Kapitel 13
Die nächsten Tage sprach ich mit fast niemandem. Ich war die ganze Zeit über mit den Gedanken ganz woanders. Die Sache mit Jasper wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Egal wie sehr ich es auch versuchte, ich konnte meine Gefühle für ihn nicht in Worte fassen. Irgendwie liebte ich ihn- aber irgendwie auch nicht. Das Ganze war so verwirrend und ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Auch traute ich mich nicht, Grace davon zu erzählen, da ich Angst hatte, sie würde falsch reagieren. Und bei Jacky brauchte ich es erst gar nicht zu probieren. Mit ihr redete ich kaum noch, nur wenn wir zu viert etwas unternahmen. Ich kam mit ihrer Art irgendwie nicht mehr klar. Aber ich wollte sie nicht verletzen, deswegen hielt ich mich einfach von ihr fern.
Während diesen paar Tagen fühlte ich mich so unglaublich einsam; dabei hatte ich so viele Freunde. Doch niemand, mit dem ich über das reden konnte, was mich bedrückte. Ich war allein mit meinem Problem, da es eh niemand nachvollziehen konnte. Ich saß einfach stillschweigend auf meinem Bett und dachte nach. Im Unterricht versuchte ich mich auf die Worte des Lehrers zu konzentrieren, um mich so von dem Chaos in meinem Kopf abzulenken.
Der Nachmittag mit Grace, wo wir wegen einem Halloweenkostüm in der Stadt waren, hatte mir gut getan. Wir hatten viel Spaß und ich war fast durchgehend am Lachen, weil wir uns immer die bescheuertsten Kostüme herausgesucht hatten. Am Ende hatte ich mich dafür entschieden, dass ich als Zombie gehen wollte. Also besorgte ich mir ein paar schlichte Klamotten, die ich zerschneiden konnte, und rüstete mich mit dem nötigen Make-up aus. Grace wollte als Bösewicht gehen und hatte sich dafür ein ziemlich cooles und lustiges Kostüm zusammengestellt. Ich freute mich schon riesig auf die Party und konnte es kaum erwarten zu sehen, was all die anderen Schüler sich für Kostüme ausgedacht hatten. Meistens verkleideten sich auch die Lehrer, was die ganze Sache noch amüsanter machte. Ich sah Mrs Grant schon, wie sie als verrückte Wissenschaftlerin durch die Schule wanderte. So hatte sie sich auch letztes Jahr verkleidet und dafür von uns Schülern den Preis für das beste Kostüm unter den Lehrern bekommen. Mr Edison war da schon etwas spießiger; er gab sich meistens nicht besonders viel Mühe. Dafür war er im Unterricht ein ziemlich cooler Lehrer. Selbst Direktor Wells kam jedes Jahr in einem originellen Kostüm. Und dieses Jahr würde die Party wegen unserer Rauchbombe noch tausendmal spektakulärer werden. Ich stellte mir vor, wie man selbst noch Jahre später von dieser einzigartigen Party erzählt würde.
Es war ein Mittwochnachmittag, ich saß gerade im Aufenthaltsraum der Mädchen und las ein ziemlich langweiliges Buch. Eine Bekannte meiner Mutter hatte es mir geschenkt und um höflich zu sein, quälte ich mich nun hindurch. Auf einmal hörte ich, wie jemand den Raum betrat. Daran war natürlich erst einmal nichts außergewöhnliches, doch die Person schien sich kurz bei jemanden zu erkundigen, bevor sie schließlich von hinten auf mich zu kam. Derjenige stellte sich vor mich, und ich musste zu meiner Überraschung feststellen, dass es Logan war. Er zeigte auf die Couch, auf der ich saß. "Kann ich mich setzen?" Nickend rutschte ich etwas zur Seite, damit er Platz nehmen konnte. Erwartungsvoll sah ich ihn an. "Was liest du da?", fragte Logan auf das Buch deutend. Mit einem Schulterzucken legte ich es beiseite. "Nichts spannendes. Um ehrlich zu sein, ist es ziemlich langweilig." Verwirrt schaute er mich an. "Warum liest du es dann?"
"Das war ein Geschenk und um nett zu sein, lese ich es halt", erklärte ich. Logan nickte daraufhin nur und begann zu reden. "Warum ich eigentlich hier bin; ich habe das mit Jasper mitbekommen und wollte mich entschuldigen."
"Wofür? Du hast doch gar nichts gemacht", entgegnete ich. "Ihr habt euch gestritten und zwar mehr oder weniger wegen mir. Das wollte ich nicht, tut mir leid." Seine Stimme klang fast schon verletzt.
Ich fühlte mich ziemlich schlecht, da er sich die Schuld an dem Streit zwischen Jas und mir gab, dabei konnte er wirklich nichts dafür. Es ging ja nur indirekt um ihn. Fieberhaft überlegte ich, wie ich ihm dies nun erklären konnte. Ich wollte nicht, dass er deswegen jetzt ein schlechtes Gewissen hatte.
"Bitte sag sowas nicht. Du hast damit überhaupt nichts zu tun gehabt. Irgendwann musste ich Jasper ja mal meine Meinung sagen. Du hast in keinster Weise Schuld an der Auseinandersetzung. Du warst ja nicht einmal dabei", sagte ich besänftigend und lächelte zur Bestätigung. Ohne auf eine Antwort von Logan zu warten, zog ich ihn ein wenig näher, um ihn zu umarmen. Im ersten Moment wirkte er verkrampft, als wäre ihm die Situation unangenehm. Doch schon im nächsten Moment entspannte sich sein Körper und er erwiderte die Umarmung. Ein unglaubliches Gefühl durchfuhr meinen Körper, als er seine Arme um mich legte. Am liebsten hätte ich ihn nie wieder losgelassen.
Doch wie jeder schöne Moment endete auch dieser irgendwann und Logan löste sich von mir. Unsicher lächelte ich ihn an. Er lächelte ebenfalls ein wenig und sagte: "Danke." Mehr nicht. "Wofür?", fragte ich.
"Dafür, dass du mich verteidigt hast. Ich weiß das ehrlich zu schätzen. Und danke für das eben. Ich glaube, manchmal ist eine Umarmung das einzige, was man gerade braucht. Keine großen Reden; einfach nur das Gefühl, das jemand da ist. Danke dafür." Im ersten Moment wusste ich nicht so recht, was ich ihm antworten sollte. Seine Worte hatten mich regelrecht überrumpelt- aber ich fühlte mich irgendwie geschmeichelt.
"Wow, das äh- das kam jetzt überraschend", sagte ich unsicher lachend. "Das mache ich doch gerne. Wenn irgendwas ist, dann kannst du immer zu mir kommen. Ich bin gern für dich da." Logan bedankte sich erneut, dieses Mal lächelte er etwas mehr. Dann war eine Weile Stille zwischen uns, solange bis er nach meinem Buch griff und über das Cover strich. "Das habe ich auch mal gelesen. Eigentlich gar nicht so schlecht, wenn man im nachhinein so darüber nachdenkt." "Gut, ich bin auch noch nicht so weit. Aber ich mag es nicht, wenn Bücher so eintönig anfangen. Dann fehlt mir die Motivation zum Weiterlesen", gab ich mit einem Lachen zu. Logan nickte zustimmend und sagte: "Ja das stimmt. Der Anfang ist wirklich ziemlich öde. Aber ab ungefähr der Mitte wird es ziemlich gut, glaub mir." Ich lächelte. "Okay, vielleicht hast du sogar recht. Ich werde auf jeden Fall dranbleiben." "Ich habe immer Recht", erwiderte er mit gespielt arroganter Stimme. "Sag mir dann nachher, wie du es gefunden hast."
"Mache ich definitiv", versprach ich. Dann sah ich zum Fenster und schließlich wieder zurück zu Logan. "Lust ein wenig rauszugehen und die letzten Sonnenstrahlen vor dem kalten bösen Winter zu genießen?" Logan lachte. "Klar, gerne. Lass mich noch schnell meine Jacke holen. Treffen wir uns in ca. 10 Minuten vor dem Hauptgebäude?" Ich nickte zustimmend. Logan stand auf und verließ den Aufenthaltsraum, und auch ich ging hinaus und steuerte mein Zimmer an.
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