Kapitel 57

Kapitel 57
So aufgeregt wie jetzt, war ich seit Jahren nicht mehr gewesen.
Nicht, als ich meinen Membern verkündet hatte, eine Auszeit zu nehmen und auch nicht, als ich sie nach so langer Zeit dann endlich wieder sah.
Das hier war ein ganz anderes Level an Nervosität, die mich heute schon die halbe Nacht wach gehalten hatte. Jungkook war da auch eher nicht so hilfreich gewesen, er war schnell eingeschlummert und hatte wie ein Stein durchgeschlafen. Nur Tae war wie üblich mein nächtlicher Begleiter übers Telefon gewesen, gemeinsam haben wir versucht uns zu beruhigen. Ich glaube, er war genauso aufgeregt und euphorisch wie ich.

Die Generalprobe war gestern ohne Schwierigkeiten verlaufen, dennoch war es ein seltsames Gefühl gewesen, dieses leere Stadium vor sich zu sehen und zu wissen, dass es in nicht einmal vierundzwanzig Stunden mit unseren Army gefüllt sein würde.
Kookies Stimme war zum Glück wieder ganz passabel, heute schon deutlich besser als gestern, er würde sicherlich hinter seinen Möglichkeiten zurück bleiben, aber er konnte auftreten.
Nach dem halben Shitstorm gegen Hybe im Internet, hatten sie noch am gleichen Tag eine Ankündigung herausgegeben, wieso Jungkook so schweigsam war und sich schonen musste, dass es ihm aber bereits wieder besser ging. Auch diese Vorgehensweise wurde kritisiert, dass die Neuigkeiten erst so spät verbreitet wurden, ich verstand aber die ganze Aufregung darum nicht.
Auch wenn wir in der Öffentlichkeit standen, wenn wir krank waren, war es durchaus etwas privates. Es so durch alle Medien zu ziehen und auch noch Army besorgt zu wissen, fand ich persönlich schlimmer als die Krankheit an sich.

Es war beinahe surreal nun hier wieder Backstage zu stehen, meine neuen gold schimmernden In-ears in meinen Ohren und mein Mikrofon in der Hand zu halten.
Das Konzert würde erst in ein paar Stunden losgehen, der Soundcheck war aber schon jetzt. Im Stadium hatten sich bereits ein paar Armys eingefunden, die weiß Gott wo ein Gewinnspiel gewonnen hatten und nun bereits dabei sein konnten. Dass man das Ganze auch im Internet streamen konnte, beruhigte meine Nerven nur bedingt, obwohl es meine Idee gewesen war. Wie hatte ich früher ohne Probleme vor so vielen Menschen auftreten können? Natürlich, nervös war ich immer gewesen, Lampenfieber gehörte einfach dazu, fand ich. Bloß war ich heute eher ein nervliches Wrack, auch wenn ich mein Bestes gab, es mir nicht vor meinen Membern anmerken zu lassen. Ich wollte nicht, dass sie sich sorgten.
Ich zog meine Mütze ein wenig tiefer ins Gesicht, wollte mich wortwörtlich abschirmen vor diesen diversen Einflüssen, die auf mich einprasselten.

"Seid ihr bereit?", fragte Tae vor mir mit einem dicken Grinsen und ich sah meinen Membern ins Gesicht, jedes genauso aufgeregt wie das meine. Kookie stand ganz vorne, dicht neben ihm Seokjin, die sich mal wieder gegenseitig pisackten und ärgerten, natürlich war auch gleich jemand mit einer Kamera in der Nähe, um das alles festzuhalten.
Tae hüpfte aufgeregt vor mir auf und ab, Namjoon unterhielt sich ruhig, aber dennoch nervös wirkend mit Hoseok. Yoongi...
Fehlte.
Panisch blickte ich mich um, drehte mich im Kreis, konnte ihn aber nirgends in der Nähe sehen.
"Jiminah, was ist los?", fragte mich Namjoon besorgt, der dieses Herumgedrehe direkt vor ihm mitbekommen hatte.
Erneut sah ich mich prüfend um, konnte ihn jedoch nirgendwo finden.
"Hat jemand Yoongi gesehen?" Ich versuchte meine Stimme möglichst leise und gedämpft zu halten, wollte keine Panik unter dem Staff ausbrechen lassen.
"Er war doch gerade noch neben mir...", murmelte Seokjin, der aber mit seinem Rumgeplänkel mit Kookie sicher viel zu abgelenkt gewesen war, um das Verschwinden von Yoongi zu bemerken.

"Kommt, wir teilen uns rasch auf und suchen ihn. Er kann nicht weit gekommen sein", schlug Namjoon, ganz der Leader, leise aber bestimmt vor.
Mit einem Nicken stoben wir alle auseinander, in unterschiedliche Richtungen. Ich für meinen Teil ignorierte die fragenden Rufe des Staffs und von unserem Manager. Das konnte warten, sollte sich jemand anderes darum kümmern, es war jetzt erstmal wichtig unser fehlendes Mitglied zu finden.
Am Rande bekam ich mit, wie unser Manager Namjoon am Arm fasste, ihn aufhielt und dieser ihm scheinbar Rede und Antwort stehen musste.
Schnell huschte ich durch die Gänge, dieser Bereich war verwinkelt und es gab potenziell viele Möglichkeiten, wo sich Yoongi hin verkrümelt haben könnte. Nirgendwo konnte ich ihn finden, hoffte, dass meine Brüder mehr Erfolg bei der Suche hatten. Gerade als ich umdrehen wollte, um zurück zur Bühne zu gehen, damit der Soundcheck nicht meinetwegen zu spät begann, erhaschte ich in einer etwas ruhigeren Ecke einen kurzen Blick, auf verdächtig blondes Haar.

"Yoongi?", fragte ich vorsichtig und eben dieser sah zu mir auf.
Er sah elend aus, sein Gesicht gerötet, die Augen ebenfalls, ich könnte schwören, dass er geweint hatte. So stark, wie Yoongi oft wirkte, so weich war er eigentlich tief in ihm drin, dennoch hatte ich ihn bisher nicht oft weinen gesehen. Es erschütterte mich ein wenig, versuchte es mir aber nicht anmerken zu lassen.
Zögerlich kam ich ein paar Schritte näher. Dass er sich nicht von mir abwandte nahm ich als ein gutes Zeichen und schloss schließlich vollkommen die Lücke zwischen uns.
"Hey", versuchte ich mich an einem beruhigenden Tonfall und konnte ihm sogar ein schwaches Lächeln entlocken. Peinlich berührt wischte er sich über die Augen, in einem letzten verzweifelten Versuch zu vertuschen, was ich längst mitbekommen hatte.
"Hyung, wir suchen dich alle schon", ich nahm vorsichtig seine Hand in meine und er ließ es zu, "was ist denn los?"
Ich hatte mit keiner Antwort gerechnet, bekam aber ein leises "Nichts" hingeworfen.
Unfreiwillig lachte ich ein wenig auf. Sollte er doch die anderen für blöd verkaufen.
"Das seh ich."
Er schnaubte nur verachtend und drehte sich von mir weg.
"Hey. Ich bin für dich da, wenn du reden willst."

Ein paar Sekunden verstrichen, in denen er mir nur tief in die Augen sah und überlegte, ob er das Angebot annehmen sollte.
"Jiminah... Es ist nur... Dort draußen sind so viele Menschen. Was ist, wenn...", betreten sah er auf den Boden, sein Satz war nicht viel mehr als ein Murmeln gewesen.
Wenn diese Situation nicht so prekär und ernst gewesen wäre, hätte ich meine Gesichtszüge womöglich nicht so gut unter Kontrolle gehabt, wie es der Fall war.
Es musste eine Lösung her und das schnell. So, wie er gerade mental eingestellt war, würde er niemals auch nur in die Nähe der Bühne gehen. Wir alle wussten von Yoongis Angst vor Menschenansammlungen, die ganze verdammte Welt wusste davon. Bisher hatten wir das ganze Dilemma aber immer gemeinsam gut in den Griff bekommen. Diesmal hatten wir jedoch nicht einmal bemerkt, dass etwas nicht stimmte.

"Hey", schlug ich wieder dieses übervorsichtigen und leisen Tonfall an, nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und sah ihm prüfend in die Augen, "Atme tief durch", Yoongi kam meiner Aufforderung nur halbherzig entgegen, wahrscheinlich konnte er es einfach nicht besser, es spielte keine Rolle. "Genauso", lobte ich ihn auch noch für dieses mehr als kläglichen Versuch.
"Du weißt, dass sie dir nichts tun werden. Das ist Army da draußen. Nur weil wir uns so lange nicht gesehen haben, heißt das nicht, dass sie uns vergessen haben." Ich spürte, wie sich Yoongi langsam beruhigte, und ich plauderte aber einfach weiter, weil ich wusste, dass es ihm half. "Wir sind für dich da, das weißt du. Ich passe auf dich auf, dir kann gar nichts passieren. Wenn dich auch nur einer da draußen komisch anguckt, dann kümmert sich Jungkook um ihn."
Tatsächlich musste Yoongi nun ein wenig lachen, er hatte sich vollkommen auf mein Gerede eingelassen. "Ich glaube das hätten sie alle gern. Dass sich JK um sie kümmert."
"Tze. Doch nicht so", brachte ich ein wenig schockiert über die Lippen, mir war die Zweideutigkeit meines Satzes gar nicht aufgefallen.
"Schon klar."

Eine Weile standen wir noch so da, das Zeitgefühl hatte ich schon lange verloren, vermutlich waren es erst ein paar Minuten. Army würde auf uns warten.
"Geht es wieder?"
Er nickte. "Danke Jiminie."
"Immer." So wie er mich stets unterstützt hatte, konnte er auch immer auf mich zählen. Wir waren mittlerweile so viel mehr, als diese sieben zusammengewürfelten Jungs aus allen Ecken Koreas.
Wir waren Familie.
"Komm. Es warten sicher alle auf uns."
Er ließ sich von mir durch die Gänge führen, ich schnappte im Vorbeigehen die Sonnenbrille von Minho, der mich nur perplex anstarrte. Vermutlich suchten mittlerweile nicht nur wir Member nach Yoongi und ich spazieren hier so einfach an ihm vorbei. Kurz informierte ich die Member, dass ich Yoongi gefunden und wir wieder auf dem Weg zur Bühne waren. Diese Mikros und In-Ears waren manchmal wirklich ein Segen.
"Hier", überreichte ich ihm mein frisch erbeutetes Accessoire. "Minho, du bekommst sie gleich wieder", rief ich noch über meine Schulter zu ihm, als wir endlich wieder zu den Seitenflügeln aufschlossen, die auf die Bühne führten. Tatsächlich waren alle anderen bereits wieder da, tippelten von einem Fuß auf den anderen, niemand kommentierte aber, was hier eben passiert war. Zu offensichtlich waren Yoongis gerötete Augen, die er schnell hinter seiner Brille versteckte.

"Geht es wieder?", trat nun Namjoon ein wenig besorgt auf ihn zu und Yoongi nickte nur steif, atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Hoseok hatte einen siebten Sinn für Dinge wie diese, spürte es, wenn jemand emotional aufgewühlt war und legte Yoongi kurzerhand einen Arm um die Hüfte. Army würde bei diesem Anblick sicher ausrasten, aber für den Moment zählte nur, dass es Yoongi ein wenig besser ging.
"Dann lassen wir Army nicht länger warten!", freute sich Tae und wir traten mit einiger Verspätung auf die Bühne.
Es waren noch nicht viele Menschen in dem Stadion. Online sahen uns sicherlich mehrere Hunderttausende zu, es war aber so eine abstrakte Zahl, dass sie ab einer gewissen Nummer an Bedeutung verlor. Hunderttausend oder zweihunderttausend, was machte das schon für einen Unterschied? Uns sahen viele Leute zu und wir würden unser Bestes geben.
Hier im Stadion wären allerdings nur ein paar hundert Armys für den Soundcheck anwesend.
Schon nach ein paar Sekunden auf der Bühne spürte ich Suga neben mir deutlich entspannen, er hatte seinen Alter Ego Yoongi einfach hinter der Bühne gelassen, wie wir es alle gelernt hatten und ging in seiner Leidenschaft, Musik zu machen und mit anderen Menschen zu teilen, voll und ganz auf. Vielleicht lag es auch an den vertrauten Klängen von make it right, aber er wirkte schnell sehr entspannt, wenn man bedachte, was noch vor wenigen Minuten los gewesen war.
Jungkook schonte sich noch, gab nicht einmal annähernd hundert Prozent, damit er für heute Abend fit sein würde, was ich ihm nicht verdenken konnte. Hoffentlich würde es nicht wieder die Gerüchteküche befeuern.

"Gebt mir ein bisschen mehr von Jungkook", hörte ich Jin sagen und ich lenkte nun meine Aufmerksamkeit selbst zu den wichtigen Dingen hin, weg von all den Ablenkungen. Jungkook war wirklich verdammt leise auf meinen In-Ears zu hören, ich orientierte mich gerne an ihn, es half mir sehr, ihn anständig zu hören.
"Fünf ist ok, aber schaltet mehr von Jungkook", gab ich nun auch mein Feedback für die Tontechnik, die es sogleich umsetzte. "Besser", nickte ich zufrieden.
Unser kurzer Soundcheck artete zu einem Minikonzert aus, wir wollten Army jetzt schon glücklich machen und ihnen etwas bieten. Alle die jetzt online zusahen, hatten dafür Geld ausgegeben. Das Konzert nachher wäre aber für alle kostenlos, dabei war es geblieben. Es war mir ein großes Anliegen gewesen.
Die wenigen Army, die im Publikum waren, machten unglaublich viel Stimmung und wir versuchten mit ihnen zu interagieren, wo wir konnten. Ich hoffte, dass es uns gelang sie glücklich zu machen.
Es war das erste Mal nach so einer langen Zeit, dass wir wieder vor unseren Fans standen, es war etwas besonderes.

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Der Soundcheck verlief ohne Probleme, ich freute mich auf das Konzert in wenigen Stunden, war aufgeladen und gepusht durch das Adrenalin, dass durch meine Adern floss. Wie hatte ich nur so lange ohne Konzerte, vor Publikum aushalten können?
"Jimin!", hörte ich jemanden mit einer glockenhellen Stimme meinen Namen rufen, kaum, dass wir Backstage waren. Ich friemelte mir meine In-Ears aus den Ohren und sah mich nach der Quelle des Rufes um, die ich auch schon bald fand. Sumi eilte auf mich zu, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
"Hey!", begrüßte ich sie überschwänglich. Ich hob sie sogar hoch und drehte sie einmal mit mir im Kreis. Adrenalin machte einen bekloppt im Kopf, ich stellte es immer wieder fest.
Tae und Seokjin, die in meiner Nähe standen, sahen uns beide nur perplex an.
"Ihr wart großartig! Danke für die Einladung!"
"Gerne", lachte ich, froh darüber, dass ich ihr eine so große Freude machen konnte.
"Jiminah", hörte ich nun Tae hinter mir mit einem anklagenden Tonfall, "möchtest du uns nicht einmal vorstellen?"
"Oh", fiel mir nun auch kleingeistig auf, dass die meine Schwägerin in Spee noch gar nicht kannten.
"Tut mir leid, wie unhöflich von mir. Das ist Sumi", ich deutete auf sie, "die Freundin meines Bruders. Sumi, ich glaube du weißt bereits, wer das hier ist...", ich gestikulierte grob in Taes und Seokjins Richtung, merkte aber, dass Sumi ein wenig verlegen wurde bei deren Anblick. Es war wahrscheinlich nicht einfach, als Army ein Mitglied von BTS in der Familie zu wissen und dann auch noch die anderen Member vorgestellt zu bekommen. Ein Glück war Sumi nicht auf den Kopf gefallen und erholte sich schnell von ihrem anfänglichen Schock.
"Hi!", begrüßte sie die beiden und war drauf und dran sich förmlich zu verbeugen, Tae hielt da aber nichts von, zog sie nur in eine kurze, aber herzliche, Umarmung. "Willkommen in der Familie!"

Ein Staff reichte mir dankenswerterweise Weise ein Handtuch, mit dem ich mir das Gesicht grob trocknen konnte, die Scheinwerfer waren wie Heizstrahler auf der Bühne und auch schon nach den drei Liedern, hatte ich angefangen zu schwitzen. Es war dazu heute auch relativ warm in Korea, die Sonne lachte förmlich vom Himmel. Ich nahm es als gutes Zeichen, alle Dinge standen für unser Comeback günstig.
"Ihr ward großartig!", wiederholte Sumi sich und es brachte mich zum Lachen.
"Na dann warte mal auf das richtige Konzert. Ist Jihyun auch gekommen?", erkundigte ich mich und ließ suchend meinen Blick über die Gänge um uns herum schweifen, konnte meinen Bruder aber nirgends ausmachen.
Sumi schüttelte nur ihren Kopf, was mich leicht enttäuscht zurück ließ.
"Nein, er meinte, er will dein Herumgehüpfe nicht sehen. Außerdem", setzte sie noch leise hinzu, "hat er gestern Abend noch spontan für heute bei der Firma einspringen müssen. Ich glaube sonst wäre er tatsächlich mitgekommen."

Auch wenn mein Bruder bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit beteuerte, dass mein 'Herumgehüpfe' ihm peinlich war, so zählte er doch mit zu meinen größten Unterstützern. Ich konnte ihm wegen dieser Aussage nicht böse sein, wusste ich doch, dass da absolut nichts dahinter steckte. Sicherlich, mein Bekanntheitsstatus war oft auch für ihn nicht einfach, aber manchmal öffneten sich dadurch auch zuvor verschlossene Türen, auch für ihn. Ein paar mal war ich so schon an exklusive Konzertkarten heran gekommen, oder hatte ihm Markenkleidung kaufen können, die er abgöttisch liebte, sich aber wohl selbst eher nicht leisten konnte.
"Na beim nächsten Mal kommt er sicher wieder mit", hörte ich nur Tae neben mir sagen. Er wollte bestimmt das Gesagte relativieren, war gar nicht nötig war. Ich wusste, wie ich meinen Bruder einzuschätzen hatte.

"Erzähl ihm ja in allen Einzelheiten, was er hier verpasst!", versuchte ich dann doch meinen Bruder im Nachhinein ein wenig zu ärgern.
"Klar. ich bin mir aber sicher, dass er sich nachher einloggen wird, um euch zuzusehen. Ich habe meine Accountdaten offen liegen lassen, er wird sich sicher nicht zurückhalten können. Er ist wirklich stolz auf dich, Jimin, auch wenn er es nicht oft zeigt.
Ich wusste es, oder besser, hatte es vermutet, es aber so noch einmal direkt von seiner Partnerin gesagt zu bekommen, war etwas anderes.
"Ach, hör doch auf...", murmelte ich leise vor mich hin, sie schüttelte aber nur vehement ihren Kopf.
"Als wir uns kennen lernten, da hat er kaum ein Wort über dich verloren, ich glaube er hatte Angst, dass es mich abschrecken würde, dass du sein Bruder bist. Als er jedoch merkte, dass ich ein Army bin... Sagen wir, ich bin mir manchmal nicht sicher, wer eigentlich der größere Fan ist."
"Sumi!", erlöste mich Kookies Aufschrei hinter mir, er stürmte an mir vorbei und zog besagte auch gleich fest in seine Arme.
"Hey!", lachte sie gelöst, Tae guckte ein wenig verdattert, kam aber wohl schnell zu dem Schluss, dass sie sich offensichtlich bereits kannten. Seokjin war bereits weitergegangen, Yoongi folgte dicht Jungkook.

Er hatte seine Sonnenbrille mittlerweile abgenommen, reichte sie mir wieder, damit ich sie seinem ursprünglichen Besitzer wieder zukommen lassen konnte.
"Und, hattest du einen guten Blick auf alles?", fragte Kookie meine Schwägerin in Spee und die beiden unterhielten sich aufgeregt über den Soundcheck und das bevorstehende Konzert. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass auch Jungkook so nervös gewesen war, aber ich war durch Yoongis Abwesenheit auch nicht ganz bei der Sache gewesen.
"Ist alles wieder gut?", fragte ich meinen Hyung nun leise, damit Sumi die ganze Angelegenheit nicht unbedingt mitbekam.
Yoongi nickte nur, sah betreten zu Boden. "Es tut mir leid, wie ich mich aufgeführt habe. Fast hätte ich euch hängen gelassen."
"So ein Quatsch!", entfuhr es mir ein wenig zu laut, Sumi und Kookie sahen kurz irritiert zu mir und unterbrachen ihr Geschnatter, bevor sie ihr Gespräch wieder aufnahmen, als sie sahen, dass ich mit Yoongi sprach. Ich versuchte meine Lautstärke ein wenig anzupassen, wollte selbstverständlich nicht weiter auffallen, auch meinem Hyung zu liebe.

"Seit wann muss sich einer von uns für so etwas entschuldigen? Wir wissen doch alle um unsere gegenseitigen Schwächen und Stärken und wir konnten damit auch in der Vergangenheit gut umgehen und werden es auch in Zukunft können", ich merkte, dass meine Worte noch nicht so recht bei ihm ankamen. "Hyung", versuchte ich nun noch einmal seine Aufmerksamkeit zu bekommen und er sah mich zumindest an, "wenn du merkst, dass es wieder passiert... Wir sind für dich da, das weißt du. Isolier dich bloß nicht oder verschwinde wieder, es ist dann so viel schwieriger dir zu helfen, als wenn du bei uns bleibst. Versprichst du mir das?"
"Ich...", er sah kurz weg, dann in meine Augen, dann zu Jungkook und ich sah, dass er eine Entscheidung traf. Nur selten forderte ich Versprechen von den Membern ein, von meinen Hyungs so gut wie nie. Er wusste, was mir diese Frage bedeutete.
Schließlich seufzte er, was bei dem herum gekicher von Sumi und Kookie fast unterging. "Na schön."
Natürlich wusste ich, dass Yoongi kein Mensch war, der seine Zuneigung so offen zur Schau stellte, wie wir Anderen. Trotzdem konnte ich mich nicht zurückhalten und zog ihn in eine feste Umarmung, die er zu meinen Erstaunen sogar erwiderte.

"Danke."
Nach ein paar Momenten löste ich mich von ihm und sah mich suchend um. "Meinst du die anderen sind schon beim Buffet?" Mir knurrte beträchtlich der Magen, die letzten Woche hatte ich mich an eine strenge Diät gehalten, die sich zwar ausgezahlt hatte, mich aber umso mehr auf den heutigen Tag hat hinfiebern lassen. Heute würde ich füttern, was ich wollte und keine Rücksicht nehmen. Ich würde eh reichlich Kalorien bei dem Konzert verbrennen, so viel konnte ich gar nicht essen.
"Bestimmt, wir sollten auch langsam los, du weißt, wie schwer das Essen im Magen liegt, wenn wir zu spät essen."
"Stimmt." Außer Jungkook vertrug es niemand von uns, so kurz vorher noch zu essen. Es machte einen träge und noch schlimmer, mir wurde von so einem vollen Magen furchtbar schlecht.
"Geh schonmal vor, wir kommen gleich nach", teilte ich Yoongi mit und er sah mindestens genauso skeptisch in Kookies Richtung, wie ich mich fühlte.
"Bis gleich", stimmte er jedoch nur zu und machte sich auf den Weg zu unserem vielversprechenden Buffet.

Mit ein paar Schritten überbrückte ich die kurze Distanz zu Sumi und Kookie und versuchte mir bei ihrem Gespräch gehör zu verschaffen, was gar nicht so einfach war. Na da hatten sich ja zwei gefunden.
Am Ende blieb mir nichts anderes übrig, als Kookie stark und bestimmt ein wenig am Oberarm zu packen und zur Seite zu ziehen.
"Komm, unser Essen wartet", wie zur Bekräftigung meldete sich in diesem Moment lautstark mein Magen, was Kookie nur ein Lächeln entlockte.
"Ist ja gut. Sumi", er wandte sich ein letztes Mal zu ihr, "Ich wünsche dir viel Spaß bei dem Konzert. Wir sehen uns!"
"Bis nachher!", verabschiedete ich mich von ihr, nahm sie noch einmal kurz in meine Arme, ehe sich unsere Wege trennten.

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Auch wenn es für unsere Armys, die dort draußen im Stadion auf den Beginn des Konzertes warteten, viel Zeit war, für uns begann ein kleines Wettrennen gegen dieses kostbare Gut.
Für das Essen ließen wir uns Zeit und waren auch noch recht entspannt, aber schon bald warfen wir alle nervöse Blicke auf die Uhr.
Bei sieben Mitgliedern in einer Gruppe dauerte es auch einige Zeit, bis alle umgezogen und fertig gestylt waren und nur ein paar gefühlte Augenblicke später saßen wir nervös im Greenroom und wurden erneut mit unseren Mikrofonen, Sendern und In-Ears verkabelt, was schon eine seltsame Routine für uns war, nach so vielen Jahren auf der Bühne.
Prüfend ließ ich meinen Blick über diese mir so vertrauten Personen schweifen und konnte ihnen ansehen, dass sie mindestens genauso angespannt waren, wie ich es war. Wir wollten alle Army nicht enttäuschen. Ein wenig Anspannung musste sein, wir mussten das Konzert ernst nehmen, sonst würden wir nichts Gutes abliefern.

Es beruhigte mich aber, dass ich in keinem der Gesichter Angst oder Unsicherheit wahrnahm, sogar Yoongi schien relativ gefasst und geerdet.
"Noch 5 Minuten!", dröhnte eine tiefe Stimme von einem der Mitarbeiter durch unseren Raum und wir wussten, was das hieß. Wir mussten uns bereit halten.
Wie eine der vielen von uns zuvor geübten Choreographien, erhoben wir uns gleichzeitig und machten uns auf den Weg in Richtung Nebenbühne, wo wir auf den Beginn der Show warteten.
Schon jetzt hörte ich Army laut und fröhlich bei unserem Vorprogramm mitfeiern, die Lautstärke war fast beängstigend. Irgendwo da draußen war auch Sumi und würde dieses Konzert sehen und hoffentlich ebenfalls losgelöst mitfeiern. Ich hoffte, dass auch ich ein wenig runterkommen würde, sobald ich erst auf der Bühne stand und es ebenfalls in vollen Zügen genießen konnte.
"Kommt nochmal alle zusammen!", dirigierte uns Namjoon zu sich, indem er in sein Mikrofon sprach, was wir alle über unsere In-Ears hören konnten. Wir stellten uns im Kreis auf.

"In wenigen Minuten ist es endlich soweit", fasste unser Leader in Worte, was wir alle schon in jeder Faser unseres Körpers fühlten, "lasst Army sehen, dass wir in den letzten Jahren nichts eingebüßt haben und lasst uns eine gute Show abliefern! Sodass Army stolz auf uns sein wird!"
Wir legten unsere Hände in der Mitte übereinander und der so vertraute Ruf wurde von uns sieben unisono erwidert.
"Bang Bang Bangtan!!"


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