
Es klopft erneut an meiner Zimmertür.
«Hey.»
Erstarrt blicke ich auf die Person, die gerade mein Zimmer betreten hat.
Carlos.
«Er hat uns hierhergefahren. Aber wenn es dir nichts ausmacht, gehen wir jetzt. Ich glaube ihr habt ein paar Dinge zu besprechen», sagt Fanny leise und zu meinem Erstaunen nicke ich.
«Danke. Ich schreibe euch später noch.»
Die beiden nicken und schleichen aus dem Zimmer.
Carlos nähert sich mir und kommt vor meinem Bett zum Stehen. Automatisch versuche ich meine zerzausten Locken zu bändigen, höre dann aber abrupt auf.
Er zögert zunächst einen Moment, setzt sich dann aber doch neben mich aufs Bett.
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