20
Elian
Ich weiß nicht wovor ich mehr Angst haben sollte. Davor, dass ich keine Ahnung hatte wo Levin mit mir hinfuhr oder davor, dass er so fuhr als hätte er bereits seit Jahren den Führerschein.
"Wo wollen wir eigentlich hinfahren?", fragte er irgendwann, als er langsam aus der Stadt rausfuhr.
"Ähm... Ich... Ich weiß es nicht."
"Hm... Ach, wir finden schon was."
Dieser Typ machte mich echt nervös. Ich hatte immer noch dieses leichte Gefühl, dass er mich einfach nur verarschte, aber da musste ich jetzt durch. Ich hoffe nur, dass ich auch heile wieder nach Hause komme und er mich nicht einfach irgendwo aussetzt. Aber soweit würde doch nicht mal Levin gehen oder?
Wir fuhren ungefähr 20 Minuten und in der ganzen Zeit suchte er einen Radiosender.
"Warum läuft denn überall so eine Drecksmusik..."
Er kramte sein Handy aus der Seitentür und reichte es mir. "Schau mal ob du dich irgendwie mit dem Radio verbinden kannst und dann mach einfach Spotify drauf. Das andere Gejaule kann sich ja keiner geben."
Zögernd nahm sich sein Handy und er sagte mir seinen PIN. Ich tat einfach was er sagte und schaute wie ich das Handy mit den Auto verbinden konnte.
Was zum Teufel war mit ihm los? Wieso gab er mir einfach sein Handy in die Hand. Ich schaute immer mal wieder heimlich zu ihm auf, doch Levin schaute nur auf die Straße. Theoretisch könnte ich sein ganzes Handy durchsuchen, was ich mich jedoch nie im Leben trauen würde. Vermutlich wusste er das auch.
Nach ein paar Minuten hatte ich es endlich geschafft das Handy mit dem Auto zu verbinden.
"Nice, aber jetzt sind wir da.", sagte er und lächelte mich an.
Ich schaute raus und hatte gar nicht bemerkt, dass wir bereits angehalten hatten. Plötzlich fing mein Herz an heftig zu schlagen. Wir standen vor einem Waldeingang. Und es war bereits stockdunkel.
Levin stieg aus und ich tat es ihm gleich.
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf und kein einziger Gedanke davon war positiv. Wir waren zu zweit und gingen in einen Wald, im Dunkeln. Weit und breit war kein Auto geschweige denn irgendein Haus zu sehen.
"Ich hoffe du hast nicht zu viele Horrorfilme gesehen um in den Wald zu gehen.", sagte er grinsend und führte mich langsam in den Wald rein.
Meine Beine fühlten sich wie Pudding an, innerlich zitterte ich und war übelst angespannt. Mein Herzschlag spürte ich mittlerweile bis zu meinem Hals. Wir liefen langsam immer weiter in den Wald hinein. Levin war ziemlich selbstsicher. Fast zu selbstsicher. Ich schaute mich immer wieder um, um zu schauen ob wir alleine sind oder ob seine Freunde sich hier irgendwo verstecken. Aber selbst wenn sie es taten, was sollte ich denn tun? Ich war in einer aussichtslosen Situation und musste Levin einfach folgen.
"Ähhh.", sagte er plötzlich, blieb an einer Weggabelung stehen und schaute sich um. "Ich glaube... wir müssen nach.... links!"
Also liefen wir weiter nach links, die Dunkelheit verschluckte uns. Außer unserer Schritte hörte man nur eine Eule.
"Hier muss es gleich irgendwo sein...", sagte Levin.
Seine Schritte wurden langsamer und er schaute sich genauer um.
"Da!", rief er plötzlich, weswegen ich leicht zusammenzuckte.
Er räumte ein paar Äste zur Seite und es offenbarte sich ein kleiner Trampelpfad.
"Geh ruhig vor.", sagte er zu mir.
Da mir sowieso nichts anderes übrig blieb, lief ich langsam den Pfad entlang, immer darauf vorbereitet gleich von hinten geschubst oder getreten zu werden. Ich bahnte mir den Weg durch die Äste durch und zum Vorschein kam ein kleiner See.
"Wow.", sagte Levin nur, welcher nun wieder neben mir stand. "Das sieht ja noch besser aus als ich dachte."
Links und rechts waren überall dichte Bäume. Weswegen das einzige Licht von den Sternen und dem Mond ausging, welche sich im See spiegelten.
"Elian, guck mal nach rechts.", flüsterte Levin mir plötzlich ins Ohr.
Ich drehte mich um und sah dort einen Hirsch stehen, welcher gerade aus dem See trank. All das kam mir total unwillkürlich vor. Ich stand hier, mit Levin, an diesem wirklich schönen Ort und nicht weit von uns entfernt stand ein Hirsch.
Levin machte einen Schritt nach vorne, wobei er auf einen Stock trat. Der Hirsch schaute hoch, sah uns und rannte weg.
"Alter, das glaubt uns keiner. Wie Klischeehaft war das denn?", lachte er und auch ich musste leicht lachen. "Meine Cousine hat mir von diesem Ort erzählt. Frag mich nicht wie sie den gefunden hat, aber sie hat definitiv nicht zu viel versprochen."
Levin lief weiter nach vorne zum See und starrte ins Wasser. Ich blieb weiterhin auf Sicherheitsabstand. Irgendwie vertraute ich ihm immer noch nicht ganz.
Er drehte sich wieder zu mir um und schaute mich fragend an. "Alles gut?"
Langsam nickte ich.
"Ich weiß, es ist komisch, dass ich dich jetzt einfach abgeholt habe um was mit dir zu unternehmen. Dabei habe ich dich die ganze Zeit gemobbt. Und ich fühle mich echt scheiße. Ich will es wirklich irgendwie versuchen es wieder gut zumachen. Ich glaube, du bist echt ein cooler Typ. Und alles was ich getan habe tut mir vom Herzen leid. Du musst mir das nicht verzeihen..."
Ich starrte ihn nur an, während er wieder auf mich zukam.
"Darf ich ehrlich zu dir sein?", fragte er dann.
Ich schluckte schwer und nickte leicht. Dann erst sah ich, dass seine Hände leicht zitterten.
"Ich find dich echt süß."
Okay, warte. Was?!
Ich träume. Definitiv. Das hier war alles nur ein reiner Fiebertraum.
Levin kam noch näher auf mich zu, nahm meine Hände in seine. Ich ließ ihn einfach machen. Mein Körper reagierte überhaupt nicht auf mich, selbst wenn ich gewollt hätte. Ich stand einfach wie angewurzelt da und beobachtete jeden seiner nächsten Schritte.
"Weißt du noch, als ich dir gesagt habe, dass ich deine Hilfe brauche?"
Erneut nickte ich. Das Einzige, wozu ich gerade in der Lage war.
"Ich glaube ich steh auf Jungs."
Das wurde alles immer verwirrender. Dieses ungute Gefühl, welches ich schon von Anfang an hatte, wurde immer stärker. Er verarschte mich doch nur. Mit den Augen scannte ich meine Umgebung ab. Irgendwo waren seine Leute und filmten uns.
"Ich hab mir in den letzten Tagen viele Gedanken gemacht. Ich hab immer wieder über meine Gefühle nachgedacht und dabei auch über dich."
Nun schaute ich ihm genau in die Augen. Ich weiß nicht ob es Tränen waren oder das Mondlicht, welches seine Augen so glitzern ließen.
"Wenn du das hier nicht willst, dann... dann stoß mich einfach zurück, okay?"
Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, was er damit meinte, lagen seine Lippen auch schon auf meinen.
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