Kapitel 31

"Und wo willst du anfangen mit Suchen?", fragte Logan, während wir beide den Raum wieder verließen. Schulterzuckend zog ich die Tür ins Schloss und wandte mich dann ihm zu. "Ich habe keine Ahnung. Aber lass uns mal überlegen; wo würdest du eine Bombe verstecken, wenn du nicht wollen würdest, dass sie jemand findet?" Bei meiner Frage musste ich mir schon fast ein Lachen unterdrücken, da es ziemlich absurd klang. Aber so war es nun mal, damit mussten wir uns abfinden. "Ich habe so etwas von keine Ahnung", sagte Logan nachdenklich. "Aber wie wäre es, wenn wir beim Hausmeister anfangen?"
"Hey, ich weiß ja, dass Samuel ein wirklich merkwürdiger Typ sein kann, aber glaubst du wirklich, dass er bei sich eine Bombe versteckt?", entgegnete ich nicht gerade überzeugt von seinem Vorschlag.
"Ich sage ja nicht, dass er sie ausgetauscht hat. Aber sein Schuppen ist klein und unscheinbar. Ein Versuch wäre es zumindest wert." Er zog sein Handy heraus und hielt es mir direkt unter die Nase, sodass mir die Uhrzeit hell ins Gesicht schien. "Uns bleibt keine Zeit für weiteres Diskutieren, also komm!" Blitzartig griff er nach meiner Hand und lief los.

Es war nicht weit bis zum Schuppen des Hausmeisters, sodass wir schon wenige Minuten später aufgeregt davor standen. Er befand sich etwas außerhalb vom Campus, umgeben von zahlreichen Bäumen. Hierher verschlug es nicht so oft Schüler, da die meisten Angst vor Samuel hatten, was ich nie so ganz verstehen konnte. Ich hatte mich einmal näher mit ihm unterhalten und festgestellt, was für ein lieber und freundlicher Mensch er war. Allerdings kursierten einige ziemlich seltsame Gerüchte über ihn an unserer Schule, sodass auch ich manchmal an seiner vollkommenen Unschuld zweifelte. Ich wusste, dass man natürlich nicht jedem Gerücht glauben sollte, das hatte Logan mir mehr als bewiesen, aber dennoch verunsicherten mich einige.

"Bereit?", fragte Logan, als würden wir im nächsten Moment das größte Geheimnis des Jahres oder so etwas aufdecken.
"Mach's nicht so dramatisch und öffne einfach die Tür!" Mit einem Lachen schlug ich ihm spielerisch gegen die Schulter. Ein letztes Mal verschwörerisch zu mir schauend, drückte er die Klinke nach unten und betrat, dicht gefolgt von mir, den Raum.

Sobald ich drinnen war, begann ich sofort damit, alles genauestens unter die Lupe zu nehmen. Logan tat es mir gleich und so suchten wir überall, wo etwas versteckt sein könnte.
"Hier muss doch irgendwo etwas sein", seufzte ich enttäuscht. Dadurch, dass der Raum nicht allzu groß war, gab es auch nicht viele Stellen, an denen die Bombe sein könnte. "Nicht die Hoffnung aufgeben, wir finden sie schon", sagte Logan beruhigend und richtete sich von seiner Box auf, um danach neben mich zu treten. Mit einem sanften Lächeln legte er eine Hand auf meine Schulter, doch so einfach konnte er mich nicht überzeugen. Zwar war ich noch lange nicht so weit, dass ich komplett aufgeben wollte, dennoch schwirrten die ganze Zeit Zweifel durch meinen Kopf.
"Guck' nicht so deprimiert, sonst bleiben die Falten auf deiner Stirn noch", schmunzelte Logan und zog mich anschließend in eine kurze, aber innige Umarmung. Ein kleines Lächeln schlich sich in mein Gesicht, als ich mich dankbar an seinen Körper drückte.
"Du hast Recht. Aber wo sollen wir jetzt suchen, da ja hier anscheinend nichts ist?", fragte ich anschließend ratlos. Er zog die Augenbrauen zusammen und schien zu überlegen, er hatte also ebenfalls keine Ahnung. "Wenn das jetzt ein Film wäre, könnten wir die Basis unserer Geheimorganisation anrufen und einen Bombendetektor anfordern." Stirnrunzelnd lachte ich kurz auf und schnipste gegen seinen Unterarm. "Spinner. Benutze deinen Grips lieber für etwas, das uns weiterhilft. Wenn denn überhaupt welcher vorhanden ist.."
"Hey! Wer hat denn hier 90 Prozent unseres Chemieprojektes gemacht, hm?", erwiderte er empört und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich erwiderte nur: "Na dann, Professor, lass dir etwas einfallen. Die Zeit ist nämlich nicht gerade auf unserer Seite."

Seufzend ließ ich mich auf einen umgedrehten Plastikkorb fallen und stützte den Kopf auf meine Hände. Wie sollten wir so jemals an unser Ziel kommen? Klar, wir könnten einfach quer durch die Schule rennen und alles durchforsten, doch das würde viel zu viel Zeit beanspruchen. Ich hatte auch nicht sonderlich viel Lust, andere mit in die Suche einzubeziehen, denn dann müssten wir ihnen erst alles erklären und wahrscheinlich würden sie uns eh nur im Wege stehen. Und möglicherweise wollte ich meine Zeit mit Logan nicht mit anderen teilen müssen.

"Eine Idee hätte ich noch", unterbrach Logan plötzlich meine Gedanken. Hellhörig sah ich auf und fragte, was diese denn sei. Daraufhin seufzte er kurz und erwiderte: "Sie wird allerdings weder dir gefallen, noch bin ich ein Fan von ihr."
Ich ahnte Schlimmes, doch verkniff es mir, ihn zu unterbrechen. "Schieß los."

"Wir könnten Jasper um Hilfe bitten.." - "Niemals! Bitte.. das willst du doch auch nicht, oder etwa doch?" Mit quälendem Blick dachte ich darüber nach, wie es wohl wäre, wenn Jasper nun auch noch mit von Partie wäre. "Vielleicht hat er aber noch eine Idee. Immerhin geht ihn die ganze Sache auch etwas an und er hat uns außerdem schon einmal weitergeholfen."
"Ja, und einmal ist mehr als genug", stöhnte ich. Meine Lust, mit Jasper unsere verloren gegangene Bombe zu suchen, war gleich Null. Ich war froh gewesen, endlich mit ihm abgeschlossen zu haben und nun sollte ich ihn freiwillig ein zweites Mal um Hilfe bitten? Zumal er jede Gelegenheit nutzen würde, Logan schlecht dastehen zu lassen und versuchen, wieder an mich heranzukommen. Doch da hatte er sich geschnitten. Nie im Leben würde ich mich wieder mit ihm abgeben. Es hatte lang gedauert, bis ich endlich eingesehen hatte, wie er wirklich war, dafür würde ich es nun nicht mehr vergessen. Jasper war ein arrogantes Arschloch, das nur sich selbst im Kopf hatte und keine ach so wertvolle Minute damit verschwendete, sich für andere zu interessieren. Er lernte nicht aus seinen Fehlern, wusste nicht einmal, dass er welche machte und wenn doch, dann verleugnete er sie.

Ich seufzte. "Fällt dir denn niemand anderes mehr ein, der uns helfen könnte? Was ist mit Warren?" Irgendeine Alternative musste es doch geben!
"Warren mag vielleicht schlau sein, aber deswegen kann er noch lange keine Bombe ausfindig machen. Er könnte höchstens eine neue bauen", antwortete Logan kopfschüttelnd.
Eine neue Bombe zu bauen, war gar nicht mal so abwegig. Allerdings wäre es mir um einiges lieber, wenn wir stattdessen die alte finden würden. Irgendwo musste sie ja sein!

"Okay, dann gebe ich mich halt geschlagen. Ich rufe Jasper an", seufzte ich und kramte nach meinem Handy. Theoretisch könnte ich ihn auch persönlich fragen, der Unterricht war längst vorbei, doch ich hatte keine Lust, ihm länger als nötig unter die Augen zu treten. Während ich nach seinem Kontakt suchte, stellte sich Logan neben mich und begann, mit meinen Haaren zu spielen. Ich verdrückte mir ein Grinsen - es krabbelte tierisch, als er mit seinen Fingern durch meine braunen Strähnen glitt - doch ich wollte ernst bleiben.
Es wählte eine ganze Weile, bis Jasper sich endlich meldete.

"Hey, ich bin es. Ich muss dich schon wieder nerven", meldete ich mich mit hektischer Stimme. Den genervten Unterton, der sich immer einschlich, sobald ich mit Jasper Kontakt aufnahm, versuchte ich so gut es ging zu unterdrücken, ihm zuliebe. Sonst würde er sich wahrscheinlich nicht dazu überreden lassen, uns zu helfen.

"Du nervst nicht, Chloe." Ich seufzte. "Wir brauchen deine Hilfe." Das wir  betonte ich dabei besonders, ich konnte nur hoffen, dass er mitmachen würde, da uns sonst keine andere Möglichkeit übrig blieb.
"Worum geht es dieses Mal?", fragte Jasper am anderen Ende. Ich konnte dem Klang seiner Stimme nicht ganz entnehmen, was er wohl gerade dachte oder wie er sich fühlte. Normalerweise war dies bei Jasper nie schwer gewesen, er war leicht zu durchschauen - nur nicht dieses Mal. Ich ging aber davon aus, dass ihm das 'wir' sichtlich aufgestoßen war.

Schnell schilderte ich ihm die Situation, legte besonderen Wert darauf, nicht allzu schnippisch zu klingen und sachlich zu bleiben. Am Ende meiner Erzählung hörte ich ein nachdenkliches Seufzen seinerseits.
"Aber wenn ihr die gefährliche Bombe bereits gefunden habt, was macht ihr dann so ein Drama aus der ganzen Sache?"
Eigentlich hatte er Recht. Wir brauchten uns keine Sorgen mehr zu machen, dass etwas Schlimmes passieren würde, da wir nun in Besitz der explosiven Bombe waren. Dennoch war es für mich von Bedeutung, dass wir unsere Rauchbombe wiederfinden würde, immerhin hatten wir der gesamten Schule ein atemberaubendes Spektakel versprochen. Und wie würden wir dem Direktor erklären, dass wir urplötzlich unsere Show abblasen mussten, obwohl wir schon Wochen vorher alles vorbereitet und geplant hatten? Nein, das konnten wir nicht zulassen. Und genau so erklärte ich es dann auch Jasper. Dieser stimmte mir nach einer kurzen Denkpause schließlich auch zu und erklärte sich sogar bereit, uns zu helfen. Keine zehn Minuten später sah ich ihn aus der Ferne auf Logan und mich zu kommen. Wir hatten in der Zwischenzeit den Raum des Hausmeisters wieder verlassen und dafür gesorgt, dass man nicht erkennen konnte, dass wir dort drinnen waren.

Doch Jasper kam nicht allein, sondern dicht gefolgt von einem Jungen, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Als die beiden bei uns angekommen waren, zeigte Jas auf ihn und erklärte: "Das ist Connor, er wird uns ebenfalls helfen." Zögerlich streckte ich dem Unbekannten meine Hand hin, aber er nahm sie nicht entgegen. Stattdessen musterte er mich mit seinen tiefblauen Augen von oben bis unten. Ein wenig peinlich berührt wandte ich de Blick ab und griff unwillkürlich nach Logans Hand, da dieser direkt neben mir stand. Beruhigend strich er über meine Finger und brachte mich dazu, wieder aufzuschauen. Dann begann ich ebenfalls, Connor genauer zu betrachten. Er war ein wenig kleiner als Jasper, trug seine blonden Haare in einer kurzen, lockigen Frisur und auf seiner Nase thronte eine schwarz umrandete, große Brille. Sein weißes Shirt war fast komplett bedeckt von einer für ihn viel zu weiten, dunkelblauen Jacke. In der gleichen ausgewaschenen Farbe war auch seine Jeans, in die Connors schlaksigen Beine mindestens zwei Mal hineingepasst hätten.

"Woher kennst du ihn?", fragte Logan mit leichtem misstrauischen Unterton. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schien nicht begeistert von der Anwesenheit der vierten Person zu sein und um ehrlich zu sein, war ich es auch nicht. Wir kannten Connor nicht - wie sollten wir ihm trauen?

Jaspers Miene verfinsterte sich und er tat es nun Logan gleich, indem er ebenfalls die Arme verschränkte und einen kurzen Blick rüber zu Connor warf. "Ich kenne ihn schon ewig, außerdem ist er schlau", antwortete er mit giftiger Stimme. Ich musste mir ein Seufzen unterdrücken, dies würde keineswegs einfach werden.

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