Kapitel 22: Ryan
Ostern fällt dieses Jahr auf den zehnten April, was bedeutet, dass wir schon am achten April, also Karfreitag Frühlingsferien haben.
Heute ist Samstag und ich scanne gerade meinen Kleiderschrank auf der Suche nach einem hellblauen Hemd. Denn heute findet nämlich Fannys Osterparty statt und das Motto ist «Pastellfarben».
Zuerst habe ich gedacht, ich würde gar nichts zum Anziehen finden, doch Will meinte, dass er einfach blaues Hemd anzieht, was ich als eine simple Lösung für mein Problem fand.
Als ich es unter einem Stapel T-Shirts hervorziehe und auf mein Bett schmeisse, fällt mein Blick auf meinen Schreibtisch. Er ist ausgesprochen leergefegt, was mir ein zufriedenes Lächeln auf mein Gesicht zaubert. Endlich habe ich die vielen Prüfungen der letzten Wochen hinter mir und kann wieder aufatmen.
Da das zweitletzte Jahr ziemlich bald zu Ende geht, hauen uns die Lehrer mit Absicht noch einen drauf. Ich musste sogar das Training ein paar Mal sausen lassen.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon achtzehn Uhr ist und daher höchste Zeit mich endlich bereit zu machen. Schnell schlüpfe ich in das Hemd und gehe, ohne es zu zuknöpfen aus dem Zimmer.
Ich drücke die Klinke zum Bad runter, doch es ist abgeschlossen.
«Bin gleich fertig», ruft Rose aus dem Innern und ich stöhne genervt auf.
Seit dem Vorfall nach Carlos Date ignoriert sie mich so gut es eben geht und ich spiele wieder das arrogante Arschloch, welches ich so gut draufhabe. Ich muss das tun, um mich selbst vor Rose zu schützen.
Auf keinem Fall darf mir so etwas wie beim Joggen erneut passieren. Zudem verbringen Carlos und sie immer noch viel Zeit miteinander, doch zu einem zweiten Date ist es soviel ich weiss noch nicht gekommen.
Ich kann es selbst kaum glauben, dass ich die beiden in der Schule immer aus den Augenwinkeln beobachte und möchte mir partout nicht eingestehen eifersüchtig zu sein. Soll sie sich doch mit ihm treffen, wenn er das ist was sie will.
Auch Josh ist in letzter Zeit ziemlich genervt von mir, was auch wieder mit Rose und meiner Vergangenheit zu tun hat. Nachdem sie an diesem Abend aus dem Wohnzimmer gestürmt ist, hat er nur den Kopf geschüttelt und gesagt, dass ich mich wie ein Idiot aufführe.
Da er seit Donnerstag mit einer Grippe im Bett liegt und immer noch nicht ganz gesund ist, kommt er heute nicht mit zur Party, was bedeutet, dass ich mit Rose allein hinfahren muss.
Der Schlüssel wird gedreht und die Tür öffnet sich.
Endlich. Ich hebe den Blick und was ich da sehe haut mich fast um, sodass ich mich reflexartig an der Wand festhalte.
Wow.
Rose trägt ein kurzes, zartrosa Kleid aus Chiffon, welches ihr in sanften Wellen bis knapp übers Knie reicht. Ein Band aus Pailletten befindet sich unterhalb ihrer Brust und eine Schleife verleiht dem Ganzen das Tüpfelchen auf dem i, diesen mädchenhaften Touch.
Ich fahre mit dem Blick über den rechteckigen Ausschnitt bis zu ihrem Gesicht. Sie ist zart geschminkt und ihre Locken fallen ihr geschmeidig über die Schultern, wobei die vordersten Haare zu einem Zopf nach hinten gebunden sind.
Ich räuspere mich kurz und sage dann: «Du siehst gut aus und dieses Kleid ist einfach der Hammer.»
Ihr Blick, der zu meinem Vergnügen auf meinem nackten Bauch gelegen hat, wird verlegen.
«Ach, das Kleid habe ich von zu Hause mitgebracht und ist nicht so teuer, wie man vielleicht denkt, aber danke. Du siehst auch gut aus.»
Mein Herz macht einen kleinen, idiotischen Hüpfer und ich zeige auf das Bad.
«Ich muss mich nur noch kurz fertig machen, dann können wir los. Zehn Minuten?» Sie nickt und tänzelt barfuss an mir vorbei in ihr Zimmer.
Schnell gehe ich ins Bad und spritze mir Wasser ins Gesicht.
Ich sollte aufhören andauernd an sie zu denken, seit ich sie beinahe geküsst habe. Denn mein Leben geht seit diesem Tag mit meiner Laune den Bach runter.
Meine Freunde sind die meiste Zeit von meiner arroganten Art angepisst und Chayenne nörgelt, wenn ich wieder mal eine Verabredung sausen lasse.
Ausserdem wollte ich sie heute vor der Party abholen, doch sie ist in letzter Zeit nicht so gut auf Rose zu sprechen und hat daher einfach aufgelegt, als ich ihr erklärt habe, dass sie mit uns fährt.
Der Grund ist, Rose und ihre Freundinnen sind gebeten worden am letzten Schultag, wenn auf dem Areal das Sommerfest stattfindet, auf der Bühne zu tanzen. Normalerweise machen das immer die Cheerleaderinnen, da meist auch noch ein Footballspiel stattfindet.
Dieses Jahr hat der Schuldirektor höchstpersönlich gefragt, ob nicht sie auftreten möchten. Natürlich waren alle sofort Feuer und Flamme und bei uns zu Hause war es das Gesprächsthema Nummer eins beim Abendessen.
Für Chayenne ist die Sache bitter und sie hatte laut Rose eine widerliche Auseinandersetzung mit Fanny, was natürlich überhaupt nichts an der Situation geändert hat.
«Ryan, müsst ihr nicht langsam los?», ruft Mom von unten und ich rücke kurz meine Haare zurecht, ehe ich mir auf dem Weg nach unten mein Hemd zu knöpfe.
«Neben Rose siehst du aus wie der Stallbursche», meint Harper frech und streckt mir die Zunge raus.
Ich packe sie und nehme sie in den Schwitzkasten.
«Ist ja gut, war nur ein Witz. Du siehst auch nicht schlecht aus», heuchelt sie und ich lasse sie grinsend los.
«Schleimerin. Aber du hast nicht ganz unrecht. Rose sieht wirklich besser aus als ich.»
Rose die gerade die Treppe runterkommt, stutzt und verlangsamt ihr Tempo. Mom kommt in den Flur und guckt überrascht zur Treppe.
«Wow, Rose du siehst einfach fabelhaft aus.»
Rose guckt verlegen und stellt ihre süssen Ballerinas auf den Boden. «Danke.»
Mom gibt mir einen kleinen Klaps und als ich sie fragend ansehe, nickt sie in Rose' Richtung.
«Du siehst richtig...» «Ober Hammer scharf aus», schneidet mir Josh das Wort ab. «Rose, wenn ich nicht krank wäre, dann würde ich heute nicht von deiner Seite weichen. Egal wie nett ich Carlos auch finde», sagt er heiser und hustet wie ein Irrer drauf los.
Dann sieht er mich mit einem verständnisvollen Blick an, der mir aus unergründlicher Weise bedeutet, dass er Bescheid weiss.
Beängstigend aber wahr. Entweder ist es offensichtlich, wie sehr ich mich in letzter Zeit versuche wie ein Arsch zu benehmen, auch für meine Verhältnisse oder das ist einer dieser berüchtigten Zwillingsinstinkte.
«Ich würde gerne ein Foto machen, dass wir dann deiner Mutter schicken können. Sie hat sich schon zweimal beklagt, zu wenig von dir gehört zu haben.»
Mom schwenkt ihr Handy hin und her und ich stöhne genervt auf.
«Mom, das ist nicht so etwas wie Homecoming oder so.»
«Ach ist doch nur ein Foto. Meine Mom wird sich freuen.» Rose lächelt mir zu und in ihrem Blick erkenne ich eine stumme Bitte.
Sofort werde ich weich, was für meine Verhältnisse eher selten ist. «Na schön. Aber nur ein Foto.»
Sie grinst triumphierend, das erste Lächeln, welches sie mir seit Wochen schenkt.
Wir stellen uns vor dem Rosenbeet neben der Haustür in Position und mein Arm schlingt sich wie von selbst um ihre Taille, was sie kurz zusammenzucken lässt. Doch dann rückt sie noch ein wenig näher an mich und guckt mich grinsend an.
«Und jetzt bestätige mir doch mal, dass Ryan Anderson eines der schönsten Lächeln draufhat die ich kenne.»
Verwirrt gucke ich sie an und verziehe die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.
«Soso, eines der Schönsten sagst du. Mal schauen was sich machen lässt.»
Dann sehe ich wieder zu ihr hinab und lächle. «So?»
Sie blickt mich strahlend an. «Genau, so», sagt sie lächelnd, während Mom auf den Auslöser drückt und den Moment festhält.
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