Kapitel 18
"Bereit?", lässig rollte Jason sich seinen grauen Pullover über den Kopf. Verlegen lächelte ich ihn an und nickte.
"Jason", sagte ich leise bevor er den Raum verließ. Grinsend drehte er sich noch einmal in meine Richtung und wartete darauf, dass ich etwas sagte.
"Könnten wir den Kuss von gestern einfach vergessen? Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, ich hätte es nicht tun sollen. Ich bin einfach noch nicht für solch eine Bindung bereit, ich weiß nicht einmal was ich gegenüber dir fühle", offenbarte ich ihm ohne während meiner Worte einmal hinaufzuschauen.
Einige Momente lang war Stille und ich sah verwundert auf, da es mir komisch vorkam, dass Jason rein gar nichts sagte.
Langsam beobachte ich wie Jasons Schmunzeln aus seinem markanten Gesicht wich und er nur benommen nickte.
"K-klar", stotterte er. "Vergessen wir es einfach."
Ohne weiteren Worte schlich er aus dem Raum und ließ mich mit all meinen Gedanken allein. Hatte ich etwa schon wieder etwas Falsches gesagt? Er wollte mich gestern doch nur dazu bringen meinen Mund zu halten, da ich ausnahmsweise zu viel redete. Und jetzt tat er so als hätten meine Worte ihn verletzt? Diesen Jungen verstand ich nicht.
Aber wieso interessierte ich mich überhaupt dafür? Es war doch nur Jason, ein nerviger und aufdringlicher Typ. Mürrisch strich ich mir meinen Rock zu Recht und ging mit zügigen Schritten meinem Freund hinterher.
Heute mussten wir uns zur Zählung melden. Je länger ich darüber nachdachte, desto schlechter wurde meine Stimmung, denn ich wusste schon jetzt, dass diese Veranstaltung stundenlanges Stehen und ödes Warten mit sich brachte. Am Liebsten würde ich gar nicht erscheinen, doch ich kannte die Konsequenzen, die dieses Handeln mit sich brachte, deshalb rang ich mich jedes Mal wieder dazu auf dieses Geschehen über mich ergehen zu lassen.
Die ganze Fahrt über redeten ich und Jason nicht miteinander, fast so wie an dem Tag an dem wir uns kennengelernt hatten und ich mich wie eine hochnäsige Zicke verhalten hatte. Komisch, dass dieses Geschehen nur einige Tage zurück liegt. Komisch, dass wir uns erst wenige Tage kannten und trotzdem schon eine Achterbahn der Gefühle erlebt hatten. Von Hass zu Freundschaft, zu Liebe und jetzt wieder zurück zum erstem Schritt? Hatte ich das mit meiner Handlung erreicht?
Nachdem wir aus dem Wagen ausstiegen, um uns auf den Weg in die riesige Halle zu machen nahm ich all meinen Mut zusammen und fing an mit ihm zu reden.
"Du bist doch nicht sauer, oder? Ich wollte doch nur ehrlich zu dir sein." Einige Augenblicke lang kam keine Antwort von ihm. Hatten wir etwa die Rollen vertauscht und er war jetzt derjenige der mich ignorierte?
"Weißt du was Jason? Ich kann es dir doch sowieso nicht Recht machen, bleib doch da wo der Pfeffer wächst",im gleichen Moment nahm ich an Tempo zu.
Ich war immer noch Celia Summer und selbst wenn ich mir vorgenommen hatte netter zu werden, werde ich mich nicht so behandeln lassen. Niemand hat das Recht dazu mich zu ignorieren, nur weil ich ehrlich über meine Gefühle gesprochen hatte.
Schließlich machte ich mich eben ohne ihn auf den Weg in das nervige Getümmel. In dem Moment, indem ich die Halle betrat kam mir schon wieder mein Frühstück hinauf. Der ganze Raum stank nach Menschen, nach Schweiß und nach "Ich habe mich seit sieben Tagen nicht mehr gewaschen". Jede Sekunde rempelte mich irgendein Fremder an und nahm sich auch noch die Frechheit sich nicht bei mir zu entschuldigen. Menschen schrien, Menschen lachten und Menschen redeten. Jetzt genau in diesem Moment fiel mir wieder ein wieso ich mich vor zwei Jahren dazu entschieden hatte meine eigene Spezies zu hassen. Menschen waren nervig.
Nach einer Weile blieb ich in einer einigermaßen leeren Partie stehen und wartete darauf, dass irgendjemand verkündigte, dass die Veranstaltung begann.
Plötzlich stupste mir jemand auf die Schulter. Genervt drehte ich mich um nur um in die Augen meines zweifachen Retters zu sehen. "Luke", sagte ich und fiel ihm im nächsten Moment direkt um den Hals. "Ich dachte ich werde dich nie wieder sehen", gab ich lächelnd zu. Grinsend zuckte er mit den Schultern. "Man sieht mich eben immer dreimal im Leben."
"Ach nur dreimal? Zu schade, ich hätte dich gern öfter gesehen", witzelte ich. "Ausnahmen bestätigen die Regel", charmant breitete er seine Jacke auf dem Boden aus und deutete mir, dass ich mich hinsetzen sollte. Dankbar nickte ich ihm zu und nahm auf seinem bereitgestellten Platz platz.
"Wo ist eigentlich dein Aufpasser?", neugierig setzte er sich neben mich und wand sein Gesicht mir zu. Verwirrt zog ich eine meiner Augenbrauen in die Höhe bis mir einfiel, dass ich Jason einst diesen Spitznamen gab.
"Achso, ich weiß es nicht genau, wir haben uns am Eingang wegen einer kleinen Streitigkeit getrennt", teilte ich ihm mit und verfluchte ihm im Inneren dafür, dass er mich wieder an Jason erinnerte. Für einen kurzen Moment hatte ich unseren Konflikt tatsächlich vergessen.
"Wusstest du, dass ich seit Neustem die Verhaltensmuster der Menschen studiere und mir gerade aufgefallen ist, dass du dir bei diesem Satz entscheidend zu viel durch die Haare gefahren bist und du ein Dutzend Mal zu viel geblinzelt hast? Und weißt du was das mir zeigt? Das dein Aufpasser nicht nur ein einfacher Aufpasser ist, sondern mehr dahinter steckt. Also Celia, was ist eure Geschichte?", mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er mich an und wartete darauf, dass ich endlich etwas aus mir raus bekomme. Doch darauf konnte er lange warten, denn ich saß immer noch fassungslos da.
Zu meinem Glück ertönte gerade ein schriller Ton aus den Lautsprechern, der uns sagen sollte, dass wir uns erheben sollten. Vorsichtig stand ich auf und guckte mich dank dieser passende Gelegenheit im Raum um. Es waren mittlerweile geschätzte hunderte Menschen im Raum versammelt und mir fiel auf, dass sich unter uns ein Haufen an schwer bewaffneten Wachleuten befanden. Beinahe an jeder Ecke stand eine Truppe von Soldaten aus dem Königreich und so langsam brachte mich diese Tatsache zum Grübeln. Noch nie waren bei einer einfachen Zählung so viele Sicherheitsleute anwesend, wieso also heute?
Meine Gedanken wurden schlussendlich durch das Räuspern einer Person unterbrochen. Vielleicht hatte ich mir das alles nur eingebildet und bei den letzten Zählungen war es genau so.
"Bürger und Bürgerinnen Aquarias, vielen Dank, dass sie so zahlreich erschienen sind. Es tut mir leid Ihnen sagen zu müssen, dass die Zählung nur ein Vorwand dafür war um sie hierher zu locken. Wie sie sicherlich wissen, wird Aquaria seit einer geraumen Zeit von den anderen drei Erdteilen bedroht wird. Wir hatten dies nie ernst genug genommen und gestern überkam uns die Nachricht, dass sie bald angreifen werden. Und deswegen sind Sie da. Die jüngsten und stärksten unserer Bewohner. Wir haben Lager eingerichtet in denen wir euch zu wahren Soldaten ausbilden, zu Waffen die unser wunderschönes Land verteidigen werden, ist das nicht toll? Mehr werdet ihr vor Ort erfahren. Es tut mir leid, dass wir es Ihnen nicht früher mitteilen konnten, sie können sich auch nicht mehr von ihren Verwandten verabschieden da dies nur zu unerwünschten Komplikationen führen würden. Bitte wehren sie sich nicht gegen diese Maßnahme und lassen sie sich von den Wachen zu einem Zug führen, der Sie ins Lager führt. Denn meine Lieben, wie ihr sehen könnt ist die Präsenz unserer Leute nicht gering und sie scheuen nicht davor eine Ladung ihrer Patronen zu verlieren. Also, geht raus und kämpft für eure Heimat."
Bevor ich diese schreckliche Nachricht begreifen konnte fing ein junger Mann an zu brüllen und bahnte sich den Weg zur Bühne. Und bevor der Mann noch einen weiteren Schritt wagen konnte schmückte eine Kugel seinen Kopf und ich ließ einen leichten Schrei aus.
Das hier war kein Scherz, es war alles die Realität.
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