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Elian

Es war schon wieder Freitag. Ich musste nur noch diesen Tag rumkriegen, dann hatte ich zwei ganze Tage Ruhe vor dieser Hölle.
Doch mein Wochenende sah trotz allem nicht rosig aus. Ich musste unbedingt lernen für die nächsten Klausuren die anstanden. Denn in den meisten Fächer hatte ich sehr bescheidene Noten und das Letzte was ich wollte, war dieses Schuljahr nochmal zu wiederholen.
Meine Noten würden definitiv besser aussehen, wenn ich nicht noch den ganzen Haushalt schmeißen müsste. Dann hätte ich wesentlich mehr Zeit zu lernen und auch mehr Zeit die Hausaufgaben zu machen.
"Schwuchtel!", rief Billy mir zu, als ich an ihm vorbeilief. 
Ich ignorierte ihn einfach und lief weiter. Die Pause hatte gerade erst begonnen. Ich entschied mich nach draußen zu gehen und mich in irgendeine Ecke zu setzen, wo ich möglichst wenig Aufmerksamkeit errege. Es war zwar kalt draußen, doch durch die Sonne die heute schien konnte man es draußen gut aushalten.
Plötzlich spürte ich von hinten zwei Hände an meinen Rücken und bevor ich reagieren konnte, schubste mich jemand so heftig, dass ich auf den Boden fiel. Mehrere Leute fingen an zu Lachen. Ich sah Billy, welcher um mich herumlief und meinen Rucksack aufhob.
"Ich nehme mir nochmal deine Hausaufgaben für heute, ja? Sehr nett von dir. Danke."
Er kramte meine Bücher raus und schmiss sie auf den Boden. Ich stand wieder vom Boden auf und schaute ihm einfach dabei zu.
Was sollte ich auch sonst tun?
"Oh nice, da ist ja Geld.", meinte Billy und gab es Dominik. "Damit ist unser Mittagessen gesichert."
Eigentlich war das Geld für mein Mittagessen. Meine Oma hatte es mir vor ein paar Tagen gegeben. Doch dann würde ich heute Mittag wohl nichts essen.
Als er meinen Block gefunden hatte, durchsuchte er es nach den Hausaufgaben.
"Was tut ihr da?", fragte Levin, welcher nun auch dazukam.
"Hausaufgaben suchen. Für Englisch."
"Such die für Mathe auch mal, die hab ich nicht gemacht."
An diesen dummen Matheaufgaben saß ich die halbe Nacht. Umsonst, so wie es scheint.
"Einmal Mathe.", sagte Billy und gab sie Levin. "Und hier sind die für Englisch."
Er riss die Seite raus und schmiss den Block auf den Boden. Doch damit nicht genug. Er trampelte auch nochmal mit seinem Fuß drauf und hinterließ eine Drecksspur. Dann hielt er mir den Rucksack hin. Ich wollte den Rucksack gerade entgegennehmen als er ihn einfach auf den Boden warf. In aller Blöße begann ich meine Sachen aufzusammeln.
"So ein Opfer.", lachte Dominik. 
"Ach, er kniet sich doch gerne hin. Wie die kleine Schwuchtel die er ist.", lachte Billy und schubste mich mit seinem Fuß nochmal. Sodass ich kurz das Gleichgewicht verlor.
"Billy, ist gut jetzt.", sagte Levin zu meiner eigenen Überraschung.
"Was?", fragte Billy, genauso überrascht.
"Übertreib doch jetzt nicht so."
"Was ist denn bei dir los? War doch lustig."
"Ja, aber musst du jedes Mal übertreiben? Wenn irgendein Lehrer das hier draußen sieht, sind wir am Arsch."
"Spielverderber."
"Halts Maul du Pisser."
Die drei zogen ab und ich konnte in Ruhe meine Sachen zusammensuchen. 

(...)

Nach der Schule lief ich nicht nach Hause, sondern zu meiner Oma. Ich hatte ihr nämlich versprochen, dass wir zusammen in die Stadt gehen. Dort war ein kleines Straßenfest und der Bürgermeister hielt eine Rede. Diese wird auch Live im Fernsehen übertragen, aber sie wollte sich das gerne vor Ort ansehen. Ich wollte da wirklich nicht hin. Vorallem, weil ich wusste, dass Levin auch da sein wird. Schließlich war sein Vater der Bürgermeister. Auch, wenn ich einen kleinen Funken Hoffnung hatte, dass er nicht dabei sein wird. Aber vielleicht war auf dem Straßenfest ja auch soviel los, dass wir uns gar nicht begegnen. Und vielleicht war er auch nur mit seinen Eltern unterwegs und würde dann keinen dummen Spruch oder sowas loslassen.  Und vielleicht waren seine ganzen Freunde auch nicht da. Die kamen wahrscheinlich alle erst Abends um dort zu trinken.
"Hallo Oma!"
"Hallo, mein Schatz!"
Ich lief ins Wohnzimmer. 
"Wir haben noch kurz Zeit.", sagte sie. "Das ganze geht erst um drei Uhr los. Hast du schon was gegessen? Ich hab sonst noch etwas Suppe für dich. Sie ist auch noch warm."
"Suppe nehme ich gerne. Aber bleib sitzen, ich hol sie mir selbst."
Tatsächlich stand die Suppe noch auf dem Herd und zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass sie auch noch köchelte. Schnell schaltete ich den Herd aus und nahm mir ein wenig Suppe aus dem Topf.
Dann musste ich zumindest nicht bis zum Abend ohne Essen auskommen.
"Der Herd war noch an.", informierte ich meine Oma.
"Oh... Ja, ich hatte den angelassen, damit sie nicht kalt wird, falls du was haben willst."
"Das ist nett. Aber ich kann mir sie auch warm machen. Lass den Herd lieber aus, das kann gefährlich sein."
"Das weiß ich doch.", sagte sie lächelnd.
Wir redeten noch ein wenig miteinander und schneller als gedacht, war es dann auch schon soweit, dass wir los mussten. Oma wohnte nah an dem Ort wo das Stadtfest stattfinden wird. Und da sie noch gut zu Fuß war, entschieden wir uns hinzulaufen.
Es war bereits viel los in der Stadt. Auch eine Bühne war aufgebaut, auf welcher der Bürgermeister gleich seine Rede halten würde.
Oma und ich suchten uns eine Holzbank, von welcher wir die Bühne gut sehen konnten.
Und dann ging es auch schon los. Der Bürgermeister kam auf die Bühne und stellte sich an das Podest. Hinter ihm standen seine Frau, seine Tochter und sein Sohn. Levin. 
Der Bürgermeister fing an seine Rede zu halten. Ich schaute mich derweil in der Gegend um, um zu schauen wer noch so hier war. Als ich wieder zur Bühne hochschaute, sah ich zu Levin und er auch zu mir.
Unsere Blicke trafen sich und schnell schaute er wieder weg und beobachtete seinen Vater.
Hatte er mich die ganze Zeit angestarrt? Was hatte er vor?
Scheiße, ich wollte hier wieder weg.

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