Kapitel 27

Ich kann euch gar nicht genug für die 1k Reads danken. Das bedeutet mir wirklich viel<3

***********************

Regen hatte etwas Beruhigendes an sich. Es löste in mir einerseits eine melancholische aber auch befreite Stimmung aus. Es war, als würden mit dem Regen alle Sorgen einfach weggewaschen werden. Vielleicht war ich deswegen auch so entspannt, als ich mit Grace und Logan zusammen im Aufenthaltsraum der Mädchen saß und dem strömenden Regen außerhalb des Wohnheims dabei zusah, wie er langsam die Fenster hinunterlief. Es war ein Wettrennen zwischen den einzelnen Tropfen, welcher würde wohl zuerst am Fensterbrett ankommen? Wer würde einen anderen treffen und mit ihm verschmelzen zu einem großen Tropfen? Wer blieb auf der Strecke hängen und würde später von der Sonne vernichtet werden?
So viele Fragen und niemand, der sie mir beantworten konnte, denn es waren unbedeutende Fragen, über die sich niemand sonst Gedanken machte. Dabei waren es meist die kleinen Dinge, die etwas Großes ausmachen konnte.
Wie gesagt, Regen löst etwas Melancholisches in mir aus und machte mich zum Möchtegern Philosophen.

"Und jetzt?", fragte Grace. Sie hatte ein Bein über das andere geschlagen, die Hände locker im Schoß liegen und sah sich gelangweilt im Raum um. Ein paar unserer Mitschüler befanden sich ebenfalls im Zimmer und schauten fern, spielten Tischhockey oder hatten sich einfach zusammen in eine Ecke gesetzt und redeten lachend miteinander. Einige saßen auch einzeln und lasen ein Buch beziehungsweise lernten für ihren Unterricht. Aufgrund des Wetters befanden sich natürlich mehr Schüler als sonst in dem Aufenthaltsraum, aber deswegen war er noch lange nicht überfüllt. Es waren gerade noch genug,  um die gemütliche Stimmung beizubehalten.

"Wir könnten raus gehen, im Regen tanzen und einfach frei sein", schlug ich vor, wofür ich einen verstörten Blick von Grace erntete. Sie fuchtelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum und bedeutete mir dabei, dass ich wohl eine Schraube locker hätte. "Es ist schweinekalt und wir wären binnen weniger Minuten komplett durchnässt. Nicht grade rosige Aussichten, wenn du mich fragst."

"Ich bin dabei", sagte Logan währenddessen schlicht und sah mich dabei an. Ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht und unsere Blicke wanderten zu Grace, die die Welt nicht mehr zu verstehen schien. "Ihr seid doch beide durchgeknallt", entgegnete sie kopfschüttelnd, aber so leicht ließ ich mich von meiner Idee nicht abbringen. Stattdessen griff ich nach ihrem Arm und sah sie schmollend an. "Ach komm schon, normal ist langweilig. Zeit für etwas Verrücktes!"
Ihr Blick ging zwischen mir und Logan hin und her. Dann seufzte sie. "Okay, aber nur wenn ich nicht tanzen muss."

Eine halbe Stunde später saßen wir zu dritt auf einem großen Felsen am Strand und beobachteten die Regentropfen dabei, wie sie einer nach dem anderen auf die Meeresoberfläche trafen und mit dem salzigen Wasser eins wurden. Ich hatte meinen Kopf an Logans Schulter gelegt und spürte, wie Grace' neugieriger Blick auf uns beiden lag, ein Schmunzeln umspielte ihre Lippen.
Wir redeten nicht viel, die Schönheit der Natur hatte uns vollkommen in ihren Bann gezogen. Mit der Zeit nahm ich wahr, wie Logan begann, mit meinen Haaren zu spielen und musste unwillkürlich lächeln. Zufrieden sah ich zu Grace und murmelte: "Siehst du, so schlimm ist es gar nicht. Das Leben ist zu kurz, um immer nur drin zu sitzen und den Vorgaben zu folgen. Manchmal sollte man sich einfach eine Auszeit vom Alltag nehmen und die schönen Seiten des Lebens genießen." Die Blondine lachte auf und schaute zu mir. Ihre kurzen Strähnen klebten ihr am Gesicht und sie hatte Mühe, sie von ihren Augen fernzuhalten. "Seit wann bist du eigentlich so poetisch?"
"Der Regen ist schuld", lachte ich und ließ mich nach hinten fallen, sodass ich auf den bloßen Felsen aufprallte. Logan zögerte nicht lang und tat es mir gleich, so lagen wir nebeneinander, der Regen prasselte uns ins Gesicht und lief auf unserer Haut hinunter, hinterließ eine wässrige Spur und reinigte uns somit von allem Stress und Ärger der vergangenen Tage. "Das sollten wir öfter machen", sagte ich und seufzte zufrieden. Lange Zeit hatte ich mich nicht mehr so befreit gefühlt wie in diesem Moment.

"Dann aber ganz bestimmt ohne mich! Ich sehe jetzt schon die fette Erkältung, die wir alle haben werden und dabei ist doch morgen die große Party. Ich habe echt keine Lust, da dann im Bett zu liegen", lachte Grace. Sie ließ es sich vielleicht nicht anmerken, aber insgeheim hatte sie genauso viel Gefallen an der Situation wie ich. "Selbst wenn du beide Beine gebrochen hättest, würdest du morgen kommen. Ich kenne dich, Grace", erwiderte ich ebenfalls lachend. Mit einem Grinsen zwinkerte sie mir zu und wandte sich dann an Logan. "Du kommst doch auch, oder?" Dieser nickte mit einem Schmunzeln. "Ich lasse mir ganz sicher nicht entgehen, wie du den anderen ins Gesicht rotzt. Das wird nämlich der wahre Horror morgen!" Beide brachen wir in schallendes Gelächter aus, währenddessen Grace nur beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte. "Euer Kitsch ist viel gruseliger! Ich meine, habt ihr beiden euch mal genauer angeschaut? Nur die ganzen Pärchen in diesen Liebesschnulzen sind begriffsstutziger als ihr."

Wir wechselten ein paar Blicke miteinander, bevor wir fragend zu Grace sahen. Diese seufzte hingegen und ließ sich nun ebenfalls auf den Rücken fallen. "So einfach mache ich es euch ganz bestimmt nicht. Ihr werdet schon noch merken, was ich meine." Damit war die Sache für sie abgehakt und sie drehte sich mehrmals hin und her, bevor sie sich schließend wieder stöhnend aufrichtete und Logan und mich verständnislos musterte. "Wie könnt ihr die ganze Zeit so daliegen? Das ist doch mega unbequem, können wir nicht lieber in den Sand gehen? Oder noch besser, zurück zur Blackwell, denn langsam wird mir irgendwie kalt." Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und rubbelte über diesen, um sich warm zu halten. "Darum kann ich mich kümmern!", rief ich grinsend und setzte mich stürmisch hin, um anschließend Grace in eine kuschelige Umarmung zu ziehen. Dann drehte ich mich zu Logan und streckte eine Hand aus. "Komm auch her, die Taktik hat sich schon bei den Pinguin bewährt!" Etwas skeptisch zog er eine Augenbraue nach oben und erwiderte: "Muss nicht unbedingt sein, mir ist nicht kalt." Doch seine Aussage ignorierend griff ich nach seinem Unterarm und zog ihn zu uns. Mit einem Grinsen schlang ich einen Arm um seinen durchnässten Körper, sodass er gezwungen war, sich an der Umarmung zu beteiligen. "So ein Gruppenkuscheln ist doch immer wieder schön, nicht wahr?"

Am Ende des Tages, als wir alle drei im Bus saßen und Richtung Blackwell fuhren, schaute Grace entschuldigend zu Logan. "Ich habe dich falsch eingeschätzt. Du bist völlig in Ordnung und es tut mir leid, was ich alles über dich gesagt habe." Dieser lächelte nur ruhig und sagte dann: "Ist schon okay. Ich hätte mich auch anders eingeschätzt."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top