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Elian

Mein Vater war einfach das größte Arschloch der Welt. Er kam nicht mal zu der Beerdigung seiner eigenen Mutter. Aber bei der Testamentseröffnung war er dabei. Das war ja klar. Schließlich ging es dabei um Geld.
Obwohl meine Oma mir bereits erzählt hatte, dass mein Vater nichts kriegen wird, war ich gespannt was noch alles in dem Testament steht. Vielleicht hat sie sich ja auch umentschieden und nochmal etwas ändern lassen.
Nun saßen wir hier zu dritt. Links mein Vater, Stefan in der Mitte und ich ganz rechts. Der Richter saß vor uns und nach kurzem hin und her fing er an das Testament vorzulesen. Tatsächlich stand dort alles genau so drin, wie Oma es mir gesagt hatte. Ich bekam ihr Haus, Stefan ihre Ersparnisse und mein Dad ging leer aus. Er bekam anscheinend nicht mal den Pflichtteil, von dem ich vorher gar nicht wusste, dass es so etwas gibt.
"Das kann nicht stimmen.", sagte mein Vater wütend. "Wieso sollte ich nichts kriegen?!"
"Bitte beruhigen Sie sich.", sagte der Richter. "Ich lese es nur so vor wie es hier steht. Und wenn Sie meinen, dass das nicht stimmen kann, müssen Sie dagegen klagen."
"Was soll die Scheiße hier. Hätte ich das eher gewusst, wäre ich gar nicht gekommen."
Er stand einfach auf, und verließ den Raum. Ich seufzte leise bevor auch Stefan und ich uns erhoben.
"Vielen Dank für Ihre Zeit.", bedankte sich Stefan und ich nickte dem Richter freundlich zu.
"War ja klar, dass er so reagiert.", meinte ich als wir durch das riesige Gebäude nach draußen liefen.
"Mach dir da keinen Kopf drüber. Das ist seine eigene Schuld."
Als wir draußen ankamen, stand zu meiner Verwunderung mein Vater immer noch draußen.
"Du hast das doch alles mit der Alten abgemacht!", schrie er mich wütend an. "Findest das jetzt lustig, dass ich blöd dar stehe, was?! Du miese kleine Schwuchtel!"
"Hey, es reicht jetzt!", rief Stefan und stellte sich schützend vor mich hin. "Du weißt ganz genau warum du nichts vom Erbe abkriegst! Würdest du nicht so ein dummer, nichts nütziger Säufer sein und dich um deine Familie kümmern, dann würde das ganz anders aussehen."
"Ach, was willst du denn jetzt? Du lebst hier doch gar nicht mehr. Du hast gar nichts zu sagen!"
"Was versuchst du hier gerade? Du bist doch nicht mal zu ihrer Beerdigung gekommen. Hast dich überhaupt nicht für sie interessiert. Du hast nicht mal deinen Sohn getröstet, als er es gebraucht hat. Du kannst froh sein, dass zumindest ich hier bin und er nicht mit allem alleine dar steht."
"Er ist alt genug! Außerdem, was soll ich bei dieser Schwu-"
"Siehst du! Und genau aus diesem Grund hat Mom dich enterbt. Weil du ein Arschloch bist. Ich werde Elian nächste Woche zu mir nehmen, damit er zumindest einmal durchatmen kann."
Mein Vater schaute mich nun zum ersten Mal bei dieser Diskussion an. Seine Augen leuchteten wütend und er war feuerrot im Gesicht.
"Komm du mir heute erst Mal nach Hause."
Dann drehte er sich um und lief davon. 
"Alles okay?", fragte Stefan besorgt.
Ich nickte nur. "Kenn ich ja nicht anders."
"Hey, ich reise heute ab. Ich werde das Hotelzimmer noch eine Nacht länger buchen. Ich möchte nicht, dass du heute Abend zuhause schläfst, okay?"
"Okay."
Ich widersprach Stefan gar nicht. Denn er hatte Recht. Mein Dad war so sauer, er wird nur darauf warten, dass ich nach Hause komme. Und ab Sonntag würde ich ja sowieso nach Amerika fliegen.

(...)

Das Hotelzimmer war zwar klein, doch es war auch ziemlich gemütlich. Und vorallem war es hier sehr ruhig und ich musste einmal an nichts denken.
Ich schaltete gerade den Fernseher an, als Levin mich anrief.
"Hi.", meldete ich mich.
"Hey. Wie lief die Testamentseröffnung?"
Ich war immer wieder erstaunt, wie gut er sich die ganzen Sachen merkte, die ich ihm erzählte.
"Lief gut."
"Wow, Elian. Danke für diese detailreiche Info.", lachte er und ich stimmte mit ein. "Gibt es da auch noch mehr zu berichten?"
"Mein Onkel und mein Vater haben zu gleichen Teilen die Ersparnisse meiner Oma bekommen und ich hab ihr Haus geerbt."
Gut, das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber wenn ich ihm jetzt erzählen würde, dass mein Vater nichts bekommen hat, würde er Fragen stellen. Und diese Fragen will ich ihm nicht beantworten. Er musste das nicht unbedingt wissen.
"Du hast ihr Haus bekommen? Ist das abbezahlt?"
"Ja, ist es. Sie hatte es mir aber schon erzählt, dass ich das kriegen soll."
"Das ist doch voll cool."
"Hm, ja... Aber ich weiß noch nicht was ich damit mache. Es fühlt sich im Moment nicht richtig an da einzuziehen."
"Das musst du ja auch nicht. Deine Oma ist erst seit ein paar Tagen nicht mehr da. Darüber brauchst du doch noch gar nicht nachdenken. Erstmal genießen wir jetzt den Urlaub zusammen."
"Ja, du hast Recht.", sagte ich und erwischte mich dabei, wie ich anfing zu Grinsen.
"Hast du heute noch etwas geplant?", fragte er.
"Ne, du denn?"
"Wir wollten heute feiern gehen. Außer du sagst, dass du nicht allein sein willst, dann kann ich das auch absagen."
"Nein, das musst du nicht. Mir geht es gut, wirklich."
"Sicher?"
"Ja."
"Versprochen?"
"Versprochen."
"Und wenn doch was ist, dann ruf an, okay?"
"Das klingt so, als wäre ich ein Kleinkind.", lachte ich.
"Och, Elian.", lachte Levin. "So mein ich das doch nicht. Ich will nur nicht, dass du dir etwas tust."
"Ich weiß. Aber das werde ich nicht. Versprochen. Und wenn es doch zu viel wird, dann rufe ich dich an."
"Aber mach das auch wirklich. Wir sind auch nicht weit weg. 10 Minuten dann bin ich da. Wenn ich renne schaff ich das auch in 5 Minuten."
"Ist gut. Hab viel Spaß."
"Danke. Wir sehen uns morgen."
"Ja, bis morgen."
Ich legte auf und ließ mich ins Bett fallen. Und wieder erwischte ich mich dabei wie ich grinste. 

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