Kapitel 29

Ich wusste nicht wie, ich wusste nicht wann und ich wusste nicht, ob ich es schaffen würde, aber ich musste diese Party verhindern. Ich konnte nicht zulassen, dass unseretwegen unzählige Menschen ihr Leben verloren. Ich konnte nicht zulassen, dass Logan sein Leben verlor.  Also musste ich mir etwas einfallen lassen, um all dies zu verhindern, aber wie?
Den ganzen Vormittag verbrachte ich grübelnd, spielte alle möglichen Szenarien in meinem Kopf durch, aber mir wollte partout nichts einfallen, wie ich das Ganze aufhalten könnte.

"Sag mal Grace, wie würdest du reagieren, wenn die Party heute nicht stattfinden würde?", flüsterte ich mitten im Unterricht in ihr Ohr. Sie drehte ihren Kopf zu mir und sah mich mit irritiertem Blick an. "Wie kommst du denn jetzt darauf? Natürlich wäre ich total angepisst, wir planen immerhin seit Wochen!" Ich seufzte. "Ja, aber was wäre zum Beispiel, wenn etwas schiefgehen würde? Das wäre dann alles unsere Schuld." Kopfschüttelnd wandte die Blondine ihren Blick ab und tat so, als würde sie sich völlig auf den Unterricht konzentrieren. "Du bist echt komisch, Chloe Parker."

Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass es nicht so einfach werden würde, aber ein kleiner Funken Hoffnung in mir hatte mich dazu gedrängt, es trotz Zweifel zu probieren. Denn wie sagte man so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt und daran würde ich mich nun klammern.  Ich konnte nicht einfach kampflos aufgeben, ich durfte nicht. So leicht ließ ich mich nicht unterkriegen, ich würde eine Möglichkeit finden, allen das Leben zu retten. Ich musste einfach.

"Vertraust du mir?" Erwartungsvoll schaute ich Logan in die Augen. Er wusste im ersten Moment nicht so recht, wie er auf meine plötzliche Frage reagieren sollte. Zögernd schloss er seinen Spind und schulterte dann seinen Rucksack. "Worum geht's denn, wenn ich fragen darf?"
"Ich erkläre dir alles später, aber vorher muss ich wissen, ob du mir auch vertraust, denn anderenfalls wird das Ganze nichts", sagte ich und versuchte dabei ruhig zu bleiben, dabei tobte in meinem Inneren ein Sturm. Es war nicht leicht, einfach hier mit ihm zu stehen und zu reden, wenn in meinem Kopf noch immer das Bild von seinem leblosen, blutüberströmten Körper herumgeisterte. Es ließ mich nicht los, wollte, dass ich mich daran erinnerte.
Logan seufzte einmal kurz, sein Blick wanderte durch den Flur und ehe ich mich versah, spürte ich seine Lippen auf meinen liegen. Es ging so schnell, dass ich gar nicht in der Lage war, zu reagieren. Er löste sich wieder von mir und dieses Mal war er derjenige, der mich erwartungsvoll anschaute.
"Ist dir das Antwort genug?" Das kleine Schmunzeln, das seine Lippen umspielte, ließ mein Herz höher schlagen und machte mich noch nervöser, als ich es eh schon war. Ich lächelte, noch immer überrumpelt von der Situation. Dies war nur ein weiterer Beweis, dass ich ihn auf keinen Fall sterben lassen durfte, denn auch, wenn ich es mir selbst nicht eingestehen wollte, ich empfand mehr für Logan, als ich anfangs gedacht hatte. Es war zwar nicht das erste Mal, dass er mich geküsst hatte, aber dieser hier hatte eine viel größere Bedeutung.
Ich hatte mich in Logan verliebt und ich würde es mir nie verzeihen, wenn er heute Abend meinetwegen sein Leben verlor.
"Komm mit." Ich griff nach seiner Hand und lief los.

Auf dem Campus angekommen suchte ich mir ein abgelegenes und ruhiges Plätzchen, ich wollte von niemanden gestört werden. Ich ließ mich ins Gras fallen und deutete Logan, dass er sich ebenfalls setzen sollte. "Also...", begann ich, wurde allerdings im nächsten Moment gleich wieder von ihm unterbrochen. Seine Hand wanderte zu meiner und er ergriff sie sanft. "Warte kurz.. Bevor du beginnst, würde ich dir auch gern noch etwas sagen."
Etwas irritiert runzelte ich die Stirn, nickte dann aber. Logan seufzte einmal, zweimal, er ließ meine Hand los, ergriff sie wieder und schien sich selbst gar nicht so sicher zu sein, was er hier gerade eigentlich tat. Er senkte den Blick, murmelte etwas Unverständliches, sah wieder nach oben, direkt in meine Augen. Unsicherheit spiegelte sich in dem Grün seiner Augen wider. Wieder ein Seufzen, dann endlich Worte.
"Ich liebe dich, Chloe. Und ich weiß, dass das jetzt wahrscheinlich total blöd kommt, ich habe immer auf den richtigen Moment gewartet, nur kam er nie. Und jetzt musste es einfach raus." Und als musste er es sich selbst erst einmal klar machen, wiederholte er leise: "Ich liebe dich."

Ich spürte in dem Moment, wie eine ganze Welt für mich einzubrechen schien. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder das Leben und seine fiesen Heimtücken verfluchen sollte. So gerne würde ich Logan gerade in die Arme fallen, ihn küssen und seinen Körper spüren, flüstern, dass ich ihn ebenfalls liebte, durch seine dunklen Haare streichen, gemeinsam mit ihm lachen und wie gestern alles vergessen, aber ich konnte nicht. Ein enormer Druck lastete auf meinen Schultern und ich drohte, darunter zu zerbrechen. Logan schien dies ebenfalls zu bemerken, denn der eben noch so kräftige Ausdruck in seinen Augen verschwand und sein Gesicht wirkte emotionslos, dabei wusste ich ganz genau, dass dies nur Fassade war.
"Tut.. Tut mir leid, das war blöd von mir", murmelte er kopfschüttelnd und richtete sich auf. Seufzend Ich griff nach seinem Arm, stand ebenfalls auf und wollte ihn zurück zu mir ziehen, aber Logan wehrte sich. Ich öffnete meinen Mund, wollte etwas erwidern, doch er ließ mir keine Chance.
"Schon okay, du brauchst jetzt nichts zu sagen. Das war dumm. Ich war dumm, tut mir leid." Mit einem Ruck löste er sich aus meinem Griff, zog sich die Kapuze seines dunklen Pullovers über den Kopf und lief davon.

Sprachlos schaute ich ihm hinterher, bewegungslos, bekam kein Wort heraus. Was sollte ich nun tun? Von ihm hatte ich mir am meisten Hilfe erhofft, gemeinsam hätten wir alles verhindern können, gemeinsam hätten wir es geschafft. Doch nun war er weg und ich auf mich allein gestellt. Wie sollte ich als einzelne Person eine Bombe aufspüren, sie vernichten und die Party retten? Ich war nur ein naives, achtzehnjähriges Mädchen. Niemals würde ich es schaffen, eine komplette Schule zu retten und nebenbei auch noch die Sache mit Logan auf die Reihe kriegen! Was, wenn nun alles vorbei war? Ich war geprägt von Selbstzweifeln, Angst und Unsicherheit. All das Selbstbewusstsein, was ich immer geglaubt hatte zu besitzen, war nun weg. Im einen Moment hatte ich  noch daran geglaubt, die Schule zu retten, eine Heldin zu sein und im nächsten war meine komplette Hoffnung fort.Zeit ist nur eine Illusion, es braucht nur wenige Sekunden, um eine Situation von Grund auf zu ändern und meist bemerken wir es erst, wenn es bereits zu spät ist. Vielleicht ist auch genau dies der Grund, warum ich nach meinem Handy griff und Jaspers Nummer wählte. Wenn das Leben das Recht dazu hatte, alles in einem Moment zu ändern, warum also nicht auch wir?

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