Kapitel 30

Ich wurde in ein Zimmer gezogen. So stark wie ich konnte, zappelte ich herum und versuchte mich aus dem festen Griff des Unbekannten zu befreien. War das eine Entführung? Selbst wenn die unbekannte Person meinte, dass sie wusste wie wir hier rauskommen, wie sollte ich dieser Person vertrauen, wenn ich nicht einmal wusste, wer es war?

Aufeinmal wurde mir das Ding, welches sich in meinem Mund befunden hatte hinausgezogen.
"Hör zu Celia, schrei nicht. Ich möchte euch helfen. Wenn du schreist kann ich das nicht, du musst mir für einen Moment vertrauen", flüsterte eine Stimme. Plötzlich wusste ich woher ich diese Stimme kannte, es war Wache Lang. Entgeistert drehte ich mich in die Richtung des Unbekannten und erschrak als ich wahrhaftig feststellte, dass das mein Trainer war.

"Was wollen Sie?", fragte ich noch immer außer Atem, dieser Kampf hatte mich völlig aus dem Konzept gebracht.
"Dir helfen", antwortete er, in seinem Blick lag eine Emotion, die ich nicht genau deuten konnte. War das hier nur irgendein kranker Test?
"Indem sie mich in eine dunkle Kammer ziehen?", konterte ich, während ich wütend meine Arme vor der Brust verschränkte.
"Nein, indem ich euch helfe hier rauszukommen. Indem ich euch helfe ein neues Leben in Vulkanien anzufangen. Neue Identität und ein Budget das euch zum Überleben reicht", missmutig musterte ich den Mann. Wieso sollte ausgerechnet er uns helfen?
"Woher soll dieser plötzliche Sinneswandel kommen, ist das ein  Test? Vor ein paar Tagen haben sie noch meinen Freund verprügelt", beschämt sah Wache Lang auf den Boden.
"Meine Tochter, Malia. Sie war auch in einen dieser Teams für den Krieg. Heute hat sie sich umgebracht, da sie nicht so ein Leben führen wollte", flüsterte er. Mitleidig sah ich ihn an.
"D-das tut mir leid", stotterte ich.

"Erst dann habe ich realisiert was ich überhaupt tue. Wir bilden unschuldige Kinder aus um zu unseren Waffen zu werden. Ich möchte dies nicht verantworten und deswegen möchte ich wenigstens euch helfen. Mehr kann ich nämlich nicht tin", er sah mir bei diesen Worten direkt in die Augen. Ich wusste nicht wieso, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht gelogen hatte. Wieso sollte er auch?

"Und wieso dieses ganze Drama? Wieso haben Sie mich hier reingezogen?", hakte ich weiterhin nach, auch wenn es ein wenig bösartig rüber kam, denn er hatte mir gerade gebeichtet, dass er seine Tochter verloren hatte.
"Das hier ist der einzige Raum der nicht bespitzelt wird. Einmal die Woche werden Tonbandaufnahmen abgehört", sofort schluckte ich heftig. Hieß das, dass das Gespräch von mir und Jason auch aufgenommen wurde?

"Das Gespräch von dir und Jason habe ich gelöscht", mit diesen Worten von Wache Lang fiel mir ein großer Stein vom Herzen. Wir waren sicher. Unser Geheimnis war gut gehütet.

"Und was ist der Plan?", fragte ich anschließend.
"Wir haben einen Tag um das alles zu planen, in vier Tagen werden die Bänder abgehört und bis dahin müsst ihr so weit weg wie möglich sein. Den Plan werde ich euch erzählen, sobald alle da sind. Ich hasse es mich zu wiederholen", ich nickte langsam und drückte dann die Türklinke hinunter.

"Celia?", flüsterte Wache Lang. Für einen kurzen Moment drehte ich mich um, erkannte die Trauer in seinem Blick. Er log nicht, ich sah es ihm an.
"Wir haben nur einen Versuch, wenn wir es nicht schaffen, dann sterben wir alle. Bitte verzeih mir, wenn es schief geht."
"Wir sterben sowieso", flüsterte ich traurig, da die Realität in dieser Situation wieder zu sichtbar war.

Ohne noch einmal zurück zu sehen, verließ ich den Raum und ließ ihn alleine.
Schnell lief ich durch die Gänge, die mir mittlerweile schon bekannt waren. Wie ich vermutete saßen alle beisammen im Gemeinschaftsraum.

"Ich weiß wie wir hier rauskommen", sagte ich. Es war zwar indirekt eine Lüge, da ich nicht die Person war die den Plan hatte, aber diese Tatsache beachtete ich jetzt einfach nicht.
"Ach, ja?", Leila setzte wieder ihr bitterböses Grinsen auf. "Hast du auf einmal einen Masterplan entwickelt, oder warum bist du dir da so sicher?"

"Nein, aber-", durch eine Hand auf meiner Schulter wurde ich unterbrochen.
"Aber ich", sagte Wache Lang.

"Sie?", beinahe alle riefen diese Worte gleichzeitig aus und sahen uns entgeistert an. Wahrscheinlich hätte ich das gleiche getan, wenn ich in ihrer Haut stecken würde.
"Setz dich Celia", bat er mich. Schnell scannte ich den Raum nach einem geeigneten Sitzplatz.

Wunderlicherweise saß Leila heute auf einer richtigen Sitzgelegenheit und nicht auf Lukes Schoß. Sie saß nicht einmal in seiner Nähe, sondern neben Jasmine. Ärger im Paradies?

Luke und Jason saßen nebeneinander, weswegen ich mir einen freien Stuhl nahm und diesen zu Ihnen schob.

Wache Lang fischte eine Fernbedienung aus seiner Hosentasche und drückte einen Knopf. Sofort erschien eine Leinwand. Woher kamen diese ganzen versteckten Leinwände die ganze Zeit?

Wir bekamen eine Karte zu sehen. "Das hier ist die Karte vom Ausbildungslager", erklärte er. Beeindruckt riss ich meine Augen auf, das waren mindestens zehntausend Häuser, also fünfzigtausend Jugendliche, falls jedes Team ein eigenes Haus besaß.

Wache Lang drückte einen weiteren Knopf, die Häuser kamen immer näher und näher bis wir nur noch ungefähr zwanzig sahen.
Er deutete auf ein Haus, welches deutlich größer, als die anderen war. "Und das ist unser aktueller Standort", verkündete er.

Danach zeigte er auf einen Punkt, der aussah wie eine Mauer.
"Hier ist der Weg zur Freiheit", murmelte er ein wenig benommen. Der Ausgang war die ganze Zeit über nur wenige Meter entfernt?

Er räusperte sich. "Doch bis wir dorthin gelangen, müssen wir an Wachen vorbei. Wir machen es vormittags, da die meisten Wachen dann bei ihren Teams sind, um sie zu trainieren. Und wir müssen es morgen oder übermorgen durchziehen", er sah in die Runde, wahrscheinlich wollte er wissen, ob wir irgendwelche Fragen hatten.

"Die meisten Wachen befinden sich am Ausgang. Wir müssen mit drei oder vier rechnen, es sind nur so wenige, da niemand davon ausgeht, dass jemand flüchtet. Wenn wir diese durch einen geschickten Überraschungsangriff ausschalten, dann haben wir es so gut wie geschafft", vielversprechend sah er auf die Karte.

"Ich und Jason übernehmen das Schießen. Leila du und Jasmine werden gemeinsam in die Hütte der Wachen eindringen, dort gibt es einen Knopf den ihr drücken müsst, damit die Tore sich öffnen", erklärte er.

"Und was machen ich und Celia?", hakte Luke neugierig nach.
"Ihr haltet Wache, denn es könnte jederzeit passieren, dass jemand von der Flucht erfährt. Das ist der wichtigste Part der ganzen Aktion, eure wachsamen Augen", genervt verdrehte ich meine Augen, denn ich war mir bewusst, dass er dies nur sagte, damit wir uns besser fühlten. Wir waren eben die, die übrigen blieben.

"Und was dann? Was wenn wir draußen sind? Wir werden hundertprozentig wieder von König Mason gefasst", wand Leila ein. Zustimmend nickte ich mit dem Kopf.

"Keine Sorge, ich habe alles durchdacht. Draußen wartet meine Komplizin, Prissele. Sie bringt euch nach Vulkanien und ihr werdet dort von jemandem aufgenommen. Wenn ihr dieses Angebot annehmt, dann heißt das für euch, dass ihr ein völlig neues Leben anfangen müsst. Wahrscheinlich seht ihr eure Familie nie wieder, aber ihr werdet nicht sterben", er presste seine Lippen aufeinander. "Das war mein Plan."

Stille verbreitete sich im Raum, niemand sagte etwas. Ich wusste, dass dies die letzte Chance war zu überleben. Denn wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, als unerfahrene Jugendliche wieder lebendig aus dem Krieg zu kommen? Einen Moment dachte ich an meine Mutter, ich würde sie nie wieder sehen. Nie wieder. Aber wahrscheinlich interessierte sie das nicht, wieso sollte sie es auch? Wenn ich damals nicht im Gefängnis gelandet wäre, dann hätte sich nichts an unserem Verhältnis geändert. Vielleicht hatte sie mich schon längst vergessen, wahrscheinlich hatte sie sich schon längst mit ihrem Schicksal abgefunden.

Ich dachte an die Wachen die wir töten mussten, vielleicht waren sie Väter. Vielleicht würden wir einem Kind seinen Vater nehmen. Doch diesen Gedanken vergaß ich schnell wieder. Diese Männer raubten tausenden an Eltern ihre Kinder, sie hatten kein Mitleid verdient.

"Ich bin dabei", sagte ich, während ich mir ein kleines Lächeln abrang. Jason griff nach meiner Hand. "Ich dann auch."

"Ich hatte das Leben im Adel sowieso satt, auf mich könnt ihr zählen", fügte Luke hinzu. Schnell grinste ich ihn an.
"Ziemlich schade, dass ich Niemanden von den Mistkerlen abknallen kann, aber ich bin auch dabei", Leila zwinkerte in die Runde.

"I-ich werde nie wieder meine Familie sehen?", stotterte Jasmine. Ihr Blick war auf den Boden gewandt.
"Nicht bevor der Krieg endet", antwortete Wache Lang.
"Nun gut, ich bin dabei", flüsterte Jasmine ein wenig zu leise.

Stolz lächelte Wache Lang in die Runde.
"Team 362, morgen startet die Mission in die Freiheit."

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