Charles Leclerc x Kylian Mbappé
für mylittlelibrary
Tief atmete ich durch, bevor ich meinen Blick hob und auf die Startampeln richtete. Konzentriert wartete ich, bis die Lichter ausgingen und das Rennen startete. Ich begann das Rennen auf Platz 3, hinter Max und Lewis, doch vor Valtteri, Alex, der sein erstes Rennen für RedBull fahren würde, und Sebastian. Es war, nach einem verregneten Qualifying, ein sonniger Tag in Spa.
Als das Rennen begann, kam ich gut weg. Ich konnte meine dritte Position verteidigen und versuchte Lewis so gut es ging zu verfolgen. Die Jungs aus der Box berichteten mir, dass Seb beim Start aufholen konnte und nun direkt hinter mir war. Besser konnte es fürs Team nach der ersten chaotischen Saisonhälfte nicht laufen.
,,Charles, can you go faster?" ertönte die Stimme von Carlos Santi, meinem Renningenieur, aus dem Teamradio.
,,Yes" gab ich monoton zurück und verstand das als indirekte Aufforderung schneller zufahren. Die Hälfte des Rennens war vorbei und erst vor ein paar Runden hatte ich frische Reifen bekommen.
So gut ich es auch versuchte, kam ich nicht an den RedBull heran, der weiterhin vor mir fuhr. Lewis konnte Max beim Boxenstopp überholen und fuhr nun das Rennen an. Mit den neuen Reifen und der maximalen Power verbesserte ich zwar meine Zeiten, doch kam nicht näher an Max, was scheinbar auch die Ingenieure verfolgten. Carlos meldete sich nach einigen Runden wieder:,,We need to go faster. Otherwise we'll let Sebastian pass."
,,Okay, let's see in two laps" entgegnete ich und warf einen Blick in den Rückspiegel. Es sah nicht danach aus, als wäre mein Teamkollege deutlich schneller als ich und würde mir im Getriebe hängen. Im Gegenteil, es kam mir so vor, als würden wir dieselben Zeiten fahren und hätten denselben Abstand wie zu Beginn des Rennens.
,,Alright Charles, let Sebastian by" orderte Carlos wie besprochen nach zwei Runden an.
Entsetzt blickte ich wieder in den Rückspiegel. Ich könnte schwören, dass wir weiterhin denselben Abstand hatten. Zumal ich jetzt endlich auf Max und Lewis aufholte. ,,But I... I'm pulling away. What's his lap time?"
,,Sebastians lap time, 1:58,812. Your lap time, 1:58,815" informierte mich Carlos.
,,You're joking, right?" hakte ich nach. Wir fuhren ungefähr dieselbe Zeit. Nun sollte ich meinen Podiumsplatz und weitere Punkte liegen lassen, weil mein Teamkollege 0,003 Sekunden schneller war?
,,Let Sebastian by and stay focused" forderte mich mein Renningenieur ein weiteres Mal auf. Widerwillig ging ich vom Gas, sodass Sebastian den Abstand zwischen uns aufholen und mich in nächster Zeit überholen konnte.
,,That's ridiculous and you know that" merkte ich noch an und versuchte mich wieder vollkommen aufs Rennen zu konzentrieren.
,,We'll talk later" versicherte mir Carlos, was ich schweigend zur Kenntnis nahm.
Ich konnte mir denken, wie das Gespräch wieder aussehen würde. Zuerst würde ich dafür gelobt werden, wie gut ich mich doch in meiner ersten Saison bei Ferrari einfand. Mit Sicherheit machte ich nicht alles richtig und brauchte noch Übung, doch ich war jung und erreichte die Zeiten, die von mir erwartet wurden.
Danach würde weiterhin darauf eingegangen werden, wie jung ich doch war und wie wenig Erfahrung ich hatte. Dagegen war Sebastian mit seinen vier WM Titeln Meister. Das Team würde sich auf ihn konzentrieren und ihn als ersten Fahrer ansehen, um die Weltmeisterschaft zugewinnen. Ich hätte damit die Aufgabe des zweiten Fahrers und musste Seb damit Schutz geben, wo ich nur konnte. Ich verstand, dass Sebastian auf den ersten Blick ansprechender war. Wer würde nicht einen viermaligen Weltmeister einem jungen Fahrer vorziehen, der noch lernen musste?
Allerdings konnte ich es nicht glauben, dass das Team immer wieder anordnete, dass Sebastian und ich Plätze tauschen sollten. Mit Sicherheit war er der erfahrenere Fahrer und sollte um die WM fahren, doch wenn ich mit meinem Auto schnellere Runden fuhr und mich besser platzierte, war es nicht fair, dass ich meine Punkte für meinen Teamkollegen hergeben musste.
Auch Sebastian konnte Max und Lewis nicht mehr einholen. Lewis fuhr als erster über die Ziellinie, gefolgt von Max und Seb. Danach kamen ich, Valtteri und Alex. Als ich mein Auto im Parc fermé abgestellt hatte und gewogen wurde, begab ich mich zu den Interviews. Meine Stimmung war am Tiefpunkt, was man in den Interviews sicherlich an meinen kurzen und leicht genervten Antworten merkten. Um ehrlich zu sein, war mir das gerade ziemlich egal. Ich wollte nur noch weg von der Rennstrecke und endlich meine Ruhe haben.
Auf das Gespräch mit Carlos und unseren Teamchef hatte ich eben so wenig Lust, doch umgehen konnte ich sie nicht, ohne für mächtig Ärger zusorgen. Somit reflektierte ich mit meinen Ingenieuren, was man am Auto verbessern konnte und wie ich mit den neuen Einstellungen im Rennen klarkam, ehe ich mir die Rede von Carlos anhören durfte. ,,Du bist ein unheimlich talentierter Fahrer, Charles", ,,du bist super gefahren, allerdings brauchst du noch etwas Zeit", ,,sobald du mehr Erfahrung hast, wirst du um die WM fahren können" - ich konnte es nicht mehr hören und war froh, als ich endlich ins Hotel fahren durfte.
Frustriert schmiss ich mich aufs Hotelbett und vergrub meinen Kopf im Kissen. Was für ein verkorkster Tag. Nach einiger Zeit holte ich mein Handy aus der Hosentasche und wählte die Nummer von dem einzigen Menschen auf dieser Welt, dessen Stimme ich nun hören wollte. Während es anfing zu tuten, setzte ich mich auf und wartete darauf, dass mein Freund meinen Anruf entgegennahm, doch ich wartete vergeblich. Zwei weitere Male versuchte ich es, bevor ich mein Handy am liebsten gegen die Wand geschmissen. War heute alles verdammt?
Ich schnappte mir die Fernbedienung des Fernsehers und schaltete durch die Kanäle, um mich wenigstens ein bisschen abzulenken. Der Plan funktionierte auch nur eingeschränkt, da mich weder irgendwelche Soaps interessierten, noch ich vorhatte einen Staubsauger beim Teleshopping zu bestellen. Somit blieb ich letztendlich bei einer Doku über eine Safari in Afrika hängen und konnte mich an süßen Tieren erfreuen.
Gerade als die Doku vorbei war und ich das Programm laufen lassen wollte, klopfte es am meiner Zimmertür. Da mir jegliche Motivation fehlte, um auch nur aufzustehen und die Tür zuöffnen blieb ich liegen und tat so als würde ich nicht im Zimmer oder eingeschlafen sein. Die Person vor der Tür schien das nicht sonderlich zu interessieren, weshalb das Klopfen nicht aufhörte. Bereits nach einigen Minuten nervte mich das Klopfen so sehr, dass murrend ,,ich komme ja schon!" fluchte und den Fernseher ausschaltete. Schwungvoll riss ich die Tür auf und blickte die Person, die vor mir steht entnervt an:,,Was ist..."
,,Überraschung" verkündete kein geringerer als Kylian. In einem schlichten schwarzen T-Shirt mit dem Aufdruck seines Sponsors und einer blauen Jeans stand er in der Tür und blickte mich grinsenden an.
,,Gott, was machst du denn hier?" hauchte ich überwältigt und fiel meinen Freund glücklich um den Hals. Genau das war das, was ich nach diesem Tag gebraucht hatte.
,,Für dich da sein" gestand er und legte seine Arme um meine Hüfte, ,,ich habe das Rennen gesehen und konnte mir denken, wie du danach drauf sein würdest."
,,Ich wäre morgen zu dir gefahren. Du hättest dir nicht die Mühe machen müssen, hierher zufahren" murmelte ich und löste mich von ihm.
,,Du wärst vermutlich in Selbstmitleid und Verzweiflung ertrunken. Das könnte ich nie zulassen" stellte Kylian klar. Ich ging ein Stückchen zur Seite, damit er eintreten konnte und schloss die Zimmertür hinter ihm. Er hatte sich auf das große Hotelbett gesetzt und klopfte auf den freien Platz neben sich:,,Komm her und erzähl mir, was dich bedrückt."
Manchmal glaubte ich, dass der Franzose einen Röntgenblick hatte. Er erkannte sofort, was ich fühlte und brauchte, um wieder einen klaren Gedanken zufassen. Es war schön einen Menschen in seinem Leben zuhaben, der einen so gut kannte und für einen da war. Ich ließ mich nicht zweimal auffordern und setzte mich seufzend neben ihn hin:,,Wegen 0,003 Sekunden. Ich musste meinen Podiumsplatz aufgeben, weil Seb angeblich 0.003 Sekunden schneller war und damit schneller an einen der anderen Fahrer herankam als ich. Man hat es gesehen, wie gut er an Max oder Lewis herankam... es ist so unfair. Das ganze Rennen war ich dritter und hatte alles unter Kontrolle."
,,Ich weiß, dass es momentan schwer ist und du in einer ungünstigen Lage bist. Doch du darfst dich davon nicht runterziehen lassen. Gerade deswegen musst du dem Team beweisen, was in dir steckt und das du dein Podium verdient hast" vermerkte Kylian sanft und nahm meine Hand.
,,Ich würde dem Team gerne zeigen, dass ich es verdient habe, aber sie lassen mich nicht. Ich musste schon so oft zurückstecken, damit Sebastian genug Punkte sammelt, um in der WM standhaft zubleiben. Das nervt so sehr. Alles, was ich will, ist Rennen fahren und zwar uneingeschränkt."
,,Die Ingenieure sind nicht blöd und sehen, was du für Zeiten fährst und wie du sich positionierst. Wenn du das schnellere Auto hast und mit dem besser klarkommst, werden sie sich das eingestehen müssen. Immerhin steht das Team an erster Stelle. Viermaliger Weltmeister hin oder her" munterte mich Kylian auf, woraufhin ich zögerlich nickte.
Eine Weile redeten wir noch über das Rennen und meine Rolle bei Ferrari. Kylian schaffte es, dass ich mich nicht mehr so unwohl fühlte, wie nach dem Rennen und schaffte es mich wieder zum Lächeln zubringen. Ich fasste neuen Mut und würde nächste Woche beim Ferrari Heimrennen in Monza alles geben, auch um Jules endlich meinen ersten Rennsieg zuwidmen.
Hoffe er ist einigermaßen nach deinen Vorstellungen💘
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