Kapitel 29

Erschrocken drehte ich mich in die Richtung der Türe. Augenblicklich war ich erleichtert, als ich sah, dass es nur Luke war, der lässig am Türrahmen lehnte. Für einen Moment dachte ich nämlich, dass uns Wache Lang hier oben erwischt hatte.

"Die Frage ist was willst du?", an der Tonlage von Jason erkannte ich deutlich, dass er genervt war. Ich konnte es ihm nicht wirklich böse nehmen, denn zum zweiten Mal heute wurden wir bei einem besonderem Moment unterbrochen.
"Ich wollte nur fragen ob ihr Lust habt mit uns ein Kartenspiel zu spielen?", lächelnd sah er uns an und wartete auf eine Antwort von uns beiden.

"Auf gar keinen-", schnell rammte ich Jason meinen Ellenbogen in seine Rippen, er stöhnte laut auf. "Klar, wieso nicht?", sagte ich stattdessen, es war an der Zeit freundlicher zu werden. Schnell lief ich zu Luke und hakte mich lächelnd bei ihm ein.

"Du kannst auch gern hier bleiben", sagte ich an Jason gewandt und begleitete meinen Satz mit einem leichten Schulter Zucken. Schnell kam er hinterher gelaufen und hakte sich an meiner anderen Seite ein. "Nicht, wenn ein anderer Kerl dabei ist und dich auch noch anfasst", leise kicherte ich. War er etwa eifersüchtig... auf Luke?

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Wir spielten drei lange Runden des Spieles und irgendwie hatte ich es gemeistert, dass ich jedesmal gewann. Obwohl ich nicht einmal wusste was ich genau tat.

Mittlerweile hatten wir uns alle im Gemeinschaftsraum versammelt und warteten darauf, dass die Ergebnisse unserer Prüfung bekannt gegeben werden.

"Krank, nicht wahr?", Leila stand plötzlich auf. "Krank, dass wir auf Ergebnisse warten, die uns zeigen wie gut wir für diesen Krieg sind. Sie zeigen uns nicht welche Fähigkeiten wir besitzen, sie wollen einfach nur testen ob wir eine gute oder weniger gute Waffe sind. Vor wenigen Wochen war ich noch glücklich, vor wenigen Wochen saß ich noch mit meinen kleinen Schwestern am Strand und habe Muscheln gesammelt, aus denen wir anschließend Ketten bastelten. Und jetzt sitze ich hier mit wildfremden Menschen und warte darauf, dass ich in eine Waffe verwandelt werde. Warte darauf, dass wieder irgendwelche Experimente an mir ausgeführt werden, damit ich bestimmte Dinge vergesse. Wir warten darauf, dass wir sterben. Und trotzdem sitzen wir hier nur herum und machen rein gar nichts. Nichts, einfach nichts."

Der Raum war still, niemand reagierte auf Leilas Aussetzer. Wahrscheinlich dachten wir alle das selbe, wir alle gaben ihr Recht. Denn sie hatte genau das gesagt was ich nicht in Worte ausdrücken konnte. Wir waren keine Menschen mehr, wir waren nur noch Waffen. Waffen in Form eines Menschen.

"W- wir können es noch schaffen. Wenn wir uns anstrengen, dann schaffen wir es. Ich habe Familie", schluchzend meldete sich Jasmine zu Wort. Ihr liefen einige Tränen über die Wangen und unmittelbar wurde ich traurig, sie war nicht gemacht für so etwas, sie würde es nicht einen Tag aushalten.

Mit einem bitterbösen Blick wand sich Leila zu der blondhaarigen.
"Du hast den Bezug zur Realität verloren, denkst du ernsthaft, dass wir gegen eine Armee Chancen haben? Wir sind Kinder und die Leute dort draußen, die es auf Aquaria abgesehen  haben sind ausgebildete Killer. Wir könnten Wochen hier trainiert werden und hätten immer noch keine Chance. Hör auf an deine Familie dort draußen zu denken, du wirst sie nie wieder sehen", erschrocken riss ich meine Augen auf. Ihre harten Worte verwunderten mich. Selbst wenn Leila Recht hatte, konnte sie es doch nicht einfach wild herausbrüllen. Menschen brauchten in solchen Situationen nur eines und das war Hoffnung.

Jasmine hatte ihren Kopf zwischen den Knien versteckt und ich hörte sie erneut leise schluchzen.
"War das wirklich nötig?", fragte ich an Leila gewandt. "War es nötig ihr den letzten Schimmer an Hoffnung zu rauben?"

Leila ging wieder in die Richtung ihres Sessels.
"Ich spreche nur die Wahrheit aus, meine Liebste", sagte sie, während sie sich lässig auf ihren Platz fallen ließ.

Am Liebsten würde ich Jasmine in den Plan von mir und Jason mit einbeziehen, ich wollte nicht, dass sie dachte, dass wir überhaupt keine Chance hatten. Allerdings wusste ich nicht ob die Räume hier überwacht werden. Ich konnte kein Risiko eingehen, nicht bevor ich herausgefunden hatte ob man hier reden konnte ohne, dass zwanzig Wachen aus dem Palast vor der Türe stehen.

Es erklang ein tiefer Ton. "Versammelt euch bitte beim Treffpunkt. Die Punkte für eure Kampffähigkeiten wurden herausgegeben."

Schnell stand ich auf, damit ich aus der unangenehmen Atmosphäre, die sich in diesem Raum befand abhauen konnte. Kurz bevor ich den Raum endgültig verlassen hatte spürte ich eine Hand an meiner Hüfte, Jason.

"Die nette Celia gefällt mir", flüsterte er mir ins Ohr. Ich verdrehte wie immer nur genervt meine Augen.

Nach und nach kamen auch meine anderen Teammitglieder zum Versammlungsort und warteten darauf, dass wir unsere Punkte bekamen.

Eine Weile später erschien wieder die Leinwand, Wache Lang war wie durch ein Wunder nicht anwesend.

Anstatt seiner Stimme hörten wir heute eben die der Lautsprecher.
"Heute werdet ihr nur eine Punktewertung erfahren, denn im Kampf zählt nur euer Gesamtpaket. Es hilft euch nicht zielsicher zu sein, wenn ihr nicht schnell reagieren könnt, andersrum genauso. Wir bringen es schnell hinter uns, damit ihr bereit für das morgige Training seid."

Ein Bild von Jasmine erschien auf der Leinwand, daneben erschien eine große sieben. Begeistert lächelte ich sie an, sie war sehr sensibel aber talentiert.

Als nächstes sahen wir ein Bild von Luke, er bekam eine sechs als Gesamtwertung. Ich sah die Enttäuschung, die er gerade fühlen musste förmlich in seinen Augen. Bestimmt hatte er mit einer höheren Punktzahl gerechnet.

Jason war der nächste, als ich seine Punktezahl sah stockte mir der Atem. Er hatte die volle Punktzahl erreicht, was förmlich an einem Wunder grenzte. Stolz küsste ich ihn auf seine rosigen Wangen.

Als nächstes erschien Leila, sie hatte unglaubliche neun Punkte erreicht. Ihre Rettung gegenüber mir hatte sich wohl wirklich ausgezahlt.

Als Letztes erschien ein Bild von mir, nebenan erschien eine vier. Skeptisch zog ich meine Augenbrauen in die Höhe, war ich echt so schlecht? Aufmunternd kniff mir Jason in meine Wange. "Wir trainieren zusammen, damit du auch eine zehn bekommst", flüsterte er mir ins Ohr. Schnell nickte ich, doch ich konnte nichts gegen das Gefühl machen, welches in meinem Körper aufkam. Das Gefühl der Enttäuschung.

"Ihr könnt nun gehen. Morgen um zehn Uhr werdet ihr wieder hier erwartet."

Sofort verließ ich den Raum, denn trotz, dass ich darauf vorbereit war, war mir meine schreckliche Wertung äußerst unangenehm. Vor allem deswegen, weil Leila ganze fünf Punkte mehr als ich hatte. Warum war sie auch in allem gut?

Eilig lief ich durch die verschiedenen Gänge, versuchte mich auf andere Gedanken zu bringen. Versuchte an schöne Dinge und Momente zu denken. Doch immer wieder spukte diese vier in meinem Kopf herum. Ich musste besser werden, ich konnte diese Punktzahl nicht auf mir sitzen lassen. Niemand sollte mich als die schwache Celia in Erinnerung haben, wenn ich sterbe. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich starb war hoch, denn wie sollte ich im echten Leben überleben, wenn ich jetzt schon eine solch geringe Wertung erreicht hatte?

Bevor ich noch weiter umher laufen konnte, wurde ich in eine Ecke gezogen. Und bevor ich nach Hilfe schreien konnte, wurde mir etwas in den Mund gestopft.
"Ich weiß wie ihr hier rauskommt", meine Augen waren weit aufgerissen, mein Atem viel zu unregelmäßig. Wer war das?

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