Kapitel 55
Kapitel 55
Gerade als ich mich wieder in Bewegung setzen wollte, um wieder zu meiner Truppe zu stoßen, fiel mir das Geräusch auf. Es war erst sehr leise, aber als ich erst darauf aufmerksam war, konnte ich es nicht mehr ignorieren. Es war ein rhythmisches Bummern, welches ich mir nicht erklären konnte.
Stirnrunzelnd sah ich mich in der Umgebung um, konnte aber nichts wirklich auffälliges in der Nähe erkennen. Deutlich konnte ich jetzt aber mittlerweile Stimmen hören, auch wenn ich sie nicht verstehen konnte, zu gedämpft waren sie. Es kam eigentlich nur der Raum direkt in meiner Nähe in Frage, dabei handelte es sich jedoch um einen Raum für den Staff, vermutlich eine Abstellkammer.
Das ging mich hier alles nichts an.
Meine beiden Wasserflaschen in der Hand, stand ich auf, als auch genau in diesem Moment die Tür aufging und mir zwei sehr bekannte und vor allem zerzaust aussehende Idols schockiert entgegen sahen. Es war ihnen offenkundig unangenehm, dass sie mir so in die Arme gelaufen waren und ich Zeuge dessen gewesen bin, was Yeonjun und Soobin gerade eben dort drinnen...
Es ging mich nichts an.
Soobin war derweil tiefrot angelaufen und sah mich aus großen Augen an, die mich irgendwie sehr an Jungkooks große Bunnyaugen erinnerten und rang offensichtlich nach Worten.
"Ähm.... Hallo", brachte er schüchtern hervor und neigte leicht den Kopf in meine Richtung, während Yeonjun derweil versuchte, sein Shirt unauffällig zu glätten..
Was war jetzt das geschickteste Vorgehen?
Sollte ich so tun, als hätte ich nichts bemerkt? Nein, das nahmen sie mir sicher nie im Leben ab, aber was würden sie von mir erwarten? Was würde ich an ihrer Stelle wollen?
Nervös nahm ich einen Schluck aus meiner Wasserflasche und deutete auf sie. "Ich wollte nur... etwas Wasser holen", rechtfertigte ich den Zustand, weshalb ich mich auf dem Gang befunden hatte. Nicht dass ich mich ihnen gegenüber erklären musste, ich fand es nur höflich ihnen einen möglichst unverfänglichen Ausweg zu liefern. Das war das Mindeste, was ich für die beiden tun konnte.
"Jimin-Sunbaenim, wir wünschen viel Erfolg für das Comeback."
"Danke, Yeonjun", meinte ich mit einem Lächeln und versuchte ihnen zu zeigen, dass ich nichts gegen die beiden hatte, ganz im Gegenteil. Ich hatte ja schon gewusst, dass es noch ein Pärchen unter den Idols gab, aber wirklich zu wissen, um wen es sich handelte, war etwas anderes.
Fieberhaft überlegte ich, was ich noch zu ihnen sagen konnte, entschied mich für eine Verabschiedung, die aber hoffentlich keinen Raum für Interpretationen übrig ließ. Das letzte, was ich wollte, war, dass sie in Panik verfielen, dass aus versehen noch jemand in ihr Geheimnis eingeweiht war, der möglicherweise etwas gegen diese Beziehung hatte.
"Ich wünsche euch beiden noch einen", ich stockte kurz, auf der Suche nach einem möglichst passenden Wort, "angenehmen Arbeitstag. Vielleicht... Passt ihr in Zukunft etwas besser auf, wem ihr auf den Gängen begegnet." Meine Hand hob ich zum Abschied und wandte ihnen den Rücken zu, sie starrten mich perplex an.
Kaum ging ich den Gang ein paar Meter zurück, hörte ich die beiden hinter mir schon aufgeregt miteinander flüstern.
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Es war fast ironisch, dass ich sie so ungünstig erwischt hatte, hatte ich vor ein paar Wochen noch genau das gleiche mit Kookie in einer anderen Abstellkammer getan und hatte so viel Dusel gehabt, um nicht erwischt zu werden. Auch unser Techtelmechtel in der Dusche war unentdeckt geblieben. Scheinbar besaßen Kookie und ich einen Schutzengel. Ein leises Kichern konnte ich mir nicht verkneifen, als ich schließlich wieder bei unserem Raum angekommen war.
Tae sah mich nur fragend an, als ich mich auf den Platz neben ihn setzte, den ich erst vor so kurzer Zeit verlassen hatte.
"Du warst ganz schön lange weg", stellte er nur leise fest, als ich ihm sein Wasser reichte. Mehr als nur ein wenig vage mit den Schultern zu zucken, blieb mir kaum übrig.
"Ich brauchte einen Moment für mich", murmelte ich leise vor mich hin, wollte nicht, dass der ganze Raum mithörte. Unser Stylistenteam packte bereits alles zusammen, was mich daraus schließen ließ, dass wohl alle Member bereits auf dem Make-up-Stuhl gesessen hatten.
Jungkook saß zusammen mit Seokjin in der gleichen Ecke, in der ich ihn auch das letzte Mal gesehen hatte, bevor ich den Raum verließ und hatte mittlerweile ein Lächeln auf seinem Gesicht, das sicherlich dem Herumgeblödel und den Aufmunterungsversuchen von Seokjin zu verdanken war. Unser Ältester konnte ihn immer auf eine Art und Weise ablenken und aufmuntern, wie es uns anderen einfach nicht möglich war. Diese Verbindung der beiden war besonders und einzigartig.
Leise nahm ich das Gespräch wieder auf.
"Ich habe draußen Yeonjun und Soobin getroffen."
Tae wartete geduldig, dass ich weiter sprach. Als er merkte, dass von meiner Seite aus sobald kein neuer Input für dieses Gespräch kommen würde, arbeitete es hinter seiner Stirn, ich konnte es förmlich sehen.
"Oh", kam es nur wenig geistreich von ihm und ich wusste, dass er über die beiden Bescheid wusste.
Es wurde kurz still zwischen uns, was jedoch nicht hieß, das es hier im Raum ruhig gewesen wäre. Ich hörte Hobis fröhliches Lachen, der sich zwischenzeitlich bei Seokjin und Jungkook eingefunden hatte und mit ihnen zusammen herumalberte. Natürlich war auch einer der Mitarbeiter mit einer Kamera nicht weit und hielt alles für die Ewigkeit fest.
"Wer weiß das mit den beiden noch?," fragte ich noch immer leise in den Raum hinein.
Erst jetzt fiel mir auf, das auch Minho sich mittlerweile unter den Mitarbeitern mit einer Kamera befand. Er war gerade damit beschäftigt, Namjoon und Yoongi zu filmen. Eigentlich nur Namjoon, Yoongi saß teilnahmslos neben unserem Leader und tat so, als würde ihn alles, was um ihn herum passierte, so gar nicht interessen. Es war so typisch er, dass dieser Anblick ein fast schon nostalgisches Gefühl in mir auslöste.
"Ich bin mir nicht sicher", meinte mein bester Freund neben mir und nahm ein paar große Schlucke aus seiner Wasserflasche. "Ich denke, es ist ein offenes Geheimnis. Ich habe es mir gedacht, war mir bis eben aber nicht ganz sicher. Man sieht sie viel zusammen... Kommen gemeinsam zur Arbeit und so..."
Es machte mir Hoffnung zu hören, dass es bei einem anderen Idolpärchen scheinbar gut funktionierte, das man diese Beziehung führen konnte und es nicht groß thematisiert wurde in der Agentur.
Nicht einmal Bang PD hatte mir verraten, um wen es sich bei diesem anderen Paar handelte. Vielleicht hatte die Beziehung von Kookie und mir zusammen doch eine größere Chance, als ich mir bisher ausgemalt hatte.
"Alle bitte einmal herhören!", dröhnte eine laute und feste Stimme durch den Raum, die unserem Aufnahmeleiter gehörte. "Das Interview beginnt in zwanzig Minuten, geht bitte in den Interviewraum und holt vorher eure Mikros ab."
Da ich keine Umstände machen wollte und es Tae da wohl ähnlich ging, machten wir uns gleich auf der Weg. Minho schloss gleich zu uns auf, die Kamera zwar noch in der Hand, jedoch machte er auf dem Weg keine Aufnahmen von uns.
"Hey Jimin", begrüßte er mich und drückte mich auch kurz an sich.
"Hi Minho", grüßte ich ihn zwar ebenso freudig aber ein bisschen weniger stürmisch zurück.
"Ich wollte kurz noch mit dir besprechen, dass ich heute das Video online stellen würde, dass wir in Amerika aufgenommen haben?"
"Ist gut", stimmte ich ihm zu und nahm den Gurt mit den Sendern für mein Mikrofon entgegen. Es gab mittlerweile schon so etwas wie eine Routine zwischen uns, wir halfen uns solange beim Befestigen dieser Gurte gegenseitig, bis uns schließlich ein Mitarbeiter zur Hand ging. Bei meinem knapp geschnittenen Oberteil, war das Verkabeln heute tatsächlich schnell erledigt. Tae brauchte da bei seinem Outfit etwas länger, musste alles unter sein Hemd gefriemelt werden.
Jetzt das Video hochzuladen, empfand ich als genau den richtigen Zeitpunkt, so kurz vor unserem Comeback. Es würde Army sicher noch weiter auf das Konzert hypen und gleichzeitig zeigte es den Weg, den ich dafür gegangen war. Minho hatte ein Gespür dafür, wann man solche Videos am Besten hochlud. Das war mit ein Grund, wieso ich so gern mit ihm arbeitete.
"Kommst du nachher noch bei uns vorbei?", fragte ich Minho beiläufig. Natürlich hatte ich mitbekommen, dass er bei meiner wortkargen Antwort ein wenig angefangen hatte zu schmollen. Ich hatte ihn nicht verärgern wollen, manchmal erwischte er aber einfach wirklich ungünstige Momente, in denen er mich abfing und mit mir reden wollte. Meine Gedanken schwirrten gerade eher schon bei dem Interview als bei meinem kleinen unbedeutenden Youtubechannel.
Bei meinem Vorschlag schien er aber ein wenig versöhnlicher gestimmt zu sein.
"Soll ich Abendessen mitbringen?", fragte er mich freudig und dieses wunderbare Angebot nahm ich natürlich an. "Kann ich denn noch jemanden mitbringen?"
Diese Frage hätte ich kommen sehen müssen, dennoch traf sie mich unvorbereitet.
Zu wenig Kontakt hatte ich in den letzten Tagen zu ihm, um wirklich mitbekommen haben zu können, dass es zwischen ihm und der Mitarbeiterin, die ich bereits schon von Weitem gesehen hatte, scheinbar wirklich ernst geworden war.
Zu sehr war ich mit meinen eigenen Problemen beschäftigt gewesen, war es noch immer.
"Deine Freundin?", brachte ich noch immer etwas schockiert, aber auch ein wenig mit schlechten Gewissen hervor. Ich war ein wirklich schlechter Freund.
Jetzt drehte sich auch Tae zu uns um, so dicht wie er bei uns stand, hatte er das Gespräch natürlich mitangehört, auch wenn er versucht hatte, es nicht so sehr zu zeigen. Gerade schob er sich sein Hemd wieder zurück in seine Hose, das bei der ganzen Verkabelung mit den Mikros etwas gelitten hatte.
"Was?", fragte nun auch mein bester Freund verwundert. Er wusste noch nichts von den neuesten Entwicklungen bei Minho und war dementsprechend überrascht.
Minho sah Tae etwas abschätzend an, ehe er mir antwortete. Auch wenn sie sich in den letzten Wochen angenähert hatten, waren die beiden nicht so eng befreundet wie ich mit ihm, was nur natürlich war. Ich kannte ihn so viel länger. Von daher verwunderte es mich nicht einmal, dass Tae noch nichts von der neuen Person an Minhos Seite wusste.
"Sora, ja. Ich würde sie euch gerne vorstellen, auch wenn das viel zu offiziell klingt, aber... Ich möchte, dass ihr sie kennenlernt."
"Ich freu mich auf heute Abend. Tae, möchtest du auch kommen?", fragte ich, weil ich merkte, dass Minhos Wunsch nicht nur mir und Jungkook galt, sondern auch meinem Freund. Die Frau kennen zu lernen, die das Herz meines Freundes erobert hatte, machte mich nervös, aber ich freute mich gleichermaßen darauf. Sie musste eine außergewöhnliche Person sein.
"Darf ich Hana mitbringen? Sonst komm ich mir wie das fünfte Rad am Wagen vor."
"Na klar", stimmte ich ein und wir gingen gemeinsam in den Raum, in dem das Interview stattfinden würde. Ich konnte Taes Einwand verstehen. Zu sechst wäre es auch sicher lustiger, dann hätte Sora weibliche Unterstützung, das konnte nie schaden. Hana war auch eine Person, mit der es immer angenehm war, Zeit zu verbringen.
"Bereite Sora aber darauf vor, dass Jungkook nicht reden wird, nicht, dass sie ihn als unhöflich abstempelt-" "Jimin-aah, sie arbeitet hier, sie weiß, was mit ihm los ist."
"Oh."
Unser Gespräch versiegte, als wir weit er in den Raum hinein gingen, zu den Stühlen, die für unser Interview aufgebaut waren.
Normalerweise gab es immer eine Sitzordnung, angepasst an die täglichen Gegebenheiten, ich hatte tatsächlich nie ganz verstanden, wonach es sich richtete, aber ich war mir sicher, dass unser jeweiliges Outfit, das uns an dem Tag zugeordnet wurde, auch eine Rolle spielen musste.
Hybe hatte seitdem wir ihnen von Jungkooks und meiner Beziehung erzählt hatten, sehr oft darauf geachtet, uns nicht direkt nebeneinander zu setzen. Ich vermutete, dass sie ein wenig Bammel hatten, dass wir uns nicht anständig benahmen- es verwunderte und verwirrte mich gleichermaßen, schließlich war es auch nicht in unserem Interesse, diese Verbindung so schnell nach Außen zu tragen, egal was heute hier schon intern mit unserem Streit abgelaufen war. Wahrscheinlich konnten sich die meisten Mitarbeiter eh schon denken, was los war, sie waren oft sehr aufmerksam und sehr affin, was Tratsch in so einer Firma anging.
Heute hatte ich kein Glück, waren unsere Plätze wie sooft beschriftet und meiner war direkt neben dem vom Jungkook.
Unschlüssig blieb ich vor den zwei Stuhlreihen stehen und überlegte, ob ich dieses Interview einfach durchziehen sollte, wirklich große Lust hatte ich aber nicht direkt neben ihm zu sitzen. Nicht, wenn wir uns noch nicht ausgesprochen hatten. Egal wie sehr ich versuchen würde es zu überspielen, ich war mir sicher, dass Army meine Anspannung spüren würde.
Tae spürte wohl sie offensichtlich ebenfalls und wusste, was mein Problem war. Er setzte sich kurzerhand auf den Stuhl, der für Jungkook beschriftet war und tauschte mehr als offensichtlich die Blätter mit unseren Namen aus, die die Sitzordnung anzeigten. Das war schon wieder so offensichtlich und dreist, dass niemand von den Mitarbeitern etwas dazu sagte.
Kopfschüttelnd ließ ich mich auf den Sitz neben ihn fallen, bedankte mich aber bei ihm.
"Nicht dafür", meinte er aber nur grinsend, "sollen die sich mal nicht so haben."
Ich saß erst ein paar Sekunden, als Yoongi und Namjoon zu uns stießen, die anderen drei kamen auch lachend nur ein paar Momente später zu uns.
Seokjin und Hoseok waren großartig. Sie hatten Jungkook in der kurzen Zeit so sehr aufgemuntert, dass er dem ganzen Interview so viel positiver entgegen sah, als noch heute morgen.
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Tatsächlich verlief das Interview auch viel angenehmer, als ich erwartet hatte. Es würde noch vor dem Konzert veröffentlicht werden, also mussten wir aufpassen, was wir sagten, das neue Lied von uns war ja beispielsweise noch immer ein großes Geheimnis, das erst beim Konzert veröffentlicht werden sollte.
Das Reden übernahm größtenteils Namjoon, auch wenn wir anderen ab und an mal etwas einwarfen. Anschließend wurden uns Fragen gestellt und wir mussten dann Schilder mit den Namen des jeweils am besten passenden Members hochhalten.
Die Fragen waren vorher mit Hybe abgesprochen gewesen, deswegen waren sie wie üblich nicht besonders aufregend. Ein paar Ausreißer waren jedoch auch dabei, die mich verwunderten.
So wurden wir gefragt, wer wohl als nächstes, nach Namjoon, für den nächsten Nachwuchs von Bangtan sorgen würde. Wir stimmten alle einstimmig für Tae, der nur rot anlief und versuchte das ganze etwas kleinzureden. Seine Verlobung war noch nicht offiziell, aber da die Öffentlichkeit von seiner Beziehung mit Hana wusste, war unsere Antwort sicher nichts, was irgendjemanden verwundern würde.
Wer sich von uns am meisten in der Pause verändert hatte, war dann doch eine etwas schwerere Frage, wo unsere Antworten auch ein wenig auseinander gingen.
Einige meinten Jungkook, ich war der Meinung, dass Namjoon am meisten von uns gewachsen war in dieser Zeit, alleine schon die Vaterrolle, in der er voll und ganz aufging, hatte ihn schon sehr gewandelt. Yoongi allerdings hielt meinen Namen hoch. Als der Moderator nachfragte, wieso er dieser Meinung war, meinte er schlicht, dass mir die Zeit in Amerika gut getan hatte und ich auch gesanglich besser geworden war.
Dieses Spiel war etwas, was auch Jungkook wunderbar in das Interview integrierte, obwohl er im Moment ja nicht reden durfte und ich war dankbar für den Menschen, der sich das ausgedacht hatte. Wahrscheinlich würde es Army zwar auffallen, dass er ausgesprochen ruhig war, aber mit etwas Glück würden sie nicht weiter nachfragen. Offiziell war Jungkook gesund, wir wollten unsere Fans nicht ohne triftigen Grund besorgen, nicht, wenn noch die Hoffnung bestand, dass Jungkook bis zum Konzert wieder genesen sein würde. Das Army wahrscheinlich wie eh und je die Wahrheit herausfinden würde, war da ein ganz anderes Thema.
Höflich bedankten wir uns mit einem Händeschütteln und einer kleiner Verbeugung bei dem Moderator, der uns so souverän durch das Interview geführt hatte. Manchmal waren wir wirklich seltsamen Menschen ausgeliefert, gerade in Amerika stellten sie oft viele Fragen, die zu privat waren und die wir nicht beantworten wollten. Einen professionellen Moderator wussten wir wirklich zu schätzen.
Minho war die ganze Zeit über im Raum geblieben und stieß nun wieder zu mir, als ich mich daran machte, meine ganze Verkabelung und den Bauchgurt mit den Sendern wieder von mir zu schälen.
"Wann soll ich nachher vorbei kommen?", fragte er mich und reichte den Sendergurt an eine andere Mitarbeiterin weiter, die in seiner Nähe stand.
Ich kramte mein Telefon aus meiner hinteren Hosentasche und warf einen kurzen Blick auf die Uhrzeit.
"Ich kann auch das Essen rechtzeitig bestellen, dann musst du nichts mitbringen", wich ich seiner Frage einen Moment lang aus und ging im Kopf die weitere Abendplanung durch.
Für heute war nochmal ein Tanztraining ansagt, wie so oft in letzter Zeit. Ich fühlte mich im Großen und Ganzen gut vorbereitet, es gab aber immer wieder etwas, dass bei der Choreografie im Gesamten nicht stimmt und an das wir arbeiten mussten. Wenn wir aber diesen Stand beim Konzert zeigen konnten, auf dem wir gerade waren, dann konnten wir wirklich zufrieden sein. Alles andere war nur unserem Perfektionismus geschuldet.
Minho nickte kurz auf meinen Vorschlag, ich sprach aber gleich weiter, war ich ihm noch eine Antwort schuldig.
"Was hälst du von acht Uhr? Bis dahin müsste unser Training auch längst fertig sein..." so lange konnte eh niemand geradewegs durchtrainieren, nicht einmal wir von BTS.
"Ich freu mich auf nachher", verabschiedete Minho sich mit einer Umarmung von mir, als er sah, dass bereits sein gesamtes Team aufgebrochen war und er der letzte war, der hier noch herum trödelte.
"Bis nachher", gab ich lachend von mir und gestikulierte ihn förmlich aus dem Raum. Auch wenn er mein Freund war und so an diese Stelle gekommen war, in unserem Team herrschten recht strenge Regeln und herumtrödeln war nicht gern gesehen.
"Kennst du sie schon?", fragte mich Tae von der Seite, der das ganze Gespräch zwischen mir und Minho stumm mitangehört hatte.
"Mh?", fragte ich dümmlich nach, mein Hirn war bereits dabei zu überlegen, was ich nachher am besten bestellen sollte und Taes Frage traf mich etwas unvorbereitet.
"Sora."
Ich schüttelte stumm den Kopf. "Nein, ich habe sie nur einmal von Weitem gesehen und weiß, dass sie für Hybe arbeitet."
Tae nahm das hin, fummelte sich noch immer sein Hemd zurecht. Was das sollte wusste nur er allein, für unser Training gleich würde er sich sicher eh in bequemere Klamotten schmeißen, seine waren derzeit reichlich ungeeignet für ein Tanztraining.
"Ich dachte immer, er sei schwul."
Seine Aussage war so trocken, dass ich mich an dem Wasser verschluckte, aus dem ich gerade trinken wollte. Sicher, ich hatte bei Tae nie einen Hehl aus Minhos und meinen Neigungen gemacht, dennoch war es ein Thema, dass wir nie so öffentlich in der Agentur ansprachen. Hier hatten die Wände Ohren.
Ein wenig panisch sah ich mich um, es stand aber niemand in unserer unmittelbaren Nähe. Vielleicht sollte ich lernen, ein wenig mehr meinem Freund zu vertrauen. Auch Tae war genauso lange wie ich in diesem Beruf, er wusste, wann er etwas ansprechen konnte, dass eher ein mittelgroßes Geheimnis war. Seine Beziehungen und One Night Stands, die er im Laufe unserer Karriere gehabt hatte, waren schließlich alle nicht nach Außen an die Öffentlichkeit gedrungen, ebenso wenig bei mir.
Tae wusste, wie man Gerüchte außerhalb des öffentlichen Radar hielt. Es war reine Spekulation, aber dass die Beziehung mit Hana öffentlich war, konnte meines Erachtens nur Absicht gewesen sein. So cool wie Hana auch reagiert hatte, hatte er sie auf alles vorbereitet.
"Ist er ja auch. Er hat mich damit auch sehr überrascht", gab ich leise zu, schulterte meine Tasche und trottete in Richtung unseres großen Trainingsraums.
Müde zog ich mir dort meine leichten Sportsachen an, wir waren die ersten der Member, die da waren.
"Ich bin echt gespannt, wie sie ist. Sie muss außergewöhnlich sein, wenn sie ihm den Kopf so verdrehen konnte", überlegte Tae laut.
"Ich hoffe, dass sie gut genug für ihn ist", gab ich in einem unbedachten Moment vor mir. Ich hielt inne. Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Ich war ja schlimmer, als eine Glucke!
Tae fing auf meine Aussage hin nur laut zu lachen an. Er hatte sich noch immer nicht eingekriegt, als auch die restlichen Member zu uns stießen, er weigerte sich jedoch vehement ihnen zu sagen, was ihn so amüsiert hatte.
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Sora war eine zauberhafte Person, das wurde mir nach nur wenigen Minuten klar. Ich konnte sehen, welchem Charme Minho verfallen war.
Sie erzählte lebhaft und schmückte ihre Geschichten bunt und lautmalerisch aus und es war wirklich schwierig mich von ihr loszureißen, als es an der Tür klingelte und unser Essen geliefert wurde.
Auch Tae und Hana waren von ihr verzaubert und schon bald zerstreuen sich meine Bedenken, ob sie gut genug für Minho war. Es war nicht an mir das zu entscheiden, das war die eine Sache, eine andere, dass ich sie ebenfalls so schnell in mein Herz geschlossen hatte, dass ich Minho nur für seine Wahl beglückwünschen konnte.
Mich hätte sie zwar nicht an das andere Ufer bezirzen können, viel fehlte aber vermutlich nicht dazu.
Jungkook war schweigsam wie eh und je, musste er noch seine Stimme schonen. Daran, wie er aber mit leuchtenden Augen an unserem Tisch saß und ihr ebenso aufmerksam wie wir anderen zuhörte, merkte ich, dass sie auch ihn verzaubert hatte.
Sie arbeitete in der Presseabteilung von Bighit, Minho und sie waren sich wegen einer Absprache, die wegen der Veröffentlichung eines Videos getroffen werden musste, über den Weg gelaufen und sie war ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
Sie wusste mittlerweile, dass er eigentlich schwul war. Er hatte es ihr gesagt, erzählte ihr auch davon, dass dies der Grund gewesen war, wieso er ihre Avancen so lange nicht erwidert hatte. Er hatte einfach mit sich selbst gehadert. Sie winkte diesen Umstand nur lachend ab, fand es überhaupt nicht schlimm und erzählte uns von ihrer Verwirrung, als sie sich selbst einmal in eine Frau verguckt hatte.
Als ich unser Besteck und die Teller zusammen suchte und sie in die Küche bringen wollte, bekam ich von Tae Unterstützung. Zu zweit waren die paar Teller und Stäbchen keine allzu große Herausforderung, aber ich war dankbar für seine helfenden Hände. Meine Muskeln brannten von unserem doch recht intensiven Training heute und so war ich froh, nicht zweimal laufen zu müssen.
Dass Tae noch etwas anderes von mir wollte, als nur zu helfen, wurde mir erst in der Küche klar, als er seltsam herum druckste.
"Du... Jimin-ah?", brachte er leise in Richtung seiner Hände hervor, ohne mich anzusehen.
"Hm?", fragte ich nur nach, gerade dabei, Wasser in die Spüle laufen zu lassen. Geistig war ich noch bei unserem lockeren Gespräch beim Essen, musste mich gewaltsam aus meinem Träumereien hier zu meinem Freund reißen.
"Ich weiß, heute ist wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, es ist Minhos Augenblick, jetzt komm ich einfach mit so einer Sache und ich weiß nicht so recht, ob-"
"Kim Taehyung", unterbrach ich ihn mit einem strengen Blick und mit der Spülbürste in der Hand in seine Richtung herum fuchtelnd, "hör auf so herum zu drucksen und spuck es endlich aus."
Er atmete einmal tief ein und aus, ich hatte mich derweil wieder den Tellern in der Spüle zugewandt.
"Jimin... Hana und ich haben uns ja verlobt und wollen im Spätsommer heiraten. Ich-", er stockte noch einmal kurz und sah mir direkt ins Gesicht, sodass auch ich kurz mit meiner Aufgabe innehielt, "Chingu, ich wollte dich fragen, ob du unser Trauzeuge sein möchtest."
Es brauchte einen Moment, bis ich verarbeitet hatte, um was mich Tae gerade gefragt hatte.
Im nächsten Augenblick fiel die Spülbürste klappernd in die Spüle und Tae hatte meine Arme um seinen Hals liegen. Wahrscheinlich war sein Rücken durch meine Gummihandschuhe reichlich nass, er beschwerte sich aber nicht bei mir, fiel nur in mein freudiges Lachen ein.
"Ist das ein 'ja'?", fragte er mich, als ich ihn noch immer nicht los ließ.
"Natürlich!", brachte ich vielleicht ein wenig zu laut hervor, als ich eigentlich wollte. Zu sehr freute ich mich, dass er mich gefragt hatte, die Emotionen hatten mich vollkommen im Griff, als dass ich auf so etwas banales wie meine Lautstärke noch acht geben konnte.
Es ging tatsächlich ein Traum von mir in Erfüllung und es hatte mich ein klein wenig gekränkt, weil ich dachte, dass Tae schon jemand anderen gefragt hatte und mich nicht wollte.
Ich drückte ihn noch einmal fester an mich heran. "Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr!"
Jetzt war es erneut an Tae zu lachen und zwar aus vollem Hals. Er war so laut, dass auch schon bald Jungkook neugierig sein Gesicht zu uns in die Küche steckte, aber gleich wieder auf dem Absatz kehrt machte, als er sah, dass ich der Grund für Taes Lachanfall war.
Manchmal war es wahrscheinlich besser, uns beiden einfach aus dem Weg zu gehen, wenn wir so zusammen gluckten. Zumal Jungkook und ich heute noch immer vorsichtig miteinander agierten, auch wenn wir uns vor Sora sehr zusammengerissen hatten.
"Ich habe schon befürchtet, dass du vielleicht ablehnst", gestand er mir leise, nachdem ich ihn losgelassen hatte.
"Tae... Wieso hätte ich das tun sollen?", fragte ich ihn ebenso ruhig zurück, konnte ein Stirnrunzeln nicht unterdrücken.
Er zuckte unbestimmt mit seinen Schultern. "Keine Ahnung, da gibt es ja haufenweise Möglichkeiten. Vielleicht findest du die ganze Sache mit der Verlobung ja einfach zu früh, oder du kannst Hana nicht leiden, oder-"
"Tae, Hana ist wundervoll."
Mein Freund sah mich aus großen Augen an, als ich seinen Redeschwall unterbrochen hatte.
"Und du findest es nicht zu früh?"
Ich schüttelte meinen Kopf und schrubbte die Stäbchen weiter sauber, auf denen gerade meine Aufmerksamkeit lag. "Ich denke sie ist die Richtige für dich, da kann ich es verstehen, dass du diesen Schritt gehst. Glaube mir, wenn ich und Jungkook heiraten könnten... Wir würden es wahrscheinlich auch eher früher als später tun." Auch wenn ich wahrscheinlich noch ein paar Monate warten würde. Aber so war Tae schon immer gewesen, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es einfach durch. Er war so ein impulsiver Mensch.
"Das tut mir leid für euch."
"Hm?"
"Das ihr hier nicht heiraten könnt, meine ich. Das ist nicht fair."
Ich brummte nur unbestimmt zurück. Konnte man etwas nachtrauern, von denen man ein Leben lang gewusst hatte, dass es unmöglich war, es zu bekommen? Seit ich wusste, dass ich mein Leben an der Seite des richtigen Mannes verbringen würde, war so etwas banales wie an eine Heirat nicht mehr zu denken gewesen.
Natürlich hatte ich mir als Kind das alles anders vorgestellt. Eigenes Haus, Frau, Kind. Letzteres war auch nicht wirklich in greifbarer Nähe, aber es war in Ordnung für mich. Ich hatte mich damit im Laufe der Zeit abgefunden, irgendwie.
"Ich finde es viel schlimmer, dass die Beziehung zwischen mir und Kookie einem Staatsgeheimnis gleichkommt. Das alles raubt so unglaublich viel Kraft. Und ich möchte nicht, dass sie an diesem Eiertanz zerbricht."
Tae dachte einen Moment nach, trocknete mit einem Geschirrhandtuch das letzte Paar Stäbchen ab, dass ich ihm gerade reichte.
"Ich weiß, dass es vermutlich kein wirklicher Trost ist, aber... Ich finde ihr zwei macht es wunderbar. Ich kann mir vorstellen, wie anstrengend das Ganze für euch sein muss, aber ich komme mir beim Training nie so vor, als würde ich in eure Beziehung platzen und ich glaube den anderen geht es ebenso."
"Aber der Staff hat schon bestimmt gemerkt, was los ist."
Er zuckte nur mit seinen Schultern. "Lass sie reden. So lange sie es nicht nach Außen tragen, ist es doch vollkommen egal."
Tae hatte oft so eine unkomplizierte Sicht auf Dinge, die mich stutzig werden ließ. Vielleicht war es wirklich Zeit für mich, mir ein dickeres Fell zuzulegen. So gern ich auch von mir selbst dachte ich hätte es bereits, so wusste ich in meinem Inneren, dass die coole äußere Fassade eben nicht mehr war als das- eine Fassade.
"Vermutlich hast du Recht", pflichtete ich ihm bei.
"Natürlich hab ich das!", grinste er mir breit entgegen und mir fiel nichts Neues ein, als ihn mit meinen noch leicht feuchten Handschuhen, die ich mir gerade ausgezogen hatte, einen liebevollen Patscher zu verpassen, der auf seinem Hemd erneut kleine feuchte Stellen hinterließ.
Er quiekte erschrocken auf, duckte sich weg.
"Was ist denn hier los?", hörte ich von der Tür Hanas Stimme kommen, die scheinbar jetzt beschlossen hatte, auch einmal nach dem Rechten zu sehen.
Tae ging gleich in einen Verteidigungsmodus über. "Jimin hat angefangen!"
"Petze!", lachte ich ihm entgegen und feuerte diesmal gleich meinen ganzen Handschuh in seine Richtung. Er duckte sich darunter hinweg und es fehlte nicht viel, dann hätte ihn Hana abbekommen.
Diese sah uns nur ungläubig entgegen, trat aber rasch den Rückzug an, murmelte etwas leise vor sich hin, dass sich verdächtigt nach "alle verrückt hier" anhörte.
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