Jungkook PoV
Taehyungs dröhnendes Lachen begrüßte mich in unserem Umkleideraum und ihm folgten drei Mitarbeiter, die gleich an mir herum wuselten.
Mit der Zeit gewöhnte man sich an vieles. Ein Idol zu sein und auf der Bühne zu stehen brachte so einige Dinge mit sich, die auf Außenstehende befremdlich wirken konnten.
Für mich waren sie Routine und Alltag. In was für einer verrückten Welt ich doch lebte.
So föhnte mir eine Mitarbeiterin gerade die Haare, ganz unbeeindruckt davon, dass hier in diesem Raum eine knallenden Hitze herrschte und warme Luft ganz sicher nicht das war, was ich jetzt am aller meisten wollte.
Grummelnd zog ich mir mein vollkommen durchgeschwitztes Oberteil über den Kopf, froh über ein wenig Luft, die ich auf meiner bloßen Haut spürte, da wurde mir auch schon das nächste Outfit gereicht. Ich feuerte das nasse Ding in die nächste Ecke und wischte mir den Schweiß von der Brust, damit nicht das nächste Shirt gleich wieder wie eine zweite Haut an mir klebte.
Das Performen auf der Bühne forderte uns bis aufs Äußerste und oftmals gingen wir sehr an unsere Grenzen- kein Wunder, dass ich hier nun vollkommen fertig saß und die wenigen Sekunden der Ruhe wie ein Schwamm aufzusaugen versuchte.
Bevor ich es überzog, schnürte ich auch den Gürtel, der die ganze Mikrofontechnik hielt, ein wenig fester. Unter diesem Ding schwitzte man ganz besonders gut und ich wäre froh gewesen es abnehmen zu können, es war aber unabdingbar.
Tae hatte sich inzwischen noch immer nicht einbekommen, war in einen regelrechten Lachanfall verfallen.
"Habt ihr... d...d...das gesehen?", fragte er den Bandkollegen, der ihm am nächsten stand- Hoseok- und hatte offenkundig große Mühe, überhaupt genügend Luft zu bekommen, um diese Frage zu stellen.
Ich merkte, wie meine Wangen brannten, es war mir durchaus peinlich, was ich gerade auf der Bühne abgezogen hatte, aber es war ja nicht so, dass es nicht jedem von uns schon einmal passiert war.
Hoseok hatte mich bereits auf der Bühne mit einem für ihn typisch strafenden Blick bedacht und zog es jetzt lieber vor zu schweigen.
Schnell zog ich mir mein neues Oberteil an, das mir bereits recht drängend hingehalten wurde. Meine Hose musste ich auch noch tauschen, was meist ein viel schwierigeres Unterfangen war, als man annehmen könnte.
Vollgeschwitzte Skinny-Jeans kleben wie eine zweite Haut und sind verdammt schwer herunter zu bekommen.
Ich hüpfte gerade auf einem Bein auf der Stelle und zerrte an dem zweiten Hosenbein, dass sich einfach nicht von mir lösen wollte, als ich die Stimme unseres Leaders hörte.
"Tae, bekomm dich bitte wieder ein, wir haben alle schon einmal den Einsatz verpasst."
Auch an Namjoon wurde gerade noch herum gefummelt, seine Haare standen nach dem Föhnen in alle Richtungen ab, was ihm einen grotesken Anblick verpasste. Sie lösten es, indem sie ihm eine Kappe aufsetzen, was den Blick bei unserem Leader ein wenig düsterer werden ließ. Unter diesen Dingern war es meist unerträglich warm.
"Aber er hat komplett alles vergessen! Den Text, die Choreographie... wahrscheinlich sogar, was er dort auf der Bühne macht!"
Er hatte recht, es war zum Fremdschämen gewesen, wenn es mich nicht selbst betroffen hätte. Normalerweise lieferte ich auf der Bühne immer punktgenau ab, solche Aussetzer wie heute passierten mir fast gar nicht.
Taes Grinsen wurde mittlerweile ein wenig kleiner, als keiner von den anderen Membern so recht mit einstimmen wollte. Zu sehr waren sie in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen, die daraus bestand, möglichst schnell das Outfit zu wechseln und wieder präsentabel für Army zu sein.
Es war nicht so, dass ich keinen Spaß ab konnte. Ich schämte mich aber dermaßen für meinen Aussetzer, dass ich es erst einmal verdauen musste, bis ich darüber wirklich lachen konnte.
Fürs Erste war meinen Freund zu ignorieren wohl die beste Option.
Außerdem mussten wir noch das Konzert beenden, ich konnte die tausenden Armys im Zuschauerraum jubeln, unsere Namen rufen hören. Ich musste mich auf die unmittelbare Performance konzentrieren, dass mir nicht noch einmal so ein Patzer passierte.
"Jetzt hör auf, oder er fängt noch an zu weinen."
Yoongi passte stets auf seine Dongsaengs auf, er wusste wie sensibel ich früher in manchen Dingen gewesen war. Ich hatte recht schnell angefangen zu weinen, wenn ich Fehler gemacht hatte. Manchmal passierte es noch immer.
Fehler zu machen war nicht schlimm, sie passierten- was uns am meisten mitnahm, war die Angst, Armys mit unserer schlechten Performance enttäuscht zu haben.
Mein Hyung hatte sich scheinbar noch immer nicht daran gewöhnt, dass ich mittlerweile ein dickeres Fell als früher besaß, es war automatisch mit dem Militärdienst gekommen.
Zwar war es mir noch immer nicht egal, was passiert war, ich konnte aber inzwischen akzeptieren, dass es mehr als nur menschlich war, Fehler zu machen. Army feierte unsere Fehler oftmals mehr, als dass sie sie schlimm fanden.
Ich seufzte frustriert auf und endlich löste sich diese verfluchte Jeans endgültig von mir.
Dass ich wie ein Vollidiot auf der Bühne gestanden hatte und alles bis auf zu atmen vergessen hatte, stimmte zwar, aber zu meiner Verteidigung muss man vielleicht noch erwähnen, dass der Grund für meinen Blackout bei der Person lag, die direkt vor mir getanzt hatte.
Obwohl ich mittlerweile seit Jahren mit Jimin zusammen war, war es immer noch alles andere als selbstverständlich, ihn meinen Partner nennen zu dürfen. Seine Bewegungen und Leidenschaft, die er da so dicht neben mir vor tausenden von Armys präsentierte, hatten mich so sehr in ihren Bann gezogen, dass bei mir irgendwas im Hirn durchgeschmort war und ich ihn nur mit großen Augen vor aller Welt anstarren konnte.
Hätte nur noch gefehlt, dass ich angefangen hätte zu sabbern.
Ich weiß gar nicht, wie lange ich so dagestanden hatte und ihn einfach nur ansah. Angefühlt hatte es sich wie Minuten, wahrscheinlich waren es aber nur wenige Sekunden gewesen. Es hatte gereicht, um mich vollkommen aus dem Trott zu bringen.
Ich fand das ganze Lied über nicht mehr wirklich rein, verpasste meinen Einsatz beim Singen, was mir erst durch die seltsame Stille, die im Stadion herrschte, bewusst wurde.
Ich könnte mich innerlich Ohrfeigen für diesen Aussetzer, der mir vor so vielen wissenden Augen unserer Fans passiert war. Normalerweise vergaß Tae seine Position in einer Choreographie oder Seokjin seine Tanzbewegungen- mir aber war so etwas bislang kaum passiert.
Es gab sowieso schon viel zu viele Gerüchte über Jikook, wie unsere Fans uns liebevoll nannten. Gerade in der letzten Zeit waren sie immer lauter um uns geworden, wir hatten sie aber mit einer stoischen Gelassenheit ignoriert.
Um ehrlich zu sein, verstecken wir uns auch nicht mehr so sehr, wie wir es noch vor einem Jahr taten. Zumindest mir ging diese ganze Heimlichtuerei ziemlich auf die Nerven, Jimin war da jedoch noch immer ein wenig disziplinierter was das Ganze anging.
Zwar versuchte ich unsere Beziehung hauptsächlich in unseren eigenen vier Wänden stattfinden zu lassen, aber manchmal geschah es trotzdem, dass ich ihn unbedacht umarmte oder einen kleinen Kuss auf den Scheitel gab.
Wenn wir unter uns waren, nur meine Hyungs und ich, ließ ich mich oft fallen und konnte entspannen, dann war der Umgang zwischen Jimin und mir lockerer. Manchmal ging ich ihnen sehr auf die Nerven, meist reichte aber ein strenger Blick von Yoongi und ich hatte mich wieder im Griff und riss mich zusammen.
Auf der Bühne hatte ich mich bisher gut geschlagen was das anging, es wurde sogar von Armys Seite aus mitunter gerätselt, ob wir uns gestritten hätten, weil die Interaktionen zwischen Jimin und mir so selten wurden.
Die Wahrheit war aber, dass wenn ich es erst einmal zulassen würde, dass ich mich auf der Bühne ebenfalls näherte, dann könnte ich mich wahrscheinlich nicht mehr zurückhalten.
Der Zwischenfall heute war eine bemerkenswerte Verkettung unglücklicher Zustände gewesen.
Erst verhaspelte Jimin sich bei den Worten, die er an die Fans richtete und brach in ein so süßes Gelächter aus, dass ich nicht anders konnte, als ebenfalls mitzustrahlen, dann rutschte er mal wieder von seinem Hocker, auf den er sich setzen wollte.
Tae konnte ihn gerade noch ein wenig abfangen.
Army jubelte natürlich lautstark bei diesem erneuten Kampf mit seinem Stuhl. Man kannte diese Rivalität zwischen Jimin und diesen leblosen Objekten bereits.
Als er dann direkt vor mir tanzte, die Jacke wieder auf wundersame Weise von seinen Schultern fiel und sich mit diesem wahnsinnig glücklichen Lachen zu mir umdrehte, blieb für mich die Welt für ein paar Sekunden stehen und ich vergaß einfach alles um mich herum.
Das war der Moment gewesen, über den sich Tae gerade lustig machte und mich nun aufzog.
Mittlerweile hatte ich es tatsächlich geschafft mich in die nächste Hose zu pressen. In Gedanken machte ich mir eine Notiz, dass die nächste Diät wohl unvermeidlich sein würde, als eine Mitarbeiterin gerade dabei war, mein Make-up aufzufrischen. Eine zweite hing mir ein paar Halsketten um, die angeblich gut zu meinem Outfit passen sollten, was ich jedoch selbst ehrlicher Weise niemals so kombiniert hätte.
Diese verdammt enge Hose war aber auch fernab von Allem, was ich privat anzog.
"Noch eine Minute!", hörte ich eine vertraute Stimme rufen, schnappte mir eine in der Nähe stehende Wasserflasche und kippte sie gierig in einem Zug herunter.
Ich schmiss die leere Flasche mit ein wenig zu viel Elan von mir. Eigentlich sollte sie nur auf der Couch landen, sie kullerte aber gleich weiter, außer Sichtweise.
Naja, würde sich sicher jemand darum kümmern.
Ich konnte es kaum erwarten dieses Konzert zu Ende zu bringen.
Jimin zog sich gerade noch eine dünne Jacke über, einen kurzen Blick konnte ich vorher noch auf seine mittlerweile recht gut trainierten Arme erhaschen, bevor sie von dem Stück Stoff bedeckt waren. Natürlich gab es für ihn kaum ein Outfit ohne Jacke.
Ich freute mich auf unser Hotelzimmer heute Abend. Das hieß auf mein Zimmer, offiziell buchten wir noch immer getrennte Zimmer für uns.
Natürlich verbrachten wir sie aber immer gemeinsam. Der Schein nach Außen musste aber noch so gut es ging gewahrt werden, noch war unser konservatives Heimatland leider nicht bereit für eine Neuigkeit, wie wir sie bereit hielten.
Er drehte sich mit einem frechen Grinsen zu mir um.
"Aber jetzt konzentrierst du dich noch mal, ja?"
Ich sah ihm in seine durch Kontaktlinsen aufgehellten, blauen Augen an.
Ein wenig lehnte ich mich vor, dass ich näher an ihn heran kam und in sein Ohr flüstern konnte, sodass er mich ohne Mühe verstehen konnte.
"Ich weiß doch ganz genau, was du da heute mit mir machst. Du wirst nachher schon sehen, was du davon hast."
Natürlich meinte ich diese Drohung alles andere als ernst, aber es reichte um ihm eine zarte Röte auf sein hübsches Gesicht zu zaubern.
Das Make-up verdeckte zu viel, ich war mir aber sicher, dass sein Gesicht unter dem ganzen Puder dunkel angelaufen war, ich konnte es nur nicht sehen.
Tatsächlich gelang mir der Abschluss des Konzerts ohne weitere große Zwischenfälle.
Bei unserem letzten Lied standen mir mal wieder die Tränen in den Augen und als Tae mich in den Arm nahm, flossen sie ungehindert ihren Weg über mein Gesicht.
Es war einfach jedes Mal wunderschön, wie Army das feierte, was wir ihnen auf der Bühne gaben. Unsere Fanbase war wirklich die Beste von allen.
Der beste Weg, ohne große Patzer durch so ein Konzert zu kommen, lag für mich mittlerweile darin Jimin möglichst zu ignorieren.
Und doch konnte ich es oft nicht, hielt ihn dieses Mal vielleicht bei den letzten Tönen des Abschlussliedes viel zu lange in meinen Armen, als gut für uns war.
Jimin, der sonst in der Öffentlichkeit recht behutsam und vorsichtig mit solchen Berührungen zwischen uns umging, drückte sich sogar ein wenig dichter an mich heran, flüsterte mir selbst diesmal etwas in mein Ohr, was mich zum zweiten Mal auf dieser Bühne aus der Fassung brachte.
"Ich freu mich schon auf nachher."
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Das war es. Die Geschichte ist abgeschlossen! Ich hoffe, sie hat euch gefallen und ihr hattet mindestens so viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben
Forever Together ist mein Ernstlingswerk und es hängt viel Herzblut in dieser Geschichte. Fast ein Jahr lang hab ich daran geschrieben!
Wenn ihr Lust habt, würde ich mich freuen, euch bei meinen anderen Geschichten wiederzusehen!
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