{||} Kapitel 6
Das Kind erschrak sich von dem Schuss und wich ein wenig zurück. "Halt jetzt endlich den Mund, verstanden?", sagte ich in einem etwas lauteren Ton. Ich hatte irgendetwas tun müssen, sonst wären die verstorbenen Soldaten nicht mehr die einzigen Leichen gewesen.
Laut seuftze ich und sah das kleine, verheulte Mädchen an. Sie war völlig schutzlos und alleine, wie es aussah hatte sie niemanden mehr, sonst wäre sie nicht hier.
"Also Veronique, wo ist deine Familie?", fragte ich erneut. Mit einen lauten Geräusch zog sie ihre Nase hoch und wischte sich die verbliebenen Tränen aus dem Gesicht.
"Meine Eltern sind schon früh gestorben, es waren nur noch ich und Matthias", sagte sie. Sofort bekam ich Schuldgefühle, aufgrund von uns hatte das Mädchen jetzt wie ich vermutete niemanden mehr.
Ich ging einige Schritte zurück und zog Jason mit mir.
"Was sollen wir machen?", diese Frage hatte ich heute schon hunderte Male gestellt.
"Ich weiß es nicht, einerseits kann ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren sie zurück zu lassen, aber wie sollen wir überleben, wenn wir ein Kind bei uns haben? Es wird so noch schwieriger, als es schon ist", gab er zu Bedenken. Langsam nickte ich, was war die beste Lösung?
"Ich denke wir sollten sie mitnehmen, wenn wir kämpfen achten wir weiterhin nur auf uns, wir sind nicht ihre Aufpasser, aber wir können sie nicht einfach alleine lassen", schlug er schließlich vor. Zustimmend nickte ich. "Die anderen werden die Entscheidung sicherlich auch gutheißen."
Ich wand mich von ihm ab und ging wieder in die Richtung des Baches, um nach unserer neuen Bekannten zu sehen. Allerdings war sie nicht mehr da. Verwundert sah ich in alle Richtungen und drehte mich ein paar Mal im Kreise. Wohin war sie verschwunden, wir hatten sie doch nur wenige Sekunden aus den Augen gelassen?
"Sie ist weg", sagte ich so laut, dass es Jason hörte. Sofort kam er zu mir gestolpert, denn es war nicht ganz zu einfach, sich auf den holprigen Waldboden zu bewegen.
"Wie, sie ist weg?", hakte er nach. Mit einen verzweifelten Blick auf meinem Gesicht, fuhr ich mir durch meine verzausten Locken.
"Ich weiß es nicht, sie ist einfach nicht mehr da", wiederholte ich erneut. Nocheinmal sah ich mich in der Umgebung um, es war absolut unmöglich sich in so einer kurzen Zeit zu verstecken oder abzuhauen, waren wir wirklich so unaufmerksam gewesen?
"Dann können wir ihr wohl nicht mehr helfen", meinte er, Jason bemühte sich seine Stimme traurig klingen zu lassen, aber trotzdessen konnte ich den Hauch an Erleichterung aus seiner Stimmart raushören. Allerdings nahm ich ihm das Ganze nicht übel, denn ich wusste ebenfalls nicht, wie wir es schaffen sollten auf ein Kind aufzupassen. Sie war abgehauen, sie war nicht mehr unser Problem.
Gemeinsam liefen wir zu den anderen, denn ich wollte sehen wie es Leila ging. Zu meiner Überraschung schlief sie nicht, als ich die Salbe bekam war ich für ganze drei Tage außer Gefecht gesetzt, aber vielleicht hatte ich damals noch eine veraltete Version bekommen.
"Wie geht es dir?", fragte ich an sie gewandt. Sofort setzte sie ihr falsches Lächeln auf, während sie versuchte sich langsam auf die Beine zu bringen. "Ich wurde gerade angeschossen und mich werden schreckliche Albträume erwarten, wie soll es denn mir gehen Celia? Blendend natürlich, am Liebsten würde ich jetzt in die Luft springen und vor Freude schreien, aber ups, geht nicht, denn ich hatte bis vor wenigen Sekunden noch eine verdammte Kugel im Bauch stecken."
"Ist das dein Ernst? Ich wollte mich gerade nur darüber erkundigen, ob es dir gut geht", verteidigte ich mich, meine Stimme klang äußerst selbstbewusst.
Mittlerweile war sie aufgestanden und stellte sich direkt vor mich, wahrscheinlich versuchte sie bedrohlich zu wirken, jedoch war sie mindestens einen Kopf kleiner als ich, weswegen diese Leier nicht ganz funktionierte.
"Hör mir zu, du magst mich nicht, ich mag dich nicht, hör auf so zu tun als hätte sich auch nur irgendetwas an unserem Verhältnis geändert, das ist nämlich nicht der Fall."
Schweigend nickte ich, denn ich hatte nichts mehr zu sagen. Sie wollte Krieg? Sie bekam Krieg. Obwohl? Den hatte sie doch schon längst.
"Leila, kannst du laufen oder müssen wir noch warten?", fragte Jason.
"Danke der Nachfrage Jason, es tut noch ein wenig weh, aber ich schaffe das schon", schon wieder ließ sie ihre weißen Zähne aufblinken.
"Okay, wir laufen nicht weiter als 200 Meter, wir haben hier eine sichere Wasserquelle, die wir sicherlich nicht überall finden werden. Wer eine Höhle oder anderes findet, der meldet sich bitte zu Wort", befahl Jason in einem ruhigen Ton.
Als wir wieder begannen zu laufen war mein Kopf voller Vorwürfe. Ich hatte einen Menschen getötet, einen Menschen der sich nicht von mir unterscheidet. Einen Menschen der Familie hatte. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sich die Familie von ihm fühlte, wenn sie diese schreckliche Nachricht überliefert bekommen. Alles war meine Schuld, ich hatte den Jungen umgebracht.
Nicht einmal eine Beerdigung konnten die Familie organisieren, denn durch meine fürchterliche Waffe blieb nicht mehr als wenige Hautfetzen übrig. Das war erst der Anfang. Wenn es hart auf hart kommt, dann muss ich das alles noch einmal wiederholen. Und noch einmal, bis es vorbei ist. Bis einer den Krieg aufgibt oder ich sterbe. Davor gab es keinen Ausweg. Frustriert dachte ich daran, dass wohl eher die zweite Möglichkeit zur Realität werden wird. Wieso sollte jemand einen Krieg anfangen, den er nicht zu Ende führt?
Plötzlich blieb Luke vor mir stehen und packte seine Taschenlampe aus. Er leuchtete in eine Richtung und ich sah, dass er gerade einen Höhleneingang sichtbar machte. Vorsichtig lief er weiterhinein, in der einen Hand seine Waffe, in der anderen die Taschenlampe. Ich lief hinter ihm her und hatte auch meine Waffe fest in den Händen.
"Die Luft ist sicher", sagte Luke schließlich, während er uns in seine Richtung winkte. Vorsichtig lief ich in die Höhle, sie bestand nur aus Gestein und es war eiskalt. Hoffentlich werden wir nicht so lange hier verharren. Erschöpft ließ ich meinen Rucksack fallen.
"Wer hält die erste Wache?", fragte Jason. Schnell sah ich weg, damit er nicht meinen Namen nannte, ich wollte einfach nur schlafen.
Zu meinem Glück schoben er und Tyrone freiwillig eine Schicht, sodass ich mich in meinen ausgepackten Schlafsack kuschelte.
In dieser Nacht blieb mir nicht viel Schlaf, denn ich wurde schon bald durch fürchterliche Schreie geweckt.
Vielen, vielen Dank für Platz 3 in Science Fiction (7. März 2017) und dem Sieg beim Creativity Award. Ich hätte nie erwartet, dass ich so viel erreichen würde! Leider werden nicht mehr sooo viele Kapitel kommen, da ich bald in die Prüfungsphase komme und bald auch wieder einige komplizierte Dinge passieren werden, wo ich aufpassen muss, dass ich nichts vermassle. Vielen Dank für alle Votes und Kommentare und ja schönen Tag noch:D
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