Kapitel 19
Nachdem ich mich von dem großen Schock erholt hatte und meinen Blick endlich von der Leiche abwand bemerkte ich, dass schon dutzend an Jugendlichen abgeführt wurden. Ängstlich sah ich mich um und suchte nach bekannten Gesichtern. Luke der gerade noch neben mir stand war schon verschwunden und auch Jason konnte ich in in keiner Ecke entdecken.
Verzweifelt sah ich mich noch einmal um, damit ich einen meiner Freunde fand, doch ich hatte keinen Erfolg. Tausende Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum und noch immer scannte ich den Raum nach den Beiden ab. Was wenn einer von beiden protestiert hatte und jetzt tot auf dem Boden lag? Jason würde sich nie ohne Widerstand förmlich versklaven lassen. Oder?
Plötzlich tauchte wenige Meter von mir entfernt ein brauner Lockenschopf auf. War das Jason? Der Junge drehte sich verwirrt in alle Richtungen, bis sein Blick auf mir liegen blieb. In der Sekunde in der sich unsere Augen trafen, wurde mir sofort bewusst, dass es er war. Mit zügigen Schritten ging ich auf ihn zu, denn selbst wenn wir im Streit auseinander gingen gab es momentan keine andere Person die ich lieber sehen wollte.
"Jason", rief ich, als ich nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, die Wachen die mich finster musterten ignorierte ich, denn im Gegensatz zu mir hatte er mich noch nicht entdeckt. Mit einer hastigen Bewegung drehte er sich in meine Richtung und augenblicklich haschte ein winziges Lächeln über mein sonst so ernstes Gesicht.
Doch in dem Moment indem ich ihn eigentlich in meine Arme schließen wollte um ihm zu sagen, dass mir all meine Taten und Worte in den vorherigen Stunden leid taten passierte es. Hinter ihm tauchten wie aus dem Nichts zwei Wachen auf und zerrten an ihm.
"Nein", flüsterte ich. "Nein, nein, nein", wiederholte ich immer und immer wieder. Jede Sekunde entfernte er sich weiter von mir und mit jeder Sekunde schwand die Hoffnung, dass ich ihn noch einmal wieder sehen werde. Ohne auf mein Umfeld zu achten rannte ich den Muskelpaketen, die Jason mitnahmen hinterher. Ich konnte ihn nicht gehen lassen, denn ich hatte Angst vor dem Ungewissen. Wollte nicht mit dem Gewissen leben, dass ich mich doch noch hätte entschuldigen können. Denn vielleicht war unser letztes Gespräch unser wahrhaftiges letztes Gespräch.
"Aus dem Weg", wütend schuckte ich ein rothaariges Mädchen, welches mir im Weg stand auf die Seite. Mittlerweile konnte ich Jason nur noch vom Weitem erkennen, weswegen ich mein Tempo stetig erhöhte, die Menschenmasse die sich immer noch im Raum bewegte machte mir die Verfolgung allerdings schwee. Plötzlich wurde ich heftig in meine Seite gerempelt. Stöhnend taumelte ich ein wenig auf die Seite und konnte mich gerade noch vor einem bitteren Sturz retten.
"Hast du keine Augen im Kopf?", schrie ich wütend in den Raum, da ich nicht genau wusste wer der Täter dieser Aktion war. Auf einmal wurde ich von hinten angestupst. Wie eine Furie drehte ich mich um und starrte direkt in haselnussbraune Augen. Wütend schnaubte ich der Fremden direkt ins Gesicht, welches von einem bittersüßen Grinsen geschmückt war.
"Das war fürs Schubsen und ich warne dich Celia, leg dich nicht mit Leila Horan an, denn dieser Kampf wird blutig enden", ihre Mundwinkel zog sie noch einen Tacken weiter in die Höhe. Unbeeindruckt verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust.
"Deine Stichelei vergesse ich einfach, was wohl nur zu deinem Besten ist. Die Frage die mich eher interessiert ist folgende, woher kennst du meinen Namen?"
"Weißt du Celia, ich liebe Geheimnisse", ohne weiterhin auf meine Frage einzugehen wand sich das freche Mädchen von mir ab und stolzierte mit einem widerlich übertriebenen Hüftschwung in die andere Richtung. Leila Horan? Oder sollte ich eher sagen die Verkörperung einer hochnäsigen, arroganten Zicke.
Plötzlich, wie ein Geistesblitz fiel mir etwas viel wichtigeres ein, als über einen Streit mit einer Fremden nachzudenken. Jason.
Blitzschnell sah ich mich im Raum nach ihm oder einer der beiden Wachen um, jede einzelne Ecke suchte ich mit meinen Augen ab. Er war nirgendwo mehr zu sehen, ängstlich fuhr ich mir durch meine Haare. Er konnte doch nicht verschwunden sein, ich war nur wenige Sekunden abgelenkt, es war unmöglich, dass er schon weg war.
Ohne einen klaren Gedanken rannte ich in die Richtung in der ich ihn zuletzt gesehen habe, irgendwo musste er noch sein.
"Jason", rief ich laut. Mittlerweile war die Halle schon so gut wie geräumt, weswegen der Klang meiner Stimme sich in den hohlen Händen widerspiegelte.
"Jason", brüllte ich noch einen Takt lauter, während ich mich immer schneller im Kreis drehte.
Die Sicht wurde immer trüber, schlechter. Die Hoffnung schwand immer mehr. Vielleicht werde ich Jason nie wieder sehen, denn wie sollte ich unter hundertausenden von Jugendlichen genau ihn wiederfinden?
Wie eine Verrückte rannte ich immer schneller im Kreis herum. Selbst wenn ich spätestens jetzt begriff, dass meine Suche nutzlos war. Jason war verschwunden und ich werde ihn vermutlich nie wieder sehen. Meine letzten Worte zu ihm waren, dass er verschwinden sollte. Ich habe ihn abgewiesen nur weil ich mir nicht klar über meine eigenen Gefühle war.
Doch jetzt, jetzt wo es zu spät ist wusste ich was ich wollte. Und das was ich wollte war das Gefühl in seinen Armen zu liegen, das Gefühl geborgen und geliebt zu werden. Selbst wenn wir uns noch keine Ewigkeit kannten, im Gegenteil wir kannten uns nur wenige Tage und wenige Stunden, trotzdessen konnte ich sagen, dass ich bei ihm etwas spürte was ich seit zwei Jahren nicht mehr fühlen dürfte.
Das Gefühl der Liebe. Selbst wenn es nur eine Liebe auf freundschaftlicher Basis war, ich liebte.
Erst als es schon zu spät war bemerkte ich, dass ich wie eine wilde Kriegerin am Schreien und Toben war. Erst als es schon zu spät war bemerkte ich, dass mehrere Wachen ihre Waffen auf mich richteten. Und erst als es zu spät war wusste ich, dass ich mich ducken musste.
In wenigen Sekunden wurde alles um mich herum schwarz, ich konnte nur noch alles in Bruchteilen verstehen.
"Was sie getan?", schrie eine männliche Stimme. "Sie nicht."
"König Mason wird sie umbringen."
Mit letzter Kraft riss ich meine Augen auf, König Mason wird mich umbringen?
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