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Elian
"Sowas tut nur ein Schwächling. DU BIST EIN SCHWÄCHLING!"
Er machte einen großen Schritt auf mich zu und schubste mich erneut. Dieses mal fiel ich jedoch nicht auf den Boden. Ich taumelte nur nach hinten und mein Kopf traf den Türrahmen.
Mein Blick schweifte zur Tür, welche seit seinem letzten Wutanfall einiges abbekommen hat. Es war ein leichtes Loch dort zu sehen.
Fuck, wenn ich nicht bald von hier wegkomme, wird er mir noch mehr wehtun.
Warum machte es nur allen Spaß mir weh zu tun?
Ich nahm endlich die Beine in die Hand und rannte die Treppen runter. Mein Vater war mir direkt auf den Fersen.
Ich visierte die Haustür an, streckte meine Hand bereits aus, damit ich so schnell es ging rausrennen konnte.
Die Treppen kamen mir elendig lang vor. Doch endlich bekam ich die Türklinke zum fassen.
"Du haust jetzt nicht ab!", schrie mein Vater und packte mein Handgelenk erneut.
Er zog mich zurück in den Flur und stellte sich vor die Haustür.
"Will er wieder abhauen?", fragte meine Mutter, welche aus der Küche kam. "Wie kann man nur so armselig sein. Aus dir wird nie ein Mann."
"Das ist schon lange vorbei.", sagte mein Vater. "Er ist eine Schwuchtel. Er wird nie ein Mann. Nur ein unwichtiger Nichtsnutz, der es verdient hat, dass man ihn bespuckt."
Die Treppe so wie die Haustür waren nun von meinen Eltern versperrt. Meine einzige Zufluchtsmöglichkeit war das Badezimmer unten. Da könnte ich mich einsperren, bis meine Eltern fertig waren mit ihrem Wutausbruch.
Oder Dad trat die Tür ein. Doch, wenn ich mich nirgends verschanze, werde ich so oder so vermöbelt.
Erneut rannte ich los zum Badezimmer, doch mein Vater war anscheinend durch seinen Wutausbruch fast nüchtern, weswegen er mich einholte.
Er schubste mich ins Badezimmer und trat auch hinein.
"SIEHST DU DIESEN DRECK HIER?! DAS IST ALLES DEINE SCHULD! NUR DEINE!"
Mein Atem beschleunigte sich, mein Herz drohte aus meiner Brust zu springen. Und ich drohte gleich in Ohnmacht zu fallen.
"WENN DU NICHT SO EINGEBILDET WÄRST UND DEIN DUMMES GELD TEILEN WÜRDEST, DANN MÜSSTE ICH DICH JETZT NICHT VERPRÜGELN!"
Ich atmete tief durch und fand endlich meine Stimme wieder.
"Es ist nicht meine Entscheidung gewesen euch nichts abzugeben."
"ABER ES WAR DIE ENTSCHEIDUNG DEINER DUMMEN, ALTEN OMA! SIE IST GENAUSO UNDAKBAR WIE DU!"
"Rede nicht so über sie!", schrie ich ihn an. "Sie hatte einen guten Grund dir nichts abzugeben!"
"Aha... Du willst es also wirklich wissen, was? Du legst es echt drauf an."
Auch ich ballte meine Hände nun zu Fäusten. Ich verlagerte mein Gewicht so gut es ging auf beide Füße, damit ich einen sicheren Halt hatte um mich wehren zu können.
"ICH WERDE DAS GELD UND DEINE MANIEREN AUS DIR RAUSPRÜGELN! DU SCHWUCHTEL! DU KLEINES STÜCK SCHEIßE!"
Er gab mir eine saftige Backpfeife, bei der ich bereits die Tränen zurückhalten musste. Wenn mir das in der Schule passierte, war es eine Sache. Doch diese Schmerzen von seinem eigenen Vater zu erfahren, war nochmal was ganz anderes.
"Elian!?", hörte ich jemand rufen.
War das... Scheiße, Ja! Das war Levin.
Fuck!
"Wer ist da?", fragte mein Vater an mich gewandt.
"Tu ihm nichts.", sagte ich leise und spürte wie mir Tränen in die Augen stiegen.
"Ist er dein Freund. Ist er auch eine Schwuchtel?"
Mein Vater ging ein paar Schritte zurück und wollte in den Flur schauen, wer dort stand.
"Dad... Bitte nicht..."
Mein Vater steckte den Kopf aus dem Badezimmer und fing an zu Grinsen.
"Hallo. Du bist Elians Freund?", fragte er ruhig und fast freundlich.
"Ja..."
Nun drehte mein Vater sich komplett zu ihm um.
"Komm ruhig rein. Du musst nicht so im Türrahmen stehen."
Fuck! Er war so ein Psychopath.
"Levin! Renn!", schrie ich und rannte an meinem Vater vorbei.
Ich sah, dass er noch in der Haustür stand, welche auch noch offen stand.
Ich rannte auf ihn zu und sah, den Schock in seinem Gesicht stehen.
"Du bleibst hier!", schrie mein Vater und packte mich am Shirt.
Ich taumelte gegen ihn, wehrte mich jedoch mit aller Kraft und entkam Gott sei Dank seinem Griff.
Levin streckte eine Hand nach mir aus. Ich hörte, dass mein Vater hinter mir her rannte.
Seit wann war dieser Flur so endlos lang?
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wenn wir hier jetzt nicht rauskommen, wird er uns beide verprügeln. Dieser Mann ist das Sinnbild von Hass.
Endlich konnte ich Levins Hand ergreifen und er zog mich raus.
"Zum Auto!", rief Levin und ich hörte wie er noch die Haustür zuknallte.
Ich rannte einfach weiter, schaute nicht nach hinten. Ich wusste das Levin genau hinter mir war.
Gerade als ich ins Auto gestiegen bin, sah ich, dass mein Vater auf uns zugerannt kam.
"Wenn du wieder kommst, bist du tot!", schrie er. "HÖRST DU?! TOT!"
Mit quietschenden Reifen fuhr Levin los. Und zum ersten Mal nach Minuten der Todesangst konnte ich erleichtert ausatmen.
"Heilige Scheiße...", sagte Levin leise.
Und genau das beschrieb diese Situation am besten. Ich will mir gar nicht ausmalen was passiert wäre, wenn Levin wirklich weiter ins Haus getreten wäre.
Er hätte ihn auch vermöbelt und das nur, weil er mein Freund ist...
Wir fuhren stillschweigend zu Levin nach Hause. Jeder von uns war in seinen eigenen Gedanken und versuchte das eben geschehene zu verarbeiten.
Erst als Levin vor dem Haus parkte, unterbrach er die Stille.
Er nahm meine Hand in seine und schaute mich besorgt an.
"Alles gut?"
Ich nickte nur.
"Du kannst mit mir darüber reden, ja?"
"Ich weiß. Aber.... nicht jetzt."
"Nein. Erst wenn du soweit bist."
Er strich mir sanft durchs Haar, bevor wir ausstiegen und ins Haus gingen.
Als Levin die Tür gerade geschlossen hatte, kam seine Schwester aus einem Nebenraum in den Flur.
"Hast du jetzt ernsthaft Mom und Dad angerufen?", fragte Levin und ich hörte, dass er wütend war.
"Ja. Aber ich hab sie noch nicht erreicht."
"Fella, ich schwöre dir. Wenn du das petzt verbrenne ich alles in deinem Zimmer."
"Du kannst nicht einfach das Auto nehmen!"
"Ich kann Auto fahren."
"Aber du darfst das nicht."
"Gott Fella, darum geht es nicht! Wenn ich das Auto nicht genommen hätte dann würde Elian immer noch in Gefahr sein! Nicht jeder hat so ein Glück mit seiner Familie wie wir! Und jetzt sei einmal in deinem Leben eine richtige Schwester und stärke mir den Rücken. Nur dieses eine Mal! Es ist doch nichts passiert. Und ich werde es nicht wieder tun."
Fella schaute kurz zu mir und dann zu Levin.
"Okay... Aber ich hab mir wirklich Sorgen gemacht."
"Verstehe ich. Aber nur dieses eine mal musst du mir vertrauen. Es war wirklich notwendig, dass ich das Auto mitgenommen habe. Mom und Dad müssen davon nichts erfahren."
"Okay. Dieses eine Mal erfahren sie davon nichts. Aber beim nächsten Mal-"
"Beim nächsten Mal, verpetzt du mich. Schon verstanden. Danke Fella."
Levin legte einen Arm um meine Taille. "Lass und hochgehen.", sagte er an mich gewandt und schob mich in Richtung Treppe.
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