Kapitel 35: Back to the roots
Das kleine Gartentor knarrte leise als ich es aufschob. Der Duft von blühenden und frischen Rosen stieg mir in die Nase als ich durch den Rosen berankten Torbogen lief.
Ich hielt einen kurzen Moment inne!
War ich breit für das was folgte?
Wollten sie mich überhaupt kennenlernen?
Was würde ich tun wenn sie mich nicht sehen wollte ?
Mein Herz schlug mit bis zum Hals.
Dicht an der weißen Hauswand aus Holz, lief ich weiter bis ich in den großen Garten kam. Das Grundstück war wirklich sehr groß und endete erst am Ufer des bekannten Fjordes.
Neben mir führten drei Steintreppen hoch zu einer hölzernen, ebenfalls weiß gestrichenen Terasse. Sie war im Vergleich zu dem Garten klein.
Auf ihr befand sich nicht viel. Lediglich ein runder Holztisch mit vier Stühlen und einem Schaukelstuhl.
Auf dem Schaukelstuhl wippte eine alte Frau hin und her. Sie hatte langes weißes Haar und summte zufrieden eine Melodie während sie strickte.
Die Sonne schien in ihr schon faltiges Gesicht und sie schloss kurz die Augen, um die Wärme zu genießen den der Herbstanfang Norwegens ihr noch gab.
Alles an ihr faszinierte mich und zog mich in einen Bann. Ich hatte mir meine Worte so gut zurecht gelegt, doch jetzt war ich wie versteinert und konnte mich nicht dazu durchringen, zu ihr zu gehen.
Vielleicht war das eine blöde Idee. Wieso war ich hergekommen? Sie wirkte so sorglos und zufrieden. Ich könnte das mit einem alles Mal kaputt machen.
Gerade als ich mich dazu entschloss, umzudrehen und erstmal zu verschwinden, sprach mich jemand an.
„Hvem er du? Hva gjør du er?" (Wer bist du? Was machst du hier?)
Ich drehte mich um und vor mir stand eine Frau im Alter meiner Mutter und ließ alles was sie in der Hand hatte fallen. Der Scheck stand ihr im Gesicht geschrieben und ich wusste im ersten Moment nicht was ich tun sollte so intensiv musterte sie mich.
„Ava?" fragte die Frau zitternd.
In Trance schüttelte ich meinen Kopf. Der Frau standen mittlerweile die Tränen in den Augen.
Eine leise zarte Stimme hinter mir ließ mich herumfahren.
„Helga, hvem er den lille jenta?" (Helga, wer ist das kleine Mädchen?)
Auch ihrer Gesichtszüge waren direkt versteinert.
„Ava!" konnte sie noch über ihre Lippen bringen bevor sie in Ohnmacht fiel.
Vor Scheck entfuhr mir ein hoher Schrei und ich rannte direkt auf die alte Frau zu um sie aufzurichten. Natürlich half sie jünger Frau direkt mit, aber nicht ohne mich weiter erstaunt zu betrachten.
„Mor, mor...kom til deg!" ( Mutter, Mutter...Komm zu dir!") rief sie immer wieder und rüttelte vorsichtig an ihr. Zum Glück öffnete sie ihre Augen schnell wieder und ein eisiges Himmelblau traf mein Grün! Zitternd umfasste sie mein Gesicht und fuhr meine Konturen immer wieder entlang.
„Ava...Ava...Ava" jammerte sie, während sie leise weinte.
„Ich...ich bin ihre Tochter" hauchte ich während auch mir eine Träne über die Wange lief.
Die junge Frau schaute mich erstaunt an und übersetzte die Information der Älteren.
Die Älter schloss mich jetzt vollständig in ihre Arme und sprach irgendetwas was ich leider nicht verstand. Danach half ich ihr erstmal auf, zusammen mit der Frau namens Helga.
„Hallo Kleines, ich bin deine Tante Helga!"
Ich sah der Frau tief in die Augen. Auch sie hatte schon weißes Haar und diese blauen Augen!
Bevor ich Antworten konnte schloss sie mich in ihre Arme und weinte genauso wie die alte Dame. Als sie sich von mir löste, führte sie mich mit der älteren Dame die drei Stufen herauf zur Terrasse. Wir setzten uns an den kleinen Tisch und sie stellte mich sofort der alten Dame vor, meiner Großmutter.
Ihr Name war Kjersteen aber alle nannten sie liebevoll Kjersti. Es wurde für mich ganz seltsam ausgesprochen aber nach ein paar Mal üben klappte es ganz gut.
Sie weinte immer noch. Und ich entschuldigte mich erstmal für mein unangekündigten Auftreten.
Doch die beiden schüttelten heftig ihren Kopf und versicherten mir das ich mehr als willkommen bei ihnen war.
Dann begann ich langsam meine Geschichte zu erzählen. Sie hörten aufmerksam zu und sagten nichts bis uns jemand unterbrach.
In der Türschwelle stand ein junger Mann, der etwas älter schien als ich und musterte uns drei.
Er hatte genauso blondes Haar wie ich und auch diese strahlend blauen Augen. Er gehörte sicher hier hin.
Helga stand direkt auf, um ihn zu begrüßen und redete mit ihm auf ihrer Sprache, was ich natürlich nicht verstand. Ich konnte wirklich froh sein das sie mich verstehen konnte.
Dem jungen Mann wich dem verwirrten Ausdruck ein freundliches Lächeln, während er auf mich zuging.
„Hey, ich bin dein Cousin, Ole!"
Ich erwiderte sofort sein Lächeln und stand auf um ihm die Hand zu geben, doch er ignorierte sie komplett und nahm mich in den Arm.
So herzlich wurde ich noch nie begrüßt und ich fühlte mich auf Anhieb so wohl in dieser Familie, in meiner Familie.
**
Ich war jetzt schon zwei Wochen hier. Der Jetlack hatte sich endlich gelegt. Mit meiner Familie in Amerika zu telefonieren ich nicht viel, es war zu schwer durch die Zeitverschiebung aber wir machten das Beste draus, auch wenn Kay immer wieder meckerte weil er mich vermisste.
Meine Eltern waren da geduldiger!
Ole und Helge brachten mir in der kurzen Zeit wirklich viel von der Sprache bei um, damit ich wenigstens ein wenig selbst mit meiner Großmutter sprechen zu konnte. Es klappte täglich besser.
Außerdem merkte ich wie sehr ich dieses Land liebte, es war der Teil meines Herzens der die
ganze Zeit gefehlt hatte.
Diese Loch verheilte jetzt immer mehr und ich war glücklich hier und obwohl ich auch Amerika liebte und meine Familie, doch wünschte ich mir insgesamt hier für immer bleiben zu können. Denn die Probleme die ich in Amerika hatte, die hatte ich hier nicht.
Ole wurde schon bald wie ein zweiter großer Bruder. Wer hätte gedacht, das ich irgendwann so viel Familie hätte. Er zeigte mir die schönsten Orte hier, ging mit mir Angeln und stellte mich seinen Freunden vor.
Alle waren freundlich und zuvorkommend und wirklich an dir interessiert.
Keiner war oberflächlich oder unfreundlich.
Heute saß ich mit Moma im Garten. „Moma" ist die norwegische Koseform von Oma.
Sie zeigte mir einige Fotos meine Mutter und Tante als sie noch jünger waren, so in meinem und Ole's Alter.
Ich sah Ava wirklich sehr ähnlich. Das war auch der Grund für das erschrecken meiner Oma und Helga gewesen bei meinem ersten Anblick.
Moma kamen die Tränen. Jahrzehnte wusste sie nicht was aus ihrer Tochter geworden war. Es sollte nur ein Austauschjahr sein aber kurz vor dem Ende, fehlte jede Spur von ihr.
Kurz darauf wurde mein Großvater sehr krank. Ava war sein Lieblingskind gewesen. Er litt sehr unter ihrem Verlust und starb kurze Zeit darauf.
Helga und Moma weinten lange, denn so hatten sie in kurzer Zeit direkt zwei ihrer engsten Familienmitglieder verloren.
Moma wollte wissen wie meine Familie in Amerika war. Sie freute sich für mich, das sie so liebevoll all die Jahre für mich gesorgt hatten.
Wir waren ganz vertieft in den Fotoalben als Helga auf den Balkon trat.
„Na was macht ihr zwei hier?"
Ich zeigte auf die schönen Bilder und auf Helgas Gesicht zeichnete sich ein kleines Lächeln ab.
„Das war das letzte Bild von deiner Mutter, einen Tag bevor sie nach Amerika aufgebrochen ist!"
Ich sah mit das Bild genau an auf das Helga deutete.
Mein Mutter lachte zufrieden in den Armen ihrer Familie und das kühle blau in ihren schönen Augen leuchtete zufrieden. Sie trug ein blaues Shirt und eine kurze weiße Shorts, die ihr helles Haar und ihre Sommersprossen betonten.
Vorsichtig strich ist es mit meiner Hand glatt. Ich nahm mein Handy und knipste mir schnell einen Abzug von diesem Bild, denn es war mir das liebste von allen.
Moma merkte es uns riss es vorsichtig aus dem Buch.
„Moma was tust du da?" fragte ich schockierte. Doch sie schüttelte nur lachend ihren kleinen Kopf und drückte mir das Bild in die Hand.
Dankend nahm ich es an und versicherte ihr es gut zu hüten.
**
Die letzten weiteren zwei Wochen gingen genauso schnell um, wie die ersten zwei und schon war es wieder Zeit sich zu verabschieden.
Ich war schon einen Monat hier aufgrund der Freundlichkeit meines Schulleiters und meines Guten Notendurchschnittes.
Kay hielt es zuhause kaum noch ohne mich aus und auch meine Eltern vermissten mich sehr. Ich sie natürlich auch aber irgendetwas in mir drängte mich hier zu bleiben.
Moma weinte viel und auch die andern wischten sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Selbst Ole der sonst immer so taff und stark war verdrückte eine Träne.
Doch er wollte mich in seinem Sommersemester in New York besuchen, das selbe wollte ich in meinen Ferien tun.
Wie würden uns nie wieder verlieren, jetzt wusste ich endlich woher ich kam und wohin ein Teil von mir gehörte.
Natürlich hatte ich auch einen amerikanischen Teil in mir und dieser Schrie nach Heimweh. Denn obwohl ich mich mehr als wohl hier gefühlt hatte vermisste ich meine Eltern, Kay, Meg, Lenny und auch Eric.
Kay hatte mir erzählt das es erstmals Besserungen gab. Er reagierte auf Impulse und das war ein gutes Zeichen. Trotzdem war er noch im Koma aber wenn alles gut ging wurde er in der Woche in der ich wieder zu Hause wäre aufwachen.
Mein Herz machte einen Satz bei diesen Neuigkeiten. Ich vermisste meinen besten Freund, so sehr das es weh tat!
Ein letztes Mal sah ich in die Gesichter meiner Norwegischen Familie bevor ich mich zum Bording aufmachte. Ich dürfte den Flug schließlich nicht verpassen.
Was mich wohl zuhause erwartet?!
Eine seltsame Mischung aus Neugierde und Aufregung füllte mein Innerstes als ich das Flugzeug betrat.
Auf Wiedersehen Norwegen, Heimat meiner Mutter und jetzt auch meine!
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