Kapitel 8
"Celia, wohin gehen wir?", hakte Jason ungeduldig nach.
"Erstens bin ich mir nicht sicher ob du überhaupt die Erlaubnis hast dieses Auto zu fahren und zweitens weiß ich immer noch nicht wer dieser Junge gerade war", fügte er noch hinzu.
"Erstens sind die ganzen Antworten auf deine Fragen total unwichtig und zweitens, das Zweitens gibt es bei mir nicht", erklärte ich ihm lächelnd und drückte anschließend ordentlich auf das Gaspedal.
"Wohin gehen wir überhaupt?", fragte mich Jason und an seiner leise gewordenen Stimme erkannte ich, dass ihm dieses Fahrtempo gar nicht gefiel. Grinsend fuhr ich noch schneller durch die engen Gassen.
"Celia, wenn dich jetzt ein Polizist erwischt, dann bist du dran. Du wirst festgenommen und getötet, das ist dir klar oder?", erinnerte er mich und ich fing an laut zu lachen.
"Und dann? Dann hatte ich wenigstens Spaß in den letzten Momenten meines Lebens", entgegnete ich ihm während ich kichernd ein weiteres Mal auf das Gaspedal drückte. Er war so eine Spaßbremse.
Nach einer Weile verlangsamte ich das Tempo wieder, da wir beinahe angekommen waren. Ein letztes Mal atmete ich tief ein und aus um anschließend aus dem Wagen zusteigen und mich auf den mir bevorstehenden Moment vorzubereiten.
Voller Angst stieg ich aus dem Auto und lief voran. Wollte ich ihm wirklich einen solch großen Teil meines Lebens erzählen?
"Du willst auf den Marktplatz?", rief Jason mir hinterher, doch ich antwortete nicht.
"Komm, bevor ich es mir anders überlege", schrie ich zurück und fing im nächsten Moment einfach an zu rennen. Es war schwierig auf diesem steinigen Boden nicht das Gleichgewicht zu verlieren, vorallem wenn man ein teures Abendkleid und hohe Schuhe anhatte, aber irgendwie schaffte ich es ohne ein einziges Stolpern auf dem Marktplatz anzukommen.
Keuchend blieb ich stehen und betrachtete den Platz. Er sah noch immer genauso aus, wie an dem schlimmsten Tag meines Lebens.
"Was wollen wir hier, Celia?", hakte er nach, während er sich völlig außer Atem über die Stirn wischte.
Zielstrebig steuerte ich auf den Bestrafungsplatz meiner Stadt zu und drehte mich dann um. Langsam schloss ich meine Augen und nahm einen großen Atemzug.
"Was soll das ganze hier?", fragte er weiterhin nach, während er nervös seine Hände in seine Hosentaschen vergrub.
"Vor zwei Jahren ist es passiert", begann ich zu erzählen und er sah mich verwirrt an.
"Was ist passiert?", fragte er ein wenig verwirrt und ich verdrehte meine Augen.
"Auf dem Bild in meinem Zimmer, das war meine Schwester", teilte ich ihm mit.
"Es war deine Schwester?"
Traurig nickte ich und sofort kam mir wieder das wunderschöne Lächeln meines Engels in den Kopf geschossen. Ohne Worte nahm ich auf dem Bordstein Platz und deutete auf den Platz neben mir, damit Jason sich auch setzte.
"Nachdem ich dir das erzählt habe will ich, dass du verstehst warum ich so bin wie ich bin. Keine nervigen Fragen mehr und wir werden nie wieder darüber reden hast du verstanden?" Er nickte etwas verwirrt und ich biss mir auf die Lippen. War es wirklichbdie richtige Entscheidung ihn in die ganze Sache einzuweihen, konnte ich ihm überhaupt vertrauen? Aber selbst wenn ich ihm nicht vertraute, wem sollte er schon erzählen? Es ist nicht so als hätte es nicht sowieso schon mein ganzer Ort mitbekommen. Außerdem würde es mir vielleicht einmal gut tun, diese ganze Geschichte zu erzählen. Vielleicht tat es gut endlich mal seinen Frust rauszulassen.
"Meine Schwester wurde bei einer angeblichen Straftat erwischt. Du musst wissen sie war eine der Menschen die ein unfassbar großes Herz hatten, ein gigantisch großes. An diesem Tag wollte sie einem Obdachlosen helfen, denn er hatte seine Decke gestohlen bekommen. Sie wollte die Decke nur seinen rechtmäßigen Besitzer zurück geben, da er wahrscheinlich sonst zu Tode frieren würde, aber sie wurde dabei erwischt wie sie die Decke klauen wollten. Wie du weißt wird jedes einzelne Verbrechen in Aquaria mit dem Tode bestraft. Es klingelte an unserer Türe und wir wurden gebeten mitzukommen, da meine Schwester gestohlen hatte. Ich sah sie da, sie war angebunden an einen Pfosten", mitten in meiner Erzählung musste ich abbrechen denn unzählige Tränen bedeckten mittlerweile mein Gesicht.
Jason legte seinen Arm um mich und aus irgendeinem Grund ließ ich das Ganze zu. Mir war es mehr als unangenehm, das meine aufgebaute Fassade in diesem Moment zerbröckelte, aber so sah es in mir aus. Ich konnte es nicht für immer verstecken. Ich war kein taffes und starkes Mädchen, ich war kaputt und müde von diesem Leben.
Ein weiteres Mal nahm ich meine Kraft zusammen.
"Sie war an dem Pfosten angebunden und dann kam König Mason auf dem Platz. Sie- sie - sie haben sie gefoltert", schluchzte ich. Sanft strich mir Jason eine Träne aus dem Gesicht.
"Du musst es nicht weiter erzählen", flüsterte er und ich verdrehte meine Augen.
"Doch, sonst gehst du mir weiterhin auf die Nerven", sagte ich und wegen dieser Bemerkung entfuhr ihm ein kleines Lächeln.
"Sie haben sie gefoltert, damit sie sich schuldig bekennt. Ich dachte das ganze nahm noch eine Wendung, denn der Obdachlose tauchte auf. Ich dachte echt, dass das Schicksal es gut mit meinem kleinen Engel meinte. Aber nein, falsch gedacht, denn dieser Bastard log. Stell dir vor er hat die Barmherzigkeit von Seline verleugnet. Dann wurde ich weg gezerrt. Sie hat mir noch irgendetwas hinterher geschrien. Sei die Veränderung Celia, sei die Veränderung. Kein Ich hab dich Lieb oder Ich liebe Dich, nein nur irgendein blöder unbedeutender Satz", erzählte ich weiter. Mein Magen verkrampfte es sich, denn es war nicht einfach diese Worte auszusprechen. Es war nicht einfach über eine Sache zu reden, die seit 2 Jahren nur in meinen Gedanken gelebt hatte.
Jetzt kam der schlimmste Teil der Erzählung.
"Ich wurde von einer Wache beobachtet und dann hörte ich ihn", flüsterte ich leise und schloss meine Augen. Wieder hatte ich diese schlimmen Szenarien vor meinen Augen.
Schüchtern zog mich Jason an seine warme Brust, ich genoß das Gefühl, denn irgendwie zeigte es mir, dass ich vielleicht doch nicht alleine war. Vielleicht war ich doch nicht alleine auf dieser Welt.
"Sie war so ein guter Mensch, weißt du. Sie hat sich um alte Menschen gekümmert, um kleine Kinder, sammelte regelmäßig Spenden und sie hatte jeden einzelnen Moment ihres viel zu kurzem Leben genossen. Verdammt, sie hat sogar Plastik aus dem Meer gefischt um Schildkröten zu retten", flüsterte ich.
Jason nahm einen großen Atemzug.
"Ich denke sie ist jetzt am richtigen Ort angekommen Celia, denn Engel gehören in den Himmel."
Ich strich mir die Tränen hinweg und setzte ein kleines Lächeln auf, es hatte wirklich gut getan über das Ereignis zu reden.
Lächelnd sah ich ihm direkt in seine grünen Augen und er erwiderte meine Geste. Ich bemerkte wie sein Blick auf meine Lippen wanderte und ich musste nur noch mehr grinsen. Langsam beugte ich mich zu ihm und stoppte direkt vor seinem Gesicht.
Ich weiß. Ich weiß. Wenn ich es noch ändern könnte, dann hätte ich ihre Aufgeschlossenheit gegenüber Jason weiter nach hinten geschoben. Aber Leute, es ist passiert:D
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top