Kapitel 22

Nach der Trennung hatte ich mit schweren Schuldgefühlen zu kämpfen. War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen? Jasper war seit dem Tag nicht mehr der Gleiche. Er war ruhiger, zurückhaltender. Statt groß von Football oder sich selbst zu prahlen, redete er jetzt fast gar nicht mehr. Ich wollte nie, dass er sich so verletzt fühlt. Ich dachte, es wäre so besser, aber anscheinend galt das nur für mich. Aber war das bei Trennung nicht immer so? Dem einen ging es super - er war ja endlich frei - während dem Anderen dafür das Herz gebrochen wird. Einer leidet, einer lacht. Ich wünschte bei unserer Trennung wäre es anders gewesen.

Doch ich war nicht die Einzige, der es anscheinend nicht so gut ging. Logan fing an, sich wieder mehr zurückzuziehen, was mir ziemliche Sorgen bereitete. Ich dachte, nach der Trennung mit Jasper könnte jetzt alles wieder bergauf gehen, doch da lag ich falsch. Natürlich versuchte ich, mit Logan zu reden, aber jedes Mal, wenn ich ihn fragte, wie es ihm ging und ob alles in Ordnung sei, blockte er nur ab oder behauptete, alles wäre okay und ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen. Bei dem Gedanken, das vielleicht etwas mit seinem Krebs war, lief es mir vor Angst kalt über den Rücken. Ich wollte ihn nicht verlieren, nicht jetzt, wo ich ihn so sehr brauchte. Also nahm ich mir vor nicht aufzugeben und an der Sache zu bleiben, auch wenn ich Logan mit meiner ganzen Fragerei vielleicht nervte. Immerhin meinte ich es nur gut. Es war ja nichts Schlimmes daran sich Sorgen zu machen, oder?

Irgendwann kam ich dann auf die Idee, dass ich auch einfach Warren fragen könnte. Er war Logans bester Freund; er musste wissen, was mit ihm war. Also machte ich mich nach meiner letzten Stunde auf die Suche. Schnell fand ich ihn, zusammen mit Max unter einem Baum sitzend, sie lachten gerade über irgendetwas. Als sie mich kommen sahen, rückten sie peinlich berührt ein wenig auseinander.

"Hey Warren, Hey Max!", begrüßte ich die beiden lächelnd und setzte mich vor sie. Ebenfalls lächelnd begrüßten sie mich fast synchron. Darüber schmunzelte ich ein wenig, kam dann aber ziemlich schnell zur Sache. "Ich störe euch nur ungern bei... was auch immer ihr gerade macht, aber ich habe eine Frage an dich Warren", begann ich zögerlich. Währenddessen spielte ich an dem Gras unter mir. "Okay. Was gibt's?", fragte er verwundert.
"Logan verhält sich in den letzten Tagen so komisch, aber jedes Mal wenn ich ihn danach frage, blockt er nur ab. Du bist doch sein bester Freund, kannst du mir bitte sagen, was los ist? Ich mache mir Sorgen um ihn. Habe ich irgendwas falsch gemacht?", erklärte ich mit unsicherer Stimme. Warren schaute kurz zu Max, die seinen Blick erwiderte, aber nur ahnungslos mit den Schultern zuckte. Dann sah er wieder zu mir und schien zu überlegen. Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. "Warren....?", fragte ich also misstrauisch und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was verschweigst du mir jetzt schon wieder?" Er seufzte jedoch nur kurz und richtete seinen Blick dann zu Boden.
"Es ist doch nichts passiert, oder?" Bei dem Gedanken spürte ich die Angst in mir aufsteigen und ich griff nach Warrens Arm. Eindringlich sagte ich: "Sag mir, dass nichts passiert ist!"
"Beruhige dich, Chloe." Warren zog seinen Arm weg und rieb kurz über die Stelle, an der ich ihn festgehalten hatte. "Es ist rein gar nichts passiert, okay? Also kein Grund zur Sorge", sagte er nun mit beruhigender Stimme und schaute mir dabei direkt in die Augen.

Er glaubte doch nicht wirklich, dass ich ihm das so abkaufen würde? Ich konnte ganz genau in seinen Augen sehen, dass da mehr dahinterstecke als er mir sagte. Aber warum verschwieg er es mir? Ich hatte Angst, dass mir Logan vielleicht nicht so sehr vertraute, wie ich immer dachte, und die beiden deswegen so ein riesiges Geheimnis aus allem machten. Aber ich wollte auch nicht aufdringlich oder so wirken, immerhin war es ja seine Sache, ob er mit mir redete oder nicht. Warum musste ich auch so schrecklich neugierig sein? Ich seufzte innerlich. Am liebsten hätte ich mich jetzt in das Gras gelegt und in den Himmel gestarrt, dabei konnte man immer gut nachdenken. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass Max und Warren mich dann für vollkommen bescheuert halten würden, also ließ ich es lieber sein.

Nachdem eine Weile niemand mehr etwas gesagt hatte, stand ich schließlich wieder auf. Dabei sagte ich seufzend und mit den Dreck von der Hose klopfend: "Gut, wenn du nicht mit mir reden willst, dann kann ich ja auch wieder gehen. Wir sehen uns." Ich griff nach meiner Tasche, die die ganze Zeit neben mir gestanden hatte, und schulterte sie. Warren wollte noch etwas sagen, aber er wusste dem Anschein nach nicht was. Bevor ich allerdings endgültig ging, fiel mir noch etwas ein. Schnell drehte ich mich wieder zu Warren und fragte: "Weißt du denn wenigstens, wo Logan ist?"
Wenn er schon nicht mit mir reden wollte, dann konnte er mir wenigstens die Information geben.

"Keine Ahnung, aber ich würde mal davon ausgehen, dass er in seinem Zimmer ist. Schau' da mal nach!" Ich nickte dankend und machte mich auf den Weg.  Gemütlich schlendernd verließ ich den Teil vor dem Hauptgebäude und begab mich in Richtung der Jungenschlafräume.

Während meines Weges musste ich wieder über Logan nachdenken, ohne es eigentlich zu wollen. Ich war mir nicht sicher, ob es gut war, dass ich mir so viele Sorgen machte; hatte ich überhaupt das Recht dazu?
Allerdings neigte ich oft dazu zu übertreiben, egal worum es ging. Ich war ein sehr emotionaler Mensch und vieles ging mir schnell sehr nahe, was mir nicht immer zum Vorteil war. Manchmal wünschte ich mir, meine Gefühle unterdrücken zu können, aber das ging leider nicht. Ich musste damit leben, wie ich war, ob ich das wollte oder nicht.

**********

Vorsichtig klopfte ich an Logans Tür. Während ich darauf wartete, dass er mir aufmachte, wippte ich ungeduldig auf und ab und nutzte die Gelegenheit, um mich ein wenig umzusehen. Das Wohnheim der Jungen war eigentlich genauso aufgebaut wie das der Mädchen. Es gab einen Duschraum, Toiletten und einen separaten Raum, in dem man sich in seiner Freizeit aufhalten konnte, wenn man das denn wollte. Und natürlich gab es die einzelnen Zimmer der Schüler.

Als Logan auch nach einer ganzen Weile noch keine Reaktion gezeigt hatte, wurde ich unruhig. Vielleicht war er ja gar nicht da - aber wo sollte er um die Zeit sein? Nach kurzem Überlegen beschloss ich, einfach die Tür selbst zu öffnen und nachzusehen - sofern sie offen war. Zwar fühlte ich mich dabei wie ein Einbrecher, doch ich wollte unbedingt wissen, ob er dort drin war, also ignorierte ich das schlechte Gewissen, das sich in mir breit machte, als ich zaghaft die Klinke nach unten drückte. Zu meiner Überraschung war sogar offen, zögernd betrat ich den Raum und schloss die Tür hinter mir.

Logan war da. Er saß auf seinem Bett, mit dem Rücken zu mir. Natürlich hörte er es, als ich so leise wie möglich die Tür hinter mir schloss. Überrascht sah er zu mir, er hatte anscheinend definitiv nicht damit gerechnet, dass ich reinkommen würde.
"Tut mir leid, dass ich einfach so in dein Zimmer platze", murmelte ich entschuldigend und lachte ein wenig, um meine Unsicherheit zu überspielen.

Logan lächelte daraufhin nur. Ich bemerkte erst, dass er irgendetwas in seiner Hand hielt, als er es blitzschnell unter die Decke stopfte und zu mir kam, um mich mit einer liebevollen Umarmung zu begrüßen.
"Komm, setz dich. Was machst du hier?", fragte er und klopfte auf sein Bett, dann ließ er sich selbst wieder nieder. Ich tat es ihm gleich und nahm auf seiner gemütlichen Decke Platz. Dort, wo ich vor noch nicht allzu langer Zeit selbst gelegen hatte.
Natürlich musste ich nun die ganze Zeit an das Etwas denken, dass er vorhin so schnell hatte verschwinden lassen. Was war das und vor allem, warum hatte er es versteckt? War es etwas so Geheimes, dass ich es nicht sehen durfte?

"Ich habe mir ein wenig Sorgen um dich gemacht, um ehrlich zu sein", gab ich zu und beobachtete meine Füße, die ich munter hin und her wippen ließ. Logan lachte verwundert und fragte dann: "Sorgen? Warum denn das?"
Ich war mir nicht sicher, ob er das ernst meinte oder nur versuchte, mir etwas vorzuspielen. "Naja, du ziehst dich plötzlich so zurück und lenkst jedes Mal vom Thema ab, wenn ich dich frage, ob alles okay ist", erklärte ich, ohne ihm dabei ins Gesicht zu schauen. Ich war fast schon ein wenig von mir selbst überrascht, dass ich es so direkt gesagt hatte, aber Logan ließ sich davon nicht beirren. Stattdessen fragte er auf einmal: "Möchtest du etwas essen? Ich hätte Kekse."
Anfangs war ich verwirrt, wie er denn nun darauf kam. Dann allerdings erkannte ich, was er vorhatte und verschränkte die Arme vor der Brust. "Siehst du, du tust es schon wieder!" Ich seufzte. "Warum?"

Anstatt dieses Mal eine richtige Antwort zu geben, zuckte er nur mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Also willst du jetzt Kekse oder nicht?"

Frustriert lehnte ich mich zurück und zog meine Knie an meinen Körper. Stumm nickte ich, woraufhin Logan aufstand und zu einem Regal ging. Kurze Zeit später saß er wieder neben mir und platzierte die Kekspackung zwischen uns beide.

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Nicht noch einmal korrigiert, sorry :D
Wer Fehler findet, gibt mir bitte einfach Bescheid.


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