Kapitel 4
Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Was sich die Presse alles einfallen ließ, um möglich viele Zuschauer zu generieren. Kein Erdteil würde auf die bescheuerte Idee kommen erneut einen Krieg anzufechten, nicht einmal Aquarias Politik ist so schlecht durchdacht. Niemand würde je auf die Idee kommen eine Tat zu begehen, die zu einem so blutigen und grausamen Ereignis führte.
Meine leichte Belustigung wurde durch eine aufgehende Türe unterbrochen. Sofort klappte mir mein Kinn hinunter, als ich sah, dass erneut Jason vor mir stand.
"Okay, du bist ein Stalker", stellte ich schmunzelnd fest und verschränkte demonstrierend meine Arme vor meiner Brust. Beinahe schüchtern trat er in mein Zimmer und presste seine Lippen fest aufeinander.
"Hör zu", begann er zu reden, doch ich unterbrach ihn sofort, indem ich das Nächstbeste nach ihm warf, was sich als ein Kissen entpuppte.
"Nein, du hörst mir jetzt zu. Lass mich verdammt nochmal in Frieden", sagte ich in einem einigermaßen ruhigen Ton.
Grinsend fuhr er sich durch seine braunen Locken.
"Ich will das ganze hier doch auch nicht, ich werde hierfür bezahlt. Verbring einfach eine Stunde am Tag mit mir und deine Eltern sind zufrieden, Celia", meinte er. Ich zog musternd meine Augenbraue in die Höhe, meinte er das gerade Ernst?
Selbstbewusst ging ich wenige Schritte auf ihn zu und blieb direkt vor ihm stehen. Ohne mit der Wimper zu zucken sah ich zu ihm herauf.
"Eine Stunde?", fragte ich.
"Eine Stunde", bestätigte er grinsend. Unbeeindruckt entfernte ich mich wieder von ihm und setzte mich auf mein schmales Bett. Zögerlich deutete er auf meinen Schlafplatz.
"Darf ich mich setzen?", hakte er freundlich nach und ich setzte ein zuckersüßes Grinsen auf.
"Natürlich nicht", entgegnete ich barsch. Lachend kratzte er sich am Nacken. Erneut musterte er meinen Raum doch diesesmal blieb sein Blick auf dem Bild von Seline hängen. Natürlich hoffte ich darauf, dass er mich nicht darauf ansprach, da ich sonst für nichts mehr garantierte.
Tragischerweise lief er direkt auf das Bild zu und fasste es sogar noch an.
"Finger weg", schnaubte ich und zwang mich dazu nicht aufzustehen um es ihm aus seinen schmutzigen Fingern zu reißen.
"Sie ist schön", stellte er fest und ich nickte zustimmend.
"Wunderschön", verbesserte ich ihn und ertappte mich dabei wie ich schwach lächelte. Sie war der einzige Grund, weswegen ich lächelte.
Ich setzte wieder meine steinharte Miene auf und verschränkte meine Beine.
"Wer ist das?", fragte mich Jason weiterhin ohne jegliche Manieren aus.
"Jason, ich habe es dir bereits erklärt. Nichts aus meinem Leben geht dich irgendetwas an. Wir sind völlig fremd zueinander, willst du etwa meine ganze Lebensgeschichte hören?", fragend zog ich die Augenbrauen in die Höhe.
"Wieso nicht?", konterte er lachend und ließ sich auf meinem Schreibtischstuhl nieder. Bedrohlich funkelte ich ihn an, da ich ihm nicht die Erlaubnis dazu gegeben hatte.
"Weißt du, da wir diese eine Stunde rum bekommen müssen, erzähle ich dir einfach etwas", sagte er. Hysterich lachte ich auf und schlug mir leicht auf die Stirn.
"Denkst du ernsthaft ich würde dir zuhören?", fragte ich ihn empört und legte mich gleichzeitig auf den Rücken, um meinen Blick an die weiße Wand über mir zu wenden. Mir war bewusst, dass ich ihm zuhören werde, denn ich war von Natur aus ein eher neugieriger Mensch, aber das musste er nicht wissen.
"Weißt du Celia, ich bin ein sehr gesprächiger Mensch. Oft rede ich auch einfach mit mir selber", erklärte er mir und ich grinste automatisch.
"Die erste Sache aus deinem Mund, die ich dir sofort abkaufe, du bist nämlich ganz schön.. wie soll ich sagen? Komisch", sagte ich.
"Speziell", verbesserte er und ich runzelte die Stirn.
"Wie man es nimmt", den Satz beschmückte ich mit einem kleinen Grinsen.
"Also was gibt es über mich zu wissen? Ich stehe total auf fetzige Musik".
Augenblicklich richtete ich mich auf und sah ihn fragend an.
"Ätzend", stöhnte ich. "Noch nie etwas von der Genre Klassik gehört?", entgegnete ich. Die Jugend von heute hatte wohl keinen Geschmack mehr.
"Doch und ich habe sofort wieder abgeschalten", antwortete er grinsend, weswegen seine ästhetischen Grübchen zum Vorschein kamen. Ich konnte nicht leugnen, dass er nicht schlecht aussah. Auch wenn sein Stil ein wenig fraglich war, denn das Hemd mit den lilanen Herzen auf sich, passte rein gar nicht zu seinem jünglichen Erscheinungsbild.
"Komischer Mann, wie ich bereits sagte", wiederholte ich meine Feststellung und legte mich anschließend wieder auf mein Kissen.
"Ich liebe Sonnenaufgänge", erzählte er munter drauf los. Erschrocken presste ich meine Augen zusammen und drängte das aufkommende Bild meines kleines Engels zur Seite. Seline liebte das Farbspiel am Morgen ebenfalls, sie lebte dafür.
"Hab ich etwas falsches gesagt?", meldete sich Jason kurz daraufhin zu Wort.
"Die Stunde ist bestimmt schon vorbei, geh bitte", flüsterte ich schwach, jedoch würdigte ich ihm keinen einzigen Blick, mir war es ungenehm, dass mich Menschen in solchen emotionalen Situationen sahen. Einige Momente später hörte ich, wie sich die Tür schloss und ich atmete erleichtert aus. Wenn Jason nicht gegangen wäre, wäre die gesamte Lage höchstwahrscheinlich eskaliert.
Bereits einige Momente später befand ich mich in meinem Schlafanzug und schloss erschöpft meine vor Müdigkeit schwer gewordenen Augen.
"Sind sie William Fox?", fragte König Mason interessiert. Der alte grauhaarige Mann nickte und zeigte ihm seinen Ausweis.
"Dieses Mädchen lügt, sie ist eine Lügnerin", sagte er. Mason deutete dem alten Mann, dass er verschwinden sollte und sah meine Schwester noch einmal an.
"Bekennst du dich schuldig?", fragte er noch einmal. Seline schüttelte tapfer den Kopf und im nächsten Moment fiel der zweite Schuss.
Entgeistert riss ich meine Augen zum zweiten Mal an diesem grausamen Tag auf. Seline blutete aus der Magengrube und sofort kamen die Tränen in mir wieder hinauf geschossen.
"Sie ist unschuldig", kreischte ich. "Unschuldig, unschuldig, unschuldig."
Sofort fing ich mir einen heftigen Tritt von einer Wache ein. Schmerzend rieb ich mir den Bauch. Mason sah gerade triumphierend durch die Menge, am Liebsten würde ich ihm dieses fiese Lächeln aus dem Gesicht reißen. Er lächelte, während meine Schwester gerade mit dem Tod kämpfte.
"Seline Elliot Summer, ich vergebe hiermit das Einverständnis sie mit ihrem Leben zu bestrafen", verkündete er und ich fing an zu schreien. Das konnten sie nicht machen, sie war doch noch ein Kind.
Von allen Seiten kamen Wachen auf die Menschenmenge zu und scheuchten sie vom Marktplatz. Verzweifelt versuchte ich mich nicht von der Menge mitreißen zu lassen und kämpfte mir den Weg nach vorne. Irgendeinen Ausweg musste es doch geben, irgendwie konnte ich meine Schwester vor dem Tod bewahren. Gewaltsam wurde ich an den Schultern gepackt und immer weiter in die andere Richtung gezogen, weg von meiner kleinen Schwester. So stark wie ich konnte strampelte ich mit meinen immer schwächer werdenden Armen und Beinen, aber die Wache lockerte ihren festen Griff einfach nicht. Niemals würde ich hier rauskommen. Mittlerweile waren die meisten Menschen zurück in ihre Häuser gegangen. Ein weiteres Mal konnte ich meine kleine Schwester sehen. Ihre blonden Locken hingen ihr schwach ins Gesicht und sie blutete überall. Verzweifelt hielt ich mir die Tränen zurück und sammelte meine letzte Kraft.
"Seline", schrie ich so laut wie ich konnte und tatsächlich zuckte ihr Kopf leicht nach oben. Verwirrt suchte sie den Platz ab. Als sie mich entdecke blickte sie mich hoffnungslos an.
"Sei die Änderung Celia, sei die Änderung", brüllte sie und ich schüttelte meinen Kopf. Was sollte das bedeuten? Ich verstand sie nicht, wieso sagte sie mir so etwas? Bevor ich nachfragen konnte, wurde ich schon in die nächste Ecke geschleudert und fiel auf den harten Boden. Die stämmige Wache richtete ihre bedrohliche Waffe auf mich und ich zitterte am ganzen Körper. Würde er wirklich abdrücken?
Angestrengt musterte ich den Kerl, der vor mir stand. Der Mann war relativ breit gebaut und ich erkannte, dass er regelmäßig trainieren musste. Doch ich konnte etwas an seiner Haltung erkennen, er war ängstlich. Seine großen und maskulinen Hände zitterten wie verrückt und er hatte seine Augen weit aufgerissen. Niemals würde er abdrücken, nie im Leben. Geschickt musterte ich meine Umgebung. Wenn ich mich beeilen würde, dann bräuchte ich ungefähr eine halbe Minute um zurück zu Seline zu gelangen. Mein späteres Vorgehen, würde ich mir beim Rennen überlegen. Nervös wartete ich darauf, dass der Mann für eine einzige Sekunde abgelenkt war. Steif richtete er seinen ängstlichen Blick auf mich und ich starrte zurück. Irgendwann würde er durch irgendetwas abgelenkt werden.
Plötzlich, wie aus dem Nichts erklang ein lautstarker Schuss und wir zuckten beide gleichzeitig zusammen. Es war zu spät. Ich hatte zu lange gewartet, ich war zu spät gekommen. Sie war tot, sie ist weg. Niemand konnte ihr noch helfen.
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