{||} Kapitel 38

Ich saß stumm da und versuchte mir einzureden, dass es richtig war nichts zu sagen. Es gab keine Beweise, die zu Spencer führen konnten, weswegen er nicht mit Konsequenzen rechnen musste. Seline sah sich einmal in der Runde herum. "Bitte sprechen Sie keine Vermutungen aus, die sie nicht beweisen können. Wenn sich der Täter bis heute Abend meldet, wird er einen letzten freien Wunsch bekommen. Egal was. Ob es eine Reise nach Aquaria ist oder einfach nur ein leckeres Essen. Nach dem Wunsch wir der Täter ausgelöscht. Wir wollen dieses Verbrechen so schnell wie möglich lüften, weswegen wir auf Kooperation erhoffen. Sie können jetzt gehen und sich am Eingang ihre Waffen abholen."

Ich blieb noch für einige Momente sitzen und beobachtete wie die einzelnen Menschen nacheinander den Raum verließen. Erst jetzt realisierte, dass ich einen Menschen umgebracht hatte, obwohl ich es nicht musste. Jasmine war ein schrecklicher Mensch, ich hasste sie vom ganzem Herzen, aber hätte ich sie wirklich umbringen müssen? Ich blickte auf meine Hände und erinnerte mich daran, wie sie noch vor wenigen Stunden um Jasmines Hals lagen. Damals hatte ich es genossen, mir hatte es tatsächlich gefallen wie langsam das Leben aus ihrem Körper wich. Ich bin krank, ich war erschrocken darüber was aus mir geworden ist. Wie konnte nur so ein Monster aus mir werden? Ich sah wieder hinauf und bemerkte, dass sich nur noch zwei Menschen im Raum befanden. Ich und Luke. "Wir müssen reden", flüsterte er auf einmal. Sanft fasste er mir ans Kinn und drehte mich so, dass ich ihm in seine blauen Augen schauen musste. "Sprich", wisperte ich. "Ich werde das Verbrechen auf mich nehmen, ich werde es tun und ich möchte, dass du mich nicht davon abhältst. Hör zu, ich habe viele Gründe dafür, de-", ich ließ ihn nicht zu Ende sprechen und stattdessen gab ich ihm eine heftige Ohrfeige. Wie konnte er auch nur darüber nachdenken, sich für ein Verbrechen zu stellen, welches er nicht begannen hatte? "Luke, du redest nur Unsinn. Du wirst dich nicht für mich opfern, garantiert nicht, nein, das werde ich nicht zulassen", ich redete viel zu schnell und mittlerweile war mein Herzschlag schon wieder zu sehr in die Höhe geschossen.

"Hör zu, Cel. Ich mache das nicht für dich, ich mache das alleine für mich. Dieser letzte Wunsch den ich habe, er ist mir so wichtig. Außerdem bin ich nicht glücklich, egal wie sehr ich es versuche, ich bin einfach nicht mehr glücklich und jeder Tag wird immer schwieriger für mich. Ich will morgens nicht mehr aufstehen und abends will ich für immer einschlafen. Ich möchte nicht mehr auf dieser Welt sein und auch wenn es mir das Herz bricht dich verlassen zu müssen, weiß ich, dass ich das alles hier nicht mehr lange mitmachen kann.  Ich kann es einfach nicht mehr, okay und ich hoffe du verstehst meine Entscheidung. Du bist wie eine Schwester für mich geworden und du musst wissen, dass das keine einfache Sache für mich ist, aber ich bin einfach nicht mehr glücklich, verstehst du?"

Ich suchte verzweifelt nach Worten, aber stattdessen brachte mein Körper nur Tränen hinaus. Luke legte seinen Arm um mich und flüsterte leise, dass alles wieder gut wird. Tyrone wird gehen. Luke wird sterben. Harry war gestorben. Alle Menschen, die ich liebe verschwanden und ich wusste nicht mehr, ob ich es noch länger aushalten konnte. Wie lange kann ein gebrochenes Herz noch schlagen?

"Ich werde jetzt zu Seline und Tess gehen und ich möchte, dass du mitkommst okay? Ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht umsonst sterbe", er nahm mich an der Hand und zog mich in die Richtung, in der er gehen wollte. Der Kloß in meinem Hals wurde immer dicker. Ich wollte protestieren , ich wollte schreien, ich wollte ihn die ganze Sache ausreden und ich wollte, dass er wieder glücklich wird. Die Welt wird doch nicht immer so grausam bleiben, er konnte doch nicht aufgeben. Ich hatte auch nicht aufgegeben, er musste kämpfen. Für mich und für all die Menschen, die schon wegen diesem Krieg von uns gegangen waren. Für Leila. Für seine ermordete Freundin. Für Kiwi. Für Marcia. Für Harry. Wieso kämpfte er nicht? Wir betraten Tess' Büro und tatsächlich war auch Seline dort zu finden. Beide sahen mich mit offenem Mund an und ich fragte mich was das sollte. Luke und ich setzten uns auf die rosafarbenen Sessel. 

"Ich war es, ich war es der Jasmine Rivers umgebracht hat", log Luke. Erneut wollte ich etwas sagen, aber wiederholt kam nur ein Schluchzen aus mir hinaus. Wieso war ich so schwach? "Celia, wir wissen, dass du Jasmine umgebracht hast, wir haben deine Fingerabdrücke gefunden, leider erst als wir die Nachricht schon verkündet hatten, aber wir hatten außerdem gehofft, dass sich jemand meldet, der auf den letzten Wunsch aus ist. Luke, ich hätte nicht gedacht, dass du es sein wirst", beichtete mir Seline und ich starrte sie entsetzt an. Jeder Mensch in meinem Umfeld war verrückt geworden. Ich war es nicht wert, ich war es nicht wert dafür, dass andere Menschen für mich sterben. Ich bekam wieder kein Wort hinaus und stattdessen lauschte ich einfach was Luke zu sagen hatte. "Das Leben bringt immer wieder neue Überraschungen. Ich will nicht umsonst sterben, okay? Mein letzter Wunsch ist es König Mason umzubringen, der Mann der mein gesamtes Leben zerstört hat. Ich will ihn umbringen und wenn ich es nicht schaffe, dann werde ich mich auch nicht zu diesem Verbrechen bekennen, wenn ich dann überhaupt noch lebe. Das ist mein letzter Wunsch und ich hoffe, dass ihr die Mittel habt es in die Tat umzusetzen."

Ich wusste nicht was ich von dieser Sache halten sollte. Ich wusste einfach nicht mehr was ich denken, tun oder sagen sollte. Diese ganze Sache hörte sich so falsch, aber trotzdem richtig an. Ich würde Luke verlieren, aber vielleicht würde die Welt ganz anders aussehen, wenn Mason nicht mehr existierte. Vielleicht könnten alle Menschen noch einmal neu anfangen und ein glückliches Leben anfangen. Eventuell sollte ich Luke gehen lassen.  Trotz all dieser Aspekte wusste ich, dass ich es nicht konnte. Wenn Luke gehen wird, dann werde ich auch gehen und da war ich mir sicher. Luke war die Person, die mich noch auf dieser Welt gehalten hatte. 

"Luke, es wird sich schrecklich anhören, was ich dir jetzt sage, aber dein Wunsch könnte der ganzen Welt das Leben retten. Das Gerät, welches die Mutationen am Leben hält liegt in König Masons Schloss. Du bist sein Neffe, er wird dich ohne Probleme hinein lassen, wenn du ihm sagst, dass du von Feinden festgehalten wurdest und jetzt erst fliehen konntest. Wir werden dich mit Mikrofonen ausstatten, die dir exakt sagen werden, was du tun musst und wenn du es getan hast, dann hast du womöglich die ganze Menschheit gerettet. Aquaria wird ausgeschalten und wir können mit unserem neuen Plan an die Macht gelangen. Das ist perfekt Luke, mehr als perfekt", Tess war, während sie gesprochen hatte vor Freude aufgesprungen. Obwohl Tess' gerade einen wahnsinnigen Vorschlag gemacht hatte, wunderte mich aus was sie damit meinte, dass sie mit einem neuen Plan an die Macht gelangen wollte. Von was für einem Plan sprach sie?

"Okay, ich- ich werde es machen", sagte Luke und ich schüttelte mit meinem Kopf. Es war die erste Tat, die ich nach seiner Offenbarung machen konnte. "Super, die Mission beginnt in sieben Tagen, bitte melde dich täglich um 15 Uhr bei mir, damit wir die Einzelheiten besprechen können." Luke wird sterben. Ich werde meinen besten Freund verlieren und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann.

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Heute Nacht waren meine Albträume anders. Ich hatte davon geträumt, dass ich allein bin. Ich saß alleine in einem weißen Raum, ohne irgendjemand anderen, die ganze Zeit über. Das Erschreckende an diesem Traum war, dass es bald die Realität sein konnte. Bald werde ich alleine sein. Morgen wird Tyrone gehen, nach weiteren fünf Nächten wird Luke sich in den Tod stürzen. Ich hatte schon so viele Menschen verloren. Seufzend drehte ich mich auf andere Seite meines Bettes und beobachtete wie Spencer friedlich schlief. Er war in der Nacht in mein Zimmer gekommen, als er mich schreien hören hatte und ich war froh, dass er hier war. Mittlerweile hatte ich auch ihn ins Herz geschlossen. In ihm und Savannah hatte ich zwei neue Freundin gefunden. In Savannah hatte ich jemanden gefunden, der mich immer zum Lachen bringen konnte, auch wenn ich schlecht drauf war. Ich sollte mich heute wieder bei ihr melden. Und Spencer ist eine Person, bei der ich mich immer sicher fühlte. 

Ich starrte an die Decke und dachte darüber nach, dass dieser Albtraum bald ein Ende nehmen könnte. Ich dachte auch daran, dass Luke vielleicht doch nicht sterben würde. Wenn er die Mission erfolgreich zu Ende bringt, dann könnte er eventuell fliehen und wäre ein Held. Helden werden nicht umgebracht.

Ich hatte erst nach einer Weile bemerkt, dass Spencer bereits aufgewacht war und mich beobachtete. "Was ist?", fragte ich und musste kichern, weil er vor Überraschung einige Male zu viel zwinkerte. "Nichts, äh ich meine Guten Morgen", antwortete er. Ich stand auf und striff mir Harrys Shirt vom Leib. "Einen guten Morgen kann man das Ganze hier wohl nicht nennen", entgegnete ich, während ich mir ein frisches Oberteil über den Kopf zog und in Richtung Tür lief. "Warte, Celia, wohin gehst du?", rief er mir hinterher. Er saß mit seinen zersausten, blonden Haaren in meinem Bett und sah mich verwirrt an. "Tyrone und dann Savannah", entgegnete ich. "Kann ich mitkommen?", hakte er nach und ließ die Decke fallen, weswegen sein muskulöser Oberkörper zum Vorschein kam. "Ich denke, dass das nicht so eine gute Idee ist. Ty geht morgen, ich will ihn verabschieden und Savannahs Freund ist gestorben. Ich möchte gern mit ihnen alleine sein." Langsam nickte er und somit verließ ich den Raum. Ich hörte noch, wie er mir hinterher rief, dass ich auf mich aufpassen sollte.

Tyrones Zimmer war nicht weit entfernt von meinem, weswegen ich unmittelbar angekommen war. Bevor ich die Tür öffnete, klopfte ich. Er saß mit überkreuzten Beinen auf seinem Bett und las gerade irgendein Buch. "Spannend?", hakte ich nach und setzte mich direkt neben ihn. Er lächelte ein wenig und nickte mit dem Kopf. "Ich habe von Lukes Plan gehört. Krass. Vielleicht hat das hier alles wirklich bald ein Ende", er fuhr sich durch seine roten Haare und an der Art wie er sprach, erkannte ich, dass er es ernst meinte. Ty war schon immer ein optimistischer Mensch. "Ja, vielleicht", entgegnete ich seufzend. Er rückte ein wenig auf die Seite, sodass er auf der linken Hälfte des Bettes lag und deutete mir, mich auf die andere zu legen. "Weißt du Ty, ich will es einfach gar nicht begreifen, dass wir uns bald nie wieder sehen. Du wirst irgendwo anders leben und wenn wir überleben, dann werden wir einfach ohne den anderen weiterleben. Du wirst eine Frau finden und Kinder bekommen, ich werde mir einen Beruf suchen und irgendwann werde ich mich nicht mehr daran erinnern, dass du deine Augen zusammendrückst, wenn du lachst oder, dass die niedlichen Sommersprossen in deinem Gesicht überhaupt existieren." Ich hörte wie er seufzte und spürte seinen Blick auf  mir liegen. "Wir werden uns wieder sehen, Celia. Tot oder lebendig." Ich lächelte ein wenig und lehnte mich anschließend an seine nackte Schulter. Mein Magen knurrte, aber das war mir in diesem Moment egal, denn ich wollte nur noch die letzten Momente mit Ty genießen. Er war ein Optimist, aber ich war es eben nicht. Ich wusste, dass tausende an Dingen passieren könnten. Das Auto, welches ihm zu seiner Schwester bringt könnte angegriffen werden. Die Biester könnten einen erneuten Angriff starten. 1000 verschiedene Dinge kamen mir in den Kopf, aber auch nur daran zu denken, dass eine winzige Chance bestand uns wiederzusehen kam mir nicht für eine einzige Sekunde in den Sinn. Ich wusste, dass unsere Freundschaft in dem Moment endet, wenn er morgen die Tür verlassen wird und deswegen wollte ich trotz knurrendem Magen diesen Raum nicht verlassen.

Nachdem wir noch eine Weile nebeneinander lagen ohne irgendetwas zu sagen, beschloss ich mich dazu Savannah einen Besuch abzustatten. Ich wusste wie sie sich gerade fühlen musste, denn die Wunde meiner verlorenen Liebe war noch frisch. Harrys Geruch klebte nicht mehr an dem Shirt, welches er mir geschenkt hatte. Natürlich wusste ich noch, dass er nach Rosen geduftet hatte, aber ich hatte Angst ihn zu vergessen. Ich wollte die Menschen die ich liebte nicht vergessen, aber das war das was die Zeit mit sich brachte und ich hasste es. Ich hasste es so sehr. Das Leben nahm mir die Menschen und anstatt mir die Erinnerungen zu lassen nahm es mir diese ebenfalls. Langsam klopfte ich an der Tür und wartete auf eine Antwort. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. Eine stinkende, verheulte und am Boden zerstörte Savannah. Natürlich rechnete ich auch damit, dass sie nicht wollte, dass ich da blieb aber ich hatte mir auch fest vorgenommen sie mindestens einmal in den Arm zu nehmen. Die Tür wurde aufgerissen und vor mir stand eine strahlende Savannah. Verwirrt sah ich sie an, doch sie zog mich einfach nur hinein in ihr Zimmer. Es dröhnte laute Musik aus einem CD-Player. Es war keine traurige Musik, sondern Musik die man anhörte, wenn man eine Party besuchte. Ihre Klamotten lagen überall verstreut und ich beobachtete, wie meine Freundin damit begann leise mitzusingen und sich im Takt zu bewegen. "Was- was soll das?", brachte ich ein wenig verstört hinaus. Sie zog ihre Augenbrauen in die Höhe, packte mich an den Händen und schwang mich wild herum. "Was soll was CeCe? Mach dich locker und genieße das Leben, du weißt nie wann du von ner verdammten Mutation aufgeschlitzt wirst", sie fing an zu lachen und zog mich noch immer wild durch den Raum. Kopfschüttelnd wimmelte ich sie von mir ab und schaltete den CD-Player aus. Meine Freundin stöhnte laut auf und murmelte, dass ich ein Spaßverderber wäre. 

"Was versuchst du hier Savannah?", hakte ich nach. "Ich versuche Spaß zu haben und das solltest du auch, CeCe", sie gab ein gruseliges Kichern von sich. Ich lief einige Schritte in ihre Richtung und packte sie ein wenig zu grob an den Armen. "Hör mir zu, okay? Es ist in Ordnung traurig zu sein, du musst nicht immer stark und lustig sein. Du darfst trauern, du darfst weinen, du darfst schreien und du darfst am Boden zerstört sein. Es geht im Leben nicht immer nur um die perfekten Momente, okay?" Ich sah zu, wie sich etwas in ihrem Blick änderte. Sie ließ ihre Arme kraftlos auf den Boden hängen und fuhr sich über ihr blasses Gesicht. "Ich war so verliebt in ihn", auf einmal begann sie zu schluchzen und sofort nahm ich sie in den Arm. "Ich weiß Savannah, ich weiß."

Am 31.06.2017 war Four Parts zum aller ersten Mal auf Platz #1 in Science Fiction und ich bin erst mal dezent ausgetickt :D Vieeeeelen, lieben Dank an ALLE die Four Parts lesen :) Ich denke Four Parts wird mit Kapitel 45 beendet sein :)

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