#11 •Marcus Armstrong x Juan Manuel Correa

Verliebt sein war ein tolles Gefühl.

Zumindest meinten dies alle.

Für ihn war es schrecklich.

Dies lag vermutlich daran, dass sein Schwarm für ihn unerreichbar war.

JM war ein Frauenmagnet und genoss diesen Fakt sichtlich.

Kein Essen in einem Restaurant verlief ohne einen kleinen Flirt mit einer Kellnerin und kein Clubbesuch ohne Frauen in knappen Kleidern, die sich darum rissen, einen Tanz mit dem Amerikaner zu ergattern.

Und JM gewährte jeder einzelnen ihren Tanz, während er nur zusehen konnte.

Er hatte den Schwarzhaarigen mal darauf angesprochen, ihn gefragt ob er wirklich so auf tanzen stand und JM hatte ihm daraufhin erklärt, dass er einfach niemanden enttäuschen wollte.

Keinen Augenblick hatte er an der Antwort des Anderen gezweifelt, denn er kannte niemanden, der gutmütiger war als JM.

Der Ältere versuchte, es immer jedem Recht zu machen, auch wenn er dafür seine eigenen Bedürfnisse hinten anstellte.

Außerdem war JM sehr harmoniebedürftig. Allem was zu Streit führen könnte, ging er großzügig aus dem Weg.

Eigenschaften, wegen denen er sich zwar in seinen Fahrerkollegen verliebt hatte, ihn jedoch auch so sehr dafür verfluchte.

,,Darf ich euch noch etwas bringen?", tauchte plötzlich eine Kellnerin an ihrem Tisch auf.

Natürlich direkt neben JM, welcher ihm gegenüber saß.

Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete er, wie sie ausschließlich den Amerikaner ansah und sich mit einem anzügliches Lächeln noch etwas näher zu ihm lehnte.

Seine Laune sank ziemlich in den Keller, als JM sie nicht etwa ein Stück von sich schob oder auf andere Weise Abstand suchte, sondern sich aufrichtete und ihr ebenfalls ein strahlendes Lächeln schenkte.

,,Vielen Dank. Momentan nicht, aber wir werden uns bei Ihnen melden.", ließ er die Blonde wissen, nicht ohne sie einmal auffällig von Kopf bis Fuß zu mustern.

Es tat verdammt weh, regelmäßig so deutlich gezeigt zu bekommen, dass er bei dem Formel 3-Fahrer chancenlos war, wobei JM dies natürlich nicht absichtlich tat.

James neben ihm hatte seine Stimmungsschwankung anscheinend bemerkt.

,,Was ist dir denn gerade eingefallen?", wollte sein Landsmann, halb grinsend und halb besorgt von ihm wissen.

Ein genervter Blick seinerseits ließ den Anderen abwehrend die Hände heben, woraufhin er sich wieder seinem Essen zuwandte.

Die Kellnerin stand in der nächsten halben Stunde noch weitere zwei Mal an ihrem Tisch und schmachtete JM an, welcher ihr für seinen Geschmack viel zu charmant antwortete.

Als sie schließlich die Rechnung an ihren Tisch brachte, deutete JM in seine Richtung, da er die beiden Anderen zum Essen eingeladen hatte.

Nach einem enttäuschten Blick zu dem Amerikaner, reichte sie ihm zögerlich die Rechnung.

Als er einen Blick darauf warf, entdeckte er sofort die handgeschriebenen Zahlen, die eindeutig eine Telefonnummer waren.

Erklärte einiges.

Er musste schlucken und bezahlte wortlos, bevor er die Rechnung einfach zusammenknüllte und in seine Hosentasche schob, bevor JM eventuell einen Blick darauf werfen konnte.

Auf dem Weg nach draußen legte der Amerikaner einen Arm um seine Schultern.

,,Alles in Ordnung? Du bist so angespannt.", wollte der Ältere wissen.

Nur mit viel Mühe konnte er sich ein sarkastisches Auflachen unterdrücken.

,,Nein, nichts ist in Ordnung. Und es ist ganz allein deine Schuld!", schrie es in seinem Kopf, doch natürlich sprach er es nicht aus.

Stattdessen sagte er: ,,Klar. Einfach nicht mein Tag heute."

JM akzeptierte seine Ausrede glücklicherweise, doch James warf ihm einen skeptischen Blick zu.

Logisch. Er hatte ja den Tag mit ihm verbracht und wusste, dass sein Verhalten erst während dem Essen bissiger geworden war.

,,Also dann. Mach dir noch einen schönen Abend.", richtete sich sein Landsmann an den Formel 3-Fahrer, als sie auf dem Parkplatz standen.

,,Ihr euch auch. Wir sehen uns.", verabschiedete sich JM und stieg in sein Auto.

Er selbst winkte nur kurz und zog James dann weiter zu seinem Auto.

,,Also? Was ist dir über die Leber gelaufen?", bohrte sein Kumpel nach, sobald sie ebenfalls saßen.

,,Auf der Rechnung stand ihre Nummer."

Er wusste, dass sich James nun alles zusammenreimen konnte. Doch es war ihm egal. Er musste es einfach aussprechen, es brannte ihm auf der Zunge und seinem Landsmann konnte er vertrauen.

,,Oh scheiße.", kam auch prompt eine Reaktion. ,,Wenn du reden willst, ich bin da."

Dankbar lächelte er dem Brünetten zu und startete den Motor.

James kannte ihn. Er hatte gemerkt, dass er seine Gefühle nicht mehr alleine mit sich herumtragen konnte, doch auch nicht scharf auf ein ausführliches Gespräch war.

Und James war seine Rettung. Mit seinem Humor unterband der Neuseeländer sämtliche von JMs Flirtversuchen oder fand Ausreden, um ihn, wenn alles zu viel wurde von dem Amerikaner wegzuholen.

Doch heute war James nicht dabei. Nur JM, Clem, Felipe und er. Wobei JM schon wieder von drei Frauen belagert wurde, während Clem seinen Teamkollegen auf die Tanzfläche gezerrt hatte und er sich missmutig das Spektakel um den Formel 3-Piloten ansah.

Es war fast schon faszinierend, wie sich die Körpersprache des Schwarzhaarigen änderte, sobald eine nervig kichernde Tusse ihn ansprach.

Während JM in der Gegenwart von ihm und seinen Freunden immer irgendwo herumfläzte und oftmals auch seinen eigenen Gedanken hinterherhang und dadurch die Gespräche nicht mitbekam, war er nun total aufmerksam.

Tiefenentspannt saß er auf der Couch, mit einem Arm auf der Lehne und unterhielt sich breit lächelnd mit den drei Frauen, welche sich ohne zu fragen einfach auf die beiden leeren Plätze von den MP Motorsport-Piloten gequetscht hatten, nur Sekunden nachdem Clem den Brasilianer mit sich gezogen hatte.

Wenigstens gehörte der Platz neben dem ART-Fahrer ihm und er konnte so sicherstellen, dass keine der drei Körperkontakt mit seinem Schwarm aufbaute.

Der Unterhaltung hörte er nur mit halbem Ohr zu, doch mittlerweile wusste er, dass zwei von ihnen hier aus London kamen und zusammen aufgewachsen waren, während die dritte die Cousine von einer der beiden war, welche in Manchester lebte und regelmäßig zu Besuch kam.

Die Namen der drei hatte er jedoch verdrängt. Vielleicht auch, weil er sie nicht kennen wollte.

Aufeinmal standen zwei von ihnen auf.

Die Cousine und die Freundin.

Die dritte schaute ihnen mit einem wissenden Grinsen hinterher.

,,Das ist ihr Lied. Keine Ahnung wann, wie und wieso sie es machen, aber sieh einfach selber."

Natürlich. Nur JM sollte sehen. Er war überflüssig.

Um welches Lied ging es eigentlich?

Er hörte und erkannte sofort.

Katy Perry. I kissed a girl.

Moment...

Seinen ersten Gedanken, was die beiden nun tun könnten, hielt er für unwahrscheinlich.

Sie würden sich doch kaum vor JM küssen, wenn sie den ganzen Abend schon mit ihm flirteten.

Doch. Würden sie.

Leicht überfordert beobachtete er die Szene und ein Blick zu JM sagte ihm, dass dieser von dem Bild was sich ihnen bot fasziniert war.

Plötzlich sah er in warme braune Augen.

,,Hast du schonmal einen Mann geküsst?", vernahm er die tiefe Stimme des Amerikaners.

Sein Herz fing nervös an zu klopfen.

Mit großen Augen starrte er JM an und schüttelte den Kopf.

Nein. Hatte er tatsächlich noch nicht. Doch JM war auch der erste Mann für den er mehr als Freundschaft übrig hatte, wen also hätte er küssen sollen.

,,Ich auch nicht.", wisperte sein Gegenüber leise und kam ihm näher.

Wollte JM das was er dachte?

Wollte JM ihn küssen?

Wie sollte er reagieren?

Einerseits konnte er sich nichts schöneres vorstellen, doch andererseits würde ihm das bestimmt nicht gut tun.

,,Darf ich?"

JMs Augen sprangen zwischen den seinen und seinen Lippen hin und her.

War er jemals so aufgeregt gewesen?

Doch das letzte bisschen Verstand, was gerade noch übrig war, meldete sich zu Wort.

Das war nicht gut. Für JM wäre der Kuss nicht mehr als Freundschaft. Ihm hingegen würde er das Herz vollständig brechen.

Er wollte Nein sagen. Es war ihm egal, was JM von ihm denken würde, dass sich der Amerikaner Vorwürfe machen würde, zu weit gegangen zu sein. Er musste an sich selbst denken.

Ein einfaches ,,Nein" genügte.

JMs Hand legte sich sanft auf seine Wange und er konnte nicht anders, als sich dagegen zu schmiegen.

Sein Blick fiel auf die Lippen des Amerikaners.

Er wollte sie auf seinen spüren.

Egal was der Preis dafür war.

Und dann nickte er.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich von selbst zu dem Schwarzhaarigen lehnte und dessen Lippen einfing.

Was er dann fühlte, wusste er nicht.

Es war intensiver und schöner als alles, was er bisher kannte.

Er lehnte sich in den Kuss. Strich mit seiner Zunge über JMs Lippen und zu seiner Überraschung gewährte der Ältere ihm Einlass.

Und nicht nur das.

Mit einem Mal fand er sich auf dem Schoß des Amerikaners wieder, dessen Hände auf seinen Hüften, seine eigenen im Nacken seines Fahrerkollegen verschränkt.

Ihre Zungen erkundeten einander und langsam fragte er sich doch was er hier tat.

Doch es war zu schön um aufzuhören.

Der Kuss ließ ihn in anderen Dimesionen schweben, in welche er bisher nicht ansatzweise gelangt war.

,,Ouh là là! Sollen wir von hier abhauen?", brachte ihn eine bekannte Stimme im Bruchteil einer Sekunde zurück in die Realität.

In den Club, in dem er sich momentan befand, in der Gegenwart von drei Frauen, die den Amerikaner, auf dessen Schoß er saß und welchen er gerade innig geküsst hatte anhimmelten, die überraschten Gesichter von Clem und Felipe vor sich.

Während er nur starrte und keinen klaren Gedanken fassen konnte, wandte sich der Franzose an die Frau auf seinem Platz.

,,Also dann. Die Show ist vorbei. Dürfte ich mich wieder setzten?"

Kurz zögerte sie, schaute hilfesuchend in seine, oder bessergesagt JMs Richtung, doch als dieser nichts sagte und Felipe sich noch dazu entschlossen neben sie fallen ließ, räumte sie die Couch.

Um so viel Normalität wie möglich in die Situation zu bringen, rutschte auch er wieder von JMs Schoß und wagte einen vorsichtigen Blick zum Amerikaner.

Ein gezwungenes Lächeln war die Antwort, was ihm das Herz in die Hose rutschen ließ.

Hatte JM etwa Wind von seinen Gefühlen bekommen? Hatte er sich durch den Kuss irgendwie verraten? Änderte dies etwas an ihrer Freundschaft?

Der restliche Abend war definitiv komisch.

Clem und Felipe sprachen sie glücklicherweise nicht auf den Kuss an und konzentrierten sich eher darauf, die Stimmung zu retten, doch so wirklich gelingen wollte es ihnen nicht.

Weder er, noch JM achteten so wirklich auf die Konversation, geschweige denn stiegen sie mit ein.

Er selbst war zu beschäftigt damit, den Amerikaner so unauffällig wie möglich anzustarren und darüber nachzudenken, warum dieser ebenfalls so ungewohnt still war.

Bereute er es, ihn geküsst zu haben? Überlegte er, wie er ihm dies am besten erklären sollte?

Er wusste es nicht. Er konnte nur hoffen, dass er es so bald wie möglich erfahren würde.

Durch die gekippte Stimmung war der Abend relativ schnell beendet, denn die beiden MP Motorsport-Fahrer konnten sich scheinbar besseres vorstellen, als mit zwei missgelaunten Freunden zusammen zu sitzen.

Kaum hatten sie den Club verlassen, hatten sich Clem und Felipe auch schon verabschiedet.

Nun war er alleine mit JM und er merkte sofort, dass zwischen ihnen Anspannung herrschte. Niemand war mehr da, der sie mit einem lockeren Spruch zum lachen oder auf andere Gedanken brachte.

Und einfach verabschieden konnte er sich auch nicht, denn JMs Auto stand vor seiner Wohnung, welche sich nur ein paar Straßen weiter befand.

Es wurde zu einem seiner unangenehmsten Nachtspaziergänge und das mit einem seiner besten Freunde. Einem, mit dem er sich immer blind verstanden hatte, mit dem ihm nie die Gesprächsthemen ausgegangen waren und in den er sich schlussendlich verliebt hatte.

Heute Nacht liefen JM und er stumm nebeneinander her, der Ältere starrte genauso stur geradeaus, wie er es tat.

Er wollte reden, doch er wusste nicht über was.

Den Kuss ansprechen traute er sich nicht und alles andere erschien ihm nicht als angebracht.

Also schwieg er.

Und JM schwieg ebenfalls, bis sie an seinem Wohnhaus angekommen waren.

,,Gute Nacht Marcus.", brach der Amerikaner die Stille.

,,Gute Nacht.", murmelte er zurück und stieg die paar Stufen zu seiner Haustür hinauf, während JM weiter zu seinem Auto lief.

Keine Umarmung wie normalerweise, kein fröhliches Grinsen, nichteinmal stehen geblieben waren sie.

Seine Augen brannten, die Treppen hinauf zu seiner Wohnung nahm er nur verschwommen wahr und er hatte Mühe, das Schlüsselloch zu treffen.

Nachdem sich die Tür geöffnet hatte, kickte er sich die Schuhe von den Füßen und schmiss sich im Wohnzimmer auf seine Couch.

Die erste Träne fand den Weg über seine Wange, eine zweite folgte und schon schluchzte er laut in sein Kissen.

Er hatte ja die Vermutung gehabt, dass der Kuss ihm wehtun würde, doch er hatte nicht gedacht, dass er JM dadurch als einen Freund verlieren könnte.

Denn so schien es gerade.

Etwas hatte sich zwischen ihnen getan. Oder eher gesagt bei JM, denn dieser hatte sich seiner Meinung nach komisch verhalten. Und dies wiederrum hatte ihn verunsichert.

Mit zittringen Fingern zog er sein Handy aus seiner Hosentasche. Gerade als er versuchte, sich auf seine Kontakte zu konzentrieren und James' Namen zu erkennen, wurde er von seiner Türklingel aufgeschreckt.

,,Bestimmt nur ein dummer Scherz von irgendwelchen betrunkenen Teenagern.", dachte er sich und meinte dann, James' Profilbild zu erkennen.

Ein zweites Mal schellte es und er wurde misstrauisch.

Einen Klingelstreich wiederholte man doch nicht.

Als er zum dritten Mal den lästigen Ton vernahm, reichte es ihm.

Seine Tränen waren versiegt und genervt stapfte er zu seiner Tür.

,,Ja?", murrte er in die Lautsprechanlage.

Wer auch immer unten stand, konnte ruhig wissen, dass er störte.

,,Hey ich bin's. JM.", tönte es aus dem Hörer.

,,Können wir vielleicht reden? Ich möchte das zwischen uns nicht so stehen lassen."

Natürlich. Er hätte es wissen können. JM hasste Streit oder Ähnliches.

Mit dem Anflug eines leichten Lächelns drückte er auf den Türöffner.

Es machte ihn glücklich, dass JM nicht gefahren war. Es zeigte ihm, dass er dem Amerikaner noch immer wichtig war.

Die Schritte im Treppenhaus kamen näher und dann tauchte JM vor ihm auf. Unsicher lächelte der Schwarzhaarige ihm entgegen, doch dieses Lächeln wurde schnell zu einem erschrockenen Blick.

,,Hast du geweint?"

Gequält verzog er sein Gesicht. Was war darauf denn jetzt die beste Antwort?

Diese Entscheidung blieb ihm glücklicherweise erspart, denn JM zog ihn kurzerhand tröstend in seine Arme.

Wie sehr er ihm damit half, wusste der Ältere nicht. Die Nähe des Anderen zu spüren, war das, was er gerade brauchte, also drückte er sich dankbar in diese Umarmung.

JM murmelte beruhigend in sein Ohr und strich ihm dabei über den Rücken.

Er selbst genoss einfach den Moment und atmete tief den Geruch des Amerikaners ein, der so ein Gefühlschaos in ihm verursachte.

Langsam hob er seinen Kopf aus JMs Schulter, um den Anderen anzusehen.

Der ART-Fahrer schien bei seinen Bewegungen das gleiche Ziel zu haben, denn seine Augen trafen auf braune.

Größtenteils konnte er Besorgnis darin erkennen, die unausgesprochene Frage, was passiert war, doch ein Teil sah unfassbar liebevoll zu ihm hinab.

Dieser Teil war es auch, der ihn in seinen Bann zog.

Wenn er JM so nah war, hatte er sich einfach nicht mehr unter Kontrolle. Seine Gefühle übernahmen.

,,JM.", hauchte er kaum hörbar und reckte seinen Kopf dem Älteren zu, welcher ihm ebenfalls langsam entgegen kam.

,,Bitte lass uns nicht den gleichen Fehler nochmal machen.", kam es leise von JM, kurz bevor ihre Lippen erneut aufeinandertrafen.

Sofort stieß er sich von dem Anderen ab und suchte Abstand.

Nun hatte er seine Antwort. Für den Amerikaner war es ein Fehler gewesen, ihn geküsst zu haben.

Aber warum hatte er dann zugelassen, dass er den Kuss vertiefte? Warum hatte er nicht abgebrochen, bevor Clem und Felipe kamen?

Vor lauter Verwirrung stiegen schon wieder Tränen in ihm hoch.

,,Kiwi!", entwich es JM. Vermutlich glänzten seine Augen verräterisch.

Der Schwarzhaarige machte einen Schritt auf ihn zu, worauf er abwehrend seinen Arm in dessen Richtung streckte.

,,Abstand. Bitte!", brachte er heraus.

JM blieb erschrocken stehen, starrte ihn einfach nur überfordert an. Und er starrte zurück, während ihm einzelne Tränen über die Wange liefen.

,,Was ist los Marcus? Rede bitte.", flehte der Amerikaner nach einer gefühlten Ewigkeit schon fast.

Alles in ihm schrie danach, den Älteren einfach aus seiner Wohnung zu schmeißen. Er wollte allein sein. Und doch konnte er nicht. JM sah verloren aus, wie er so vor ihm stand und er wusste genau, der Andere litt.

Er litt darunter, ihm nicht helfen zu können, ihm tatenlos beim weinen zusehen zu müssen, ihn nichteinmal in den Arm nehmen zu dürfen.

Doch Schweigen wollte er auch nicht.

Nicht schon wieder.

,,Warum war es ein Fehler?", wollte er mit zittriger Stimmen wissen.

,,Was?"

,,Mich zu küssen. Du hast es vorgeschlagen und du hast nicht abgebrochen. Und nachdem Clem unterbrochen hat, lächelst du mich gequält an und bezeichnest es jetzt als Fehler, der sich nicht wiederholen darf. Es tut einfach weh, weißt du? War der Kuss so schlimm? Dann sag es mir doch einfach. Dann weiß ich es, wir sind ehrlich miteinander und wir können wieder normal miteinander umgehen. Ich möchte dich nämlich nicht verlieren. Dazu mag ich dich zu sehr.", redete er sich seine Gedanken von der Seele.

Er sah dem Amerikaner direkt in die Augen und er erkannte, dass der Andere verstand.

Alles verstand.

,,Der Kuss war nicht schlimm.", meinte JM leise und wagte einen weiteren kleinen Schritte auf ihn zu. Diesmal ließ er ihn gewähren.

,,Ganz im Gegenteil. Es war anders. Besonders. Ich habe gefühlt. Ich habe verstanden. Verstanden, warum es besonders ist. Und zwar wegen dir Marcus. Weil du besonders bist. Du hast Ordnung in meine Gefühlswelt gebracht und das mit diesem Kuss. Es tut mir leid, wenn ich abweisend dir gegenüber war, aber ich dachte, du würdest meine Gefühle, die ich in diesem Moment entdeckt habe nie erwidern."

Worte, die wie Balsam für ihn waren. Worte, die ihm schon wieder Tränen in die Augen stiegen ließen.

Doch diesmal waren es Freudentränen.

Ein Schluchzen entwich ihm und sofort war JM da und zog ihn in seine Arme.

Er ließ sich fallen. Er war in Sicherheit. JM war da. Und JM fühlte das Gleiche.

,,Ich erwidere sie schon viel zu lange.", ließ er den Älteren wissen und spürte, wie sich dessen Arme enger um ihn schlangen.

Doch er brauchte gerade nur eines.

,,Kannst du mich küssen? Bitte? Als Bestätigung, dass ich nicht träume."

Die Umarmung löste sich und er sah leicht nach oben.

Hände legten sich auf seine Wangen und wischten seine Tränen weg.

Warmer Atem strich über seine nasse Haut und hinterließ eine kühle Spur.

Und dann trafen Lippen auf seine.

Sehnsüchtig drängte er sich gegen den Körper des Anderen und öffnete ohne zu zögern seine Lippen einen Spalt, um die Zunge des Amerikaners zu spüren.

Er fühlte sich angekommen.

Und er spürte, hier konnte er bleiben.

Bei JM war er willkommen und dieser war es bei ihm definitiv auch.


ENDE

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