Abu Dhabi, 04. Dezember 2019

Gelangweilt saß ich auf Georges Hotelbett und startete eine weitere Runde Candy Crush. Wo blieb mein Freund nur? Der heutige Reifentesttag war beendet und die Strecke längst geschlossen. Wir wollten uns danach in seinem Zimmer treffen und unseren letzten Abend in Abu Dhabi genießen, ehe wir morgen früh nach Hause flogen.

Nach einer weiteren Viertelstunde knackte auf einmal die Zimmertür und mein Kopf schellte zu ihr. Endlich betrat George das Zimmer und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Ich schob mein Handy in die Hosentasche und rutschte ein Stück an die Bettkante:,,Da bist du endlich. Ich warte seit einer Stunde auf dich."

,,Tut mir leid, dass es so spät geworden ist" entschuldigte sich mein Freund und drückte mir zur Begrüßung einen kurzen Kuss auf die Lippen, ,,ich hatte noch ein spontanes Meeting mit den Offiziellen von Pirelli und musste dann zur Rezeption."

,,Mit den Offiziellen von Pirelli? Hattet ihr im Training Probleme mit den neuen Reifen?" hakte ich irritiert nach. George löste sich wieder von mir und begann seinen Rucksack auszupacken, wobei ich ihm zusah.

,,Nein, es lief alles perfekt. Sie haben mir angeboten am kommenden Wochenende weitere Reifentests für sie zu machen. Ich habe zugesagt" erklärte George. Während er belanglos seinen Rucksack auspackte, wurde ich stutzig. Immerhin hob unser Flieger nach London morgen früh ab.

,,Warte einen Moment. Was hast du gemacht?" wollte ich noch einmal wissen in der Hoffnung, dass ich ihn nur nicht richtig verstanden hatte.

,,Zugesagt" wiederholte sich George, ,,ich teste für Pirelli am Sonntag und Montag die neuen 18 Zoll Reifen. Dabei darf ich weiterhin den Mercedes fahren. Ist das nicht großartig?"

,,Ja, nein... ich dachte, dass wir morgen früh nach Hause fliegen?" erinnerte ich ihn verwirrt und stand von seinem Bett auf.

,,Ich habe meinen Flug bereits abgesagt und das Zimmer für eine Woche verlängert. Wir können noch eine Woche hierbleiben, nur du und ich" lächelte er glücklich und legte seinen mittlerweile scheinbar leeren Rucksack zur Seite. Die Begeisterung, die bei ihm sichtlich vorhanden war, hielt sich bei mir in Grenzen.

,,George, das ist nicht das, was wir abgesprochen haben. Du kannst nicht einfach unsere Pläne ändern ohne mich zu fragen" hielt ich ihm vor und verschränkte meine Arme vor der Brust.

,,Wo ist das Problem? Wir können zusammen noch eine weitere Woche mit dem traumhaften warmen Wetter genießen und Zeit miteinander verbringen."

So schön sich George Idee auch anhörte und so gerne ich darauf auch eingegangen wäre, hatte er einige Dinge nicht beachtet, die mir unheimlich viel bedeuteten:,,Zum einen ist das Problem, dass ich nicht länger hierbleiben kann. Meine Schwester hat am Donnerstag Geburtstag und falls du dich daran erinnern kannst, habe ich ihr versprochen, dass ich bis dahin zu Hause bin und dich mitbringe. Sie hat sich so gefreut und du meintest, dass du dich auch freuen würdest."

,,Wir feiern mit ihr nach und bringen ihr etwas mit. Die Stadt ist groß genug. Irgendwas, was ihr gefallen wird, finden wir sicher" schlug er vor und ging einen Schritt auf mich zu.

,,Kommt nicht in Frage. Ich sehe sie während der Saison kaum und habe schon so viele Geburtstage verpasst, dass ich froh bin, dass ich endlich mal die Chance habe, bei einem mit dabei zu sein. Außerdem war es ein Versprechen und ein großer Wunsch von ihr. Ich werde sie nicht enttäuschen" machte ich kopfschüttelnd deutlich. Das, was meine Schwester wollte, war Zeit mit uns verbringen. Durch das ganze Training und die Reisen, blieb das nämlich auf der Strecke. Gemeinsame Zeit würde man mit keinem Gegenstand auf der Welt ersetzen können.

,,Was wäre, wenn wir sie hierher einladen? Wer hätte schon etwas dagegen seinen 18. Geburtstag in Abu Dhabi zu feiern?" ließ George sich nach einigen Überlegungen einfallen.

,,Ja, natürlich! Am besten bezahlen wir meiner Familie und ihren ganzen Freunden auch noch Tickets und Unterkünfte hier. Wie gut, dass das überhaupt kein Aufwand ist" entgegnete ich sarkastisch und seufzte, ,,davon mal abgesehen, ging es dir schrecklich, als wir hierher geflogen sind. Claire war kurz davor dich durch Esteban oder Sergei zu ersetzen."

,,Das war nur eine Kleinigkeit. Mir geht's gut" schob der Brite das Thema schnell beiseite, wobei er genauso gut wie ich wusste, dass es keine Kleinigkeit gewesen war.

,,Jeez George, ich kenne ich dich und weiß, wie fleißig du bist und wie hart du arbeitest. Aber du musst aufhören oder zumindest eine Pause machen, wenn der Stress dir körperlich zusetzt" vermerkte ich mitfühlend. Ich liebte George, mehr als jeden anderen auf dieser Welt, und dementsprechend machte ich mir Sorgen, wenn es ihm nicht gutging oder er Probleme hatte.

,,Der Stress setzt mir nicht körperlich zu. Ich kann ohne Probleme fahren. In den Tests war ich heute der Schnellste."

,,Ich weiß, aber ich finde es nicht richtig, dass du dir nun noch mehr Arbeit aufdrückst. Das Rennen und die Reifentests heute waren genug für diese Woche, in der du ohnehin schon angeschlagen bist. Meinst du nicht?" Ein wenig Hoffnung, dass George meine Sorge endlich verstand und darauf eingehen würde, hatte ich schon, die sich allerdings nach George Worten schnell wieder auflöste.

,,Alex, im Ernst. Mir geht es gut" stellte er ein weiteres Mal klar und hatte diesmal mehr Druck in seiner Stimme, bevor er versuchte mir noch einmal seine Sicht zu erklären:,,Die Tests sind wichtig für Pirelli und werden auch deinem Team helfen, wenn es um die Daten geht. Für mich ist es eine Chance ein weiteres Mal in dem Weltmeisterauto zu fahren. Das ist ein Traum."

,,Du willst die Tests fahren, auch wenn ich nicht hierbleibe und du vor zwei Tage noch mit dem Gedanken gespielt hast nach Hause zu fahren, weil du dich nicht wohl gefühlt hast?" erkundigte ich mich skeptisch.

,,Zum letzten Mal: mir geht es gut. Vielleicht sah das die letzten Tage anders aus, aber nun ist alles in Ordnung" stöhnte George entnervt und atmete tief durch, ehe er nachsetzte, ,,und wenn du nicht hierbleiben willst, ist das deine Entscheidung. Ich zwinge dich zu nichts."

Ich musste mir ein Augenverdrehen verkneifen und fuhr mir stattdessen übers Gesicht:,,Ob du es glaubst oder nicht, aber ich könnte mir deutlich Schlimmeres vorstellen, als mit meinem Freund eine Woche in Abu Dhabi zu verbringen. Nur habe ich meiner Schwester versprochen, dass ich an ihrem Geburtstag da bin. Genau genommen, haben wir es ihr versprochen, aber wie man sieht, sind dir Absprachen nicht sonderlich wichtig."

,,Sie wird ohne mich einen genauso tollen Tag haben. Ich werde trotzdem an sie denken und ihr etwas mitbringen."

,,Das ist nicht dasselbe und das weißt du selbst" murrte ich, womit ich von diesem Gespräch genug hatte. Wir würden ohnehin nicht zu einer Lösung kommen, mit der wir beide problemlos glücklich wären. Wenn George seine Tests machen wollte, sollte er das tun - doch ohne mich. Ich lief an meinem Freund vorbei und drehte mich, kurz bevor ich bei der Tür angekommen war, noch einmal um:,,Viel Spaß bei deinen Tests für Pirelli und einer weiteren Wochen hier."

Ich öffnete die Tür und zog sie hinter mir mit einem Knall wieder zu, der lauter war, als erwartet. George Antwort konnte ich nicht mehr hören. In diesem Moment wollte ich sie auch nicht mehr hören. Viel zu enttäuscht und frustriert war ich davon, dass er im Alleingang beschloss hatte, noch eine weitere Woche in Abu Dhabi zu bleiben und scheinbar alles ausgeblendet hatte, was wir zuvor abgemacht hatten.

---

Milton Keynes (England), 11. Dezember 2019

Schwungvoll öffnete ich nun doch die Tür, nachdem ich eigentlich so tun wollte, als wäre ich nicht zu Hause, um meinen restlichen Abend in Ruhe mit ein paar Folgen Peaky Blinders auf der Couch zu verbringen. Doch derjenige, der vor meiner Tür stand, ließ nicht locker und schaffte es mich doch zum Aufstehen zubringen. Derjenige stellte sich als George heraus, der mich nun schüchtern anlächelte und eine kleine flache Box in seiner Hand hielt:,,Hey."

,,Na, alle deine Tests gemacht oder musst du am Wochenende wieder los?" wollte ich leicht vorwurfsvoll wissen. Zwar bereute ein Teil von mir sofort diese Worte, weil ich mich freute George nach einer Woche Funkstille endlich wiederzusehen und ihn nicht direkt verschrecken wollte, doch der frustrierte Teil in mir überwog.

,,Sei nicht unfair" seufzte mein Freund, der diese Reaktion scheinbar erwartet hatte und ließ sich davon nicht beeindrucken. Er drückte sich an mir vorbei und betrat meine Wohnung.

,,Ich bin nicht unfair" murmelte ich und schloss die Haustür, ,,das war nach deiner Aktion letzte Woche eine berechtigte Frage."

,,Ich war bei deiner Schwester, habe mich bei ihr entschuldigt und ihr ein kleines Geschenk gegeben, über das sie sich sehr gefreut hat" erzählte mir George ohne auf meine vorherigen Worte einzugehen.

,,Das ist schön für sie" entgegnete ich monoton, obwohl ich es verdammt süß fand, dass George bereits bei meiner Familie war und das nachgeholt hatte, was er zuvor versäumt hatte.

,,Ich habe auch etwas für dich" verkündete er und hielt mir die flache Box hin, die ich kritisch betrachtete.

,,Wofür? Ich war selbst in Abu Dhabi und Weihnachten ist erst in zwei Wochen."

,,Babe, nimm es einfach an und öffne es" forderte George mich sanft auf, woraufhin ich nachgab und die Box entgegennahm.

Als ich den Deckel abnahm, kam ein Buch zum Vorschein, auf dem ,,Termine 2019" gedruckt war. Irritiert hob ich das Buch hoch und blickte fragend zu meinem Freund:,,Ein Kalender?"

,,Mein Kalender" verbesserte er mich, ,,schlag die markierte Seite auf."

Behutsam blätterte ich zu einer der letzten Seiten, die mit einem Post-It markiert war. Alle Dezembertage waren abgebildet und ich las die Tage vor, in denen George etwas reingeschrieben hatte:,,11. Dezember: unbedingt mit Alex vertragen!!!, 12.-23. Dezember: Zeit mit Alex verbringen♡, 24./25. Dezember: Weihnachten mit meiner Familie, 26. Dezember: Weihnachtsessen mit Alex und meiner Familie (natürlich nur, wenn er Lust hat), 27.-30. Dezember: Zeit mit Alex verbringen♡, 31. Dezember: Silvesterparty bei Lando mit Alex, Carlos, Charles und Max."

Augenblicklich breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus und glücklich betrachtete ich die Seite:,,Der Terminkalender gefällt mir."

,,Dachte ich mir" schmunzelte George und nahm mir vorsichtig das Buch sowie die Box aus der Hand. Beides legte er vorerst auf die Kommode, die im Flur stand, ab und schlang dann seine Arme um meinen Hals:,,Tut mir leid, dass ich dich letzte Woche quasi versetzt habe. Ich habe die Testtage als Chance für mich gesehen und den Geburtstag deiner Schwester komplett vergessen, als ich zugesagt habe. Ab jetzt werde ich mit dir immer alles absprechen."

,,Ist schon okay" winkte ich ab und legte meine Arme um seine Hüfte, um ihn noch näher zu mir zu ziehen, ,,ich hätte nicht einfach gehen sollen und etwas mehr Verständnis haben können."

,,Alles wieder in Ordnung?" hakte George noch einmal nach, was ich mit einem Nicken quittierte. Glücklich überbrückte er die letzten Zentimeter zwischen uns zu einem gefühlvollen Kuss, den ich nur allzu gern erwiderte.

•••

Damit sind nun auch die zwei anderen Rookies vertreten. Hoffe, dass er euch gefällt.💖

Hättet ihr eigentlich Lust auf einen Os zur Silvesterparty von Lando, Carlos, George, Alex, Charles und Max?👀

Lasst es mich gerne wissen. Vor allem, wenn es Dinge gibt, die ihr dabei unbedingt mit drin haben wollt.

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und einen guten Start ins Wochenende morgen.💭

Lg. T.

Kommentar von KleinesEinhorn17:

[George... wenigstens hat er es wieder gerade gebogen, aber nächstes mal denkt er bitte nach bevor er einfach zusagt.. das Ende war mal wieder süß und irgendwie ist dieser Kalender Goals. Gut geschrieben💕]