Kapitel 56

Kapitel 56
Mit einem wehmütigen Blick sah ich auf die Uhr. Ich saß nun schon eine gefühlte Ewigkeit hier auf dem Friseurstuhl- eigentlich war es eher eine halbe Stunde- und langweilte mich fürchterlich.
Das lag daran, dass ich außer der Noona, die wieder einmal für meine Haare zuständig war, keine andere Gesellschaft hatte, während ich hier saß und erneut Färbemittel in meine Haare einwirken ließ. Ich hatte ein indirektes Versprechen gegeben und wollte es einlösen und John so eine Freude machen, falls er sich überhaupt noch an unser Gespräch vor so vielen Wochen erinnern konnte.

Unschlüssig drehte ich mein Telefon in meinen Händen herum, das heute schon den ganzen Tag seltsam still war. Ein wenig kam es mir wie die Ruhe vor dem Sturm vor, ich drängte aber diese Gedanken zur Seite, wollte ich unserem Comeback nicht noch mehr negative Gefühle zu sprechen, als ich eh schon besaß.
Ich freute mich wirklich wieder auf der Bühne stehen zu können, dass es aber bereits in zwei Tagen soweit sein würde, war irgendwie surreal, gleichzeitig war unser Terminkalender derart zu gestopft, dass ich kaum zum Durchatmen kam. So stieg der Druck fast unermesslich an, was mir diese ganze Zeit so schwer machte.
Sogar für das Färben meiner Haare hatte ich fast keine Zeit gehabt, mir blieb nichts anderes übrig, als mich heute in aller Frühe aus unserem warmen Bett zu quälen, Jungkooks Klammergriff um meinen Körper zu lösen und vor allen anderen hierher zu kommen. Das hatte zur Folge, dass ich jetzt zwar hundemüde war, aber wenigstens mein Versprechen gegenüber John einlösen konnte.
Die Noona kam wieder zu mir und wir wuschen das Färbemittel aus meinen Haaren. Innerlich machte ich mir eine Notiz, zu oft hatte ich in zu kurzer Zeit gefärbt. Ich würde die nächsten Wochen erst einmal pausieren, bis die geschädigten Strähnen heraus gewachsen waren und meine Kopfhaut sich halbwegs erholt hatte. Es gab Tage, da war sie derart trocken, dass sie die ganze Zeit unangenehm juckte, eine Sache, die auf der Bühne oder vor laufender Kamera eher suboptimal war.

Zwar wollte ich Army auch dauernd etwas Neues bieten, etwas, was mich ihnen gegenüber interessanter machen würde, aber die Gesundheit ging vor, das wusste ich mittlerweile.
Mit müden Augen sah ich mir selbst durch den Spiegel entgegen und meiner Noona dabei zu, wie sie meine Haare trocken föhnte, vereinzelte Haarstähnen zurück schnitt, mit denen sie nicht zufrieden war. Auch wenn ich auf einen vollständig neuen Schnitt verzichtet hatte, so trug sie doch dafür Sorge, dass ich halbwegs vorzeigbar sein würde.
Am Rande fragte ich mich, wie lange ich mich wohl vor einem Haarschnitt noch drücken konnte, waren meine Haare mittlerweile wieder ein wenig länger, als ich sie früher getragen hatte. Ich mochte es, wenn ich sie zu einem kleinen Zopf zurückbinden konnte, wusste aber, dass ich sie wohl nie mehr so lang haben würde, wie vor einigen Monaten, als ich aus Amerika zurückkam.
Die schwarzen Haare, die sich nun wieder auf meinen Kopf befanden, waren ein seltsamer Anblick nach so vielen Wochen mit hellen Haaren. Manchmal fragte ich mich, wieso wir überhaupt so viel färbten, wenn wir so oft zu unserer natürlichen Haarfarbe zurück fanden, aber vermutlich machte es keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es gehörte einfach zum Leben als Idol dazu.

"So, fertig", meinte meine Noona leise, aber zufrieden neben mir, nahm mir den Umhang ab, der mich vor meinen eigenen abgeschnittenen Haaren beschützt hatte und trat einen Schritt zurück.
Sie sah mich erwartungsvoll an, was mir ein Lächeln entlockte. Wie auch die letzten beiden Male, war ich auch heute sehr zufrieden mit dem, was sie aus mir herausgeholt hatte. Es gab Gründe, wieso ich unbedingt wieder zu ihr wollte.
"Danke, es ist wie immer hervorragend geworden. Vielen Dank, dass du Überstunden für mich machst", sie errötete leicht, ich fragte mich lieber nicht, was dahinter steckte. Es war ein offenes Geheimnis, dass ich mit meinem Lächeln die Leute oft aus der Spur brachte.
"Das ist doch kein Problem."
Sie hatte mich in dieser Herrgottsfrühe reingeschoben, ihr Tag war ansich schon vollkommen ausgebucht gewesen. Yoongi wäre gleich nach mir dran, es wunderte mich, dass er noch nicht hier war.
Meine Noona sammelte ihr ganzes Material zusammen, säuberte und sortierte es, ich nutzte die Zeit und machte ein paar Selcas über den Spiegel von mir.
Es dauerte auch gar nicht lange, da hatte ich die Nachrichtenapp geöffnet und John eines der Bilder geschickt.

ChimChim (9:56): Vielleicht erinnerst du dich noch daran, ich habe heute ein Versprechen eingelöst!

Als hätte er direkt am Telefon geklebt, kam prompt eine Antwort.

John (9:57): Yay *.* Das sieht einfach super aus!

Ich mochte diesen kurzen oberflächlichen Kontakt, den ich mit ihm führte. Viel zu wenige Leute außerhalb dieser Branche konnte ich zu meinen Freunden zählen. Natürlich musste ich bei John immer aufpassen, was ich schrieb und preisgab, es bestand prinzipiell noch immer die Möglichkeit, dass so Dinge an die Öffentlichkeit drangen, die es nicht sollten. Bisher hatte er mich jedoch nicht im Stich gelassen.
Als ich mein Telefon in meine Hosentasche wegsteckte und aus meinem Stuhl aufstand, öffnete sich die Tür und Yoongi trat ein, mit einem Gähnen auf dem Gesicht.
"Morgen", murmelte er undeutlich, als er müde an mir vorbei schlurfte.

Auch ich war nicht wirklich ein Morgenmensch und konnte mehr als verstehen, wie Yoongi sich fühlen musste. Heute war ich nur schon so lange wach, dass fast jegliche Müdigkeit vorübergehend aus meinen Knochen verschwunden war. Die extra große Tasse Kaffee hatte ihr Übriges dazu beigetragen, die Augen offen halten zu können. Wahrscheinlich würde die Müdigkeit nachmittags wiederkommen, so wie ich meinen Körper kannte.
"Ich bin mir sicher, du überraschst uns alle", gab ich in einem neckenden Tonfall von mir und wuschelte zeitgleich durch Yoongis noch dunklen Haare.
Dieser fuchtelte nur halbherzig mit seinen Händen herum, versuchte mich davon abzuhalten, ihm so früh am Morgen auf die Nerven zu gehen.

In Wahrheit konnte ich mir aber in seiner Anwesenheit fast alles erlauben und kam ausgesprochen oft glimpflich davon. Er hatte wohl doch einen weichen Platz in seinem Herzen für mich, wie so viele Leute so oft beteuerten.
"Ich hoffe, dass ich von dem ganzen Färben keinen Haarausfall bekomme", brummte er vor sich hin. Es war eine durchaus berechtigte Sorge, die bloß bisher noch für keinen von uns eingetreten war.
"Wenn ich erst einmal mit Färben anfange, dann geht es wieder Ewigkeiten so weiter. Sieht man ja bei dir. Das war das... dritte Mal färben innerhalb von ein paar Wochen?"
"Hyung", schlug ich einen liebevollen Tonfall an, "du weißt, dass sie nichts machen, was du nicht möchtest." Diese Zeiten waren endgültig vorbei, alle Klauseln, die dies früher im Vertrag geregelt hatten, nichtig. Vorzeigbar, das mussten wir weiterhin sein, die Haarfarbe war prinzipiell egal.
"Ja ja, ich weiß."
"Wieso machst du es dann?", den neugierigen Tonfall konnte ich nicht ganz verbergen, sodass Yoongi mich einen Moment nur abschätzend musterte.

Er seufzte schließlich. "Ich möchte Army ja auch was bieten. Außerdem", er zögerte leicht und auf seinen Wangen breitete sich eine leichte rötliche Färbung aus, "hat Minji ein Bild von früher gesehen und ist der Meinung, dass es unbedingt an der Zeit ist, für den blonden Suga ein Comeback zu feiern." Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen.
Ich wusste, dass ihm dieses Eingeständnis mir gegenüber nicht leicht gefallen war. Er war einfach kein Mann, der frei und jederzeit über seine Gefühle sprach, seine Beziehung hielt er erst recht sehr aus Gesprächen heraus. Manchmal hatte ich sogar den Eindruck, dass es Minji gar nicht gab, so schweigsam war er diesbezüglich, dann holte sie ihn jedoch nach einem langen Arbeitstag von der Agentur ab und ich konnte mich innerlich scholten, wie einfältig ich war. Er würde sich niemals so eine Beziehung ausdenken, er war einfach nur verschlossener, als es beispielsweise Tae war und redete nur nicht so gerne über die privaten Dinge. Umso mehr wusste ich diese kleine Information zu schätzen.
"Na dann zeig ihr deine Schokoladenseite."
Ein blonder Yoongi war immer ein Anblick, den man nicht so schnell vergaß. Diese Haarfarbe stand ihm unheimlich gut, fand ich.

Yoongi fuchtelte nur wieder wild mit seiner Hand herum und ich verstand den Wink mit dem Zaunpfahl, ihn endlich alleine zu lassen, verließ leise auflachend das Zimmer. Wir würden uns nachher noch reichlich sehen, unser Programm war vollgepackt und ließ uns so kurz vor dem Comeback kaum Zeit zum Atmen.
Etwas unschlüssig blieb ich vor dem Raum stehen, dessen Tür gerade ins Schloss fiel. Ein wenig Zeit für mich hätte ich jetzt noch, ich würde erst in zwei Stunden bei den letzten Tanztraining vor unserem Konzert erwartet werden. Sogar unser alter Choreograph Son Sungdeuk würde heute mit dabei sein, um uns den letzten Feinschliff zu verpassen. Ich war aber tatsächlich zuversichtlich, dass er mit unserer Leistung zufrieden sein und wir ihn stolz machen würden.
Das Training würde anstrengend werden, deswegen kam der Fitnessraum für mich jetzt erst recht nicht in Frage. Ich brauchte meine Energie noch.
Kookie würde in einer halben Stunde ebenfalls hier sein, er sollte sich heute noch einmal bei seinem Arzt vorstellen und es würde entschieden werden, ob er an dem Konzert teilnehmen könnte oder nicht. Er hatte sich aber eisern an die Empfehlungen des Arztes gehalten, hatte kaum ein Wort mit mir gesprochen und ich war zuversichtlich, dass er das okay bekommen würde.

Bis dahin trottete ich zu unserem Aufenthaltsraum, der in den letzten Wochen so viel persönlicher geworden war, als ich je gedacht hätte.
Wir hatten eine kleine Fotowand auserkoren, Hobi machte gerne diese Instant-Polaroid-Fotos und hielt viele Momente von uns fest. Natürlich hatten wir darauf geachtet, unsere Liebsten nicht zu zeigen, Minji oder Hana waren auf keinem einzigen Foto, einfach weil auch hier viel gefilmt wurde und wir das Risiko nicht eingehen wollten, dass etwas beim Zensieren übersehen wurde. Einige saublöde Aufnahmen gab es trotzdem, Grimassen konnten wir alle gut ziehen und vor Allem die Kombination Jungkook und Seokjin brachte wahre Schnappschüsse hervor.

Ich schnappte mir eine frische Wasserflasche und ließ mich auf unsere bequeme Couch sinken, fummelte mein Telefon bereits wieder aus meiner Tasche.
In unserem Gruppenchat war es ruhig, auch Minho war verdächtig still. Seitdem er mit seiner Angebeteten ausging, war seine Zeit mir gegenüber deutlich knapper geworden, was ich aber verstand. Es war gut so, er wollte sich etwas mit einem anderen Menschen aufbauen, diese Beziehung vertiefen.
Ich öffnete andere Apps, wollte einen Überblick bekommen, was auf den Social Media Seiten los war und wurde förmlich von Meldungen und Postings erschlagen.
Ein wenig hatte ich es erwartet, schließlich würde heute Abend die erste Runde BTS Folge seit Jahren wieder laufen und Army freute sich erwartungsgemäß riesig darauf. Es gab viele Postings darüber, dass sie es kaum erwarten konnten und ich freute mich fast genauso sehr wie sie darüber.
Mir war Army wichtig und ich wollte, dass sie glücklich waren.
Allerdings fesselte etwas ganz anderes meine Aufmerksamkeit, als ich es sah.

Einige unserer Interviews waren online gestellt worden, was an sich keine große Sache war, es war so abgesprochen gewesen. Allerdings war Army mal wieder viel zu aufmerksam gewesen, mehr als ihnen und uns gut tat.
Natürlich war ihnen aufgefallen, dass Kookie sehr schweigsam in den Interviews gewesen war. Die Trends auf den einschlägigen Seiten waren voll damit.
#gibtJKmehrZeitinInterviews, #MachtJKnichtmundtot waren nur zwei davon und mir wurde leicht übel, als ich sie las.
Wahrscheinlich war es ein Fehler gewesen darauf zu hoffen, dass es einfach nicht auffallen würde und es nicht großartig publik zu machen, dass er krank war...
Wir mussten das unbedingt mit unserem Management klären, wie wir am Besten weiter vorgehen sollten.

Stöhnend ließ ich mein Telefon auf das Sofa neben mir fallen und warf meinen Kopf in den Nacken, sah zu der Zimmerdecke hinauf, an der mir gleich eine Deckenlampe penetrant und hell entgegen funkelte, sodass ich lieber meine Augen schloss.
Nur ein paar Sekunden später ging die Tür auf und jemand betrat das Zimmer. Ich konnte und wollte mich nicht aufraffen einen Blick dorthin zu werfen, wenn es jemand vom Staff wäre und er mich hier sitzen sähe, würde er schon wieder verschwinden. Es war aber keiner vom Staff.
"Jiminie?", hörte ich die vertraute Stimme nach mir fragen. Schritte näherten sich mir leise, als ich kaum eine Reaktion von mir gab.
"Schläfst du etwa?", hörte ich Hobis Stimme erneut und diese Frage brachte mich wenigstens dazu meinen Kopf langsam von links nach rechts zu bewegen.
Zusammen mit seinem typisch fröhlichen Lachen spürte ich, wie sich die Couch neben mir herunter drückte.
"Du bist wieder dunkel", stellte er einfach nur fest und fuhr mir liebevoll mit einer Hand durch meine Haare.
"Hmmm", brummte ich, langsam bekam ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht wirklich redselig war.

Hobi stockte in seinen Bewegungen, nahm seine Hand aus meinen Haaren und fast sofort vermisste ich diese Nähe zu ihm, die noch immer so vertraut war. So lange hatten wir uns ein Zimmer geteilt, ich hatte erst gemerkt, was mir fehlte, als ich es nicht mehr hatte.
Sicher, ich hatte schon damals bereits einen leichten Crush auf Kookie und Tae war auch damals schon mein bester Freund gewesen, doch war auch Hobi ein enger Vertrauter von mir gewesen. Er hatte mich mehr als einmal heulend im Bett vorgefunden, als ich einfach nicht mehr weiter wusste und er hatte mich stets getröstet.
Diese Verbundenheit zu ihm war noch immer da, wenn auch abgeschwächt durch die Zeit, die ins Land gestrichen war.
"Was ist los?", fragte er mich besorgt und als ich meinen Kopf in seine Richtung drehte und endlich die Augen öffnete, sah ich auch den dazu passenden Gesichtsausdruck, die Stirn tief in Falten gelegt.
Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Ein winziger Teil meines Gehirns stellte dabei fest, dass Kookie so viel bequemer war, bevor ich ihm antwortete. Ich wollte entgegen meiner Handlungen auch nicht, dass sich Hobi Sorgen machte.

"Hast du dir mal angesehen, was gerade trendet? Weltweit?"
"Ach das", kam nur die ruhige Antwort von ihm. Hobi war auf den ganzen Internetforen der Aktivste von uns sieben, es wunderte mich nicht, dass er bereits Bescheid wusste.
Nun war es an mir, die Stirn zu runzeln.
"Es stört dich nicht?"
Er nahm sich einen Moment Zeit für seine Antwort, suchte offensichtlich nach den richtigen Worten.
"Doch, natürlich. Aber das ist nur ein kleiner Sturm Jiminie. Der geht vorbei."
Ich griff seine Metapher auf, die er mir so kunstvollendet hingelegt hatte.
"Und wenn der Sturm sich zu einem Orkan entwickelt?"
"So weit wird es nicht kommen", meinte er und legte nun seinerseits seinen Kopf an meinen.
"Jk hat doch heute den Arzttermin, dann wissen wir genaueres... So oder so, geht heute eine Meldung offiziell von Hybe heraus, die die Sachlage schildert."
So oder so.
Entweder Kookie wäre wieder fit für das Konzert...
Oder eben nicht.
"Hast du schon mit den Managern darüber gesprochen?"
"Ja." Ich spürte ihn neben mir auch leicht nicken. Hobi war ein Segen für diese Gruppe. Wie er seit unseren Comebackvorbereitungen Namjoon unterstützte und unter die Arme griff, war selbstlos und das Beste, was uns passieren konnte. Namjoon war der beste Anführer, den wir haben konnten, das wussten wir alle, aber auch er hatte nur bedingt Kapazitäten sich um alles alleine zu kümmern. Wahrscheinlich war Hobi deswegen schon im Haus, um alles mit den Managern zu klären.
"Es wird alles gut, Jiminie", redete er beruhigend auf mich ein und ich merkte, dass seine Gelassenheit langsam auf mich überschwappte.
"Danke", murmelte ich leise in den Raum, Hoseok hatte es aber sicher gehört.

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Eine Weile saßen wir noch zusammen, ich dämmerte wohl oder übel langsam weg, zu früh war ich heute für meinen Geschmack aufgestanden. Hobis Hand, die beruhigend durch meine Haare strich, tat ihr übriges dazu, sodass ich abschaltete.
Erst das Geräusch der Tür, die geöffnet wurde, riss mich aus meinem dämmrigen Zustand.
Ich zuckte ein wenig zusammen, von Hobi weg, mein Herz fing an schneller zu schlagen, zu sehr hatte ich mich entspannt und nun erschrocken.
Es war nur Kookie, der da den Raum betrat, mit einem dicken Grinsen im Gesicht.
"Ratet mal, wer wieder reden darf!", frohlockte er laut in den Raum und steckte auch mich mit seiner guten Laune an. Meine Stimmung wurde nur ein wenig getrübt, da Kookies Stimme noch sehr belegt und ein wenig kratzig war. Er hatte sie die letzten zwei Wochen nicht benutzt und musste sie jetzt erst wieder aufwärmen.
"Yay", versuchte ich mir meine Gedanken nicht ansehen zu lassen, sprang vom Sofa auf, und ging ihm zwei Schritte entgegen. Da außer uns beiden nur Hobi im Raum war, drückte ich Kookie einen kurzen Kuss auf die Lippen, wollte mich danach wieder von ihm losmachen, Kookie hielt mich jedoch fest und vertiefte den Kuss.

Es war mir ein wenig unangenehm, so vor Hobi rumzuknutschen, dieser räusperte sich vernehmlich, was auch Kookie wieder an dessen Anwesenheit denken ließ. Hobi war einfach viel zu taktvoll um etwas gegen uns zu sagen, aber ich konnte mir vorstellen, wie unangenehm es für ihn gewesen sein musste.
Die Missstimmung, die zwischen mir und Jungkook geherrscht hatte, war größtenteils verschwunden.
Ich war schon immer ein eher harmoniebedürftiger Mensch, ich stritt mich nicht gerne und schon gar nicht mit meinem Partner, auch wenn die letzten Woche eher etwas anderes bezeugen konnten.
Versöhnungssex war auch eher ein Ding, das nicht zu mir passte und doch war es gestern Abend genau das Richtige zwischen Jungkook und mir gewesen.
Nicht mehr dieses einseitige Reden, den Kopf einfach ausschalten, alles, was in den letzten Tagen zwischen uns an Streitigkeiten gewesen war, ignorieren und einfach nur fühlen, was zwischen uns war.
Kookie bedachte mich auch jetzt wieder mit einem Blick, der dem von gestern Abend in nichts nachstand. Das konnte ja noch ein langer Tag werden.
"Ihr habt euch wieder versöhnt, ja?", versuchte Hobi die Stimmung in eine etwas jugendfreundlichere Richtung zu lenken. Ich hatte keine Ahnung, was er hier befürchtete, ich würde Jungkook schon nicht die Kleider vom Leib reißen, wenn wir sogar einen unfreiwilligen Zuschauer hatten.

"Ja", kam nur Kookies gekrächzte Antwort, er zog mich aber am Arm hinter ihm her, zu Hobi auf die Couch.
Ein wenig zögerlich blieb ich jedoch noch stehen. Seine Stimme hörte sich wirklich nicht gut an und ich war mir fast sicher, dass ein altes Hausmittel meiner Mutter da Wunder bewirken konnte.
"Jungkook, sollte ich dir nicht noch einen Tee mit Honig machen? Vielleicht hilft es ein wenig deiner Stimme-"
"Ach nun hör doch mal auf!", fuhr er mich entnervt an und ich klappte meinen Mund zu, biss mir auf die Lippe, da ich so grob unterbrochen worden war. Seine Stimmung war in sekundenschnelle umgekippt, manchmal kam ich da nicht ganz mit.
"JK-", versuchte Hobi erneut zu retten, was noch zu retten war, Jungkook kaufte ihm allerdings nichts davon ab.

"Nicht du auch noch!" Jungkook bedachte nun auch Hobi mit einem unwirschen Blick. "Seit Tagen bemuttert Jimin mich, es geht mir tierisch auf den Geist!" Er vergrub sein Gesicht kurz in seinen Händen, ehe er sich förmlich die Haare raufte.
Hobi war sprachlos, tatsächlich eine Sache, die nur selten geschah. Ich fand meine Stimme etwas schneller wieder.
"Du hast recht, es tut mir leid. Ich war die letzten Tage wirklich anstrengend", kapitulierte ich, sah durchaus ein, dass ich mich nicht ideal verhalten hatte. Dennoch konnte ich das alles nicht einfach so stehen lassen. "Kookie, ich mache mir doch nur Sorgen", vorsichtig berührte ich ihn am Arm und er sah zu mir auf, deutlich besänftigt.
"Und glaubst du, ich mache mir keine?", fragte er mich stirnrunzelnd.
Er hatte Recht. Von uns allen belastete ihn die Situation sicher am meisten.
Kookie seufzte. "Jiminie, holst du mir einen Tee mit Honig?", ging er doch auf mein Angebot ein und ich eilte freudestrahlend los, um ihm eine Tasse zu besorgen.

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Unser Training zusammen mit Son Sungdeuk hätte kaum besser laufen können. Wir hatten in den letzten Wochen wirklich viel trainiert, sodass auch die etwas schwächeren Tänzer auf einem wirklich guten Niveau waren. Son Sungdeuk wies uns lediglich auf ein oder zwei Aufstellungsfehler hin, wir standen manchmal nicht ganz symmetrisch. Wir passten es sofort an. Er war sehr zufrieden mit dem, was wir zeigten und lächelte breit, als wir schließlich vollkommen fertig und schweiß durchtränkt vor ihm standen, mindestens genauso stolz auf uns selbst, wie er es war.
Uns verband einfach so eine lange Beziehung miteinander, er war nicht nur unser Choreograph, er war mittlerweile ein Freund für uns.
"Ihr werdet mich übermorgen wirklich sehr stolz machen, bravo Jungs! Ihr wisst gar nicht, wie sehr ich eurem Comeback entgegen fiebere!"
Vollkommen fassungslos standen wir nach diesem Lob einfach nur rum, bis wir ihm schließlich um den Hals fielen.
"Jungs, jetzt reißt euch langsam mal los, ihr wisst, dass wir heute noch streamen wollten!", hörte ich die Stimme der Vernunft über unsere allgemeine Euphorie hallen und natürlich hatte unser Leader Recht.

Unser Konzert wäre in zwei Tagen. Morgen wäre die Generalprobe und wir hätten somit kaum genug Ruhe um für Army live zu gehen. Es war so etwas wie Tradition uns allen vorher noch einmal zu zeigen, wir wollten da heute keine Ausnahme machen.
Am Liebsten wäre ich rasch unter die Dusche gehüpft, allerdings wusste ich, dass wenn einer von uns damit anfing, wir für Ewigkeiten nicht fertig werden würden. Also schälte ich mich lediglich aus meinen nassen Klamotten und zog mir mein Shirt von heute früh über. Die obligatorische Mütze durfte auch nicht fehlen. Meine Haare sahen so durchgeschwitzt furchtbar aus und ich wollte außerdem nicht, dass Army meine neue Haarfarbe vor dem Konzert sah.
"Ist die Run BTS Folge schon online?", erkundigte ich mich neugierig mit einem Blick auf die Uhr. Eigentlich müsste sie längst für Army bereit stehen.
"Wollen wir sie uns vielleicht vorher zusammen angucken, bevor wir das live starten?", schlug Tae vorsichtig vor.

Selten hatten wir bisher zusammen ein Video unseres Formates zusammen geschaut, ich fand den Vorschlag aber gut. Es würde uns auf Army einstimmen, wir wüssten, worüber sie zweifelsohne im Chat schreiben würden und irgendwie war es auch schön, diese Zeit noch einmal mit meinen Brüdern zusammen Revue passieren zu lassen, die noch gar nicht so lange her war, seitdem sich aber so vieles geändert hatte.
Ich war erst danach mit Jungkook zusammen gekommen, mittlerweile konnte ich mir ein Leben, das nicht an seiner Seite war, kaum noch vorstellen. Ich wollte es auch gar nicht.
Also murmelte ich zustimmend auf Taes Vorschlag hin, die anderen fielen ein und so war es beschlossene Sache.
Wenn ich gewusst hätte, wie cringy das für mich werden würde, hätte ich wohl abgelehnt.
Ich sah mein altes Ich, das noch gar nicht so lange her war, durch diese Spielchen schliddern und schließlich als Verlierer mit Jungkook auf den letzten Platz landen und wollte am liebsten im Boden versinken. Es war peinlich, wie dämlich ich mich damals angestellt hatte, aber es war mir noch unangenehmer, dass ich Kookies doch recht eindeutige Avancen absolut nicht bemerkt hatte. Rückblickend waren sie so offensichtlich und eindeutig, ich fragte mich, wie Army das bitte nicht bemerken sollte.
"Boah, JK, wie offensichtlich doof hast du dich bitte angestellt?", meckerte nun auch Seokjin neben mir, verfiel aber auch in ein Lachen. Es war wirklich zu blöd, wie Jungkook künstlich Zeit geschundenen hatte. Eindeutig ein Moment seiner schwächeren schauspielerischen Leistungen in der Vergangenheit.

Jungkook zuckte nur mit den Schultern, ich spürte aber das Beben des unterdrückten Lachens das durch seinen Körper fuhr. Er nahm meine Hand, führte sie zu seinem Mund und drückte einen kurzen Kuss darauf und ich wusste nun eindeutig, dass er sich damals wirklich einfach nur meinetwegen so doof angestellt hatte. Meine Hand ließ er nicht los, ließ sie mit seiner verschränkt auf seinem Schoß liegen.
Es breitete sich in meinem Bauch eine Wärme aus, die auch mit dem Starten des Streams nicht vergehen wollte, als Kookie meine Hand schließlich losließ. Ich wusste, dass er bei mir war und zu mir gehörte, auch wenn wir es nicht so öffentlich zeigen konnten, wie wir es gerne wollten. Er war da für mich, ich wusste es.
Army rastete förmlich aus, und alle so zusammen live zu sehen.
Die Kommentare verschwammen förmlich, es war unmöglich so schnell etwas zu lesen, vor Allem, wenn es nicht auf koreanisch war.
Also redeten wir einfach drauf los, blödelten miteinander herum, wie wir es früher auch so oft vor der Kamera getan hatten und es fühlte sich einfach gut an.
Army freute sich schon riesig auf unser Comeback, es war jetzt greifbarer für sie, da sie uns wirklich einmal zusammen live vor der Kamera gesehen hatten. Ich war mir aber sicher, dass wir sieben uns sogar noch mehr darauf freuten, als unsere gesamte Fanbase zusammen.

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