Kapitel 24

"Reich mir mal bitte den Honig", bat ich Leila. Mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht pfefferte sie das Glas quer über den Tisch.
"Danke", zischte ich und schenkte ihr ein genauso freundliches Lächeln zurück.
"Habt ihr schon vergessen was wir bereden wollten?", meldete sich Luke zu Wort, während er sauer zwischen mir und Leila hin und her sah.
"Wir haben alle vergessen was heute nach dem Bodycheck in diesem Raum passiert ist. Es hat nicht einmal geholfen, dass wir uns es gegenseitig erzählt haben, alle Erinnerungen sind erloschen. Wir sollten uns darüber Sorgen machen und nicht über die Spannungen die zwischen uns herrschen. Uns wird irgendetwas verheimlicht", nickend stimmte Jason seinen Worten zu und auch Jasmine lächelte zustimmend.

"Tut mir leid", leise seuftze ich. "Ihr habt ja Recht, es gibt wichtigere Dinge als dieser Streit."
"Genau, du hättest dich eher auf die Wahl deines Outfits konzentrieren sollen", spottete Leila. Augenblicklick wandelte sich meine Stimmung wieder. Wie schaffte es dieses Mädchen mich jedesmal zum Kochen zu bringen?
"Du -", bevor ich ihr jedes Schimpfwort welches sich in meinem riesigen Vokabular befand an den Kopf werfen konnte spürte ich eine Hand auf meinem Oberschenkel.

"Das ist es nicht wert Celia", sagte Jason und ich nickte langsam. "Richtig, richtig, sie ist es nicht wert", flüsterte ich.
Belustigt zog Leila ihre Augenbraue in die Höhe.
"Tut was der Mann verlangt, ganz schön altmodisch nicht wahr?", kichernd schob sie sich einen Löffel von ihrem Pudding in den Mund.

"Wie dem auch sei", laut ließ ich meine Hände auf dem gläsernen Tisch fallen. "Ich werde unseren schönen Wachmann fragen, was er mit uns angestellt hat."

"A-aber. Was wenn er dich zum Bestrafungsplatz schickt", warf Jasmine ein. Ängstlich hatte sie sich ihre Hände vor den Mund gelegt.
"Ich hoffe einfach, dass das Schicksal auf meiner Seite liegt", taff zuckte ich mit den Schultern, biss anschließend von meinem Brötchen ab und stand dann auf. Vielleicht redete ich, als hätte ich keine Angst, aber es war nicht so. Ich befürchtete, dass mein Körper eventuell auch bald so aussehen wird wie Jasons.

"Nacht", ohne weitere Worte verließ ich den Gemeinschaftsraum und ging ohne längere Umwege in mein Zimmer.

Sofort warf ich mich auf mein Bett und zog mir die dünne Decke bis zur Stirn. Seitdem ich hier angekommen bin hatte ich noch keine Zeit mir über all das Gedanken zu machen.

Über die Situation in der ich gerade steckte. Wir werden hier für den Tod trainiert unser Schicksal ist es zu sterben. Denn wie sollten es fünf mickrige Teenager schaffen in einem Krieg zu überleben? Wieso machte die Regierung das, wieso schickten sie nicht unsere Armee in den Krieg, damit wir überhaupt eine winzige Chance hatten nicht unsere ganze Bevölkerung zu verlieren.

Das ist doch das was König Mason wollte? Oder wollte er gar nicht, dass die Menschen in Aquaria überlebten? Unverzüglich verstrich ich diesen Gedanken wieder, wieso sollte ein König seine ganzen Untertanen auslöschen wollen?

Warum auch immer ich und zahlreiche andere Jugendliche hierhin geschickt worden sind, es gab kein Entkommen mehr. Wir werden alle sterben, früher oder später. Wieso war diese ganze Sache nicht passiert, bevor ich Jason kennenlernte?

Damals gab es nichts außer mir selbst. Ich war einsam und verlassen. Früher hätte mich diese ganze Situation nicht interessiert, doch jetzt war es anders. Ich mochte Jason. Luke und Jasmine waren mir auch ganz symphatisch. Sogar für meine Mutter hatte ich einen Funken an Liebe gespürt.

Meine Mutter. Wir waren gerade auf dem Weg zur Besserung, vielleicht hätte sie sich wahrhaftig geändert. Eventuell wären wir wirklich ein mal wie eine Mutter und eine Tochter geworden. Doch das Schicksal wollte es nicht so, alles kam anders. Ich hatte nicht einmal die Chance gehabt ihr Tschüss zu sagen, sie in den Arm zu nehmen. Wir hatten nicht die geringste Chance etwas zu verändern.

Außerdem war ich kurz davor Selines Ziel zu erreichen. Die Veränderung die sie sich wünschte stand bevor und jetzt war ich weg, konnte es nicht mehr miterleben. Nie in meinem Leben werde ich erfahren ob in Aquaria je wieder Unschuldige hingerichtet werden. Niemals werde ich es erfahren, denn davor werde ich sterben. Ich werde sterben.

Trotz dieser Gedanken und trotz meiner bevorstehenden Zukunft versuchte ich meine Augen zu schließen um mich ein wenig von den heutigen Geschehnissen zu erholen. Denn wer wusste was morgen passieren würde? Eines war klar ich werde Wache Lang über diesen Test ausfragen, denn irgendetwas daran war ziemlich falsch. Wir konnten doch nicht alle fünf die Erinnerung verlieren. Und wenn doch dann stellt sich die Frage: wie? Die einzige Sache an die ich mich erinnerte war die Angst. Es war keine normale Angst, es war wahre Todesangst. Ich kämpfte mit dem Tod.
Dann schlief ich ein.

"Er war ein toller Mann Celia. Dein Verlust tut mir vom ganzem Herzen leid", verwirrt blickte ich hinter mich und ich starrte direkt in das eigentliche Gesicht eines Menschen. Doch dieser Mensch hatte kein Gesicht, eine weiße Hülle war über seinen Kopf gezogen.
Vorsichtig wich ich ein paar Schritte zurück.
"Genau, schau ihn dir ein letztes Mal an", plötzlich knallte ich gegen etwas hartes. In Windeseile drehte ich mich um. Bei dem Anblick wich ich automatisch wieder ein wenig zurück.

Jason lag in diesem Sarg.
"Willst du ihn nicht noch ein letztes Mal sehen?", schnell schüttelte ich meinen Kopf und suchte einen Ausweg aus dieser Situation. Der Gesichtslose kam bedrohlich auf mich zu und brachte mich durch seine Nähe dazu wieder dichter an Jasons Leichnam zu rücken. Mit schwerem Atem stützte ich mich an seinem Sarg ab.

"Schau ihn dir ein letztes Mal an Celia, tu es Celia, tu es", fauchte er beinahe. Ängstlich schüttelte ich meinen Kopf, wie konnte er überhaupt reden?. "Tu es", brüllte er und im nächsten Moment stand er direkt vor mir und nahm meinen Kopf in seine kalten Hände. Mit einem Ruck drehte er mich um.

Sofort würgte ich, Jasons Körper war übersät mit Stichwunden. Tiefe Stiche und Wunden, man konnte beinahe seine Organe erkennen. Ich begann zu schreien, lauter als ich jemals geschrien hatte. Immer und immer wieder. Lauter und lauter.

Bis Jason plötzlich seine Augen öffnete. "Wach auf Celia, wach auf."

Nassgeschwitzt richtete ich mich auf. "Wasser", keuchte ich. "Ich brauche Wasser."

"Sofort", Jason griff hinter sich und reichte mir dann ein Glas. Sofort sippte ich an dem Wasser und genoß jeden einzelnen Schluck den ich nahm.
"Wieso ist es so real, wieso fühlt es sich so echt an?", wimmerte ich. Vorsichtig kroch Jason mit mir unter die Decke.

"Was hast du geträumt?", flüsterte er mir ins Ohr, während er mir behutsam über den Rücken strich.
"Ich will nicht darüber reden", erschöpft ließ ich mich auf dem Kissen sinken. "Aber bitte bleib hier bei mir, ich habe so Angst, dass die Träume wieder kommen", wisperte ich.

Lächelnd presste er mir einen Kuss auf die Stirn. "Keine Sorge Cel, ich werde nicht von deiner Seite weichen", versprach er mir. Lächelnd schloss ich wieder meine Augen und lauschte seinem Herzschlag.

Danke für 500 Reads und ein frohes neues Jahr. Ich wünsche euch und eurer Familie viel Gesundheit, Erfolg und Glück.

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