Kapitel 5
Als ich ein paar Tage später das Schulgebäude betrat, hingen überall unzählige Plakate und Flyer. Ich hatte keine Ahnung, wofür diese stehen sollten, also betrachtete ich eines der Poster, das direkt neben dem Eingang hin, genauer. Es war ein Flyer für eine anstehende Halloween Party am 31. Oktober. Der Zettel war ziemlich dunkel gehalten und auch so hatte die Werbung etwas bedrohliches an sich, das ich nicht direkt beschreiben konnte. Ich beschloss einfach, mir einen Zettel mitzunehmen und Grace danach zu fragen. Nachdem ich ihr von meiner Amnesie erzählt hatte, konnte ich sie alles fragen ohne schief von ihr angeguckt zu werden.
Mein Vorhaben setzte ich dann auch in einer der Pausen um.
"Hey Grace, kann ich dich mal was fragen?"
Die Blondine sah von ihrem Buch, das sie gerade las, auf und grinste mich an. "Was gibt's? Muss deinem Gehirn mal wieder ein bisschen auf die Sprünge geholfen werden?" Sie legte ihre Lektüre beiseite und sah mich erwartungsvoll an.
"Ja, naja so ungefähr", lachte ich. Ich kramte den Flyer heraus und gab ihn ihr. "Kannst du mich darüber aufklären? Was ist das für eine Party?" Sie riss mir den Zettel förmlich aus der Hand und starrte eine Weile fassungslos auf das Stück Papier, bevor sie mitleidig das Gesicht verzog. "Du hast ernsthaft unsere großartige Halloweenparty vergessen? Man, du tust mir ja echt Leid! Also: Das hier", sie zeigte auf den Flyer, "ist nicht nur irgendein Zettel. Es ist die Offenbarung etwas ganz Großem!" Sie breitete übertrieben die Arme aus und machte eine ausladende Bewegung. Theatralisch legte sie eine Hand auf ihre Brust, genau da wo sich ihr Herz befand. "Hinter dieser Party stecken wochenlange Planung, unheimliches Organisationstalent und Kreativität!" Sie kam mir ganz nah, sodass kaum noch ein Blatt zwischen uns beide passte. "Und das Wichtigste natürlich: Ich."
"Du organisierst die Party und alles?", fragte ich verwirrt und nahm ihr den Flyer wieder weg, um ihn genauer zu betrachten. Grace grinste daraufhin nur und sagte dieses Mal mit einem normaleren Ton: "Nein, du Dussel. Um genau zu sein wir vier. Du, Jasper, ich und Jacky. Jedes Jahr bekommt eine kleine Gruppe von Schülern die ehrenvolle Aufgabe zugewiesen, die alljährliche Halloweenparty der Blackwell Academy zu planen. Dieses Jahr sind wir an der Reihe und ich sag's dir; das wird die beste Party, die Blackwell jemals gesehen hat!" Ihre Stimme trotzte nur so vor Enthusiasmus.
"Und wie sind unser Masterplan aus?", erkundigte ich mich neugierig.
Die ganze Sache mit der Party klang ziemlich verlockend. Ich war schon immer ein großer Fan von Halloween gewesen und Halloweenpartys sind eh die Besten! Von daher stand diesem großartigen Ereignis nichts mehr im Wege.
"Das ist noch nicht ganz sicher. Ende dieser Woche haben wir unser erstes Eventmeeting. Da können wir ja dann alles planen. Das wird so super! Und vielleicht werden Jasper und du sogar zum Paar des Abends gekrönt" Sie grinste vielsagend und klatschte in die Hände wie ein kleines Kind. Ich konnte über ihr Verhalten nur lachen. "Bestimmt. Aber sag mal, wird Logan auch da sein?"
Grace verdrehte die Augen. "Keine Ahnung? Ist mir eigentlich auch ziemlich egal. Und du hör endlich auf dich so viel mit diesem Typen zu beschäftigen! Nur mal so, du hast einen Freund."
Jetzt war ich diejenige, die genervt war. Ich ließ mir von Grace nicht vorschreiben, mit wem ich redete oder auch nicht. "Was hat Japser mit dem Ganzen zutun? Außerdem habe ich nie behauptet, dass ich irgendetwas von Logan will! Selbst wenn, bezweifle ich, dass er etwas von mir wollen würde. Können wir jetzt über was anderes reden? Ich habe keine Lust, mit dir über Logan zu diskutieren", bat ich sie. Doch Grace schien gerade erst warm geworden zu sein. "Ach jetzt plötzlich hast du keine Lust mehr, aber vorher immer wieder mit dem Thema angekrochen kommen. Aber gut, wenn du es so willst. Hast du eigentlich schon das Neuste von Max und Warren gehört?"
Damit war das Thema abgehakt und ich tratschte mit Grace noch eine ganze Weile über die neusten Gerüchte rund um Blackwell.
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Obwohl Logan mir die ganze Zeit über aus dem Weg zu gehen schien, waren wir dann in der Wissenschaftsstunde gezwungen miteinander zu reden, denn Mrs. Grant hatte uns beide in ein Team gesteckt. Wir mussten bis nächste Woche ein Experiment durchführen und dieses auswerten, was dann im Unterricht vorgestellt werden sollte. Als sie dies aussprach, sah ich, wie Logan resigniert die Augen verdrehte. Jacky, die neben mir saß, grinste nur. "Na das kann ja was werden", kicherte sie.
Nachdem die Stunde vorbei war, sollten Logan und ich zu Mrs. Grant kommen, damit sie uns alles genau erklären konnte. Während sie redete, glitt mein Blick immer wieder zu ihm, weil ich wissen wollte, wie er reagierte, doch seine Miene blieb unverändert. Als unsere Lehrerin fertig mit erklären war, wünschte sie uns nur noch viel Glück und verließ dann den Raum.
"Ich schätze mal, jetzt bist du gezwungen mit mir zu reden", sagte ich zu Logan, als nur noch wir beide im Labor waren. "Also, du hast gesagt, ich soll mir erst einmal selbst eine Meinung bilden. Dann los. Gib mir die Chance dazu."
"Was willst du eigentlich von mir Chloe? Dich hat es nie interessiert, was ich mache oder wer ich bin. Warum bist du also so vernarrt darin, mit mir zu reden? Ist das Teil eines neuen Plans von euer 'ach so tollen Clique'?", fragte Logan stattdessen und verschränkte seine Arme vor der Brust. Ich seufzte und wollte mich herausreden, doch er ließ mir keine Gelegenheit dazu. "Du würdest es mir eh nicht glauben, wenn ich es dir sage." - "Woher willst du das wissen? Sehe ich so ungläubig aus?", entgegnete er und bei seiner Bemerkung musste ich ein wenig lachen.
"Okay, aber sagt nachher nicht, ich habe dich nicht gewarnt!"
"Das klingt ja fast so als wärst du irgendeine gesuchte Staatskriminelle."
"Vielleicht bin ich das ja auch." Plötzlich schmunzelte Logan doch tatsächlich.
"Jetzt rück schon raus, Chloe. Oder soll ich vorher noch die Bullen abbestellen?"
Also erzählte ich auch ihm alles. Dass ich aufgewacht bin und mich an nichts mehr erinnern konnte, dass ich nicht mehr wusste, warum ich ihm das alles angetan habe. Und dass ich das alles wieder gut machen will. Nachdem ich fertig mit Erzählen war, schwieg ich erwartungsvoll und beobachtete Logan, der zu überlegen schien. Lange Zeit sagte er nichts, sondern stand einfach nur so da. Ich konnte überhaupt nicht abschätzen, ob er mir glaubte oder nicht.
Dann, als er endlich seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, klingelte es und ich musste zur nächsten Stunde. "Sorry, wir reden später weiter okay?", sagte ich nur entschuldigend und eilte aus dem Raum. Es war mir wirklich unangenehm, ihn einfach so stehen zu lassen, doch ich wollte es mir wirklich nicht bei unserem Lehrer verhauen, da er so ziemlich der strengste an der ganzen Schule war.
Ich schaffte es gerade noch so, vor ihm in den Unterrichtsraum zu huschen und mich auf meinen Platz zu setzen. Dort breitete ich meine Sachen aus und richtete meinen Blick nach vorn. In dem Kurs waren weder Jacky, Grace noch Jasper, somit hatte ich niemanden, mit dem ich mich richtig unterhalten konnte. Es war um ehrlich zu sein eine ziemlich langweilige Stunde und meine Gedanken wanderten immer wieder zu Logan. Ich wollte unbedingt wissen, was er zu der ganzen Sache zu sagen hatte. Ich war schon immer ein neugieriger Mensch gewesen, deswegen fiel es mir unheimlich schwer, die Stunde zu überstehen.
Als ich es schließlich doch geschafft hatte und sofort Logan suchen wollte, wurde ich von Jasper abgefangen. Er stellte sich vor mich und legte seine Hände an meine Hüften. "Hey Baby", hauchte er und beugte sich zu mir herunter, da er um einiges größer war als ich. Er kam mir immer näher, bis er schließlich seine Augen schloss und seine Lippen meine berührten. In dieser Situation blieben wir allerdings nicht lang, da ich, so leid es mir für ihn auch tat, ihn leicht von mir weg drückte.
"Hey, was ist los?", fragte er sofort mit besorgter Stimme. Ich lächelte entschuldigend. "Nichts, alles ist okay. Ich habe es nur ziemlich eilig." Etwas enttäuscht ließ er von mir ab und machte mir etwas Platz. "Okay.." Ich entschuldigte mich noch einmal und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. "Wir reden später, okay?" Wir lächelten uns an und bevor ich ging, murmelte ich noch ein "Ich liebe dich"
Logan fand ich an seinem Spind. Er holte gerade ein Buch heraus, als ich ankam. Er schloss die Tür und schrak zusammen, als er mich direkt neben ihm bemerkte. "Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken", lachte ich verlegen und spielte mit meinen Fingern. "Schon gut."
Ich schaute etwas hilflos in der Gegend herum und fragte dann: "Also wegen vorhin...Ich kann verstehen, wenn du mir nicht glaubst. Das Ganze mag ziemlich verrückt klingen- ich habe es auch noch nicht ganz verstanden, aber-"
"Ich glaube dir."
"Es ist einfach alles ziemlich kompliziert und- Warte, was? Du glaubst mir?" Völlig überrascht schaute ich ihn an. Logan nickte schlicht. "Ja, sowas soll ja vorkommen und... Ich find's gut, dass du dich entschuldig hast." Immer noch ein wenig perplex begann ich zu lächeln. "Danke, wirklich. Also ist alles wieder okay? Kriegsbeil begraben?"
Logan schmunzelte und nickte. "Ich denke schon."
"Denkst du, wir können nochmal von ganz vorn anfangen?" Ich war etwas nervös, weil ich wirklich nicht damit gerechnet hatte, dass er mir so ohne weiteres glauben würde. Wieder nickte Logan und dieses Mal lächelte er sogar ein klein wenig. Dann nahm er seine Bücher in den einen Arm und streckte mir den anderen entgegen. "Ich bin Logan, nett dich kennenzulernen." Ich lachte daraufhin nur und schüttelte seine Hand. "Chloe. Die Freude ist ganz meinerseits."
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