3.

Linos und Phyllis wirkten vertraut. Zu vertraut, meiner Meinung nach. Trotzdem konnte ich nicht genau einschätzen, was es war. Sie saßen zwar nebeneinander und sprachen ab und zu ein paar Sätze, aber trotzdem hatten sie keinen Körperkontakt. Und dennoch konnte ich spüren, dass sie von irgendetwas verbunden wurden.

Auch als ich später im Bett lang, konnte ich lange nicht einschlafen und grübelte darüber nach, was heute passiert war. Meine Gedanken fuhren Achterbahn, bis mein ganzer Kopf schmerzte. Als ich es schließlich nicht mehr aus hielt, zog ich mein Handy unterm Bett hervor und fing an meine Nachrichten zu checken, um mich abzulenken.

Eine davon war von Ilias: "Bei dir irgendwelche Monster in Sicht, Halbgott? Könnte schwören, dass der neue Resiggeur eines ist. Der ist so nervig, dass er kein Normalsterblicher sein kann."

Ich mußte schmunzeln. Ilias hatte ein Talent für seltsame und unangebracht Witze, die auf eine befremdliche Art schon wieder witzig waren, da er sie so locker rüber brachte, dass man ihm dafür nicht sauer sein konnte.

" Vielleicht komme ich ja mal vorbei und schau ob er ein Monster ist, auch wenn ich es bezweifle", schrieb ich zurück.

Wie üblich kam keine zwei Minuten später seine Antwort. "Lust mal wieder vorbei zu kommen, oder lässt dich euer Pferdeleiter überhaupt vom Camp?"

Ich musste grinsen. Ilias wusste von uns Halbgöttern und allen Monstern und er ging sehr tolerant damit um, aber Chiron war nochmal ein anderes Thema. Es machte ihn fertig, dass es eine Person gab, die aus einem halben Pferd besteht und trotzdem so normal wirken kann.

"Ich kann ja mal fragen. Eventuell geht es", antwortete ich noch und schaltete dann mein Handy ab.

Ich verfiel sofort in einen tiefen Schlaf und wurde erst am nächsten Morgen wieder von einem Ohren betäubenden Lärm geweckt. Sofort saß ich aufrecht im Bett und zog meinen Fächer hervor, welcher immer in Reichweite lag.

Greg und Maggie saßen genau wie ich aufrecht im Bett. Greg hatte sich als Erster wieder unter Kontrolle. Er schreitete, elegant und trotzdem unwahrscheinlich unpassend für die Situation, in seinem lila Schlafanzug zur Eingangspforte und späte hinaus. Maggie verdrehte nach dem ersten Schock nur die Augen und ließ sich zurück auf ihr Kopfkissen fallen. Das Mädel war ohne Koffein zu echt nichts zu gebrauchen!

Langsam klappte ich die vielen Dolche wieder zusammen und kroch aus meinem warmen Bett. Die Schreie draußen hörten sich eindeutig nach Römern an...und so war es auch. Alle römischen Halbgötter versammelten sich, um aufzubrechen. Stella kam auf mich zu gerannt, als sie mich an der Tür stehen sah.

"Auch endlich mal wach?", lachte sie.

"Ja...", grummte ich. "Dank dir und dem römischen Haufen da!"

"Dank dem römischen Kackhaufen", fügte Maggie aus ihrem Bett hinzu.

Stella grinste nur schuldbewusst. Es freute sie anscheinend, dass sie Maggie geweckt hatte. "Lass dich nicht umbringen, Zarah!"

"Du dich auch nicht."
Und da war sie auch schon wieder in der Menge verschwunden. Die Römer hatten es geschafft sich innerhalb von wenigen Minuten fertig zum Start zu machen und so war der Lärm genauso schnell wieder weg, wie er aufgetaucht war.

****

Greg besetzte wie üblich eine halbe Ewigkeit das Badezimmer und ich checkte währenddessen mein Handy. Maggie hatte sich angezogen und war aus der Hütte verschwunden. Es dauerte gefühlte Jahre, bis Greg beschloss aus dem Badezimmer wieder raus zu kommen und ich rollte unbewusst mit den Augen.

"Ja, ja...der Schwule eben...du kannst es ruhig aussprechen!", knurrte er halb verletzt, halb belustigt. "Das denkt ihr euch doch alle."

"Nein, das stimmt doch gar nicht!", erwiderte ich sofort, obwohl ich nicht leugnen konnte, dass ich schon einmal so einen Gedanken hatte. "Du bist halt so...so..."

"Sprich es ruhig aus. Mich trifft das nicht so stark."

"Klischeehaft schwul...dieser weibliche Teil...", brachte ich schließlich hervor.

Greg grinste nur selbstbewusst. "Ja, ich weiß. Aber ich bin stolz darauf, wie ich bin! Und dann stören mich andere Leute auch nicht mehr, die mich blöd anschauen, oder sogar die Straßenseite wechseln, weil sie mir aus dem Weg gehen wollen. Das interessiert mich nicht mehr."

"Ist das denn schon einmal vorgekommen?", fragte ich vorsichtig und hätte mir kurz darauf am liebsten auf die Zunge gebissen. So etwas ging mich nichts an. Warum fragte ich überhaupt? Wenn diese blöde Neugier nur nicht gewesen wäre...

Aber Greg ging damit sehr offen um.  "So etwas passiert mir die ganze Zeit, aber man gewöhnt sich daran."

"Ich finde es toll, dass du damit so selbstsicher umgehst", hörte ich mich sagen und fragte mich, wo die Worte her kamen. Natürlich fand ich es toll, aber ich hatte eigentlich nicht vor das auch laut auszusprechen.

"Ja, ich bin, wie ich bin. Und wenn jemand ein Problem damit hat, dann muss das nicht mein Problem sein", schmunzelte er und setzte sich auf den großen Sessel mitten im Raum.

"Wie geht dein Vater damit um?"

"Mein Vater ist gestorben, als ich zwei Jahre alt war. Vielleicht bin ich ja deshalb schwul geworden, wer weiß", sagte er als Scherz. "Naja, zumindest hatte ich nie ein männliches Vorbild. Aber das ist ja eigentlich kein Grund schwul zu werden..."

"Das mit deinem Vater tut mir leid", nuschelte ich. Das Thema machte mich irgendwie unsicher. Es war ein völlig neues Gebiet, was für mich bisher noch nicht relevant schien, aber als ich hörte, wie ernst es Greg damit war, fing ich an darüber nachzudenken.

Noch immer völlig in Gedanken versunken, fing ich an, meine Zähne zu putzen...bis ich aufgeregte Stimmen vor der Badezimmertür hörte.

Mit Zahnbürste im Mund schloss ich die Tür auf und sah, wie Maggie sich verzweifelt die Haare raufte.

Als sie mir verkündete, warum sie so außer sich war, klappte mir die Zahnbürste aus dem Mund und hinterließ einen großen Zahnpastafleck auf dem Boden. "Sie sind weg. Phyllis und Linos sind verschwunden."

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