Kapitel 28
"CHLOE, was zur Hölle machst du hier?! Steh' nicht so blöd in der Gegend herum und beweg' dich! Na loos!"
Hinter mir stand Jasper und starrte mich aus seinen vor Schreck weit aufgerissenen Augen an. "Was- was ist passiert?", stotterte ich fragend und sah mich verwirrt um, allerdings konnte ich keine zwei Meter weit sehen, dichter Rauch versperrte mir die Sicht. Doch das, was ich sehen konnte, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Trümmer, schreiende Menschen, Chaos.
"Höre auf, so blöde Fragen zu stellen und komm' endlich!" Jasper packte mich am Arm und zog mich mit sich. Völlig überrumpelt stolperte ich ihm hinterher und hielt mir den anderen Arm vor den Mund, damit ich nicht zu viel von dem Rauch einatmete. Um uns herum rannten unsere Mitschüler panisch durch die Gegend, hustend und sich mit allen Mitteln vor der verdreckten Luft schützend. Sie würdigten uns keines Blickes, rannten um ihr Leben und hofften auf einen Ausweg aus dieser Hölle.
Auf einmal kamen wir direkt in eine Sackgasse, vor uns lagen mehrere umgestürzte, in Flammen aufgegangene Spinde. "Und jetzt?", fragte ich ängstlich und sah zu Jasper. Dieser blickte sich hektisch um und zeigte dann auf eine nahegelegene Tür. "Durch das Labor!" Nickend folgte ich ihm in den Raum, doch auch dort brannte alles. Jasper fluchte und zog mich zurück auf den Gang.
"Kannst du mir jetzt bitte erklären, was zur Hölle passiert ist?", fragte ich entsetzt, während wir beide nach einem Ausgang suchten, aber Jasper schien mich völlig zu ignorieren. "Gott, wie konnten wir nur so dumm sein..", murmelte er stattdessen zu sich selbst und schüttelte mit dem Kopf. Dann zeigte er in die Richtung, aus der wir gekommen waren. "Es hilft nichts, wir gehen zurück." Er verstärkte seinen Griff um mein Handgelenk und stürmte erneut los. Ich folgte ihm, hustend, ohne auch nur die geringste Ahnung, warum unsere Schule auf einmal einem Schlachtfeld glich. Überall hingen verstreut noch unsere Plakate für die Party, Aushänge der Lehrer oder auch einfach nur normale Halloweendeko. Mein Blick ging an mir herunter und erst jetzt fiel mir auf, dass ich mein Kostüm trug, und auch Jasper war verkleidet. Alle um uns herum trugen Kostüme anstatt normaler Kleidung.
Wir rannten um eine Ecke und befanden uns plötzlich im Gang der Aula. Was ich dort sah, verschlug mir die Sprache. Flammen erhoben sich bis zur Decke, Wände waren eingestürzt und versperrten den Durchgang, die Luft war erfüllt von Dreck und Rauch. Doch das Schlimmste war - auf dem Boden befanden sich mehrere leblose Körper. Menschen, die ich einst noch fröhlich durch die Gänge habe schlendern sehen, lagen nun als leere Hülle vor- und in unserer Aula. Mit zitternden Beinen tastete ich mich Schritt für Schritt näher an das Chaos. Und mit einmal Mal wusste ich wieder, was passiert war.
"Chloe, Grace, seid ihr bereit?", fragten Jacky und Jasper grinsend und sahen uns dabei direkt in die Augen. Wir beide nickten und wie aus einem Mund antworteten wir: "Und zwar so was von. Los, drücke schon drauf!" Jasper atmete ein letztes Mal tief durch und schaute auf die kleine Fernbedienung in seiner Hand. "Das wird die beste Halloweenparty, die es je gegeben hat!" Sein Finger näherte sich dem kleinen, roten Knopf. "Macht euch gefasst auf einen Abend voller Rauch und Geheimnisse!" Und dann drückte er drauf und ein schrecklicher, ohrenbetäubenden Knall ertönte.
Das Letzte, woran ich mich erinnerte, waren die schrecklichen, schmerzerfüllten Schreie meiner Mitschüler und Lehrer, die sich direkt in der Aula befanden. Dann wurde alles schwarz.
"Nein..." Meine Augen weiteten sich und Tränen schossen in meine Augen. "NEIN!" Ohne auf die Flammen oder herumliegende Gegenstände zu achten, stürmte ich nach vorn und ließ mich schluchzend neben dem regungslosen Körper auf die Knie fallen. Mein ganzer Körper zitterte, als ich nach seinem Handgelenk griff, um den Puls zu fühlen, dabei war es eigentlich mehr als offensichtlich, dass er bereits tot war. Vorsichtig streckte ich eine Hand aus und berührte zaghaft die blutüberströmte Wange.
"Logan..", schluchzte ich mit zusammengepressten Lippen. Wenn das viele Blut nicht gewesen wäre, hätte man meinen können, er würde lediglich schlafen. Ich schloss meine Augen ganz fest, um die Tränen, die sich ihren Weg nach draußen bahnten, zu bändigen, doch es gelang mir nicht.
Hinter mir hörte ich Schritte und jemand versuchte, mich nach oben zu ziehen. "Chloe, was zur Hölle machst du da? Wir müssen weg oder willst du an einer verdammten Rauchvergiftung verrecken?!" Jasper rüttelte mich an den Schultern, doch ich zeigte keinerlei Reaktion. Am liebsten hätte ich mich an Logans leblosen Körper geklammert und ihn nie wieder losgelassen. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Tränen liefen mir weiterhin in Strömen die Wangen hinunter, als mein Kopf schluchzend auf seinen Oberkörper sank. Er atmete nicht, er rührte keinen Muskel - und dennoch hatte ich das Gefühl, er wäre weiterhin am Leben. Ich konnte hier nicht weg, ich musste bei ihm bleiben. Was, wenn er aufwachte? Mich brauchte? Ich konnte jetzt nicht gehen, nein, nein...
"Chloe!", ertönte auf einmal die Stimme von Grace hinter mir. Sie packte mich an den Schultern und riss mich nach oben. "Was in Gottes Namen denkst du, was du da tust?!" Die Blondine starrte mich entgeistert an. Mein Blick huschte zwischen ihr und Logans Körper hin und her, ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich verstand, was sie meinte. Sie wusste es nicht, beide wussten es nicht. Ich durfte mir also nichts anmerken lassen.
Vollkommen durcheinander schüttelte ich kurz mit dem Kopf, bevor ich murmelte: "Gar nichts..." Doch gerade als ich aufstand und mich in Bewegung setzen wollte, stoppte Jasper mich, indem er meinen Arm festhielt.
"Mann Chloe, du verhälst dich echt merkwürdig. Wir gehen nirgendwo hin, solange das hier nicht in Ordnung gebracht wurde."
"Aber gerade eben wolltest du doch auch noch so schnell wie möglich abhauen?", erwiderte ich verwirrt. Ich verstand die Welt nicht mehr. Alles war so unwirklich, wie in einem Traum, aus dem man nicht mehr aufwachte.
"Aber nur um Grace und/oder Jacky zu finden. Und da dies nun der Fall ist, ist es an der Zeit, die Blackwell Academy zu retten und du bist die Einzige, die das kann." Jasper nickte mir auffordernd zu und auch Grace schien zuversichtlich. "Du schaffst das."
"Wovon redet ihr da eigentlich?" Ich ging ein paar Schritte zurück und starrte beide verständnislos an. Ich bin in einem Film, das hier ist nicht real, es kann gar nicht real sein.
"Du musst die Zeit zurückdrehen und das alles rückgängig machen. Am besten so weit, dass die Idee mit der verdammten Bombe nie zur Sprache kommt", sagte Jasper, als wäre es das Normalste auf der Welt. Grace legte anschließend eine Hand auf meine Schulter und fügte hinzu: "Hey, wir wissen, dass das gefährlich ist und du eigentlich nicht so weit in die Vergangenheit eingreifen solltest, aber hier geht es um Leben und Tod. Dies ist vielleicht unsere einzige Chance, du musst es versuchen. Reise zurück bis an den Anfang des Monats und rette die Blackwell Academy."
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Mit einem ohrenbetäubenden Schrei meinerseits saß ich plötzlich kerzengerade in meinem Bett. Ich brauchte mehrere Minuten, bis ich mich beruhigt hatte, mein Atem rasselte, Tränen schossen aus meinen Augen und mein Körper war schweißgebadet.
Hatte ich gerade in die Zukunft gesehen oder doch eher die Vergangenheit noch einmal durchlebt?
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